Kondor, Vilmos: Der leise Tod
Bezüglich des Inhalts verkündet der Klappentext folgendes:
Zsigmond Gordon macht Philip Marlowe Konkurrenz!
Budapest 1936: Der Journalist und Polizeireporter Zsigmond Gordon wird zum Fundort einer Leiche gerufen. Eine Prostituierte wurde brutal ermordet. In ihren Taschen findet sich seltsamerweise nichts weiter als das jüdische Gebetbuch für Frauen. Gordon ahnt, dass er es mit einem brisanten Fall zu tun bekommt, denn erst vor kurzem hatte er im Büro des Chef-Kriminalinspektors gut versteckte Aktfotos genau dieses Mädchens entdeckt ...
Ein ungewöhnlicher Kriminalfall und gleichzeitig ein spannendes, sehr authentisches Bild der ungarischen Gesellschaft der 30er Jahre.
Was sich in der Ankündigung vielversprechend anhört, entpuppt sich bei der Lektüre als mäßige Kriminalgeschichte, die in keiner Hinsicht so recht zu überzeugen weiß.
Die Story des Romans ist alles andere als aufregend oder gar spannend. Reichlich lustlos schreitet das Geschehen von einem Punkt zum nächsten, eine Episode im Laufe der Recherchen von Gordon wirkt lieblos an die nächste geklatscht.
Die Protagonisten des Romans agieren hölzern und steif. Kondor gelingt es nur in seltenen Momenten, seine Charaktere mit Leben zu füllen.
In nicht unerheblichem Maße sind hierfür sicher die schwachen Dialogpassagen (mit-)verantwortlich. Selten habe ich einen Roman gelesen, bei dem Gespräche derart künstlich ablaufen wie in »Der leise Tod«. Ob man nun die nicht vorhandene Dynamik der Dialoge (die Aussagen der Gesprächsteilnehmer wirken wirken schlicht aneinander geklatscht; von einer natürlichen Gesprächsdynamik findet sich keine Spur) oder die unnatürliche Ausdrucksweise der Gesprächspartner betrachtet: Die Passagen, in denen die Protagonisten miteinander reden, sind zweifelsohne der ganz große Schwachpunkt des Romans.
Einziger schwacher Lichtblick ist die Atmosphäre des Werks. Kondor gelingt es, ein glaubwürdiges Bild einer harten Zeit zu zeichnen, ein Bild, das geprägt ist von Entbehrung Verbrechen und Schatten. Schade, dass der stimmungsvoll-düstere Eindruck von der schwachen Darstellung der Protagonisten merklich getrübt wird.
Ich könnte noch einiges mehr über »Der leise Tod« schreiben, möchte im Grunde aber nicht nicht mehr allzu viele Worte darüber verlieren. Das Fazit, das ich hinsichtlich des Romans gezogen habe, dürfte auch so deutlich genug zum Ausdruck kommen: »Der leise Tod« ist ein spannungsarmer Krimi vor historischem Hintergrund, der vor allem im Hinblick auf die Charaktere sowie die Dialogszenen enttäuscht. Mit den Werken eines Raymond Chandler, wie der Covertext implizit verheißt, kann sich das Buch allenfalls insofern messen lassen, als dass sowohl Kondor als auch Chandler ein Faible für düstere Gesellschaftsbilder haben. Darüber hinaus kann »Der leise Tod« den Romanen des Amerikaners allerdings in keinster Weise das Wasser reichen.
Bleibt zu hoffen, dass der nächste Krimi aus osteuropäischen Landen mich mehr überzeugen kann...
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