Restart - Die Soko 5113 ist weg ...und wieder da
Restart - Die Soko 5113 ist weg...
...und wieder da
Andere wiederum sahen in dem Titel "Soko 5113" die traditionelle Verpflichtung zum Serientitel und ihrem Ideengeber Dieter Schenk und auch als angenehme Ausnahme unter allen Städtenamen.
Was aus der SOKO an sich geworden ist, könnt ihr in meinen folgenden Artikeln lesen, u.a. "Die Akte Göttmann". Dabei will ich gar nicht allzu sehr in längst vergangenen Fernsehzeiten schwelgen. Die Zeit also, als Fernsehen noch ein Erlebnis war und das multimediale Ereignis schlechthin gewesen ist. Als es kein Internet gab, keine Handys und längst auch noch keine Videos und DVD´s. Ja diese Zeiten gab es und ich habe sie erlebt.
Heute muss man in einer Zeit in der "multimedial" wirklich was anderes ist, schon ganz andere Geschütze auffahren. Wie lockt man Leute vor den Bildschirm. Wenn um 20.15 damals im Fernsehen ein Krimi lief, hat man die Uhr danach gestellt und seinen ganzen Tagesablauf darauf eingestellt damit ja alle pünktlich abends vor der Glotze saßen. Nach dem Krimi saß man noch stundenlang zusammen und debattierte. Am nächsten Tag war der Krimi Tagesgespräch in den Bussen, Bahnen und am Arbeitsplatz. Heute bedarf schon einer Horrormeldung in den Nachrichten um diesen Zustand wenigstens ansatzweise zu provozieren. Krimis locken heute nur noch Insider vor die Kiste und die meisten schauen sich den Film nicht um 20.15 Uhr an, sondern irgendwann wenn man Zeit hat in der Mediathek, auf YouTube oder gleich auf Video. Denn heute, in einer Zeit, in der nicht mehr traditionell die Ehefrau sich um den Haushalt kümmert und die Kinder umsorgt, sondern jedes Mitglied der Familie seinen Beitrag leisten muss, weil alle irgendwo auch außerhäusliche Verpflichtungen haben, ist die Zeit knapper. Und ein pünktliches Sitzen vor dem TV um 20.15 Uhr scheint logistisch kaum möglich. Zumal noch andere schöne kulturelle oder mediale Ereignisse locken. Der Sohn will das nächste Ballerspiel spielen, die Tochter interessiert sich für den nächsten Modelwettbewerb und Shopping Queen auf Vox, Mutter probiert neue Rezepte und hat sich jetzt bei einer Kochshow beworben und der Vater schaut eh nur Politik. Die Interessen gehen auseinander. Das hat zur Folge, dass eine Krimiserie wie "Soko 5113" nicht mehr 88% Einschaltquote hat, sondern nur noch 7%. Bei der aktuellen neuen "Soko München"-Folge bedeute das knapp 5 Millionen Zuschauer. Ein Anstieg der Resonanz bei der achso angestaubten Alt-Krimiserie des ZDF. Nur "Der Alte" ist noch älter.
Die Macher der Serie haben sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr von der Ur-Idee des Kriminalisten Dieter Schenk entfernt. Schenk schuf eine Krimiserie in der er zunächst den Werdegang eines jungen Polizisten im Polizeiapparat zeigen wollte. Vielleicht ein wenig sein eigener Werdegang. Heute ist der Mann freier Publizist und Schriftsteller und beschäftigt sich mit dem Themen Menschenrechte und Nationalsozialismus. Mit "Soko 5113" wählte er einen prägnanten Titel. Die Telefondurchwahl des Chefs der Soko war der Aufhänger: 5113. Schenks eigene Durchwahl in seinem Büro im Bundeskriminalamt. Er schuf die Figur des Durchläufers Fred Less. Dieser junge Polizist sollte möglichst alle Polizeistationen durchlaufen und anhand dieser Karriere wollte Schenk Polizeiarbeit beschreiben. Doch die Fernsehverantwortlichen hatten noch andere Vorstellungen. So wurde aus der "Soko 5113" eine Sonderermittlungstruppe im Bereich der Drogenkriminalität.
