Der Predator stattet der Erde wieder einen Besuch ab - »PREY«
Der Predator stattet der Erde
wieder einen Besuch ab
»PREY«
Wenn man als unbedarfter Zuseher 1987 im Lichtspielhaus seiner Wahl den Film „Predator“ sichtete (ohne vorher allzu viel Werbematerial konsumiert zu haben) wurde man wohl ordentlich überrascht: In den ersten 30 Minuten gaukelt einem Regisseur John McTiernan nämlich einen klassischen Dschungel-Actioner vor, der sich ganz im Fahrwasser von „Rambo 2“ oder der „Missing In Action“-Reihe bewegt. Doch falsch gedacht: „Predator“ legt eine 180 Grad Wende hin und entwickelt sich zum grimmigen Survival-Horror, der den Überlebenskampf der Soldatentruppe rund um Arnold Schwarzenegger gegen den außerirdischen Predator in den Mittelpunkt stellt.
Dieser unerwartete Genre-Wechsel gepaart mit der hohen Produktionsqualität dürften ausschlaggebend gewesen sein, das sich „Predator“ schnell zum Kultfilm mauserte und deshalb wenig überraschend auch Sequels nach sich zog. Diese hatten bei der geneigten Predator-Fangemeinde allerdings eher einen schweren Stand. „Predator 2“ war nur bedingt erfolgreich beim Versuch den Überlebenskampf vom tropischen Urwald in den Großstadtdschungel von Los Angeles zu übertragen, die beiden Spin-Offs „Alien vs Predator“ und „Alien vs Predator 2“ sind mehr debil-unterhaltsamer Fan-Service statt spannender Creature-Horror, das Quasi-Remake „Predators“ hatte auch nichts wirklich Neues zu erzählen und das Betonen der Comedy-Elementen in Shane Blacks „The Predator“ wurde generell auch eher kontrovers rezipiert.
Nach Sequel, Spin-Off und Beinahe-Remake folgt jetzt auch noch ein Prequel zu „Predator“. Im Gegensatz zu all seinen Vorläufern wird der von Dan Trachtenberg inszenierte „Prey“ nicht im Kino zu sehen sein, sondern nur im Stream bei Disney + erscheinen. Eine durchaus fragwürdige Entscheidung, da „Prey“ sehr wohl kinoreife Bilder zu bieten hätte. Dies fängt beim unverbrauchten Setting des Films, die Handlung spielt nämlich im Jahre 1719 in Nordamerika, dementsprechend wird die weitläufige Landschaft nicht nur in schönen Bildern eingefangen, sondern Dan Trachtenberg macht such das einzigartige Setting auch für seien Inszenierung zunutze, in dem die Natur selber auch eine Bedrohung darstellt (ganz im Geiste des ersten Predator), etwa wenn sich Naru aus einem Sumpf befreien muss oder von einem reißenden Fluss mitgetrieben wird.
Handlungstechnisch verfolgen wir als Zuseher das Schicksal der jungen Comanchen-Kriegerin Naru, welche von Amber Midthunder verkörpert wird. Sie erweist sich als echter Glücksgriff für den Film, denn sie verkörpert die Protagonistin mit viel Herzblut und man fiebert als Zuseher gern mit ihr mit (es gibt kaum eine Einstellung im Film, in der sie nicht vorkommt). Leide bleiben die übrigen Charaktere im Film blasse Abziehbilder und man nimmt als Zuseher wenig Anteil an ihrem Überleben. Dafür erhält der Predator denkwürdige Auftritte, ein eindrucksvolles Design und die Möglichkeit, einige sehr kreative und bluttriefende Kills auszuführen. Die Kampfszenen zwischen der resoluten Naru (die sich im Laufe der Geschichte zu einer Kampfmaschine entwickelt, welche sogar John Wick Konkurrenz machen würde) und dem brutalen Predator gehören definitiv zu den Highlights des Films, leiden aber auch bedauerlicherweise unter den schwachen CGI-Effekten, welche definitiv etwas mehr Feinschliff vertragen hätten können (dies wird auch an den animierten Tieren überdeutlich, welche einen teilwiese eher an einen Schund-Streifen aus der Asylum-Trash-Schmiede erinnern als an einen Predator-Film). Neben dem leicht vorhersehbaren Polt stellt dies der größte Schwachpunkt von „Prey“ dar, der ansonsten aber in puncto Atmosphäre, Spannungsaufbau und Action-Inszenierung auf ganzer Linie überzeugen kann.
Fazit:
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass mit „Prey“ eines der potenziellen Kinohighlights 2022 nur im Streaming erschien und nicht auf der großen Leinwand erlebt werden konnte. Dan Trachtenberg kehrt mit seinem Predator-Prequel nämlich wieder zu den Franchise-Wurzeln zurück, indem er den knallharten Überlebenskampf der Comanchen-Indianern gegen den Predator in den Mittelpunkt stellt und eine dichte Atmosphäre kreiert, welche Hand in Hand mit den brutalen und spannend inszenierten Kampf-Szenen geht.
Abgesehen von den schwachen CGI-Effekten gehört „Prey“ somit definitiv zu den Highlights der qualitativ schwankenden „Predator“-Reihe und dürfte sowohl alteingesessene Predator-Hasen als auch potenzielle neue Fans vollends zufriedenstellen.
Kommentare
Was ich in den ersten 10 Minuten gedacht habe, war genau das Bedauern, dass es PREY nicht ins Kino geschafft hat.
Wenn man mit keinen Erwartungen an diesen Film gegangen, und dann doch überwältigt gewesen.
Die Sache mit den CGI-Tieren haben ich bei weitem nicht so schlecht empfunden. Aber das lag bestimmt an der Dauerverblüffung, weil die Macher tatsächlich noch einmal einen Predator-Film gemacht haben, der frisch war und mit ganz eigenen Ideen glänzte.
Die Darsteller in normale, englische Alltagssprache wechseln zu lassen, allerdings ohne dumme modernisierung, hat sehr gut getan, und vor vielen Peinlichkeiten bewahrt.
Eines von wenigen Highlights, aber definitiv die größte Überraschung 2022.
Danke Niklas, für die Bestätigung mit dieser starken Betrachtung.
Dennoch weitaus besser als die Gurke von Shane Black.