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»Schön war die Jugend?« - Ausflüge in die Romanheftvergangenheit: Parker schockt Graf Dracula (Butler Parker 191)

Schön war die Jugendzeit? -  Ausflüge in die RomanheftvergangenheitAusflüge in die Romanheftvergangenheit:
»Parker schockt Graf Dracula«
Butler Parker 191 von Günter Dönges

Okay, es reicht!

Ich kann mich noch so sehr bemühen, aber nach gerade mal drei „Butler Parker“-Romanen habe ich die gängige Formel so sehr verinnerlicht, dass sie mich trotz beschaulich-angenehmem Erzähltempo und einigermaßen sympathischen Charakteren einfach nur noch langweilt.

Es ist so, als würde man bei einer TV-Serie feststellen, dass hier auf ewig der „Fall der Woche“ verhandelt würde, nach dem dann jeweils für die Figuren immer wieder alles auf Anfang gestellt wurde. (Es gibt natürlich durchaus Prämissen, die sogar dieses Konzept trotz diverser Widersprüche tragen, z.B. „Columbo“!)

Das wesentliche Problem an der mechanischen Anlage der Romane von Günter Dönges? Da steckt hinter dem andauernden Augenzwinkern leider überhaupt kein Gefühl für die Figuren. Die grob umrissenen Dauerdarsteller, also der Butler, die alte Dame, der junge Anwalt und die flotte Sekretärin sind lediglich das, was sie eben sind – und kein Stück mehr.

Parker hat nun mal Spaß an der Verbrecherjagd, an technischen Gimmicks und ein wenig an der Gefahr, das ist dann aber an Motivation auch schon alles, seine devote Hingabe an seine Vorgesetzte(n) bleibt immer nebulös und seine einfallsreiche Unbesiegbarkeit wirkt leider irgendwann mechanisch.

Lady Agatha Simpson ist die totale Mischung aus Margaret Rutherford und Adele Sandrock, ergänzt vielleicht noch durch die Cholerik eines James Robertson Justice. Sie ist im Wesentlichen von sich überzeugt, kennt keine Konventionen (natürlich auch keine Manieren), ist ungeduldig und prügelt noch schneller los, als es Bud Spencer je hätte hinbekommen können. Bei ihr heiligt der Zweck die Mittel und die Ergebnisse sprechen Bände, allerdings ist das rabiate Biest auch spätestens nach vier Seiten schwer zu ertragen, wenn man nicht in der Realität selbst gern so ein Tier wäre. Die selbstgefällige Art an sich ist schon eklig genug, aber da sie praktisch überhaupt keine sympathischen Seiten besitzt, für die man sie gern haben könnte (oder sollte), macht alles nur noch schlimmer. Wo Parker mechanisch zu sein scheint, ist sie die totale Karikatur, eigentlich schon eine Groteske.

Dagegen kann der Rest dann natürlich nur noch im Vergessen landen und so ist Anwalt Mike Rander nach der Anfangszeit der Serie, als man ihn noch teilweise als jungen Idealisten schulen musste, im Angesicht von Lady Agatha mehr oder minder ein netter Untermieter ist, der anstelle des Butler meistens in Nöte aufgrund von Selbstüberschätzung gerät, aber meistens eine oder zwei im Grunde unwichtige Kleinigkeiten ermitteln darf, die im Schlussfazit eigentlich total unwichtig sind/waren, weil Parker sowieso allen nicht zwei, sondern fünf Schritt voraus denkt.

Noch schlimmer ergeht es meistens Kathy Porter, die als „possible love interest“ meistens dabei sein darf, aber nur aufgrund ihrer sporadisch eingesetzten Judo-Künste (hier darf man getrost annehmen, dass die Figur ein wenig bei „Emma Peel“ abgemalt wurde) mal mehr als tatenloser Stichwortgeber sein darf. Hier hatten die Autoren wohl bemerkt, dass Rander eigentlich überflüssig war und wollten der Figur etwas zu tun geben, die Chemie zwischen diesen Figuren sprüht allerdings kaum vor Charme oder auch nur pointierten Dialogen.

