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Wie verlegt man seine eigene Heftromanserie? – Die Anfänge des ›Klagenfurter Kneipen-Krimis‹

KKK - Klagenfurter Kneipen-KrimisWie verlegt man seine eigene Heftromanserie?
Die Anfänge des "Klagenfurter Kneipen-Krimis" 

Die einzige neue österreichische Pulp-Heftserie in den drei Dekaden von 1981 (nach der Einstellung aller HIRO-Frauen- und Westernromane in jenem Jahr) bis 2011 war der kultige "Klagenfurter Kneipen-Krimi": 

Die außerhalb der Kärntner Landeshauptstadt Klagenfurt anfangs weitgehend unbekannte Publikation ist mit insgesamt 19 Nummern in den Jahren von 2006 bis 2011 erschienen.

 

Roland Zingerle Als Autor, Promotor und zu Beginn auch als Verleger der humorvollen Kriminalgeschichten fungierte Roland Zingerle, freiberuflicher Schriftsteller, geboren am 26. März 1973 in Wien.

Nach dem Besuch des Gymnasiums in St. Veit an der Glan studierte der bei Althofen in Kärnten aufgewachsene Zingerle in Klagenfurt Germanistik (Diplomarbeitsthema: "Der Student und das Bier") sowie Kommunikationswissenschaften (Thema der Diplomarbeit: "Neue Medien und Volkskultur"). 

Laut Angaben auf seiner Homepage "Rolandzingerle.at" umfassten seine Hobbys in der Jugend Reisen, Klettern, Tae Kwon Do, Paragleiten, Motorradfahren und Filmen.

Der spätere "MMag." (Magister Magister) Zingerle war vor, neben bzw. nach seinem Studium in einem Kärntner Industriebetrieb, als Fitnesstrainer, als Ausbildner beim Österreichischen Bundesheer und als UNO-Soldat auf den Golanhöhen tätig. Weiters arbeitete er als Journalist, PR-Texter und Public-Relations-Manager. 

Zingerle leitete für das Kärntner Bildungswerk zwei Jahre lang das Projekt "Kärntner Kulturwirt" und war Organisator einer Großausstellung auf der Klagenfurter Herbstmesse 2004. Später wurde er als Fachreferent für "EU und Internationales" vom Bundesministerium für soziale Sicherheit in Wien engagiert.

Roland Zingerles wahre Leidenschaft galt jedoch von Kindheit an der Schriftstellerei: Mit seinen bisherigen Berufstätigkeiten nur mäßig zufrieden, entschloß er sich 2006 für den Weg in die Selbständigket und agiert seitdem als freischaffender Autor und als Werbetexter.

In der Zwischenzeit wurde der unermüdliche Publizist noch Lehrgangsleiter für "Öffentlichkeitsarbeit für Vereine" am Wirtschaftsförderungsinstitut (WIFI) Klagenfurt und ist auch als Gestalter von "systeminternen Medien" wie z.B. Franchise-Zeitungen sowie als Dozent an der Universität Klagenfurt aktiv.
Ferner veranstaltet der vielseitige Germanist seit kurzem Schreibseminare für die Freie Akademie der bildenden Künste & Literatur Kärntens, wo er mittlerweile auch den Fachbereich Literatur leitet.

Roland Zingerle vermerkt über seine Zertifikatslehrgänge an der Freien Akademie:
Diese dauern drei Semester und führen Studentinnen und Studenten von der Theorie über die Lehre zur Praxis der Schriftstellerei. Im Gegensatz zu herkömmlichen Schreibseminaren vermittle ich den Kursteilnehmern auch die Alltagsanforderungen des Literatenlebens, was vor allem bedeutet, dass sich jeder auf die eigenen Beine stellen muss, um sich einen Namen als Autor zu machen. Ich versuche im Kurs Schreibwilligen anhand eigener Erfahrungen eine Perspektive aufzuzeigen, wie man auf sich und sein Können aufmerksam macht.
MMag. Roland Zingerle ist seit 2004 verheiratet und lebt in Österreichs südlichster Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee.


