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»Schön war die Jugend?« - Ausflüge in die Romanheftvergangenheit: Alle Tränen sind vergessen (High Society 33)

Schön war die Jugendzeit? -  Ausflüge in die RomanheftvergangenheitAusflüge in die Romanheftvergangenheit:
»Alle Tränen sind vergessen«
High Society 33 von Dora Doreen

Nein, der Flötenschlumpf fängt heute nicht an, dafür darf der Klischeeschlumpf jetzt mal nach vorne. Ich bin ja von einem überraschend modernen Melodrama bei den Medizinern von Bastei jetzt wieder zu den kleinen Brüdern vom ›Wolfgang Marken Verlag‹ in Richtung Adel weiter gewandert, wobei Adel hier leicht übertrieben ist, es geht vorgeblich um die ›Oberen Zehntausend‹ laut Untertitel.

Die konnte ich zwar in dem Roman auch nicht finden, aber immerhin gut situierte Ärzte, Studierte und Gebildete und einen Popstar, also so ziemlich alles, was Klein Erna Bürgerlich ziemlich unheimlich und anbetungswürdig finden würde. Oder fand.

Wann diese Serie zusammen getextet wurde, kann ich leider nicht so recht feststellen, daher gibt es auch keine Angaben zu Frau Dora Doreen, dem fröhlichen Verlagspseudonym, aber die Anzeigenpreisliste ist von 1979, insofern kann ich wohl davon ausgehen, dass die Story erschien, als Dieter Thomas Heck noch die „Hitparade“ moderierte. Er ruhe in Frieden.

Aber was hab ich da bekommen?

Wieder reichlich Melodrama, dick aufgetragener Schmonz, wie man ihn damals offenbar gebraucht, eine richtig schöne Errettungsgeschichte, mit allem was das Taschentuch hergibt, mit Eifersucht, Versuchungen, Opferbereitschaft und sogar etwas Kokain.

Eine operative Klischeedröhnung allererster Kajüte, die tatsächlich mit einem Mägdelein, rein wie Schnee, einem gutherzigen Arzt und den Gefahren des Showbiz aufwarten kann. Hier stirbt kein ungeborenes Kind, trifft niemanden eine verirrte Kugel, gibt es keine aufregende Wendung, die den nach Seite 6 festzementierten Plot noch aus den Angeln hebt.

Einmal kurz hab ich zwischendurch gehofft, dass Frau Doreen so ein winziges Bisschen, ein Mü Krativität und Überraschung walten lässt, aber das Potential verabschiedet sich dann doch ins Exil. Nach Südamerika. Und das war fast die einzige Stelle, die mir auch nur ansatzweise zu Herzen ging.

Also rein ins Vergnügen, ich muss mal schauen, ob ich diese Synopsis nicht mit ein paar mehr Zitaten veredeln kann…

Alle Tränen sind vergessen»Wäre Lilo nicht die Tochter des berühmten Schönheitschirurgen Dr. Fritz Cornelius gewesen, dann hätte man sie glatt für eine junge Zigeunerin halten können […] Lilo Cornelius sah ganz danach aus, als sei sie zu heißer, leidenschaftlicher Liebe fähig, aber leider war der dazugehörige Mann bisher noch nicht aufgetaucht.« (Umschreibung einer 18jährigen!)
ZEs fährt ein Zug nach Nirgendwo…
...oder zumindest aus dem kleinstätischen Neustadt (immer ein guter Irgendwo-Ort) in die große Metropole Frankfurt am Main. An Bord ist Stefanie von Amberg, ihres Zeichens Tochter eines großen Geologen und seit kurzem verwaist. Da muss man sich also – als ungelernte Kraft – von nun an mal so richtig den eigenen Lebensunterhalt verdienen und so heuert man auf eine bloße Zeitungsanzeige als Privatsekretärin bei einem gewissen Nikolaus Valentin (oha!) an und verlegt spontan auf Zuruf den Lebensmittelpunkt ohne neue Wohnung in die Großstadt.

