Schrille Geschichten um verlorene Kinder - Hals über Kopf
Schrille Geschichten um verlorene Kinder
Hals über Kopf
Als „Hals über Kopf“ zu Weihnachten 1987 erstmals im ZDF ausgestrahlt wurde, traute man sich noch etwas bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten in Deutschland. Damals saßen in den Redaktionen noch Menschen, die nicht nur nach den Quoten schielten und auch mal das Okay für Formate gaben, die nicht den Sehgewohnheiten mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner entsprachen. Gerade im Kinder- und Jugendprogramm wurde so manches Experiment gewagt. Serien wie „Anderland“ verstörten mit ihren oftmals düsteren und unheimlich-surrealen Geschichten ganze Kindergenerationen. Auch „Hals über Kopf“ fiel aus dem Rahmen des Üblichen, da die Reihe auf sehr überzogen-absurde Art geschrieben und inszeniert war und ein gänzlich anderes Bild vom Verhältnis zwischen Kindern und Erwachsenen zeichnete, als man dies aus anderen Sendungen bislang kannte. Die Eltern und Respektspersonen agieren hier fast ausnahmslos vollkommen irrational, albern und überzogen, wohingegen die Kinder meist ganz genau wissen, was sie tun, und stets mit Intelligenz und Menschenkenntnis zu Werke gehen.
Jede einzelne der insgesamt 34 halbstündigen Folgen (hinzu kommt ein rund anderthalbstündiger Pilotfilm) sind in sich abgeschlossen und haben jeweils andere kindliche Protagonisten, die mal freiwillig, mal unfreiwillig verloren gehen. Doch anders als im ernsten Pendant „Ausgerissen! Was nun?“ geht es hier nicht um die dramatischen Ursachen und oftmals tragischen Ereignisse, die mit als vermisst gemeldeten Kindern zusammenhängen. „Hals über Kopf“ zeigt uns vielmehr Erwachsene, die in ihrer eigenen Welt leben, mit ihrem Alltag oftmals dermaßen überfordert sind, dass sie lange Zeit gar nicht bemerken, dass sie ihre Schützlinge aus den Augen verloren haben und diese deswegen abhandengekommen sind.
Ihr Weg führt sie über kurz oder lang immer auf die nächste Polizeistation, in der sie auf Polizeioberwachtmeister Hubert Hund (Wolfgang Gruner) treffen. Der quirlige Polizist, der mit einem 2CV mit der Aufschrift „Polente“ durch die Straßen von Berlin fährt, hat zwar stets ein offenes Ohr für die Probleme der Erziehungsberechtigten, kann die Fälle aber meist nur durch die Verkettung glücklicher Zufälle oder dank der Mithilfe der Kinder selbst zur Zufriedenheit aller lösen. Ebenfalls in jeder Folge mit dabei ist das skurrile Ehepaar Wurzel (Charlotte Matthiesen und Michael Schönborn), das ebenfalls einen hohen Wiedererkennungseffekt in der Serie hat und durch seine Streitereien und das tollpatschige Auftreten für die humorvollen Zwischentöne sorgt.
Die slapstickhafte Handlung, immer wieder eingeflochtene Zeitrafferaufnahmen, Autostunts und die Tatsache, dass die Erwachsenen chaotisch-irrational handeln, während die klugen Kinder mit ihren Ideen die Oberhand behalten, machen „Hals über Kopf“ wohl insbesondere beim halbwüchsigen Publikum auch heute noch zu einem Hingucker. Für Erwachsene ist die Reihe mitunter vielleicht doch etwas zu albern, sind die Gags etwas zu sehr ausgewalzt und die Laufzeit mit 30 Minuten vielleicht doch etwas zu üppig bemessen. Fraglos ragt die Serie aber auch heute noch aus dem Gros vergleichbarer Produktionen heraus und ist schon allein aufgrund ihrer unkonventionellen und originellen Machart als Alternative zum heutigen Einheitsbrei einen Blick wert. Die DVD-Wiederveröffentlichung bei „Studio Hamburg Enterprises“ bietet ein in der Qualität sehr stark schwankendes Bild (im Vollbildformat 4:3), das mal ganz okay ist, mal in seiner Grobkörnigkeit nicht über VHS-Niveau hinauskommt. Der Ton (Deutsch in Dolby Digital 2.0) ist stets gut verständlich und nicht zu beanstanden, Bonusmaterial ist keines vorhanden.
Hals über Kopf
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