Elke Zingerle bei der Cotton-Lektüre 1.) Der Beginn des "Experiments" Heftroman:
Als Anfang 2006 Zingerles Ehefrau Elke nach der Lektüre eines "Jerry Cotton"-Bandes anregte, ihr Mann könne doch auch mal so etwas in der Art schreiben, war der Anstoß zum Start der Klagenfurter Kneipen-Krimis gegeben: Zingerle entwickelte daraufhin nicht nur die Idee, mit einem selbst produzierten Kriminalheftroman in Erscheinung zu treten; der Autor erstellte darüberhinaus die Grundzüge für eine auf mindestens drei Teile angelegte Groschenheftserie: 

Eine Serie, in der zwei Klagenfurter Hobbydetektive in einem inoffiziellen Wettrennen um die raschestmögliche Aufklärung von Mordfällen gegen die hiesige Polizei antreten sollten.
Den Titel "Klagenfurter Kneipen-Krimi" wählte Zingerle, da sich wichtige Abschnitte der Romanhandlung in den Gaststätten der 93.000-Einwohnerstadt abspielen würden.

Der Hauptprotagonist der geplanten Geschichten, "Hubert Pogatschnig" arbeitet dabei als Vertreter für eine Gastronomie-Großhandelsfirma und als selbsternannter Klagenfurter Restaurant-Kritiker. Pogatschnig versucht nebenher als Ermittler Kapitalverbrechen aufzuklären - schneller als es die Kripo vermag. 
Wichtige Hinweise erhält der Vertreter bei seinen beruflichen und privaten Touren durch die Wirtshäuser, Bars und Cafés der Stadt, wo ihm z.B. Augenzeugen der Bluttaten, Bekannte von Mordverdächtigen oder Personen aus dem Umfeld der Opfer entscheidende Tipps geben.

Nachdem die inhaltlichen Eckpunkte des Projekts feststanden und da mit einer Veröffentlichung der Erzählungen bei Bastei, Kelter oder Pabel-Moewig nicht wirklich zu rechnen war, versuchte Zingerle seinen Plan zur Herausgabe satirisch-heiterer Krimis im Frühjahr 2006 an die in Klagenfurt ansässigen Verlage heranzutragen.

Roland Zingerle schrieb mir über seine diesbezüglichen Bemühungen:
Die Antworten, die ich bekam, klangen von allen Verlegern gleich: Tolle Idee! Produzieren Sie einmal die erste Auflage, dann sehen wir weiter. Die Verlage wollten einfach das finanzielle Risiko eines Pionierprojekts, wie es der Klagenfurter Kneipen-Krimi zweifelsohne darstellte, nicht tragen.
Ich habe also meine privaten Geldmittel zusammengekratzt und den Brocken selbst gestemmt.
Als nunmehr feststand, dass die Kneipen-Krimis im Eigenverlag hergestellt werden mussten, begann Zingerle für seine angedachte Heftserie (Vor-)Finanzierungsquellen zu erschließen:
Der lange Jahre in der Werbebranche beschäftigte ehemalige PR-Manager entwickelte dabei ein etwas gewagtes Geschäftsmodell, "Interfiktion" genannt - eine im Bereich Trivialliteratur bisher gänzlich unbekannte Form der Reklame: 

In die Handlung der Klagenfurter Kneipen-Krimis sollten neben fiktiven Elementen und erdachten Figuren auch reale Menschen, Kärntner Wirtschaftstreibende und deren Betriebe bzw. deren Waren nach Zahlung einer Gebühr an den Autor mit in die Stories eingebaut werden.
Z.B. Klagenfurter Lokal- oder Boutiquenbesitzer, die für ihre Gastauftritte in den Romanheften und für die Darstellung ihrer Läden oder Produkte in den Krimis ein Entgelt zu entrichten hatten.


2.) Die Konkretisierung der reinen Idee:
Das Interfiktions-Konzept, das im Film und Fernsehen als "Product Placement" seit Jahrzehnten gang und gäbe ist, wurde durch Roland Zingerle konsequent für den ersten Kneipen-Krimi in die Tat umgesetzt: Persönliche Vorsprachen bei einigen für das neue literarisch-ökonomische Publicityprojekt in Frage kommenden Unternehmen, deren Geschäftsführer Zingerle großteils von früher her kannte, brachten dem Schriftsteller erste einschlägige Vertragsabschlüsse ein.

Bereits für den Debütroman der Serie - "Die Leiche im Lendkanal" wurden von MMag. Zingerle mehrere namhafte Romangäste gewonnen, die sich nach eigenen Vorstellungen, quasi interaktiv in die Handlung einschreiben ließen. Darunter Vertreter der Klagenfurter Stadtbrauerei Schleppe, die auch spontan als Hauptsponsoren der neuen Kneipenkrimi-Serie Starthilfe geben konnten. 