Die totale Wurst ist aber der Scotland-Yard-Dorftrottel vom Dienst, wie es ihn seit Holmes und Edgar Wallace inflationär an allen Fronten gab: Superintendent McWarden muss den braven Ermittler geben, der aufgrund von Fallaufkommen und Personal meistens knapp am Ziel vorbei arbeitet und dann doch viel zu viele Ressourcen darauf verwendet, ausgerechnet Parker vom Ermitteln abzuhalten, obwohl er sogar sich selbst gegenüber zugibt, dass er sowohl Butler als auch Lady braucht, um seine Quote erreichen zu können. So einen Kauknochen braucht jedes grob gestrickte Garn und letztendlich sind die Romane das ja auch, angefüllt mit letztendlich ungeschickten Auftragskillern und jeder klischeehaft britischer Ganoven mit Schiebermützen, die hartnäckig und stupide 24 Stunden lang alles leugnen (auch ihre Existenz), bis sie was auf die Fresse oder die Finger bekommen. Die Androhung von Gewalt und Folter funktioniert hier meistens hervorragend, was die Serie rückblickend noch etwas zweifelhafter werden lässt. Alles wird aber so ausgetaktet, dass die Beteiligten so gut wie nie jemanden in die nächste Welt befördern, als Ersatz aber jede Menge Schmerzen bereiten dürfen. Da ist er wieder, der Bud-Spencer-Prügelcomic.

Also machen wir einen letzten Ausflug in die sehr eingeengte Welt eines Parker-Romans…


Parker schockt Graf DraculaBrennt Licht in der Gruft, liegt was in der Luft…
Butler Joshua Parker, Lady Agatha Simpson, Kathy Porter und Mike Rander werden Zeuge einer Privatvorführung des leicht schrulligen Sir Hiram Chestbury, der sich irgendwo auf dem britischen Lande ein sogenanntes „Haus der schwarzen Magie“ eingerichtet hat: ein weitläufiger Landsitz, in dem er zahlreiche mechanische Puppen und Gadgets untergebracht hat, die alle möglichen Horror- und Horrorfilm-Klischees bedienen. Leider gibt es noch elektronische Schwächen und so qualmt Dracula schon bald aus allen Nähten. Was sonst noch so kreucht und fleucht im Hause, zerkloppt die resolute Lady Agatha mal wieder mit ihrem hufeisengefüllten Pompadour. Der Hausherr ist nicht begeistert, will von der Adeligen aber eine Geldspritze, weswegen er sich und seine Schöpfungen so gut wie möglich verkauft. Doch dann liegt ein echter Toter vor der Haustür, selbst bewaffnet und mit zwei Kugeln erschossen.

Die Polizei in Gestalt des gebeutelten McWarden ist natürlich nicht glücklich, aber immerhin können Parker und Agatha dem Yard-Beamten den Namen des Mannes, eines Mietkillers namens Jack Ludlow, entlocken.

Weil sie nicht sicher sind, ob der Mann auf sie selbst oder auf Sir Hiram angesetzt wurde, fahren Parker und Agatha in der Nacht erneut zu dem Haus, wo sie im Garten über einen weiteren kostümierten Vampir, allerdings höchst lebendig und bewaffnet, stolpern. Mit Murmelzwille, Regenschirmbambusgriff und ein paar kleinen Brutalitäten kann der Mann überwältigt werden, ein gewisser Barry Shipton. Shipton erklärt genötigerweise, für einen gewissen Vernon Lynn zu arbeiten, der in Brighton ansässig ist und hinter dem Haussilber her zu sein. Als Lady Agatha daraufhin ins Haus eindringt, schlägt sie gleich noch zwei Polizeibeamte k.o.!

Derweil haben Mike und Kathy die Pension ausfindig gemacht, in der Ludlow gewohnt hat und finden heraus, dass er einen Komplizen nahebei hatte. Der wiederum wird auf sie aufmerksam, flieht per Auto und lockt sie scheinbar in einen Hinterhalt, doch gemeinsam können sie auch diesen Mann überwältigen.

McWarden wird derweil nicht glücklicher, denn erstens ist Sir Hiram verschwunden und zweitens sind auch alle Verdächtigen weg (im Gewahrsam des Butlers). Er versucht erfolglos, den Butler zu observieren, doch der lockt die Bewacher per Sprechfunk aus der Deckung. Derweil hat man in einem abgelegenen Haus Lady Agathas von den Gefangenen (der Partner von Ludlow heißt Billy Allington) so einiges erfahren, vor allem, dass hier offenbar zwei Parteien um etwas konkurrieren, was sich in Sir Hirams Schreckenshaus befinden muss. Parker und Mike knocken auf dem Weg gleich noch zwei Killer aus, die sich per Peilsender an sie gehängt haben. Für alle Fälle sperrt Parker die Delinquenten in ein leeres Wasserreservoir in der Nähe des Haus und verschweißt den Zugang.

