Rose, Karen - Die For Me
Die For Me
von Karen Rose
695 Seiten, 6,99 £
ISBN 978-0-7553-3706-4
Dezember 2007
Headline Book Publishing
Karen Rose hat sich einen Namen als Autorin gemacht, die ihre Thriller gerne mit einer Liebesgeschichte und einer Portion Erotik garniert. Dieses Rezept behält sie auch in ihrem neusten Werk bei, das beim englischen Verlag Headline Book Publishing am 27.12.2007 erscheinen wird. In den USA ist es bereits seit September 2007 auf dem Markt (Verlag Vision). Auf eine deutsche Übersetzung wird man hingegen noch etwas warten müssen, da hierzulande im September erst der Vorvorgänger erschienen ist („Nie wirst du entkommen“, Droemer/Knaur). Das wird wohl daran liegen, dass eine Übersetzung vom Amerikanischen ins Englische nicht so aufwendig ist, wie eine ins Deutsche.
Zur Story: Detective Vito Ciccotelli hat einen Fall am Hals, der ihm gar nicht schmeckt. Auf einem Grundstück wurde ein Feld mit 16 Gräbern gefunden, von denen „nur“ neun besetzt sind. Alle Toten kamen auf gewaltsame Weise ums Leben, die meisten von ihnen wurden vorher jedoch auch noch mit mittelalterlichen Gerätschaften gefoltert. Und noch sind sieben Gräber frei. Der Killer ist also offenbar noch nicht fertig!
Es gibt Bücher, von denen würde man nach der Lektüre am liebsten erst einmal eine Rezension lesen, um sich zu erkundigen, wie es einem gefallen hat. Und obwohl ich einer eigenen Meinung durchaus fähig bin, gehört „Die For Me“ in diese Kategorie.
Da ist zunächst einmal die Grundidee, die mir ausgezeichnet gefällt: Selbstredend hat der Killer einen an der Klatsche, aber sich selbst gegenüber rechtfertigt er seine Mordserie auf originelle Weise. Er ist nämlich Multimedia-Designer für eine Herstellerfirma von PC-Spielen, die gerade einen enormen Aufschwung erlebt, weil ihre Todes- und Tötungsszenen so realistisch sind. Was kein Wunder ist, denn sie sind nicht nur realistisch, sondern echt! Derzeit produziert unser Bösewicht seine Szenen für „Inquisitor“, ein Spiel in mittelalterlicher Umgebung, was auch die Folterspuren an den Leichen erklärt.
Da heißt es immer, das Zocken gewaltverherrlichender PC-Games verwandle einen in einen potenziellen Serienkiller – um die Programmierer hat sich bisher aber noch keiner gekümmert! Zumindest bis zu „Die For Me“.
Insofern beinhaltet der Roman auch eine Spur von Gesellschaftskritik. In einem Dialog bringt es der Chef der Firma auf den Punkt, was er von steigender Gewalt in den Spielen hält: „Then mothers and preachers and teachers will get whipped into an uproar, objecting to the senseless violence pervasive in our societey ... Which just makes their kids go out and buy more copies.“
Das trifft es haargenau!
Ein weiterer Pluspunkt des Romans ist die angenehme Schreibe der Autorin. Das Buch ist über weite Strecken spannend und angereichert mit flotten, glaubhaften Dialogen. Und so kann man das Werk reibungslos weglesen, ohne sich groß dabei weh zu tun.
Allerdings hat das Ganze auch ein großes Aber! Streng genommen hat es sogar mehr als eines.
Da sind zum einen die Figuren und ihre Lebensumstände. Natürlich sind Charaktere mit Ecken und Kanten durchaus förderlich für einen Roman. Aber was hier geboten wird, ist für meinen Geschmack einfach zu viel des Guten. Der strahlende Heldendetective hat ein traumatisches Erlebnis in seiner Vergangenheit zu verarbeiten, das es ihm schwer macht, eine neue Beziehung einzugehen. Seine angebetete Sophie ist beziehungstechnisch auch völlig verkorkst, so dass neben der guten Krimi-Handlung unglaublich viele Seiten drauf gehen, die von den Irrungen, Wirrungen, guten Ansätzen, sinnlosen Missverständnissen, Annäherungen, Ablehnungen etc. erzählen, bis sich die zwei endlich ganz dolle lieb haben können.
Doch damit noch nicht genug. Wir erfahren, dass Vitos Schwägerin im Krankenhaus ist, so dass seine Neffen vorerst bei ihm untergebracht werden müssen. Wir erleben die Sorgen um ihren Gesundheitszustand hautnah mit, müssen uns mit den Schwierigkeiten der Diagnosefindung herumschlagen und finden endlich heraus, dass sie eine Quecksilbervergiftung wegen eines zerschlagenen Thermometers hat. Schließlich müssen wir uns sogar noch mit den Schuldgefühlen und dem Meine-Mama-hat-mich-nicht-mehr-lieb-Gejammer des dafür verantwortlichen Kindes beschäftigen. Wir erfahren von Sophies völlig verfahrenen Familienverhältnissen, besuchen mehrfach ihre Großmutter im Altenheim, dürfen zur Kenntnis nehmen, dass Sophie befürchtet, ihre Großmutter werde von einer Pflegerin misshandelt, und müssen uns mit Operndiven und verschwundenen Plattensammlungen auseinandersetzen.
Sorry, aber das nervt! Natürlich macht ein guter Hintergrund Personen glaubhafter und echter. Hier verliert die Autorin das richtige Verhältnis zwischen Charakterisierung und Handlung aber völlig aus den Augen. Und erstaunlicherweise gelingt es ihr dadurch nicht einmal, den Figuren wirkliche Tiefe zu verleihen. Besonders die Hauptfiguren bleiben in ihrer Schönheit, anfänglichen Unsicherheit in der gegenseitigen Annäherung und Heldenhaftigkeit in der ganzen restlichen Handlung seltsam schablonenhaft.
Außerdem bin ich sehr unglücklich mit den zum Teil reichlich konstruiert wirkenden Zusammenhängen und den außerordentlichen Zufällen des Romans. Natürlich kann Kommissar Zufall (warum wird der eigentlich nie befördert? Seit Jahren ist der Kommissar!) immer mal mitmischen, aber auch hier gilt: in Maßen!
Na ja, und das Schlimmste: Ich habe ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt auf den richtigen Mörder getippt. Das gab mir am Ende des Romans zwar ein erhebendes „Siehste!“-Gefühl, hinterließ aber dennoch einen faden Beigeschmack. Denn Vorhersehbarkeit gehört nicht unbedingt zu den erstrebenswerten Eigenschaften eines Buchs.
Fazit: Alles in allem leicht zu konsumierende Krimikost für zwischendurch, die man gelesen haben kann, aber nicht muss.