Wobei die Idee der "Interfiktion" folgerichtig und schlüssig weitergedacht wurde: "Wirkliches" fiktionalisierte Zingerle; während umgekehrt Erdachtes auf pseudo-realistische Weise in den Erzählungen an tatsächliche Gegebenheiten angepasst wurde:
Der Arbeitsplatz Melischnigs Eine der zwei (frei erfundenen) Kneipenkrimi-Hauptpersonen, Bierlieferant Ludwig Melischnig kam in "Die Leiche im Lendkanal" explizit als ein Angestellter der wahrhaftig existierenden Schleppe-Brauerei zum literarischen Einsatz. (Sein "Arbeitsplatz" ist rechts im Bild zu sehen.)

Roland Zingerle im O-Ton:
Der Klagenfurter Kneipen-Krimi bot einen Mehrwert, den ein Werbekunde nirgendwo sonst bekommen konnte: Ich schnitt die Krimihandlung auf die Hauptinserenten zu und ließ diese in der Geschichte so agieren, wie sie es wünschten. Bei der Brauerei Schleppe bekam ich u.a. fixe Namen von realen Mitarbeitern genannt, die ich einzubauen hatte und teilweise auch zu verwendende Werbeslogans.
Neben Firmen stand auch von Anfang an Privatpersonen der Einkauf in die Romane offen: Für 100 Euro Bearbeitungsgebühr sollten sich Krimifans getreu Zingerles Slogan "Mitmischen ist möglich" direkt in die Story (r)einschreiben lassen. 

Der besondere Reiz an der Sache lag in der ausgefallenen Idee, selbst in einem Kriminalroman mitspielen zu können und mit dem jeweils echten Namen in einer Publikation verewigt, darin quasi "unsterblich" gemacht zu werden.
Private hatten die Möglichkeit, sich eine Statistenrolle zu kaufen. Dies brachte neben der namentlichen Nennung im Text auch eine detaillierte Personenbeschreibung sowie ein Auftreten in der Haupthandlung mit sich. Entweder wechselten die fiktiven Darsteller Hubert Pogatschnig oder Ludwig Melischnig einige Worte mit dem Romangast oder dieser stand an einer Theke, umringt von schönen Frauen oder Männern ... oder was immer er oder sie von mir umgesetzt haben wollte.
Insbesondere Bekannte Zingerles nutzten anfangs dieses kuriose Angebot zur Eigen-PR, um später als Art Komparsen im ersten Kneipenkrimi mitzuwirken.

Damit für die Leserinnen und Leser sofort klar erkennbar wurde, welche Menschen, Firmen oder Erzeugnisse (z.B. Zeitungen) im Heft "leibhaftig" waren, hat der Autor alles Faktische in Fettschrift kenntlich gemacht. Die Leser wußten dadurch - dieser hochsympathische Wirt, dieses trendige Tattoo-Studio oder diese hochqualitativen Cowboystiefel gibt es tatsächlich.

Später, in den Kneipenkrimis Nummer 2 und 3 wurden die eingekauften Personen/Konsumgüter/Betriebe in Kursivdruck hervorgehoben. Ab Band Nr. 4 schließlich sind alle Roman-Einsteiger mit einer anderen Schrifttype als "reale Mitmischer" gekennzeichnet worden. 


Der Schattenriss Hubert Pogatschnigs 3.) Die beiden Hauptprotagonisten der Serie:
Seine von ihm angepeilten Leser-Zielgruppen beim Verfassen des ersten Romans waren nach Auskunft Roland Zingerles Krimifans, Wirtshausbesucher, Groschenheft-Freunde, Klagenfurt-Touristen u.a.m.:
Das ganze Geschehen war neu für mich und ich wollte jeden Leser bekommen, den ich irgendwie kriegen konnte. Ich versuchte ein gewisses Niveau zu halten, um den Kneipen-Krimi als netten Zeitvertreib für Mainstream-Leser zu positionieren. Aus diesem Grund habe ich auf parteipolitische und klerikale Stellungnahmen verzichtet, weil diese Themen sofort polarisieren, wenn man sie nicht sorgfältig handhabt. Diese Reizthemen wollte ich vermeiden.
Im Mittelpunkt seiner Kriminalerzählungen stehen zwei Akteure mit typisch Kärntner Familiennamen: Neben dem Klagenfurter Hubert Pogatschnig war dies Ludwig Melischnig, geboren in Österreichs "Faschings-Metropole" Villach. 
Einmal auf einen lokalen Mordfall aufmerksam geworden, läßt der enthusiastische Hobbydetektiv Pogatschnig nicht eher locker, bis er das Verbrechen aufgeklärt hat. Wobei er sich wenn nötig frech das Vertrauen wichtiger Auskunftspersonen erschwindelt; gerne auch seine Freizeit für die Ermittlungen opfert und bei einigen Abenteuern selbst seine Gesundheit aufs Spiel setzt.