Von der netten Frau (guten Fee) im Zug gibt es erst mal einen Apfel und eine Illustrierte, die von dem großen Schlagerstar Nino Valentino berichtet. „Ein hübscher Mensch mit einer guten Stimme“ weiß auch Stefanie, doch sie ist beethoven-gehärtet und hatte bis zum Abi kein Ohr für so einen Firlefanz.

Valentino ist wohl ein frauenvermampfender Schlendrian und geschieden und deswegen kriegen sich die Damen im Abteil auch sofort in die Haare. Herzilein vs. Abgrund des Sittenverfalls.

Derweil serviert Dienstmädchen Trude gerade die Maggi Suppenliebe der akademischen Familie Cornelius. Papa Fritz ist ein hochgebildeter Schönheitschirurg, während Sohnemann Jan mit seinem Titel lieber zerstörte Unfallgesichter wieder zusammen flickt. Die Mutterrolle hat Zigeunertochter Lilo an sich gerissen, die sich schon in Sachen Optik für die Rolle aus Wildfang und Störenfried qualifiziert hat – darüber hinaus schmachtet sie Nino Valentino hinterher. („Was heißt Schnulzen-Heini? Nino ist der beste Interpret des modernen Romantical-Songs, den es überhaupt gibt.“) Einspruch allerdings von Roger Whittacker und Rex Gildo! Gegen die Wortschöpfung „Romantical-Song“!

Jan hat aber Glück, kurz vor der gepflegten Bambule ruft ihn sein alter Studienspezi an, für den er mal Taxi gefahren ist und bittet ihn um eine Notfallschicht. Jan greift sofort zu Trenchcoat und Mütze, ohne die kein Triebtäter...Moment...Taxifahrer in FFM auskommt.

Es kommt, wie es kommen muss: schon beim ersten Zusammentreffen am Taxistand, beim ersten Blick in die Augen der/des jeweils Anderen, sind die Pferde gesattelt. Jan horcht die Holde gepflegt über ihre Pläne aus und gemeinsam kommen die beiden Gehirnakrobaten auf die Parallelen in Sachen Namen wie Valentin und Valentino. Stefanie ist wie weggeblasen, Dr. Cornelius erheblich empört: „Dieses Mädchen und dieser Wüstling unter einem Dach!“. Jan will ihr sofort einen „anständigen“ Job zuschanzen, aber Steffi ist da eisern und so transportiert er die Holde zu dem luxuriösen Eigenheim Valentins und bleibt zwecks Vorurteilen gleich an ihrer Seite (wegen der Koffer und so).

Nino lässt auch gleich mal den Jagger raushängen, hat links und rechts ne Blondine im Arm, während er parallel säuft und raucht und irgendwo auf dem Boden liegt noch eine Tussi rum. Immerhin haben die drei noch ihre Plünnen an.
Nino scheint ein lockerer Vogel zu sein, schmeißt das Trio raus („Nino, du Schlimmer! Du willst uns nur los sein!“) und tituliert Steffi zur Begrüßung gleich mal als „Märchenprinzessin“ und geht ran wie Blücher. Jan geht um ein Haar der Stift, aber er hat sein Skalpell vergessen. Dafür darf er das Bananarama-Trio für einen Fuffi extra kutschieren, stattet Stefanie aber mit einem angekündigten Sicherheitsanruf aus.

Endlich allein macht der Star gleich mal auf „Mann von Welt“ (er säuft und raucht), aber Stefanie hält sich mit einem kleinen Cognac zurück. Große Qualifikationen hat sie zwar nicht, aber im Wesentlichen soll sie ja auch die Wäschekörbe an Fanpost beantworten, zu denen er nicht mehr kommt. Sie wird ins blaue Zimmer verfrachtet, welches er selbst entworfen hat („Innenarchitektur ist immer noch mein Hobby!“) und geht dann auf Tuchfühlung: „Sag, wie wär‘s mit uns zwei? Glaub mir, es würde dir viel Spaß machen! Es macht jeder Frau Spaß, wenn sie nur richtig angepackt wird!“. Doch Steffi bleibt sachlich und er ist ein bissl traurig, aber sie geht nur ihr „seidiges Haar bürsten“ und denkt an einen bestimmten Taxifahrer.