Fred Less war dabei ein junger Beamter dieser Truppe aber nicht mehr die Hauptfigur. Das waren Karl Göttmann, der Leiter und sein Stellvertreter Schickl. Hinzu kamen drei weitere Beamte. Tatsächlich aber entwickelten die Figuren sich dahingehend, dass Göttmann, Schickl und Less zum festen Team gehörten, während andere Ermittlerrollen nach und nach wechselten. Aus der Drogen-Soko wurde später eine Soko im Kampf gegen Jugendkriminalität und noch später eine reine "Mord-Soko". Also eine Krimiserie wie jede andere. Und gerade das sollte diese Serie eigentlich nie sein. Sie sollte Krimiarbeit möglichst realistisch darstellen. Die Figuren sollten authentisch sein. Und in den ersten 50-60 Folgen war das auch so. Dann entfernte sich die Serie immer mehr von diesem Konzept. Die Ermittler standen bis dahin im Mittelpunkt. Der Fall war Nebensache. Das Privatleben von Göttmann und seinen Leuten war interessanter als der Fall. Als der Darsteller des Göttmann, Werner Kreindl, 1992 verstarb, baute man die Soko regelrecht um. Aus den anfangs sechs Beamten wurden nur noch vier. Jahre zuvor hatte man schon auf fünf reduziert. Das Privatleben der Ermittler rückte in den Hintergrund. Der Fall selbst war wieder das Hauptthema. Und noch seltener kam es vor, dass die Ermittler selbst privat in die Fälle involviert waren.
Mit "Soko München" geht man nun der erstaunlichen Weg der alten 70er Jahre-Soko. Das überrascht sehr. Es gibt wieder sechs Ermittler. Neben Kriminalkommissar Bauer alias Gerd Silberbauer (seit 2008) dabei und Bianca Hein (seit 2006), sowie Michel Guilaume (seit 1993) und auch Joscha Kiefer (seit 2010) und Christofer von Beau (seit 2002) ist nun auch ein Forensiker mit von der Partie. Und wie damals gibt es einen Fall und einen Rahmenfall, der sich über mehrere Folgen erstreckt. Zum Teil arbeiten die Ermittler sogar gleichzeitig an verschiedenen Fällen. Das ist so wie zu Beginn der Serie und bringt Farbe in die Reihe. Der zu vor als "Aushilfskommissar" gehandelte Franz Ainfachnur (Christofer von Beau), der immer dann einsprang wenn Not am Mann war, gehört nun fest zum Team und ermittelt Undercover in der Gangsterszene. Laut seinem Chef Bauer hat er dazu 10 Wochen Zeit. 10 Wochen um ein Verbrechen aufzuklären. Genau die Zeit also, in der die neue Staffel läuft.
Auch optisch hat sich was verändert. Der Vorspann ist prägnanter und kürzer, die Musik weniger prägnant. Die Figur des Theo Renner (Michel Guillaume) hat sich vom Otto-Normal-Kommissar zum Schimanski-Typ mit Schmuddel-Jacke und Rausche-Bart gewandelt. Die reifer gewordene Bianca Hein wollte eigentlich nur 10 Folgen lang die "Soko 5113" beehren. Doch daraus wurden 10 Jahre. Sie mimt nun eine resolute Beamtin wie einst Ingeborg Schöner in der Ur-Soko vor 38 Jahren. Und fast genau auf den Tag genau, 38 Jahre nach dem Start der Ur-Serie, am 4. Januar 2016 geht mit "Restart" die erste neue "Soko München"-Folge über den Sender. Mit einem ähnlichen Konzept wie damals. Seit 1992 habe ich die Serie nicht mehr geschaut. Am Montag habe ich eine Ausnahme gemacht und war angenehm überrascht. Die Faszination und Spannung von damals vermisse ich allerdings zum Teil noch schmerzlich. Ebenso wie die einprägsamen und sympathischen Hauptdarsteller.
Weitere Artikel:
Die Akte Göttmann: Wie eine Folge von "SOKO 5113" die gesamte Serienhistorie zerstörte - Teil 1 (14.01.16)
Die Akte Göttmann: Wie eine Folge von "SOKO 5113" die gesamte Serienhistorie zerstörte - Teil 2 (21.01.16)
Die Leute von der SOKO 5113 - Wie sie kamen und gingen (04.02.16)
Kommentare
Ich habe beide Chef-Ermittler, also Werner Kreindl und dann auch Wilfried Klaus erleben dürfen. Und KHK Göttmann war zweifelsohne ein Top-Ermittler. Aber als Wilfried Klaus, der in der Göttmann-Zeit ja eher etwas blass blieb, die Kommandobrücke übernommen hat, wurde es tatsächlich um Längen besser. Wilfried Klaus spielte Werner Kreindl glatt an die Wand und auch die Einlagen mit seiner Ex-Kollegin und jetzigen Ehefrau Anna Herbst-Schickl (Ingeborg Schöner) waren super.
Und auch Horst Schickl sein Interesse an Oper war super dargestellt und gehörte perfekt dazu. Es wirkte nicht aufgesetzt.
Und ich bin, was Opern anbelangt, der reinste Kulturbanause. Daher weiß ich, wovon ich rede.
Was Arthur Bauer (Gerd Silberbauer) betrifft, so täte er gut daran alte SOKO 5113-Folgen anzusehen. Er kann Vorgängern noch eine Menge lernen