Hubert hasst nichts mehr, als wenn sein Vorname zu "Hubsi" verhunzt wird und ist mit seinem eineiigen Zwillingsbruder Herbert seit ewigen Zeiten, u.a. eben deswegen zerstritten. 
Äußerlich stellt der Serien-Heroe eine alles andere als heldenhafte Erscheinung dar, was so von kaum einem anderen Romanheftdetektiv behauptet werden kann:

Die zentrale Figur der Kneipen-Krimis wird von Roland Zingerle als kraftloser, kugelbäuchiger Brillenträger mit Stirnglatze präsentiert, der bisweilen Courage vermissen läßt, sich aber nach Klärung "seiner" Fälle gerne selbstverliebt im Lichte der Öffentlichkeit sonnt. 
Pogatschnig weist nicht wenige weitere Charakterfehler bzw. menschliche Schwächen auf; wirkt aber wohl gerade deshalb besonders lebensnah positioniert.

Die (realen) Klagenfurter Medienvertreter, wie z.B. die auch im ersten Band mitagierenden Reporter der "Antenne Kärnten" loben den privaten Schnüffler Pogatschnig und seinen Kumpel Melischnig in ihnen wohlmeinenden (erfundenen) Zeitungsberichten oder Radiobeiträgen (im Heft) als DIE großen Ermittlungsexperten: Als "Die Zwei für die Gerechtigkeit". 

Im Klagenfurter-Kneipenkrimi-"Polizisten-Sprech" werden die ungestümen und manchmal außerordentlich tollpatschigen Pseudodetektive jedoch nur als das "Deppen-Duo" bezeichnet: Werden von den Kommissaren als anmaßende Stümper betrachtet, die sich diese medialen Lorbeeren in keinster Weise verdient hätten.

Oberst Peter BevcBei Vorab-Recherchen für seine Heftserie nahm MMag. Zingerle u.a. auch Kontakt zur Klagenfurter Kriminalpolizei auf und bekam vom Leiter der Kripo umfassende Informationen, z.B. über die internen Behördenabläufe mitgeteilt. Das offizielle Vorgehen der Beamten in den Geschichten ist daher authentisch geschildert.
Nötiges Wissen habe ich mir stets aus erster Hand geholt. Neben dem Kärntner Kripo-Chef, Oberst Hermann Klammer konnte ich auch ein gutes Einvernehmen mit Oberst Peter Bevc, dem Direktor des Klagenfurter Landesgefängnisses herstellen, in dessen Gemäuern ich später eine auch in den Medien Aufsehen erregende Lesung veranstalten durfte.
In den späteren Kneipen-Krimis hat Zingerle gründliche Recherchen zu krimi-charakteristischen bzw. auch zu genre-untypischen Themenkreisen ebenfalls nicht gescheut. Für die Handlung relevante Erkundigungen holte er etwa zur Wertbestimmung von Diamanten (= für Band Nr. 6), zum Aussehen und zur Streckenführung der Klagenfurter Kanalisation (für Band Nr. 9) oder zum SF-Thema "Orbitalaufzüge" (für Band Nr. 16) ein.


Der Schattenriss von Ludwig Melischnig 4.) "Comic Relief" im Kneipen-Krimi:
Der zweite Mann im Schnüffler-Team, Ludwig Melischnig verbringt als Helfer eines "Schleppe"-Bierzustellers (als "Bierführer-Assistent") ebenfalls geschäftlich viel Zeit in Klagenfurts Kneipen, wo er sich mit Hubert Pogatschnig angefreundet hat, dessen Intelligenz und kriminalistischen Spürsinn er bewundert. 

Der ziemlich tumbe Kraftprotz Melischnig unterstützt Hubert bei dessen Nachforschungen - meist sehr widerwillig und nicht etwa aus eigenem Antrieb heraus: Seine Mitarbeit erfolgt, weil er von Pogatschnig, seinem einzigen Freund, dazu genötigt wird und zu gutmütig ist, um "nein" zu sagen. 
Ludwigs Beiträge zur Aufklärung der Verbrechen sind meist sehr bescheiden oder überhaupt nicht vorhanden.

