Hard Case Crime - Erbe des Pulps
Max Allan Collins ist einer der vielbeschäftigsten Personen, die es gibt. Wenn man ihn darauf ansprechen würde, dann würde er es mit Sicherheit gar nicht anders haben wollen.
Dazu kommt noch, dass er eine der vielseitigsten Persönlichkeiten ist, über die man stolpert. Er arbeitete jahrelang im Comicbusiness sowohl an Dick Tracy (1977-1992), als auch an der Batman-Serie (1989-1990) mit. Seinem Idol Mickey Spillane entstaubte er den Helden Mike Danger (1995-1996), und verlieh der Figur in Comicform neues Leben. Mit dem Kollaborateur Terry Beatty tat er sich für die Comics Johny Underworld (2003) und Ms. Tree (1981-1993) zusammen. Letzteres eine Anspielung auf das Wortspiel Mystery, das auf englisch die Detectivegeschichte in all ihren Facetten beinhaltet.
Die Graphic Novel Road to Perditon brachte ihm die Beachtung, die der Autor in meinen Augen schon längst verdient hätte. Endlich bekam Collins den Bekanntheitsgrad, der ihm schon lange gebührte, aber auch nur, weil der Film mit Tom Hanks in der Hauptrolle (sowie Paul Newman und Daniel Craig in kleineren Rollen; Sam Mendes als Regiesseur) im Kino lief, und so einem grösseren Publikum unterbreitet werden konnte.
Als ob das noch nicht genug wäre, verbringt er die Zeit zwischen den Comics damit Bücher zu schreiben. Und das eine ganze Menge davon!
Wahnsinn, gell! Und da sind dann die Kurzgeschichten noch nicht mitgezählt.
Es ist erstaunlich, dass Collins trotz der Menge an Büchern, ein hohes Niveau behalten konnte. Natürlich ist es nicht Shakespeare, aber jedenfalls immer unterhaltsam!
Auf die Häufigkeit angesprochen, in der seine Romane erscheinen, äusserte er sich in einem Interview dahingehend, dass er mit den Film- und Fernsehaufträgen seine eigenen Bücher und Projekte finanzieren kann. Das wären in erster Linie die Figuren Nate Heller, Quarry, Malory und Nolan, zu denen der Autor immer wieder etwas zu sagen hat.
Nate Heller: Detektiv, der an verschiedenen geschichtsträchtigen Stellen auftaucht, und den Leser diese Zeit erleben lässt, z.B. Al Capone/Mafia und die Prohibition, Aufbau Las Vegas durch den Mob, Dillinger, Bugsy Siegel, Entführung des Lindbergh-Babys, Amelie Erhardt usw. usf.).
Quarry: Der in die Jahre gekommene Berufkiller wird von seinem Auftragsgeber, dem Broker, verraten. Quarry mag das gar nicht! Der Leser begleitet ihn auf seinem Rachefeldzug und wie sich Quarry schliesslich selbstständig macht.
Nolan: Ein professioneller Dieb, der Murphys Gesetzt gepachtet hat. Was er auch anpackt, fängt gut an, endet aber schlecht.
Mallorey: Eine Figur, die gemäss eigenen Angaben dem Autor am meisten ähnelt. Der Vietnam-Veteran kommt nach Hause zurück und will sich etwas Ruhe gönnen. Doch es kommt alles anders als geplant. Und Mallorey wünscht sich des öfteren in den Dschungel des Vietkong zurück
Wer bereits jetzt überbeisst, sich über die eigene Faulheit Gedanken macht und ganz fest vornimmt, mal wieder selber etwas zu zeichnen, zu schreiben oder sonst etwas in der Art, dem sei gesagt, dass damit das Tätigkeitsfeld des Herrn Max Allan Collins nicht fertig gemalt ist.
Es hat noch mehr!
Nebenbei spielt er in der Band Crusin a.k.a. Daybreakers mit. Unter anderem schreibt er auch Songs, die bei seinen weiteren Projekten, Schreiben und Drehen von Filmen, auch schon Verwendung fanden. MAC ist zusätzlich Drehbuchautor, Produzent und Filmemacher, wobei er auch schon Dokumentationen gemacht hat, unter anderem über sein Idol und verstorbenen Freund Mickey Spillaine.
So was nennt sich Arbeitsethik. Ich komme schon ins Schwitzen, wenn ich diesen Text schreiben muss. Etwas, was MAC wohl im Schlaf, und erst noch so nebenbei, machen könnte.
Ein paar Neuigkeiten sind mir im Zusammenhang mit MAC zu Ohren gekommen:
Es sieht also ganz danach aus, als gingen Max Allan Collins auch in Zukunft die Ideen nicht aus. Und mag ihm das Wasser arbeitsmässig bis zum Hals stehen, dem Fan wird es gefallen!
Viel Vergnügen bei nachfolgender Rezension
Die Gosse und das Grab
Die Gosse und das Grab beinhaltet den Text, den Ed McBain vor seinem Tod noch ändern und so editieren konnte, dass er damit zufrieden war. Sogar der Titel wurde so geändert wie es der Autor schon immer vorgehabt hatte und nie wirklich durfte.
Das läuft bei HCC schon etwas anders! Da wird den Ikonen des Genres noch Rechnung getragen.
