Missstände im Justizsystem - »…und Gerechtigkeit für alle«
Missstände im Justizsystem
»…und Gerechtigkeit für alle«
Die Themen, die in „…und Gerechtigkeit für alle“ verhandelt werden, kennt man einige Jahrzehnte später in erster Linie durch die immens erfolgreichen Romane des Juristen John Grisham, die auch mehrfach filmisch adaptiert worden sind („Die Firma“, „Die Akte“, „Das Urteil“). Valerie Curtin und Barry Levinson legen in ihrem Drehbuch einen Finger in die Wunde des maroden US-Justizsystems, in dem es – entgegen den Beteuerungen aus dem 14. Zusatz zur US-Verfassung – eben nicht immer nur um Gerechtigkeit und Wahrheit geht, sondern häufig viel eher um den Sieg im Gerichtssaal. Strafverteidiger wetteifern mit Staatsanwälten um den Ausgang eines Prozesses, jeder von ihnen versucht, die Geschworenen auf seine Seite zu ziehen. So ergehen richterliche Urteile häufig nicht zu Gunsten der Redlichkeit, sondern sind viel eher das Ergebnis des rednerischen Talents und der verbalen Eloquenz der gegnerischen Anwälte. Curtins und Levinsons Drehbuch wurde 1979 von Norman Jewison inszeniert, der mit solch unterschiedlichen Filmen wie „In der Hitze der Nacht“, „Jesus Christ Superstar“ oder „Mondsüchtig“ sein vielfältiges Talent unter Beweis gestellt hat.
Arthur Kirkland (Al Pacino) ist einer der erfolgreichsten jungen Anwälte in Baltimore, Maryland. Da er sich über die unmenschliche Paragrafenreiterei von Richter Fleming (John Forsythe) lautstark beschwerte, musste er wegen Missachtung des Gerichts eine Nacht im Gefängnis verbringen. Kirklands Privatleben besteht aus Besuchen bei seinem dementen Großvater Sam (Lee Strasberg), Flirts mit der Kollegin Gail Packer (Christine Lahti) und waghalsigen Helikopterausflügen mit dem befreundeten Richter Rayford (Jack Warden). Völlig unerwartet erhält Kirkland eines Tages den Auftrag, Richter Fleming in einem heiklen Fall zu verteidigen. Der vermeintlich ehrenwerte Rechtsprecher ist von einem jungen Mädchen angeklagt worden, dieses brutal vergewaltigt und dabei auch körperlich misshandelt zu haben. Ohne lange nachzudenken, will Kirkland das Mandat ablehnen, doch, weil er vor Jahren einen geistig unzurechnungsfähigen Klienten bei der Polizei angezeigt und damit gegen den Anwaltskodex verstoßen hat, ist Fleming in der Lage, Kirklands Karriere bei einer Absage von heute auf morgen zu beenden…
Norman Jewison ist es geglückt, einen Justizthriller zu inszenieren, der nicht den gängigen Klischees des Genres entspricht. Die Handlung ist keineswegs nur auf den Gerichtssaal reduziert, sondern bietet eine Menge Abwechslung an Locations und an unterschiedlichen Themen. In all diesen Facetten werden die Schattenseiten des US-Justizsystems hervorgehoben, wodurch ein finster-pessimistischer Grundton entsteht. Das Highlight ist schließlich doch Al Pacinos Rede im Gerichtssaal, in der einmal mehr das enorme Talent dieses Ausnahmeschauspielers ersichtlich wird. Die BluRay-Erstveröffentlichung von Explosive Media bietet ein sehr gutes, nur in dunkleren Passagen noch etwas grobkörniges remastertes Bild (im Widescreen-Format 1,85:1) und einen der Entstehungszeit angemessenen Ton (Deutsch und Englisch jeweils wahlweise im DTS HD Master Audio 5.1 und 2.0, optional mit deutschen und englischen Untertiteln). Die Extras umfassen einen Audiokommentar von Regisseur Jewison, Interviews mit Norman Jewison (13 Minuten) und Barry Levinson (7 Minuten), vier entfallene Szenen (zusammen 10 Minuten), den Original-US-Kinotrailer sowie eine umfangreiche animierte Bildergalerie.
Kommentare
Ein erstklassiger Film.
Jack Warden als lebensmüder Richter.
Jeffrey Tambor, der Anwalt mit Nervenzusammenbruch.
Trotz des finsteres Untertons, hat er sehr viel subtilen Humor.