In Künstlerkreisen - »Verliebt in Chopin«
In Künstlerkreisen
»Verliebt in Chopin«
Der E.M.-Forster-Boom begann im Jahr 1984, vierzehn Jahre nach dem Tod des Autors, als sich der Monumentalfilmer David Lean („Lawrence von Arabien“) dazu entschloss, „Reise nach Indien“ opulent mit Starbesetzung zu adaptieren. Neben gefeierten Charaktermimen wie Lord Alec Guinness und Dame Peggy Ashcroft übernahm darin die noch weitgehend unbekannte Judy Davis die Hauptrolle. Im Jahr darauf ließen dann Ivory und Merchant mit „Zimmer mit Aussicht“ die erste ihrer insgesamt drei Forster-Verfilmungen folgen, in der Julian Sands den jugendlichen Liebhaber spielte. In „Maurice“ feierte schließlich Hugh Grant erste internationale Erfolge, als er sich in den Titel gebenden Kommilitonen verliebt und aufgrund der Restriktionen der Edwardianischen Gesellschaft in die Bredouille gerät. Im dritten Ivory-Forster-Film „Wiedersehen in Howards End“ war anno 1992 auch Emma Thompson mit von der Partie. Alle diese Darsteller finden sich auch in „Verliebt in Chopin“ wieder, dem damaligen Langfilmdebüt von Regisseur James Lapine, der später vor allen Dingen als Autor des Kult-Musicals „Into the Woods“ zur Musik von Stephen Sondheim auf sich aufmerksam machen sollte.
Im Jahr 1836 macht die exzentrische Schriftstellerin George Sand (Judy Davis), die sich nicht nur einen männlichen Namen zugelegt hat, sondern auch stets in Männerkleidern auftritt, um die distinguierte Gesellschaft zu düpieren, bei ihrem Freund, dem Komponisten Franz Liszt (Julian Sands), die Bekanntschaft mit dessen Kollegen Frédéric Chopin (Hugh Grant). Der scheue junge Künstler ist allerdings nicht sonderlich erpicht darauf, im Mittelpunkt von Empfängen zu stehen und sucht stets das Weite, nachdem er die Gäste mit einigen seiner neuen Kompositionen begeistert hat. Als die Gräfin Claudette d’Antan (Emma Thompson) für ein Wochenende die angesagtesten Künstler aus Paris auf ihr Schloss lädt, sieht George endlich die Gelegenheit gekommen, Chopin besser kennenzulernen. Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht. Denn Gräfin Marie d’Agoult (Bernadette Peters), die eigentlich mit Liszt liiert ist, hat ebenfalls ein Auge auf Chopin geworfen und nutzt als Überbringerin eines Briefes von George an Chopin diesen, um ihn als ihren eigenen auszugeben. Außerdem tauchen mit Alfred de Musset (Mandy Patinkin) und Felicien Mallefille (Georges Corraface) noch zwei abgelegte Liebhaber George Sands auf dem Landsitz auf, die das Gefühlschaos der Anwesenden noch zusätzlich anfachen.
Man muss kein ausgesprochener Klassikfan sein, um diesen mit leichter Hand inszenierten Film unterhaltsam zu finden. Die Dialoge strotzen vor Esprit und augenzwinkerndem Humor und sorgen im ersten Teil für eine ausgelassene und z.T. sogar frivole Stimmung. Danach schlägt der Regisseur eine eher romantische Saite an, die aber dank zurückhaltend agierender Darsteller ebenso gute Unterhaltung zu bieten versteht. Für Fans opulenter Kostümfilme und überragender Schauspieler eine Empfehlung, für Freunde der Werke von Chopin und Liszt allemal.
Die DVD-Wiederveröffentlichung als „Remastered Edition“ bietet ein wirklich sehr gutes und scharfes Bild (im Widescreenformat 1,78:1). Auch der Ton (Deutsch und Englisch in Dolby Digital 2.0, optional mit Untertiteln in beiden Sprachen) ist nicht zu beanstanden. Als einziges Extra ist der englische Original-Kinotrailer zum Film mit aufgespielt.