Melischnig wird in den ersten Stories als begriffsstutziger Einfaltspinsel ohne Allgemeinwissen und ungelenk formulierender Schwachkopf dargestellt, der oft simpelste Zusammenhänge nicht erkennen vermag. Ludwig denkt - wenn überhaupt - nur an sein leibliches Wohl und befindet sich beim Ermitteln ständig auf dem Holzweg. 

Dem Bierführer-Assistenten fehlt der Lkw-Führerschein, wodurch er auch nicht vom ungeliebten Posten eines Gehilfen zum "Bierführer" selbst aufsteigen kann. 
Als positive Eigenschaften Melischnigs sind seine Offenheit und Geradlinigkeit, das hohe Arbeitsethos im Beruf und seine körperliche Größe und Stärke zu konstatieren: Körperkräfte, die bei mancher Handgreiflichkeit während der Privat-Erhebungen von großem Nutzen sind.

Optisch wird Ludwig Melischnig als "Riesenbaby", als hochgewachsener Muskelmann mit doofem Gesichtsausdruck beschrieben. 

Anmerkung 1: Der Nebenheld der Geschichten wirkt zu Beginn überhaupt mehr wie die Karikatur eines Menschen: Roland Zingerle ist eingestandenermaßen begeisterter Comicleser und hat seinen Melischnig, den er ursprünglich nach drei Bänden aus der Serie herausschreiben wollte, nach Art einer Cartoonfigur im Stil von Dumpfbacken-Detektivhelfer Goofy bewußt "schräg gezeichnet". 

Anmerkung 2: Auch allerlei weitere spaßige Einflüsse aus populären Comics finden sich in den Klagenfurter Kneipen-Krimis: U.a. bei den Auftritten eines hochgradig unsicheren Mannes in Band Nr. 5, der vor bedeutsamen Entscheidungen seine Glücksmünze zu Rate ziehen muss. (Vgl. "Two-Face" bei Batman.) 

Dem Fledermausmenschen selbst wiederum eifert ein als Superheld kostümierter, cartoonesker Klagenfurter Vigilant nach, der Kärntner Übeltätern mit Reizgas und Elektroschockern auf den Leib rückt.
Anspielungen auf Comics gibt´s noch bei den festlichen, gemeinschaftlichen Schlemmereien nach erfolgreichem Abschluss eines Kriminalfalles am Ende der jeweiligen Erzählungen: Gemütliche Gasthofversammlungen, die stark an die Schlussfeiern bei Asterix erinnern. 


Der Schriftsteller in Aktion 5.) Der Debütroman wird geschrieben - neues Geld wird aquiriert:
Am Beginn all seiner Schreibarbeiten erstellt Roland Zingerle ausführliche Exposés:
Handlungsskizzen, Psychogramme etc. fertige ich stets frei Hand auf Papier an. Eine der wesentlichsten Aufgaben bei der Konzeption eines Krimis ist die Verschachtelung der Haupt- mit den Nebenhandlungen, weil daraus ein Kapitelmix entsteht, der die Spannung vorantreibt. Und diese Verschachtelungen fallen mir leichter, wenn ich die Handlungsstränge auf Papier vor mir habe.
Sobald die Geschichte aber steht, erfolgt die Roman-Ausarbeitung am Desktop-PC bzw. im Sommer am Laptop auf meinem Balkon.
Wichtige Vorkorrekturen sowie gezielte Nachbesprechungen führten Zingerles Vertraute aus engstem Familienkreis, seine Gattin Elke und sein Vater Gunter durch:
Da ich die Serie meiner Frau gewidmet habe - es also "ihr" Krimi war - hat sie alle Manuskripte als erste gelesen und mir dazu Rückmeldungen gegeben. Auch mein Vater hat mich immer wieder auf zu langatmige oder unpassende Passagen aufmerksam gemacht oder auf ungeschickten Umgang mit der Dramaturgie. Solche Inputs habe ich natürlich aufgesogen wie ein Schwamm das Wasser und bei künftigen Texten tunlichst zu vermeiden versucht.