Am nächsten Morgen widmet sie sich nach dem servierten Frühstück erst mal dem ganzen Fan-Kokolores, der noch alberner geschrieben klang, als es noch kein Whatsapp gab. Horribles Zeugs. Mittags bequemt sich auch Nino aus der Kiste und oha, es klingelt glatt das Telefon. Das kann ja nur der bad guy in dieser Geschichte sein. Er heißt Rosenberg (ich ziehe jetzt mal keine antijüdischen Parallelen, das kann ja Zufall sein), ist Ninos Manager und zockt aus seinem geschundenen Körper auch noch die letzten Showdollars, denn man hat Vertrag und die nächste Platte ist immer noch nicht fertig. Nino ist kreativ völlig ausgelaugt, macht aber schlussendlich brav seinen Diener. Dann kommt der Frust: die große Europatournee steht demnächst an, Lampenfieber hat Strahlemann auch jedes Mal und bald ist er sowieso tot. („Aber Nino, so darfst du nicht reden. Du versündigst dich!“)
Darauf erst mal eine Runde Schwimmbad, während Janilein Steffi anruft und sie zum Essen ausführen will.

Kurz darauf trifft Steffi auch die „plot device“ Frau Vogel (Haushalt), die – nachdem Nino dicke Schecks für die Blondinen ausgestellt hat („Sag ihr, dass aus meinem Leben verschwinden soll, ich hätte keine Lust mehr!“ - „Aber Nino!“) - ihr erklärt, wie schlimm Rosenberg zu ihm ist und dass Nino nicht über seine gescheiterte Ehe hinweg kommt. Karin und die Kinder sind vor einigen Jahren, als das mit der Singerei los ging, ausgezogen und sehr entschieden immer noch im gut bezahlten Exil. Doch er liebt sie immer noch.

Abends geht sie dann in höchster Eleganz mit Jan auf die Piste und spachtelt mit ihm Hummersalat. Da vertieft sich die Liebe natürlich exponentiell. („Sie wußte nur, dass es in ihrem Leben plötzlich einen Mann gab, an dem sie einfach alles faszinierte: seine Stimme, seine Bewegungen, seine Art zu sprechen und zu lachen.“). Natürlich ist Nino für Jan dabei der Dorn im Zeh und er schiebt ordentlich Eifersucht. Aber auf der Mainbrücke gibts dann Knutscha und alles ist Wölkchen.

Drei Wochen später ist es im Hause Cornelius soweit: Jan hat sich verliebt, Jan will heiraten, Jan erzählt es Papa. Der freut sich. Ist es vielleicht die alte Studien- und Schulfreundin seit 20 Jahren, die nette Dr. Henriette Berger? Nein, es ist leider Stefanie vom Amberg – klingt adelig, ist es aber nicht. Papa ist für Henriette enttäuscht, vertraut aber Sohnemann und dabei kommt auch aufs Tapet, dass Otto vom Amberg, ihr Papa, ein bekannter Geologe war.
Von der Berufswahl ihrerseits ist Fritze zwar nicht begeistert, aber immerhin modern genug zu bemerken: „Nun ja, für ein Mädchen ist das auch kein übler Beruf. Außerdem wollt ihr später ja sicher Kinder haben, da spielt der Beruf ohnehin keine Rolle mehr!“

Als Jan aber beichtet, dass sie für Nino Valento den Griffel schwingt, wird die bisher spöttelnde Lilo hellhörig. Diesen Valentino wollte sie schon immer mal bespringen. Der wird sofort zum Essen mit eingeladen, als es um Steffis Vorstellung geht.

Die Einladung reicht Stefanie an Nino weiter, der von der Vorstellung, dass sie bald heiratet nicht beglückt zu sein scheint. Sie wiederum kaut daran herum, dass sie Jan noch nichts von der Europatournee erzählt hat, auf die sie noch mit muss.

