Österreichische SF-Heftreihen von 1948 bis 1965: Ceron
Österreichische SF-Heftreihen
von 1948 bis 1965
Ceron
Utopische Leihbücher und Romanhefte aus Österreich
Ich will versuchen, einige dieser Romane wieder ins Gedächtnis zu rufen: Romane, die nur mehr teilweise, wenn sie überhaupt auf den Markt kommen, für uns Sammler zugänglich sind.
Als nächstem Objekt möchte ich mich einer weiteren Besonderheit und Rarität zuwenden, einem Roman aus dem Grazer Recla Verlag, nämlich ...
Ceron - Das Geheimnis am Gosausee
Dieser Roman ist 1946 als damals einziger Roman des Recla Verlages erschienen. Als Autor firmiert Fedor Cevlovsky, offensichtlich ein Pseudonym, das niemals mehr verwendet wurde.
Der Recla Verlag war vor dem Krieg hauptsächlich mit der Verbreitung von patriotischer und heimatlicher Literatur befasst, außerdem mit Werken über Sport, da ein Familienmitglied Professor an einem Grazer Institut war. Ein Beispiel aus dem Verlagsprogramm ist das Buch 'Steirische Tänze'. Nach einer Pause, bedingt durch den 2. Weltkrieg, war Ceron neben einem Sportbuch das einzige Produkt dieses Verlages.
Und es ist auch eines der wenigen mir bekannten Bücher, das eine Druckerlaubnis des Ausschusses zur Überprüfung des Presse- und Verlagswesens (3. März 1946) enthält.
Der im Untertitel genannte Gosausee ist ein kleiner, abgelegener und nur sehr schwer zugänglicher See in den Alpen, im Grenzgebiet zwischen Oberösterreich und Salzburg, südwestlich des bekannteren Hallstätter Sees.
Und trotzdem spielt er nur eine kleine Rolle in dem Roman als Wohnstätte eines Wissenschaftlers, der zu den Erfindern von Ceron gehört.
Und was ist Ceron eigentlich? Lt. Vorwort des Romans liest sich das so:
Eine kleine Gruppe von Gelehrten hat das Element Ceron entdeckt. Das ist das Element der Atomenergie, das bei minimalem Umfang einen maximalen Effekt besitzt. Dieser Effekt übertrifft millionenfach alles, was sich bisher in den Händen der Menschheit befand. Die Maschinen, mit Ceron betrieben, senden drahtlos die Elektrizitätsenergie in unbeschränkten Mengen. Alles hängt von der Dosis ab, ob es wohltuend oder tödlich wirkt. Mit Hilfe des Cerons läßt sich die Wärme in Form einer Flüssigkeit konzentrieren. Dadurch wird ein Leben im ewigen Eis der Arktis ermöglicht. Ceron besitzt die Eigenschaft, die Atmosphäre zu verdünnen oder an einem bestimmten Ort einen derartigen Druck entstehen zu lassen, daß beispielsweise ein feindliches Flugzeug ins Bodenlose stürzt oder durch einen Wirbel herabgerissen wird. Die in einem Friedenskomitee vereinigte Gruppe der Gelehrten konnte sich nicht entschließen, einer Regierung ihr Geheimnis anzuvertrauen. Sie hat befürchtet, daß irgendein Wahnsinniger, der die Macht in die Hände bekommt, diese Erfindung zu einem furchtbaren Mittel, das seinen egoistischen Zielen dienen würde, verwenden wird. Anfangen zu arbeiten ? Es wäre unmöglich, das Geheimnis zu bewahren, das dann die Geschäftswelt ihres spekulativen Verdienstes wegen zu durchdringen versuchen würde. Eine Gruppe selbstentsagender Leute faßte den heroischen Entschluß, sich in das ewige Eis des Nordpols zurückzuziehen, um dort, weit von der Menschheit, eine solche Verwendung der Atomenergie des Cerons zu erfinden, die jeden Mißbrauch ausschließt. In schottischen Schiffswerften hatte man einen besonderen Eisbrecher in Auftrag gegeben. Um unbeachtet zu bleiben, waren die nötigen Materialien, Einrichtungen und Vorräte von verschiedenen Ländern erworben worden. Es vergingen einige Jahre, bis in der Nähe des Nordpols eine Basis geschaffen war. Dort hat man zuerst ein Spezialflugzeug ausgebaut, das den Namen "Ceron" trug. Es standen viele Jahre friedlichen Schaffens bevor. Das Flugzeug sollte nur als Verbindung mit der Welt dienen. Aber das Schicksal hat es anders entschieden. Für die Spekulanten ist Europa zu arm und zu klein geworden. Sie bereiteten einen großen Konflikt zwischen Europa und Asien vor, um mit einem Schlag reich zu werden. Presse, Schwerindustrie, Literatur, Musik und Kirche, alles wurde ausgenützt, um Feindseligkeit unter den Völkern der Welt zu verbreiten. Als die Lage kritisch geworden war, war die Welt einem kochenden Kessel gleich. Jeden Augenblick konnte die Erdkugel in Brand gesetzt werden. Man mußte rasch etwas unternehmen, um den Weltfrieden zu bewahren, und Ceron trat auf die Weltbühne
Doch nun zum vorliegenden Buch. Im Katalog der österreichischen Nationalbibliothek steht Folgendes:
Ceron. Das Geheimnis am Gosausee. Fedor Cevlovsky [1946]
Da dieser Roman ziemlich unbekannt ist, möchte ich mich mit dem Inhalt etwas ausführlicher befassen.
Inhalt des Romans
Dieser Roman ist eigentlich nur aus dem zeitlichen Kontext zu verstehen, da er unmittelbar nach dem Ende des 2. Weltkrieges erschienen ist. Und man hat offensichtlich in das etwas wirre Geschehen die Warnung vor Krieg und Diktaturen sowie totalitären Systemen in einen sogenannten technischen Zukunftsroman verpackt.
Nun zum eigentlichen Inhalt des Buches:
Das Vorwort sagt eigentlich schon alles Wesentliche zu dem neuen Wunderelement Ceron aus und wozu man es verwenden kann.
Der Rest des Romans ist eine Mischung aus Zukunftsroman, Agentenroman, vermengt mit einer tragischen Liebesgeschichte. Dazu das Bestreben eines Diktators, die Kolonie der Wissenschaftler militärisch zu vernichten, was aber gründlich schiefgeht und mit dem Sturz des Diktators endet. Und das Ganze noch mit etwas Sozialromantik verbrämt, wie die Arbeiter von den Konzernen ausgebeutet werden und verarmen.
schreibt dazu:
Ceron ist einer der ersten Zukunftsromane, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Österreich erschienen, 'genehmigt vom Ausschuß zur Überprüfung des Presse- und Verlagswesens', der gewiß die literarische Qualität nicht überprüft hat, denn der Roman muß eines der naivsten Werke sein, die je das Licht der Welt erblickt haben . . . Ceron ist eine kaum glaubliche Blüte naiven Schrifttums, geschrieben in einem merkwürdigen Deutsch, mit einer wirren Handlung und Gedanken, die man mehrmals lesen muß, um sie auch nur entfernt zu verstehen.
in: Franz Rottensteiner / Michael Koseler (Hrsg.): "Werkführer durch die utopisch-phantastische Literatur". Corian-Verlag, Meitingen. Lose-Blatt-Sammlung. 20. Erg. Lfg. Juli 1996, folgendes.
Dem ist leider nicht viel hinzuzufügen. Wer sich selbst davon überzeugen möchte, kann das Buch für ein paar Euro im Internet bekommen.