Toll trieben es die alten Römer - »Fellini – Satyricon«
Toll trieben es die alten Römer
»Fellini – Satyricon«
Denn mit Heldensagen um Herkules, Maciste und Samson hatten die Italiener in den Cinecittà-Studios in den 1960er Jahren ein lukratives Fließbandkino etabliert, bei dem muskelbepackte Helden, liebreizende Königstöchter und intrigante Senatoren als Blaupause für immer gleiche Abenteuergeschichten dienten. Federico Fellini indes berief sich bei „Satyricon“ auf einen Klassiker aus der Feder von Titus Petronius Arbiter, der zu Beginn der modernen Zeitrechnung entstand und von den erotischen Ausschweifungen der Römer jener Tage erzählt. Die Verfilmung des satirischen Romans aus der Zeit Neros ist ganz im Stil anderer Arbeiten Fellinis gehalten, die von fulminanten Massenszenen, eindrucksvollen Sets und einer Fülle skurriler Figuren bestimmt sind, die selten den gängigen Schönheitsidealen entsprechen. Neben diesem Panoptikum der Hässlichkeiten ist „Satyricon“ allerdings auch mit einigen ätherisch schönen Männern (Martin Potter, Hiram Keller, Max Born, Wolfgang Hillinger) besetzt, die mit ihren perfekten Körpern auch so manchen Bildhauer inspiriert haben könnten.
Encolpius (Martin Potter) betrauert den Verlust seines knabenhaften Liebhabers Giton (Max Born), den er an seinen einstigen Kameraden und Studienfreund Ascyltus (Hiram Keller) verloren hat. Der hat den Burschen mittlerweile aber schon wieder zu Geld gemacht, indem er ihn an den Schauspieler Vernacius (Fanfulla) verhökert hat. Encolpius setzt nun alles daran, seinen Geliebten wieder freizukaufen. Auf einem Bankett macht er etwas später die Bekanntschaft des neureichen Trimalchio (Il Moro), der ein Fest voller Dekadenz und sexueller Freizügigkeit veranstaltet, schließlich aber einem Attentat zum Opfer fällt. Encolpius gerät in Gefangenschaft und wird an Bord einer Sklavengaleere mit dem kaiserlichen Botschafter Lichas (Alain Cuny) verheiratet, nur um kurze Zeit später seiner Männlichkeit beraubt zu werden, die ihm mit Hilfe der Zauberin Oenotea (Donyale Luna) wieder zurückgegeben werden soll. Zwischendurch entführen die wiederversöhnten Freunde mit Hilfe eines Straßenräubers (Gordon Mitchell) einen Hermaphroditen, der die Strapazen aber nicht lange überlebt. Auch mit dem ungewöhnlichen Wunsch eines Verstorbenen, von seinen eigenen Verwandten und Erben nach seinem Tod verspeist zu werden, wird Encolpius auf seiner Heldenreise konfrontiert.
Fellini lässt Geschichte und Dialoge in den Hintergrund treten, wenn er voller Spielfreude bombastische Bilder aneinanderreiht, Gesichter und Körper zeigt, die jede Nuance zwischen faszinierender Schönheit und abstoßender Hässlichkeit abdecken. Entweder man lässt sich auf seinen eigenwilligen Stil ein und schwelgt in seinen außergewöhnlichen Bildern oder man kann mit der Bilderflut nichts anfangen und schaltet ab. Ungewöhnlich ist „Fellini – Satyricon“ auf jeden Fall, und der überbordende Aufwand, der hier während der Dreharbeiten betrieben wurde, kann auch heute noch Staunen machen. Die BluRay-Erstveröffentlichung des Titels bei StudioCanal kann optisch vollauf überzeugen. Das Bild (im 1,33:1-Format) ist gestochen scharf und lässt die üppigen Farben in voller Pracht erstrahlen. Der Ton (Deutsch und Italienisch im PCM 2.0 Mono; optional mit deutschen Untertiteln für Hörgeschädigte) ist durchweg gut verständlich, gegen Ende aber deutlich leiser abgemischt, was unangenehm auffällt. Auch die Tatsache, dass man der Veröffentlichung keinerlei Bonusmaterial gegönnt hat, ist schwach.