Sturmfreie Bude - »Young Hunter«
Seit gut zehn Jahren gehört der Argentinier Marco Berger zu den wichtigsten und fleißigsten Vertretern des südamerikanischen Queer Cinema. Sein Langfilmdebüt 2009 hieß „Plan B“ und wirkte insgesamt noch reichlich konstruiert und in der Banalität seiner Ereignisse auch schnell langatmig. Schon zwei Jahre später hatte er sich mit „Ausente“ aber deutlich weiterentwickelt. Wie in seinem Erstling ging es auch hier wieder um die scheinbar unmögliche Liebe zwischen zwei Männern, von denen nicht beide homosexuell sind. Hinzu kamen interessante Genreelemente, die den Film in den Bereich eines spannungsreichen Psychothrillers rücken ließen. Von da an folgten in schöner Regelmäßigkeit Marco-Berger-Filme, von denen es mit „Hawaii“, „Taekwondo“ und „Der Blonde“ noch drei weitere Spielfilme auch nach Deutschland schafften. Immer wieder thematisierte der Argentinier darin das Spannungsverhältnis zwischen Hetero- und Homosexualität, mann-männliches Begehren und knisternden Thrill, der aus dieser scheinbaren Unvereinbarkeit oftmals entsteht.
Im Mittelpunkt seines neuen, mittlerweile achten Langfilms „Young Hunter“ steht der 15jährige Ezequiel (Juan Pablo Cestaro), der für einen längeren Zeitraum sturmfreie Bude hat, weil seine Eltern mit seiner jüngeren Schwester verreist sind. Die geräumige Villa mit Garten und Swimming-Pool lädt bei sommerlichen Temperaturen zum Relaxen und Chillen ein, weswegen Ezequiel bald Klassenkameraden oder die Skaterjungs der Stadt zu sich einladen kann. Beim gemeinsamen Betrachten pornografischer Magazine hofft er, mit seinen Gästen auf Tuchfühlung gehen zu können. Mono (Lautaro Rodríguez) ist ein etwas älterer Skater, bei dem dies auf fruchtbaren Boden fällt. Nach einer heißen Nacht folgt ein gemeinsamer Ausflug mit Mono und dessen Großcousin Chino (Juan Barberini) in ein gleichermaßen geräumiges Landhaus. Als sich Chino abends verabschiedet, um sich mit seiner Freundin zu treffen, haben Ezequiel und Mono abermals Gelegenheit, sich ihrer Leidenschaft hinzugeben. Doch schon kurz darauf muss Ezequiel erkennen, dass Mono nicht ehrlich zu ihm ist und der frisch Verliebte droht, in dessen gefährliche Welt abzudriften.
Wie man es bereits aus anderen Filmen Marco Bergers gewohnt ist, entwickelt sich auch die Handlung in „Young Hunter“ sehr langsam und unaufgeregt. Die ersten Szenen beschränken sich zumeist auf Alltagsschilderungen, in denen auch die homoerotischen Komponenten lediglich angedeutet bleiben. Mit dem Erscheinen Monos kommt eine vage Spannung ins Spiel, die sich zunächst in erster Linie in der wieder einmal herausragenden musikalischen Untermalung Pedro Irustas (Bergers Haus-Komponist) bemerkbar macht. Auch die geschickte Kameraführung trägt dazu bei, dass zwar Vieles in der Schwebe bleibt, daraus aber dennoch unheilvolle Erwartungen abgeleitet werden. In der zweiten Hälfte des Films ändert sich dessen Tonalität noch einmal grundlegend, und es kommen weitere brisante Aspekte hinzu, die nachdenklich stimmen und von Berger überzeugend aufgelöst werden. Die DVD-Erstveröffentlichung des Films bietet ein gutes, wenngleich etwas blasses, weil überbelichtetes Bild (im Widescreen-Format 16:9) und einen gut abgemischten spanischen Originalton (in Dolby Digital 5.1, optional mit deutschen Untertiteln). Extras sind, abgesehen vom Kinotrailer und einem Flyer mit weiteren DVD-Tipps des Verleihs, keine vorhanden.