Eine dieser wenigen Kombinationen von Text, die den Enthusiasmus eines Jungautors aufzeigt, gepaart mit dem zurückhaltenden und marginalen Stile eines Profis, der mit gezielten Worten die Handlung zu zünden vermag.
Dieses Buch ist ein leuchtendes Beispiel für die Gattung noir: der Text ist dunkel und auch dreckig, Matt Cordell selbst ein depressiver Hund von einem Helden. Er verliert sich im Selbstmitleid und jedes kleinste Detail bringt Erinnerungen zurück, die er am liebsten vergessen würde.
Ed McBains Prosa ist roh aber flüssig gehalten, die Dialoge sind spritzig aber auch sparsam. Ein Happyend wird dem Leser nie in Aussicht gestellt, aber alle, ausser der Figur auf dem Papier, wird das wohl nicht stören.
Dies ist ein Roman von der anderen Seite der Strasse. Da, wo man jeden Tag aufs neue ums Überleben kämpfen muss, und jede Beziehung bloss eine neue Möglichkeit bietet, seinen Vorteil heraus zu schinden.
Es ist diese Art von starkem Roman, die man nicht weglegen kann und die einem beim lesen an den Eiern packt. Und jedes Mal, wenn wieder was geschieht, ist man froh, nicht selber einer der Charaktere zu sein, die am Boden der Gesellschaft dahin kriechen und dort auch leben müssen.
Eine wunderbare, neue Mitgliedschaft in die Reihen der HCC-Grössen.
Das Buch im Original:
Ed McBain:
Geboren als Salvatore Lombino, hat er seinen ursprünglichen Künstlernamen Evan Hunter 1952 offiziell eintragen lassen. Unter diesem Namen veröffentlichte er 1952 seinen ersten Roman, und zwei Jahre später mit Saat der Gewalt seinen ersten Bestseller, der auch verfilmt wurde.
Er schrieb Drehbücher, unter anderem für Alfred Hitchcocks Die Vögel. 1956 nahm er das Pseudonym Ed McBain an und begann seine Reihe um das 87. Polizeirevier, die mehrfach verfilmt wurde. Daneben hat er aber auch unter den Namen Hunt Collins, Ezra Hannon, Richard Marsten, John Abbot und Curt Cannon Romane veröffentlicht.
Ed McBain war dreimal verheiratet. Aus seiner ersten Ehe (ab 1949) hatte er drei Kinder. Auch seine zweite, 1973 geschlossene Ehe, wurde geschieden. Mit seiner dritten Frau, Dragica Dimitrijevic, die er 1997 heiratete, lebte er bis zu seinem Tod zusammen.
Ed McBain verbrachte seine letzten Lebensjahre in Weston, Connecticut und starb dort am 6. Juli 2005 an Kehlkopfkrebs.
Auszeichnungen:
Auszeichnungen in Anerkennung seines literarischen Lebenswerkes:
- 1986 Grand Master Award der Mystery Writers of America (MWA)
- 1997 Rivertonklubbens internasjonale ærespris der norwegischen Krimivereinigung Rivertonklubben
- 1998 Cartier Diamond Dagger lifetime achievement award der britischen Crime Writers Association (CWA)
Filmographie
- Drehbuch
- 1960 - Fremde, wenn wir uns begegnen (Strangers when we meet); Regie: Richard Quine
- 1963 - Die Vögel (The birds); Regie: Alfred Hitchcock nach einem Roman von Daphne du Maurier
- 1972 - Auf leisen Sohlen kommt der Tod (Fuzz); Regie: Richard A. Colla nach seinem Roman "Fuzz"
- 1979 - Die Unbezähmbare (The legend of walks far woman); Regie: Mel Damski
- 1979 - Walk Proud; Regie: Robert Collins
- 1986 - Dream West - Das abenteuerliche Leben des John Charles Fremont (Dream west); Regie: Dick Lowry
- Literarische Vorlage:
- 1955 - Die Saat der Gewalt (The blackboard jungle); Regie und Drehbuch: Richard Brooks
- 1958 - Polizistenhasser (Cop hater); Regie: William Berke
- 1960 - Die jungen Wilden (The young savages); Regie: John Frankenheimer nach dem Roman "A Matter of Conviction"
- 1963 - Zwischen Himmel und Hölle (Tengoku to jigoku); Regie: Akira Kurosawa - nach dem Roman "King's Ransom"
- 1965 - Gesicht ohne Namen (Mister Buddwing); Regie: Delbert Mann - nach dem Roman "Buddwing"
- 1969 - Petting (Last summer); Regie: Frank Perry
- 1971 - Neun im Fadenkreuz (Sans mobile apparent); Regie: Philippe Labro - nach dem gleichnamigen Roman
- 1972 - Ein Gauner kommt selten allein (Every little crook and Nanny); Regie: Cy Howard
- 1977 - Blutsverwandte
- 1995 - Wettlauf mit einem Mörder (Ed McBains 87th precint); Regie: Bruce Paltrow
- 1996 - Ed McBain - Tod einer Tänzerin ( Ed McBains 87th precint: Ice); Regie: Bradford May
- 1998 - Ed McBain - Der Lockvogel ( Ed McBains 87th precint: Headwave ); Regie: Douglas Barr
- 2001 - Blutige Indizien Das Spiel mit dem Tod (Three Blind Mice); Regie: Christopher Leitch