Zerrissene Fäden: Threads - Tag Null
Zerrissene Fäden
»Threads - Tag Null«
Die Bedrohung durch einen Atomkrieg ist seit dem Beginn des Ukraine-Krieges wieder stärker ins Bewusstsein der Menschen gerückt. Seit dem Ende des kalten Krieges war das Thema eher in den Hintergrund geraten. Und plötzlich wähnt man sich zurück in den 80er-Jahren und es wird klar, dass es auf der Welt immer mindestens einen dieser Idioten gibt, die diese Bedrohung plastischer machen. Nicht ganz zufällig - sicherlich - bringt PIDAX deswegen zwei Klassiker zurück auf DVD und BD. "The Day After" (USA, 1983) und "Threads- Tag Null" (GB, 1984) werden neu veröffentlicht. Beides sind Fernsehfilme. Während ea aber "The Day After" noch auf verschiedene Kinoleinwände brachte, blieb die BBC-Produktion Threads einzig dem Fernsehpublikum vorbehalten.
Anhand von zwei Familien schildert der Film die Auswirkungen eines Nuklearangriffs. Hier ist die nordenglische Stadt Sheffield, um die es geht. Zunächst wird das Leben der Menschen beschrieben mit ihren Alltagssorgen, während nebenher in den Nachrichten bedrohliche Szenarien beschrieben werden. Die Sowjetunion marschiert in den Iran ein. Die USA reagieren mit Truppenbewegungen. Es kommt zu Atomschlägen auf Militärstützpunkte und schließlich zum nuklearen Schlagabtausch der Supermächte weltweit. Anders als bei "The Day After", wo es hauptsächlich um den Atomschlag an sich geht, geht es hier im weitesten darum, wie sich das Leben nach einem Atomkrieg entwickelt. Somit ist "Threads" ein wesentlich fiktionalerer oder sollte man besser sagen spekulativerer Film als "The Day After". Denn wie beide Titel schon sagen, ist "The Day After" eine Beschreibung der unmittelbaren Auswirkungen eines solchen Geschehens (dt. "Der Tag danach"), während "Threads" aufzeigt, sie die gesellschaftlichen Strukturen (dt. "Fäden") zerreißen.
So wird das Geschehen bis zu 13 Jahren nach dem Atomschlag geschildert. Die Menschen haben es auch in dieser Zeit nicht mehr geschafft, ihre Kultur und Gesellschaft wieder zu errichten. Sie frieren und hungern. Wer den Atomkrieg überlebt hat, leidet und stirbt dennoch irgendwann an den Folgen von Verseuchung oder Hunger. Kinder, die kurz vor dem Krieg geboren wurden oder erst danach wachsen ohne soziale Strukturen auf und kämpfen wie Tiere ums tägliche Überleben. Sprechen können sie nicht, da sie keine Sprache erlernt haben - oder sie können es nur bedingt. Diese Sichtweise eines möglichen Lebens danach ist sehr spekulativ, aber eine mögliche Variante. Die beschriebenen Szenarien sind die Vermutungen vieler Wissenschaftler - insbesondere die zum nuklearen Winter und den damit verbundenen Ernteausfällen. Wie so ein globales Inferno am Ende wirklich aussieht, lässt sich nicht sagen und man will es auch gar nicht wissen. In der Tat verfügen die Großmächte und einige andere Staaten heute noch über viele Atomwaffen. Nur ein kleiner Teil davon wäre jedoch sofort einsatzbereit, wie das Wissensmagazin Quarks in einem Artikel berichtet. (2)
Den weitreichenden und langfristigen Folgen eines solchen Atomkrieges widmet sich der Film nur bedingt. Am Ende wird noch ein Kind geboren, welches vermutlich von den Strahlen verändert ist und so entsetzlich aussieht, dass die Mutter einen Schrei ausstößt, der im Abspann untergeht. Auch ansonsten sind die Bilder des Films erschreckend und verstörend, was ihn bei der Erstauflage auf Video zu einer FSK 18-Freigabe brachte. Jetzt FSK 16. Nicht zuletzt wegen der schonungslosen halten viele Kritiker diesen Film für besser als "The Day After". (3) Ich teile es nicht ganz, denn mir geht "Threads" etwas zu weit und die weitreichenden Folgen einer solchen Katastrophe sind noch fiktionaler als die unmittelbaren. Zum Glück allerdings. So ist "Threads" m. E. ein bedrückender Science-Fiction-Film mit dramatischer Note.
Die schauspielerischen Leistungen sind sehr gut und die Akteure liefern in allen Szenen ein beeindruckendes Spiel. Die Hauptfiguren geraten nach dem Zeitpunkt der Katastrophe etwas in den Hintergrund. So wird auch nicht klar, was aus einzelnen geworden ist. Vermutlich sind sie gestorben. Auch wird genau wie in "The Day After" nicht bekannt, wer zum Erstschlag ausgeholt hat, die USA oder die Sowjets.
Ich kann diesen Film empfehlen, der in der BluRay-Version bei Pidax ohne Bonusmaterial daherkommt, aber mit einem guten Bild und guten Ton.
HANS SCHAFFNER PRÄSENTIERT „Threads - Tag Null“
(1)= Pidax
(2)= Quarks.de
Was wir über Atomwaffen wissen sollten - quarks.de
(3)= Wikipedia (Eintrag zum Film)
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