Im Angesicht des Todes - »Nowhere Special«
Im Angesicht des Todes
»Nowhere Special«
Er ist der beste Vater, den man sich vorstellen kann. John (intensiv: James Norton) ist alleinerziehend und arbeitet als Fensterputzer. Trotzdem steckt er seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche zurück, um in jeder freien Minute für seinen vierjährigen Sohn Michael (ein Naturtalent: Daniel Lamont) da zu sein. Er spielt mit ihm, geht mit ihm in den Park, kümmert sich um den Haushalt und das Essen, ist Vater und Mutter in einer Person. Aber er weiß auch, dass er nicht mehr lange für Michael dessen Familie in einer Person sein kann. Denn John ist todkrank und wird in absehbarer Zeit sterben. Deswegen hat er sich an eine Adoptionsvermittlung gewendet und besucht nun nach und nach die unterschiedlichsten Familien und Interessenten, um die bestmögliche Ersatzfamilie für sein ein und alles zu finden. Sein vierjähriger Sohn, mit dem er bislang noch nicht über den Tod, geschweige denn über seine Krebserkrankung gesprochen hat, versteht dabei nur unzureichend, warum er immer wieder neue Freunde kennenlernen soll, weil es ihm doch in seinem eigenen Zuhause bei seinem eigenen Vater so gut gefällt.
Es ist kein einfaches Thema, das sich der zunächst als Produzent im Filmbusiness erfolgreiche Uberto Pasolini („Ganz oder gar nicht“) für seinen neuen Film „Nowhere Special“ ausgesucht hat. Seit einigen Jahren ist Pasolini auch als Regisseur tätig, zu einem seiner sehenswertesten Filme zählt zweifellos der 2014 in den Kinos gelaufene „Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit“. Auch in diesem Film war der Tod schon allgegenwärtig, erzählte Pasolini darin doch von einem Bürokraten, der sich um das Aufstöbern von Verwandten und Bekannten von vereinsamt gestorbenen Menschen bemühte. Dem Regisseur gelang es schon damals, mit poetischer Leichtigkeit vom Sterben zu erzählen, und er sparte auch den Humor nicht aus, der in Gestalt von Eddie Marsan in der skurril-exzentrischen Hauptfigur allgegenwärtig war. „Nowhere Special“ beruht nun auf wahren Begebenheiten und bietet nicht viel Platz für komische Brechungen. Stattdessen ist die Geschichte bestimmt von grenzenloser Liebe und einem wahrlich harmonisch-symbiotischen Vater-Sohn-Verhältnis, das über lange Strecken um alle düsteren Töne bereinigt ist. Natürlich kann und darf der Tod, der für den Zuschauer schon in den ersten Minuten handlungsbestimmendes Element ist, über kurz oder lang auch vor dem minderjährigen Sohn nicht ausgeklammert werden. Aber sowohl der Mustervater John als auch Filmemacher Uberto Pasolini beweisen unglaubliches Geschick, diesen schwerwiegenden Aspekt kindgerecht zu vermitteln.
Sowohl der sensibel und zurückhaltend agierende James Norton als auch der erstaunlich professionell auftretende Filmdebütant Daniel Lamont tragen maßgeblich dazu bei, dass einen der Film in tiefstem Herzen berührt und eine wunderschöne Geschichte von Liebe, Verantwortung und Zuneigung erzählt, ohne dabei in banalen Kitsch abzudriften. Ein formidables Werk, das stets den richtigen Ton trifft.
Die DVD-Erstveröffentlichung bietet weder beim Bild (im Widescreen-Format 1,88:1) noch beim Ton (Deutsch und Englisch jeweils wahlweise in Dolby Digital 5.1 und 2.0, optional mit deutschen Untertiteln) Grund zu irgendwelchen Beanstandungen.
Als Extras gibt es ein zwölfseitiges Booklet mit vielen Fotos und Hintergrundinformationen, ein kleines Making Of (10 Minuten) sowie den Trailer zum Film.
Kommentare
Ich war sehr überascht wie ansprechend und mitreissend der Film war, trotz seiner Vorhersehbarkeit. Vielleicht gerade deswegen. Ganz starkes Darstellerkino.