Dann graut dem Tag des Treffens: Nino macht brav mit und schön auf dicke Hose. Er kauft für Lilo sogar Rosen, trifft seine Fans im Laden und verflucht sein Star-Image.
Doch im Hause Cornelius geht es zwischen ihm und Jan auch leicht frostig zu, doch dann kommt Lilo dazu, die bei Ninos Anblick sofort körperweit Feuchtigkeit zieht. Während Steffis Reinheit in Nanosekunden den alten Fritz von ihrer Heiratskompetenz überzeugt und Nino den alten Herrn durchaus mit Bildung überzeugen kann, will Lilo mit Nino lieber im Geräteschuppen Schnubbeldikatz machen. Doch Nino widersteht: „Was für ein Kindskopf sie doch sind, Lilo! Ist es bei euch Schulmädchen heute üblich, einem Mann derartige Anträge zu machen?“ (Hey, ist das Derselbe, der vorhin noch drei Blondinen zum Knattern über Nacht daheim hatte?)
Doch Lilo nimmt sich vor, den feinen Herrn doch noch zu erobern.

Nach diesem schönen Weekend reist man in die schlagergetränkte Realität zurück. Prompt wartet ein Interview mit Journalisten auf Nino, die natürlich aus Stefanies Anwesenheit die neueste heiße Story stricken werden und ein zufälliges, aber verfänglich interpretierbares Foto schießen.

Das findet sich bald in der „yellow press“ wieder, während Lilo sich zu Ninos Haus schleicht und dort Teile eines aufgebrachten Gesprächs zwischen Steffi und ihm lauscht: dabei kommt rüber, als hätten Steffi und Nino das tatsächliche Verhältnis und Jan wäre einfach noch nicht informiert (es geht aber um die Tournee).
Normalerweise liest Jan ja nur die „Zeit“, aber hier entdeckt er das inkriminierende Foto in der Haushälterinnenpostille und macht erbost Kleinholz aus dem Altpapier: „Seine Steffi! Und dieser Kerl!“ Und dann latscht auch noch Lilo zur Tür herein und beichtet ihre falschen Annahmen.

Daraufhin fegen sich die Herren übers Telefon erst einmal ordentlich an, weil auch Nino nicht zurückstecken will. Weil er Jan für einen eingebildeten Fatzke hält, klärt er das Missverständnis nicht zur Gänze auf. Und eigentlich hätte er Steffi auch nur einfach für sich und seine gequälte Seele.

Das führt natürlich zu Kommunikationsschwierigkeiten, vorzugsweise auch, weil Lilo Stefanies Anrufe nicht weiterleitet und sie zu doof ist, einfach mal ins Krankenhaus zu fahren. Und Jan ruft so spät bei Valentin an, dass die beiden dann schon auf Europatournee sind.
In solchen Momenten tauchen natürlich Versuchungen wie Dr. Henriette Berger auf, die einen dringenden ärztlichen Notfall für Jan hat und ihn selbstverfreilich unerfüllt immer noch liebt.

Vier Wochen Tournee später hat Stefanie allmählich all die guten Seiten am erschöpften Nino ergründet und sich auch in das professionelle Musikgeschäft eingearbeitet (wie schnell das alles geht). Nun folgt in Paris ihr Gegenschlag: sie fordert Rosenberg auf, das Koks von Nino fernzuhalten, der das Marschierpulver natürlich zwecks Ausbeutung einsetzt („Ein kleines Pülverchen, was ist schon dabei?“) (toller Songtitel übrigens). Sie wirft ihm allen Ernstes vor, dass er in Nino nur die Dollarzeichen sieht und droht, der Presse zu stecken, dass er Nino mit Drogen füttert.
Und btw: falls Rosenberg immer noch zwei Kassenbücher führen würde, dann solle er die bitte schnellstmöglich angleichen. Was für eine Frau – warum will die noch mal heiraten?