Auch vor der Drucklegung seines ersten Kneipen-Krimis tat PR-Fachmann Zingerle weiterhin sein Möglichstes, um neben den Beiträgen der Interfiktions-Romangäste noch zusätzliche Einkunftsquellen für sein Vorhaben aufzutreiben. Dazu gehörten auch Einschaltungen in Form klassischer Heftinserate: Annoncen, die von Zingerle - als Bereitsteller von Werbeflächen und z.T. als Werbetexter in einer Person - bewußt so eingefügt oder arrangiert wurden, dass sie (wo dies möglich war) wie Illustrationen der Krimihandlung wirkten. 

Franz PölzlDie Aufgabe, Anzeigenkunden zu gewinnen, delegierte Zingerle an den von ihm engagierten freien Inseratenverkäufer Franz Pölzl:
Franz Pölzl musste sich bei jedem einzelnen potentiellen Kunden den Mund fusselig reden, um zu erklären, was wir da anbieten. Herr Pölzl hatte natürlich einen schweren Stand, weil wir für die Einschaltungen nur wenig Geld verlangen konnten - seine Provision daher bescheiden ausfiel. Der Grund, warum er es dennoch gemacht hat war der, dass auch er sehr angetan vom Kneipenkrimi-Gesamtkonzept war.
(Förder-)Mittel im dreistelligen Bereich konnte sich Roland Zingerle auch nach Vorsprache bei der Stadtverwaltung sichern:
Der Kulturreferent der Stadt Klagenfurt hat mir für die erste Auflage einen finanziellen Zuschuss gewährt und mir auch später nach Kräften geholfen, wenn es darum ging, mir einen Veranstaltungssaal kostenlos zu überlassen, der der Stadt gehörte oder mich an andere Stellen weiterzuempfehlen, die mir bei meinen diversen Unternehmungen helfen konnten.
Längerfristige Förderungen gab es jedoch nicht, ebenso wenig private Mäzene. Alle Ämter, bei denen ich anklopfte, waren hellauf vom Kneipen-Krimi begeistert und ich bekam eigentlich jede Unterstützung die ich wollte - solange ich nicht nach Geld fragte...
Allein der Klagenfurter Tourismusreferent und dessen hochbesorgte Beraterin verweigerten die Zusammenarbeit, da sie literarischen Mord und Totschlag in "ihrem" friedfertigen Städtchen für keine adäquate Werbung hielten.


Heft Nr. 1 6.) Anfertigung, Vertrieb und Bewerbung der Heftnummer 1:
Im Juli 2006 waren die Vorbereitungen abgeschlossen und MMag. Zingerle ließ bei der Kärntner Grafikagentur "type&sign" über Peter Steiner Band 1 seiner Klagenfurter Kneipen-Krimis, "Die Leiche im Lendkanal" herstellen: Das Paketangebot für Layout, Satz und Druck von 1000 Exemplaren dieser Nummer schlug sich mit etwa 2.500 Euro (inkl. Umsatzsteuer) zu Buche. 

Die Fabrikation von Romanheften durch die Druckerei Carinthian stellte technisch kein Problem dar, da A5 ein gängiges Format ist und dazu bzw. auch zur Rückenheftung selbst Copy-Shops in der Lage gewesen wären.

Zingerle im BüroDie druckfrischen Schriften lagerte Zingerle im Bürozimmer seiner Wohnung ein und begann nun, mit den Belegexemplaren auch die Rechnungen an seine Inserenten und Interfiktionsgäste zu verschicken.

Schwieriger als erwartet, gestaltete sich der Absatz der Romane: Die Kneipen-Krimis lieferte der Schriftsteller mangels Vertriebsnetz gleich höchstpersönlich an die Klagenfurter Buchgeschäfte und Trafiken (Kioske) aus:
Besonders zäh war dabei die Klinkenputzerei bei gewissen Buchhandlungen und vor allem bei den Trafikanten. Während die Buchhändler noch recht angetan von einem neuen Periodikum mit Lokalbezug waren, hatten die Trafikanten keine wirkliche Freude damit, eine weitere Zeitschrift mit winziger Rendite zu verkaufen. Heft Nr. 1 kostete am Ladentisch schließlich nur € 1,90. 
Ich habe erst über die Trafikanten-Innung der Wirtschaftskammer erfahren, wie knapp hier gerechnet wird.
Eine Auslage mit Kneipenkrimis Das ganze Geschäft kam ausschließlich über Kommission zustande: Die Betreiber der örtlichen Buchläden, Kioske und der Klagenfurter Gastwirtschaften, die auch in der Romanhandlung der "Leiche im Lendkanal" vorkamen, nannten MMag. Zingerle die Menge der Hefte, die sie für einen bestimmten Zeitraum in ihre Regale stellen wollten oder an der Theke zum Verkauf anboten.

