Die Erbschaft im Stuhl - »Zwölf plus eins – Jagd auf das Erbe«
Die Erbschaft im Stuhl
»Zwölf plus eins – Jagd auf das Erbe«
Schon 1933 entstand eine erste tschechisch-polnische Adaption des 1928 erstveröffentlichten Romans, 1936 folgte eine britische Fassung unter dem Titel „Keep Your Seats“, die Monty Banks inszenierte. Im deutschsprachigen Raum wurde man spätestens 1938 mit der Geschichte um eine vertrackte Erbschaft vertraut, als E.W. Emo mit den Publikumslieblingen Heinz Rühmann und Hans Moser seine Version als „13 Stühle“ verfilmte. Um 1969 herum erlebte der Stoff dann eine neuerliche Popularität, als fast zeitgleich Nicolas Gessners Film „Zwölf plus eins“ und die in den USA produzierte Version von Mel Brooks unter dem Titel „Zwölf Stühle“ entstanden, in der Frank Langella und Ron Moody dem versteckten Geld hinterherjagen. Schon 1971 folgte innerhalb weniger Monate die dritte Adaption, die nun im Ursprungsland des Stoffes entstand und von dem Russen Leonid Gajdaj inszeniert wurde. Abgesehen von unzähligen Plagiaten, die sich die Ausgangskonstellation auf die eine oder andere Weise zunutze machten (beispielsweise die Trash-Komödie „Geld oder Leber“ mit Mike Krüger), entstanden bis ins späte 20. Jahrhundert hinein weitere Varianten, beispielsweise der österreichische Fernsehfilm „Mein Opa und die 13 Stühle“ von Helmut Lohner.
Gessners Variante „Zwölf plus eins“ beginnt in New York, wo der italienische Einwanderer Mario Beretti (Vittorio Gassman) mehr schlecht als recht einen Frisiersalon betreibt. Als eines Tages mal wieder Randomhouse (Lionel Jeffries) in der Tür steht, glaubt Mario zunächst, dass wieder irgendwelche Schulden eingetrieben werden sollen. Aber der Geschäftsmann ist dieses Mal als Überbringer einer Erbschaftsanzeige gekommen. Marios Tante Laura ist in England gestorben und hat ihn als Alleinerben eingesetzt. Freudig reist der Friseur nach Großbritannien, um kurz darauf schon bitter enttäuscht zu werden. Das geerbte Haus ist eine einzige Ruine, durch unzählige Hypotheken und Schulden belastet. Dreizehn antike Stühle scheinen das Einzige zu sein, das sich noch zu Geld machen lässt. Mario verkauft sie in Greenwoods (Antonio Altoviti) Antiquitätenladen gegenüber, um zumindest das Geld für die Heimreise in die USA wieder zusammenzubekommen. Als er am nächsten Morgen im leer geräumten Haus erwacht, entdeckt er einen Brief seiner Tante, in dem sie ihm offenbart, dass sich ihr Vermögen im Wert von 100.000 Pfund in einem der dreizehn Stühle befindet, um die Steuer zu umgehen. Als er zu Greenwood hinüberhastet, muss Mario allerdings zu seinem Schrecken erfahren, dass die gewiefte Angestellte Pat (Sharon Tate) schon alle dreizehn Stühle verkauft hat. Pat erkennt das Potenzial der Situation und macht sich zusammen mit Mario auf die Suche.
Von den zahlreichen Varianten der „Zwölf Stühle“ stellt dieser Film sicherlich einen der gelungensten Versuche dar. Das liegt zum einen an einer Bombenbesetzung, die sich hier in herrlich überdrehten Auftritten ein munteres Stelldichein geben darf (zu den renommierten Gaststars gehören u.a. Orson Welles, Mylène Demongeot und Terry-Thomas). Zum anderen liegt das an einer überaus rasanten Inszenierung, die kaum Luft zum Atmen lässt, weswegen keine Langeweile aufkommen kann. Natürlich neigt ein Stoff wie dieser dazu, in kleine Episoden zu zerfallen, die in ihrer Qualität etwas schwanken. Dass die Stars schön in Reih und Glied einer nach dem anderen ihre Auftritte absolvieren, ist deswegen Vor- und Nachteil zugleich. Immerhin hat Nicolas Gessner mit Tim Brooke-Taylor einen interessanten Antagonisten zu bieten, der für zusätzliche Spannung sorgt. Nach heutigem Geschmack ist seine schwule Figur vielleicht allzu tuntig und übertrieben angelegt, was aber eindeutig dem Zeitgeist geschuldet ist. Für etliche Lacher sind seine Auftritte jedenfalls nach wie vor gut. Die DVD-Erstveröffentlichung bietet ein ganz passables Bild (im Vollbild-Format 1,33:1) mit gelegentlich unruhigem Bildstand und deutlich erkennbarer Körnung, der deutsche Synchronton (in Dolby Digital 2.0) ist nicht weiter zu beanstanden. Als Extra gibt es die um rund drei Minuten längere italienische Fassung (ebenfalls in Dolby Digital 2.0, ohne Untertitel) des Films, die jedoch weitgehend identisch ist und die längere Laufzeit fast nur dadurch bekommt, dass hier der Vorspann auf Schwarzbild abläuft, während er bei der internationalen Fassung ins Filmbild integriert ist. Lionel Jeffries allerdings kommt in dieser Version nicht vor und wurde durch den italienischen Kollegen Sandro Dori ersetzt.