Die nächste geplante Durchsuchung von Sir Hirams Besitz fällt auch nicht zufriedenstellender aus: alle Elektronik läuft, Musik spielt, ein falscher Sir Hiram hängt vom Kronleuchter. Während der Durchsuchung verschwindet dann plötzlich Mike, doch Parker findet in einem Geheimgang eine Falltür, durch die der Anwalt eingebrochen sein muss.

(Harter Erzählschnitt)

Plötzlich ist Parker per Auto auf der Flucht und man erfährt nur, dass Lady Agatha und Kathy weggeschleppt wurden und er selbst fliehen musste. Tatsächlich lockt er aber einen ihn verfolgenden Motorradfahrer in einen Hinterhalt und betäubt ihn, um dann zwecks Rettung zurück zum Haus zu fahren. Er tarnt sich mit der Jacke des Verfolgers und überwältigt vor Ort noch zwei Handlanger. Dann schlägt er im Keller auf noch den letzten Verdächtigen nieder, der gerade größte Mühe mit Lady Agathas Verhör hat. Gerade rechtzeitig, da das Haus offenbar abgefackelt werden sollte.

Leider schweigen die Angreifer, nur der Name „Jefferson“ kann anhand von Firmenbekleidung festgestellt werden, anscheinend die rivalisierende Partei. Bei einer weiteren Durchsuchung der Umgebung, begegnet Parker im Schilfgürtel eines nahen Sees ein weiterer mechanischer Dracula, offenbar eine Art Ablenkung.

Während nun erneut McWarden besänftigt werden muss, fahren Mike und Kathy nach Brighton, um den betreffenden „Jefferson“ zu identifizieren. Allerdings kommen sie schon bald darauf, dass Parker sie nur aus dem Weg haben wollte und nun ermitteln sie erst recht mit Nachdruck. Sie tun einen alten Informanten namens Lefty Dare auf, der für sie einen gewissen Marty Jefferson identifiziert, ehemals Handlanger eines Gangsters namens Lew Graters. Angeblich haben die beiden sich getrennt, aber Mike glaubt das nicht. Stattdessen lässt er sich bereitwillig an Graters verpfeifen.

Prompt werden er und Kathy überfallen und zu Graters gebracht, wo sie allerdings wiederum den Spieß umdrehen und den fetten Boss kidnappen.

Parker und Agatha machen sich derweil auf Umwegen wieder auf den Weg zum gut bewachten Haus der schwarzen Magie, teilweise sogar slapstickhaft per Fahrrad. Die Ganoven sind auch wieder am Werk und locken die Polizisten vom Haus weg, doch Parker und Agatha können die neuen Angreifer überwältigen: es sind diesmal Jefferson und Lynn persönlich. Offenbar diente Sir Hirams Haus als eine Art unfreiwilliger Umschlagplatz für Drogenlieferungen und rief so die Konkurrenz auf den Plan. Nur hat in diesem Fall Sir Hiram die Lieferung, die er in seinem Labor unter dem Schilfgürtel verborgen hat. Ein Grund mehr, den verschrobenen Kerl vielleicht doch noch zu finanzieren.

Parker schockt Graf DraculaInflationärer Vampir-Einsatz macht anämisch…
Tja, das war es dann.

Fällt dabei etwas auf? Vielleicht, dass der Großteil des Romans daraus besteht, einerseits fruchtlose Untersuchungen des Grundstücks und des Hauses der schwarzen Magie anzustellen und andererseits fast immer währenddessen irgendwelche Diebe, Schläger, Handlanger, Drecksäcke, Mietkiller und Mafiosi aufzustöbern, denen man dann die Fontanelle ventilieren kann, weil die Herren nicht glauben, dass eine sechzigjährige, übergewichtige Adelige einen Hufeisenpompadour wie ein Präzisionsgewehr einsetzen kann.

Wenn die Herren dann wieder wach sind, leugnen sie zu 99 Prozent alles oder schweigen sich aus, was wiederum die stetig wiederholte Prozedur, ja keinen der Bösen an die Polizei auszuliefern ehe man sie „verhört“ hat, nur um so sinnloser zu macht.