Weil zudem Lilo Steffis Briefe abfängt und zurück schickt, pichelt nun auch Jan in Verzweiflung mal einen und versaut um ein Haar eine Operation mit Henriette. Die redet ihm ins Gewissen und siehe da: „...zum ersten Mal sah er Henriette mit ganz anderen Augen. Nicht als Kameradin, sondern als Frau.“!
Auch bei Henriette aktivieren sich die Liebeshormone, als sich Jan nach ihrer generellen Heiratsbereitschaft erkundigt, notfalls würde sie nach 20 Jahren auch mit Harmonie und gleichen Interessen in die Ehe ziehen.

Die Tournee geht in England zuende und so langsam ist Nino endgültig bühnenmüde. Er unternimmt nochmals einen Besprechungsversuch, ob Steffi ihren Jan nicht langsam mal vergessen hat, doch sie wird immer nur ihren Taxifahrer lieben. Genauso, wie Nino gestehen muss, er immer nur seine Karin geliebt hat.
Prompt taucht auch noch Geldvampir Rosenberg auf und erzwingt ein weiteres Konzert – in Frankfurt – weil in Rom die Bühnenarbeiter gestreikt haben. Nino ist fix und alle und kurz vor einer Nase voll Schnee, als Stefanie Rosenberg vor die Tür setzt.

Beim letzten Konzert sind auch Jan und Henriette anwesend, doch Nino ist total neben der Spur und erleidet einen Kreislaufkollaps. Zum Glück sitzen die beiden jedoch vorn und können den Sänger rechtzeitig stabilisieren. Nino ist dankbar und klärt Jan endlich mal über seine doofe und grundlose Eifersucht auf – Steffi ist nur leider gerade in Madrid.
Das alles bekommt natürlich auch Henriette mit, die aus dem Gespräch die richtigen Schlüsse zieht. Weil sie Jan schon so lange kennt und liebt, schiebt sie eine Stelle in Südamerika vor, damit sie sich von ihm trennen kann – obwohl sie das eigentlich gar nicht gewollt hat. Das Opfer einer großen Liebe.
Nach Steffis Rückkehr können sie und Jan sich dann auch endlich in die Arme fallen, doch als letztes Problem bleibt Nino, der seinen Lebenswillen verloren zu haben scheint. Da kommt Steffi die entscheidende Idee: sie fährt zu Karin und den Kindern und klabustert vor der netten Frau alles von vorne bis hinten auf den Kaffeetisch, womit Karin gerade noch pünktlich zum Ablauf von Ninos Showvertrag mit Rosenberg in Frankfurt in Ninos Arme fallen kann.

Und Karin hat auch gleich eine neue Karriereidee für ihren Ex-Gatten. Am Genfer See steht ein Hotel leer, das könnte man doch mit Leben füllen. Hmm...ein Ex-Schlagerstar führt ein Hotel an einem See...das soll ja schon vorgekommen sein…

»Es gab keinen Rosenberg mehr, keine fanatischen Verehrerinnen, die sich die Hände wund klatschten und ihm im Grunde Angst einflößten. Es gab nur noch Karin!« Es ist ja geradezu prophetisch, was Frau Doreen hier am Ende ansetzt, angesichts des Schlosshotels am Wörthersee, das ein gewisser Herr Gildo in den frühen 90ern auf die deutsche TV-Landschaft los lies. Hier allerdings erscheint das als Idylle gebildeter Kleinfamilien.

Aber so klingt es natürlich ganz Ton in Ton, wenn die Harmonie wieder hergestellt ist und man das menschenzersetzende Showbusiness endlich hinter sich gelassen hat, dann hat einen die rosarote Realität eines damals noch geteilten Deutschlands (war damals noch alles in Ordnung...hmmm…?) wieder.

Ich kann die Reihenwahl „High Society“ auch im Nachgang nicht so ganz verstehen, denn was dieses Bildungsbürgerschicksal mit den „oberen Zehntausend“ zu tun hat, erschließt sich mir nicht. Gut, das sind alles relativ nette Leute (mal abgesehen vom Manager und der sexuell offenbar unerfüllten Schwester) mit höherem Schul- und Berufsabschluss, die alle genug Geld einstecken haben, um Haushälterinnen, Köchinnen und Hausmädchen auch um 1980 aufmarschieren lassen zu können, aber damit hat es sich dann auch schon.

