Preston, Douglas/Spezi, Mario: Die Bestie von Florenz
Das Werk, das er zusammen mit dem italienischen Journalisten Mario Spezi geschrieben hat, lässt sich zweifelsohne auch dem Thriller-Genre zuordnen. Doch statt sich eine packende Geschichte einfallen zu lassen und diese dann zu Papier zu bringen, hat sich Preston diesmal eines wahren Falles angenommen: dem der Titel gebenden Bestie von Florenz.
»Die Bestie von Florenz« ist eine Mischung aus Krimi und Dokumentation. Preston und Spezi schildern die Geschichte einer der mysteriösesten und brutalsten Mordserien, die Italien je heimgesucht hat. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ermordete ein gnadenloser Killer auf grausamste Art und Weise sechzehn Menschen in der Gegend um Florenz. Es konnte nie geklärt werden, wer für die Bluttaten verantwortlich war.
Als Preston im Jahr 2000 zwecks Recherche nach Italien kam, traf er auf Spezi, der die Mordserie als junger Journalist für die Zeitung Nazione begleitet hatte. Das, was der Italiener damals erlebte und wie sich die Mordserie entwickelte, wird im ersten Teil des Buchs beschrieben. Der zweite Teil widmet sich den Recherchen, die Preston und Spezi nach ihrem Treffen anstellten, um der Bestie von Florenz knapp 15 Jahre nach ihren letzten Morden doch noch auf die Spur zu kommen. Was als harmlose Ermittlung beginnt, hat schon bald dramatische Folgen für die beiden Männer ...
Diese Bewertung der Bestsellerautorin Minette Walters findet sich auf der Coverrückseite von »Die Bestie von Florenz«. Ganz Unrecht hat die Schriftstellerin mit diesen Worten nicht. Hundertprozentig zustimmen kann ich ihrem Urteil allerdings auch nicht.
Kein Zweifel: »Die Bestie von Florenz« ist ein spannungsvolles, düsteres Werk geworden, das weitaus fesselndere Unterhaltung bietet als die meisten sonstigen Thriller. Die Geschichte, die Preston und Spezi hier zum Besten geben, ist dunkel, erschütternd und reich an überraschenden Entwicklungen und Wendungen. Kurzum: Das wahre Leben erweist sich wieder einmal als ergiebiger, als es der Einfallsreichtum vieler noch so begabter Autoren mitunter tut.
Ungewöhnlich für Preston ist der Stil, in dem das Buch verfasst ist. Mal in gewohnt erzählender Romanform, dann wieder dokumentarisch-erklärend, mischen die beiden Verfasser zwei sehr verschiedene Stilrichtungen in einer einzigen Erzählung, die dadurch sowohl als Thriller als auch als Zeugnis der Jagd nach einem gewissenlosen Verbrecher funktioniert.
Was dem Buch leider völlig abgeht, sind die nervenzerreißenden Qualitäten, die Walters' Zitat verspricht. Hier stellen sich die Autoren mitunter selbst ein Bein: Immer wieder unterbrechen sie die laufende Handlung (wie ich die chronologische Abfolge der Ereignisse einmal bezeichnen möchte), um den Leser mit einer Vielzahl von Hintergrundinformationen über Italien, Mordermittlungen und zahllose weitere Aspekte zu versorgen. Die kommt dem dokumentarischen Anspruch des Buchs sicherlich zugute; dem Thrill der Handlung schadet es allerdings mitunter in erheblichem Maße. So interessant viele der zusätzlichen Informationen nämlich auch sein mögen, sie reißen den Leser immer wieder unsanft aus der dramatischen Möderjagd hinaus.
Mein Rat daher an alle, die sich überlegen, »Die Bestie von Florenz« zu lesen: Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass es sich bei dem Buch nicht um einen reinrassigen Thriller handelt, sondern um eine in Romanform aufbearbeitete Darstellung realer Ereignisse, die ihren dokumentarischen Charakter wiederholt zur Geltung bringt. Leser, die gerne Schilderungen über reale Ereignisse konsumieren, werden von daher eher auf ihre Kosten kommen als Freunde spannender Thriller. Die wenden sich lieber den sonstigen Romanen Prestons zu, die auf dokumentarische Einschübe verzichten und von daher einen konstantere Spannungskurve aufweisen.
Wen besagte Einschübe nicht schrecken, der sollte aber in jedem Fall einen Blick in »Die Bestie von Florenz« werfen. Die Geschichte um den berüchtigten Serienmörder aus Florenz hat es nämlich in sich und die Ermittlungen von Preston und Spezi im zweiten Teil nicht minder!