Suchen ist dann auch die Tätigkeit, die fast den gesamten Text umfasst: Sir Hiram wird gesucht, Geheimgänge werden gesucht, Böse werden gesucht, Drogen werden gesucht. Und wenn dann was dazwischen kommt (ein gedungener Mörder im Dracula-Kostüm), dann setzt man halt aus und startet am Abend den nächsten Versuch.

Weil das so wunderbar funktioniert, fällt auch erst ziemlich spät auf, dass der Roman eigentlich gar keinen Plot hat. Oder aber, dass dieser recht stark vernachlässigt wurde. Kaum zu glauben, hat doch das Seite-4-Kästchen mit den „Hauptpersonen“ immerhin 9 Kandidaten anzubieten.

Ich drösele diese Personen dann auch gern mal auf, weil das nämlich nach mehr ausschaut, als wirklich vorhanden ist: da wäre zunächst Sir Hiram, der auf den ersten drei und den letzten zwei Seiten auftaucht. Dann folgt Ludlow, aber der ist schon vor seinem ersten Auftauchen tot!!! Dann Shipton, der auch nur einen Kurzauftritt im ersten Viertel hat. Der nächste Charakter wäre übrigens Informant Lefty Dare, der auf Seite 49 dann die Bühne betritt und Lew Graters, sein Gangsterboss, sogar noch später (ohne dass der Dicke irgendeine Funktion im Roman hätte). Und – ganz opulent – die Böslinge Jefferson und Lynn, die – sapperlot – praktisch auf Seite 60 sich bei der Attacke auf Parker das erste Mal die Ehre geben und beide genau einen Satz haben.

Davor wird lediglich ausgiebig durch das „Schreckenshaus“ gerannt, welches eigentlich wirklich ein reizvolles, wenn auch leicht veraltetes Setting wäre. Tatsächlich kann dieses Stummfilm-Topic prinzipiell überzeugen, doch Dönges (wenn er es war) macht zu wenig aus der Sache und hetzt die Protagonisten sofort wieder in die immer gleich verlaufenden Zweikämpfe.

Ausnahme: der relativ harte Bruch genau in der Mitte des Romans, als er aus einer relativ kontrollierten Situation (Parker forscht nach Mikes Verschwinden innerhalb des Hauses) scharf in ein überstürztes Fluchtszenario schneidet, das er innerhalb einer Seite dann gleich wieder entwertet, indem er erklärt, das sei ja sowieso die ganze Zeit der Plan des Butlers gewesen. Nur: warum, abgesehen vom platten Effekt, schreibt er es dann nicht so.

Immerhin: für ungefähr zehn Zeilen hatte Parker fast mal ein menschlichen Anstrich, etwas, das der Serie leider meistens fehlt.

Auch der häufige Einsatz von Draculi ist ein Problem, denn auch wenn er als Nosferatu-Interpretation am Anfang verkauft wird, klingt die Beschreibung dann doch stetig nach Lugosis Look. Aber das ist Haarspalterei.

Alles in allem also wieder ein starker Anfall von Aktionismus ohne Zeit und Muße, sich eines vielversprechenden Themas mit der gebührenden Sorgfalt anzunehmen, versteckt sich hinter der Mystery-Prämisse dann doch nur ein schnöder Drogenverstecksfall. Wieso übrigens das Haus abgefackelt werden sollte, obwohl die Drogen mittendrin noch gar nicht wieder aufgefunden wurden, wird ebenfalls nie geklärt – aber die Bösen bei Dönges zeichneten sich noch nie durch Logik aus…

Ich für meinen Teil bin jetzt mit dem netten Butler durch, der mir einfach nicht genügend Abwechslung bietet und widme mich nochmals drei romantischen Übersetzungen, ehe ich mal auf Wunsch dem Krimi oder dem Western eine Chance einräume. Beides eigentlich nicht meine Baustelle (obwohl, Unger hab ich auch mal gelesen…), aber man soll ja niemals nie sagen…

Kommentare  

#1 Remis Blanchard 2017-09-19 07:26
Einfach mal die ersten Butler Romane lesen wo Parker noch im Dienst von Mike Randall stand. Die waren anders geschrieben. Die Romane mit Lady Agatha Simpson waren alle nach dem gleichen Schema geschrieben.

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