Kirchenklau in Norwegen - Franziska Franke "Sherlock Holmes und das Orakel der Runen"
Kirchenklau in Norwegen
Franziska Franke »Sherlock Holmes und das Orakel der Runen«
Es gibt auch noch zwei Tote, die den kriminalistischen Spürsinn schon mehr herausfordern.
Zur Einführung
In den letzten Jahren gab es etliche deutschsprachige Sherlock Holmes Pastiches. Mit dem Erlöschen des Urheberrechtsschutzes wurde es möglich, dass andere Autoren sich an Geschichten mit dem Meisterdetektiv versuchten. Man unterscheidet dabei "Verlorene Fälle", Geschichten aus der Jugendzeit, die Zeit im Exil und den "Älteren Holmes". Von den deutschen Verlagen zählt KBV zu aktivsten Pastiche-Veröffentlichern. Dieser in Hillesheim ansässige Verlag ist auf Kriminalromane spezialisiert. Dabei sind es vor allem zwei Autoren, die sich dort schon seit Jahren mit Sherlock Holmes beschäftigen. Das ist einmal Wolfgang Schüler, der sich dem älteren Holmes widmet und zum anderen ist es Franziska Franke.
Die 1955 in Leipzig geborene Franziska Franke studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Kunstpädagogik. Heute lebt sie in Mainz und ist in der Erwachsenenbildung tätig. Sie hat bisher ausschließlich Krimalromane geschrieben und bezeichnet sich folgerichtig auf ihrer Homepage als "Krimiautorin".
Inhaltlich fallen ihre Fälle in die Exilzeit, das heißt in die Zeit zwischen Holmes vermeintlichen Tod an den Reichenbachfällen und seinem Wiederauftauchen einige Jahre später. Besonderes Kennzeichen ihrer Erzählungen ist, dass der in Italien lebende Engländer David Tristam die Rolle des Dr. Watson als Begleiter von Holmes übernimmt.
Die seit 2009 erschienen bisher 11 Romane sind dabei zeitlich nicht chronologisch einzuordnen. Dazu verwendet Franziska Franke einen erzähltechnischen Kunstgriff. Angeblich handelt es sich bei den Abenteuern um Übersetzungen aus einem Dachbodenfund im ehemaligen Wohnhaus des David Tristram in Florenz. Geografisch hat sie den Meisterdetektiv bisher je zweimal nach Italien und Deutschland geschickt, je einmal nach Frankreich, Belgien, Malta, Ägypten, Indien und Tibet.
"Denken Sie daran, dass ich einen Pass auf den Namen Sven Sigerson verwende und angeblich Norweger bin. Es ist höchste Zeit meiner vermeintlichen Heimat einen Besuch abzustatten, weshalb ich einen derartigen Auftrag seit Langem ersehne" (S.7/8)
Die Geschichte
Über verschlungene diplomatische Kanäle erhält Sherlock die Bitte in Norwegen zu ermitteln. Im Gegensatz zu seinem Partner David Tristram ist der Detektiv geradezu begierig endlich einmal in Norwegen tätig zu werden. In Bergen werden die beiden von einem Vertreter der Lutherischen Kirche empfangen und in den Auftrag eingeweiht. In dem verlassenen Ort Storavik ist eine mittelalterliche Stabkirche verschwunden. Dieser landestypische Kirchentyp aus Holz stellt einen wichtigen Teil des historischen Erbes dar. Zunächst wartet eine weitere Seereise nach Trondheim auf die beiden Ermittler. Schließlich will man den Ort des Diebstahls genauer unter die Lupe nehmen, auch wenn das Verschwinden bereits einige Monate zurück liegt.
Begleitet werden die beiden Ermittler von Erik Hansen, einem Vertreter der Lutherischen Kirche Norwegens. In Bjornwelden, dem Nachbartort des aufgegebenen Storavik, nehmen sie Kontakt mit dem dortigen Pfarrer Anders Rasmussen auf, der zuletzt die Gottesdienste in Storavik abgehalten hat. Von ihm erfahren Holmes und Tristram, dass es heidnisches Schnitzwerk in der Kirche gegeben hat. Der Pfarrer scheint nicht besonders unglücklich über das Verschwinden des Sakralbaus zu sein. In Bjornvelden stoßen die Ermittler noch auf andere Einwohner, deren Rolle ein wenig unklar ist. Da gibt es ihre Wirtin, die Kapitänswitwe Signe Olsen, mit ihren beiden Söhnen Hjalmar und Thorleif, den als Übersetzer für die Detektive arbeitenden Gunnar oder die junge Dagmar, die sich mit Haushaltsarbeiten etwas dazu verdient. Schließlich gibt es auch noch einen heidnischen Zirkel in der Gegend. Dessen Oberhaupt ist ein angesehener Fabrikant.
Eine ganze zeitlang befinden sich die beiden Ermittler praktisch ständig in Bewegung ohne entscheidende Hinweise zu entdecken. Dann finden sie die verschwundene Kirche. Doch inzwischen hat es zwei Todesfälle gegeben, die eindeutig unnatürliche Ursachen haben. Natürlich will Holmes diese auch aufkklären.
"Dass es Geflügel ist, habe ich auch gerochen, aber woraus schließen Sie, dass Hjalmar eine Ente geschossen hat?", erkundigte ich mich erstaunt.
"Das konnte man an dem Winkel sehen, in dem das Gewehr in der Diele gegen die Wand gelehnt war", antwortete Holmes ..." (S.279)
Meine Gedanken
Wieder ein lesenswerter Roman um Sherlock Holmes aus der Feder von Franziska Franke. Sie und der Verlag bleiben ihrem bisherigen Konzept treu. Einfach gestaltete Kriminalgeschichten mit viel historischem Hintergrund ausgestattet. Nur mit dem Titel habe ich so ein wenig Probleme. Denn das "Orakel" spielt praktisch keine Rolle im Roman. "Undercover im Lande Fjorde" auf der Rückseite des Buches hätte viel besser zur Geschichte gepasst. Ein empfehlenswertes Buch!
Sherlock Holmes und das Orakel der Runen