Der Rest sind nette melodramatische Klischees, die allesamt sehr hausbacken daherkommen. Der promiskuitive Sänger ekelt sich natürlich über seine medienwirksame Vielvögelei; der Arzt ist so gut, der fährt sogar noch Taxi angedenk der normalen Bevölkerungsschichten und das Herzilein mit dem seidigen Haar aus der Kleinstadt ist offenbar so gut und rein die vergangenen Jahre bis zum Abi der Realität entflutscht, dass der erste Prinz auch gleich der Richtige ist. Was wohl passiert wäre, wenn Stefanie vor dem Taxistand zunächst noch einen Würstenimbiss aufgesucht hätte? Aber dafür gab es ja den Apfel im Zug.

Überraschungen hatte die Serie offenbar nicht am Start, dafür läuft die Sache erst zu märchenhaft (incl. Prinz und Untier) ab, um dann noch braver und märchenhafter und vorhersehbarer zu werden. Sogar die Missverständnisse kann man schon vier Seiten im Voraus prophezeien, ist doch die Heldin so rein und ungetrübt, dass sie sogar auf die doofe Reporternummer arglos herein fällt.

Nett immerhin, sich mit der Innen- und Außenwahrnehmung bekannter Stars mal ein wenig auseinander zu setzen, die auch im Instagrammzeitalter immer noch genauso platt abläuft, sobald Klatsch und Tratsch es sich beim Publikum bequem gemacht haben. Brot und Spiele, dagegen ist nur die gebildete Gesellschaft standfest charakterlich abgesichert, hat jedoch meistens selbst schon Berührungen mit dieser abwegigen Seite der Gesellschaft gemacht (meistens über die Medien wie Radio oder Zeitschriften). Am Ende können wir uns alle einigen, ein Schlagerstar muss nur ein wenig über die Literatur des 18.Jahrhunderts bescheid wissen, dann sind alle Vorurteile vergessen und der Kommunismus der sozialen Schichten endlich greifbar.

Als Fazit ist das alles natürlich nicht das Papier wert, auf dem es gedruckt wurde und die manchmal gut sortiert geschwurbelte Wortwahl, bei der sich Autor wie Figuren wie Leser im Angedenken an den intellektuellen Anspruch als etwas besseres fühlen können und sollen, macht die längenfreie und ordentliche Lesbarkeit schon fast wieder kaputt, aber hier ist ein schon damals veraltetes Abbild der Gesellschaft (wie man sie sich vorstellen wollte) leider wirklich mäßig gealtert.

Aber das ist eine erbauliche Vorbereitung auf einen echten Fürstenroman, der bestimmt dann auch wieder von den Gegensätzen der Schichten handelt, bei der die Herzoge weich werden und die Bürgerlichen am Ende aus Herzensgüte einen Titel abbekommen. Und mit einem „von“ im Namen kann ja eigentlich nur alles gut werden. Fehlt eigentlich nur noch ein Kaiser dazu…

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Kommentare  

#1 Fetzer 2018-09-05 10:31
Gott, was tust Du Dir da an. Aber immer wieder interessante EInblicke.

Bleib so leidensfähig ...
#2 Heinz Mohlberg 2018-09-05 18:48
Anfang der 60er wurde zum Wochenende hin immer ein ganzer Schwung LBs gemietet. Ca. 5-7 Liebesromane für meine Mutter und noch mal 3-4 Western oder Krimis für uns beide - später konnte ich dann mal ein SF-Leihbuch o.ä. mit auf die Liste setzen.
Aus Verzweiflung habe ich dann auch mal hier und da so einen Liebeskrempel mit reingezogen - habe damals schon Magenkrämpfe davon bekommen.
Hochachtung vor der jetzigen Leistung...

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