Oft genug waren dies eher bescheidene 5 oder 10 Exemplare am Stück. Bezahlt wurde nach einer vorab festgelegten Zeitspanne; freilich nur für die tatsächlich veräußerten Nummern. "Remittenden" musste Roland Zingerle selbstverständlich zurücknehmen. 

Mit Schaudern erinnert sich der Publizist auch an die zeitaufwändige Abwicklung von sporadischen Nachbestellungen: So orderten Buchgeschäfte telefonisch z.B. gerade mal drei zusätzliche Kneipen-Krimis, die der Autor dann quer durch die Stadt zustellen kam.

Was die Werbung für seine Romanserie betrifft, erläutert der Selbstverleger:
Wirklich gut funktionierte die Öffentlichkeitsarbeit: Dank meiner Tätigkeit für das Kärntner Bildungswerk 2002-2004 bestanden noch hervorragende Medienkontakte, die ich für meine Zwecke nutzte, um mein Projekt publik zu machen. Ich hatte einen sehr guten Draht zu je einem Redakteur der "Kleinen Zeitung" sowie der "Kärntner Woche". Die beiden haben mir gerade in der Anfangsphase sehr geholfen. 
Beworben habe ich den ersten Kneipen-Krimi darüberhinaus durch Newsletter und nach dem Multiplikatorensystem über meine Verwandten, Freunde und Bekannten.
Im ersten Überschwang der Leidenschaften wäre es ursprünglich beinahe zur Ausweitung des Kneipenkrimi-Gesamtkonzeptes gekommen: Der nach seiner mehrjährigen Arbeit für das Unternehmen "Kärntner Kulturwirt" bestens mit den Lokalbesitzern der Stadt vernetzte Roland Zingerle berichtet:
Anfangs hatte ich mit dem Kneipen-Krimi noch viel mehr vor, z. B. wollte ich eine Art Schnitzeljagd durch die Gasthäuser Klagenfurts veranstalten, wobei die Leser den im Heft beschriebenen Fall nur lösen können, wenn sie Informationen sammeln, die sie bei den Wirten erhalten.
Doch daraus wurde nichts, weil´s zu kompliziert war. Gott sei Dank, muss ich heute sagen, denn das wäre schrecklich in die Hose gegangen!
Die Kneipenkrimi-Mischung aus wüsten Mordtaten und handfestem Humor, die urigen Charaktere, das Lokalkolorit sowie das erstaunliche Konzept mit den in die Geschichten eingekauften, z.T. stadtbekannten Promi-Kunden wurden bei den Leser/innen in und um Klagenfurt durchgehend positiv aufgenommen. 

Selbst das schrille "Interfiktions"-Product-Placement passte in eine Story, in der ohnehin mit launigen Übertreibungen, scharfzüngigen Seitenhieben und mit dezenten Trashelementen nicht gespart wurde. 
Bereits nach wenigen Wochen waren alle 1000 Heftexemplare restlos abgesetzt und MMag. Zingerle ließ weitere 500 Nummern der "Leiche im Lendkanal" nachdrucken.


Der Schattenriss von Leopold Ogris 7.) Die Essenz der Romanheftserie:
Stärkstes Verkaufsargument blieb jedoch die facettenreiche Ausgestaltung des eigentlichen Handlungs-"Clous" - das Aufeinanderprallen der charakterlich stark ausdifferenzierten beiden Hobbydetektive mit der Klagenfurter Polizei: 
Hubert Pogatschnig und Ludwig Melischnig mischen sich ungefragt und ungeniert in die Arbeit der Kriminalpolizisten rund um Gruppeninspektor (später: Chefinspektor) Leopold Ogris ein. Bei jedem Zusammentreffen an den Tatorten, in den Wohnungen von Zeugen oder an anderen Schauplätzen, wo der Gastronomie-Großhandelsvertreter und der Bierzusteller eigentlich nicht das Geringste zu suchen hätten, bringen die beiden Kommissar Ogris regelmäßig zur Weißglut.

Wobei sich Ludwig Melischnig in Band 1 unsterblich in Bettina, in die ältere Tochter des mitunter recht grantigen Gruppeninspektors verliebt: Eine heimliche Liebe, von der anfangs weder der Vater Leopold, noch Bettina selbst etwas wissen...

Immerhin: Im weiteren Verlauf der Serie entwickelt sich zwischen der Studentin Bettina und dem Bierführer-Assistenten Ludwig so etwas wie eine Freundschaft, eine platonische Liebe.
Ogris zweite Tochter Heike ist Schülerin (später: Studentin) und scheint im Gegensatz zu ihrem Herrn Papa über die Maßen von den Ermittlungskünsten des "Detektiv-Genies" Hubert Pogatschnig bezaubert zu sein.

Pogatschnig und Melischnig düpieren mit ihren Laienaktionen wiederholt den meist unzugänglichen, nur gelegentlich auch überraschend auskunfts- und hilfswilligen Kriminalkommissar, dem dritten Hauptprotagonisten der Serie.
Das angespannte Klima zwischen den Freizeitdetektiven einerseits, den Polizeibeamten andererseits bessert sich von Heftabenteuer zu Heftabenteuer, da Pogatschnig im Austausch für Kripo-Informationen seinen Erkenntnisstand mit dem der Inspektor(inn)en Ogris, Otto Pertel und Christiane Schulz abgleicht und den Ordnungshütern so einige Male entscheidend weiterhelfen kann. 

Im "Wettrennen" um die Aufklärung der oft recht grausigen Klagenfurter Mordtaten haben (wie etwa im Debütroman) zwar meist die "Zwei für die Gerechtigkeit" die Nase vorn; in mancher der nachfolgenden Stories sind aber allein die Kriminalisten auf der richtigen Spur. 

Später sorgen auch beide Streitparteien in enger Zusammenarbeit für eine gemeinschaftliche Entlarvung der unzähligen Klagenfurter MörderInnen, Auftragskiller, Politverschwörer, Mafiosi oder für die Festnahme anderer mehr oder weniger psychopathischer (seltener auch harmlos-schrulliger) Gesetzesbrecher. 

Wie sich Roland Zingerles Projekt "Klagenfurter Kneipen-Krimi" ab der zweiten Heftnummer weiterentwickelte, wird im Artikel zum Thema "Interfiktion im Heyn-Verlag" geschildert.

Die weiteren Beiträge auf Zauberspiegel widmen sich der Verfügbarkeit der Romane, präsentieren die Titelliste sowie eine Covergalerie aller 19 Bände und beschreiben die Promotionsmaßnahmen zur Bewerbung der neuen Groschenheftserie.

Es folgen literarische und inhaltliche Betrachtungen zum Klagenfurter Kneipen-Krimi, speziell auch zum Abschlussband; ein Interview mit dem Verfasser der Heft-Humoresken und eine dazugehörige Fotogalerie. 


Bildquellen: 
Alle Fotos und Schattenrisse © MMag. Roland Zingerle

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Kommentare  

#1 Wolfgang Trubshaw 2011-05-26 20:17
Ich habe letztes Jahr ein Exemplar in der Bahnhofsbuchhandlung am Wiener Westbahnhof erworben. Fährt der von Kärnten bis nach Wien persönlich Hefte ausliefern?!
#2 D. Wrath 2011-05-27 12:20
Ab Band Nr. 3 wurden die Kneipen-Krimis vom Klagenfurter Verlag Johannes Heyn herausgegeben, der auch die Auslieferung der Romane übernommen hat. Mehr dazu dann im Artikel in der nächsten Woche.
#3 Sarkana 2022-10-09 17:39
Kam da eigentlich noch was? Verlinkt is ja nix (mehr?).
#4 Robert Martschinke 2022-10-11 18:24
@Sarkana: Die weiteren Beiträge zum Thema sind hier gelistet:
www.zauberspiegel-online.de/index.php/krimi-thriller-mainmenu-12/gedrucktes-mainmenu-159?start=390
Überregional haben die Kneipenkrimis wohl nie gefunzt. Und regional auch nur dank viel Vitamin B und passender PR. Trotzdem ein interessantes Experiment.
#5 Sarkana 2022-10-13 00:25
Ah. Danke.
Ein interessantes Experiment war es zweifellos. Aber so richtig funktioniert haben diese Heftromane abseits der üblichen Vertriebswege fast alle nicht so richtig. Ist ja nicht so, daß im größeren Deutschland das besser lief. Mark Tate, ad astra, Sirius und Thorin sind da noch die größten Erfolge - und Sirius war auch eher ein Achtungserfolg.

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