The Wheel of Time - The Shadow Rising
The Shadow Rising
Über Schwachstellen der großen Fantasysaga
Über Schwachstellen der großen Fantasysaga
Sein Gegenüber mag mit seinen Anmerkungen im Recht sein, wie er will; der Fan schmettert alle Argumente gnadenlos ab und kontert mit einem Arsenal an wütenden Entgegnungen und wüsten Beschimpfungen.
Dabei sollten gerade Fans so ehrlich sein und zugeben, dass das Objekt ihrer Verehrung durchaus die ein oder andere Schwäche hat. Wer, wenn nicht ein echter Fan, ist in der Lage, sich sachlich-kompetent mit einem Roman oder gar einer ganzen Romanreihe auseinanderzusetzen, ihre Fehler zu erkennen und schlussendlich begründen zu können, warum die Serie trotzdem zum Besten gehört, was man lesen kann?
Wer die ersten Teile der Artikelreihe zu Robert Jordans »The Wheel of Time« gelesen hat, der weiß, dass ich ein großer Verehrer des verstorbenen Altmeisters und seiner legendären Saga bin. Doch bei aller Begeisterung für die Serie ist mir klar, dass es so manchen Aspekt gibt, der nicht hundertprozentig gelungen ist. Bei einem Epos, das viele Tausend Seiten umfasst, ist das aber eigentlich auch kein Wunder.
Klar, es ist nicht ganz leicht, anderen Lesern erzählen zu müssen, dass eine Reihe, die man selbst verehrt und die man eigentlich empfehlen will, so ihre Schwächen hat. Doch auch wenn es wehtut: In einer Artikelserie wie dieser, die eine Saga aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten will, darf ein Beitrag über ihre Schwachstellen nicht fehlen.
Und genau das ist das Thema, dem ich mich in dieser Ausgabe widmen möchte.
Doch zunächst, wie immer, ein Blick auf den nächsten Teil der Saga: »The Shadow Rising«, den vierten Teil von Jordans unsterblicher Erzählung.
»The Shadow Rising«
Rand al'Thor hat die Prophezeiung erfüllt! Wie in den alten Schriften vorhergesagt, hat er den Stein von Tear, eine der mächtigsten Festungen der bekannten Welt, zu Fall und das legendäre Schwert Callandor in seinen Besitz gebracht. Glaubt man nun den alten Weissagungen, dann hat sich Rand damit als Wiedergeborener Drache zu erkennen gegeben.
Man sollte meinen, dass damit ein wichtiger Schritt auf dem Weg, den Dunklen Herrscher endgültig zu besiegen, getan sei, doch weit gefehlt. Die Gefahr für die Welt und ihre Bewohner war nie größer, der Schatten, der sich über die Lande legt, nie dunkler.
Längst ist Rand und seinen Gefährten bewusst, dass die Forsaken, die mächtigsten Diener Ba'alzamons, aus ihrem Gefängnis am Shayol Ghul entkommen sind. Es ist verständlich, dass sie alles andere als erfreut darüber sind, dass mit Rand ein Mann aufgetaucht ist, der ihren Herrn und Meister besiegen könnte. Die Forsaken werden daher alles daran setzen, Callandor in ihre Hände zu bekommen und Rand zu vernichten. Das ist dem vermeintlichen Drachen schmerzlich bewusst, weshalb er einen folgenschweren Entschluss fasst und sich auf eine Reise begibt, die ihm eine mächtige Armee zu Untertan machen soll.
Unterdessen erfährt Perrin, dass die Kinder des Lichts ins Tal der Zwei Flüsse einmarschiert sind, wo sie nach Dunkelfreunden im Allgemeinen und ihm im Speziellen Ausschau halten. So macht sich Perrin auf den gefährlichen Weg zurück in seine alte Heimat, wo ihn ein ungewisses Schicksal erwartet.
Elayne, Egwene und Nynaeve sind noch immer damit beschäftigt, die Schwarze Ajah zu jagen und zur Strecke zu bringen. Bald erhalten sie erste Hinweise auf die Pläne der verräterischen Aes Sedai Hinweise, die sie zu einer gefährlichen Reise in eine noch gefährlicher Stadt bringen...
So kommt es, wie es kommen muss. Erneut trennen sich die Gefährten, um ihre jeweiligen Aufgaben zu erfüllen und ihre eigenen Bürden zu tragen. Doch so unterschiedlich ihre Missionen auch sein mögen, ihr Ziel ist dasselbe: Die Vernichtung des Dunklen Herrschers.
Die Schwäche von »The Shadow Rising«
Der ein oder andere mag sich nun fragen, ob es bloßer Zufall ist, dass die Vorstellung von »The Shadow Rising« und der Beitrag zu den Schwächen von Jordans »The Wheel of Time« in ein und demselben Artikel erscheinen. Nun, diese Frage lässt sich leicht mit einem klaren Nein beantworten. Dass ich gerade in Verbindung mit dem vierten Teil der Saga auf die Schwachstellen von Jordans Epos zu sprechen komme, hat so seine Bewandtnis.
Eine ganze Reihe von »The Wheel of Time«-Lesern ist der Ansicht, dass die ersten drei Romane der Reihe die besten sind. Die Begründungen für diese Aussage fallen unterschiedlich aus. Die einen sagen, dass Jordan hier noch eine gewisse Lockerheit an den Tag lege, während die späteren Bände viel ernster und schwerfälliger daherkommen. Andere meinen, dass der Serie mit Band vier der Sense of Wonder mehr oder weniger stark abhanden gekommen sei. Wieder andere beschweren sich drüber, dass Jordan seine Reihe ab »The Shadow Rising« ganz bewusst in die Länge ziehen und sich um eine glaubwürdige Auflösung des Epos herumdrücken würde.
Wer im Internet ein wenig nach den weiteren Aussagen über die späten Romane der Saga stöbert, wird auf eine ganze Reihe weiterer Argumente stoßen, warum die ersten drei Bände die wahren Highlights sind. Es ist, wie es unter Fans häufig der Fall ist: Viele verschiedene Fans, viele verschiedene Meinungen. Einigkeit herrscht hingegen vielfach in der Hinsicht, dass die Saga mit Band vier einen Knick erfährt.
Man mag das nun als leeres Gewäsch abtun, als das Gejammere einiger Hardcore-Fans, die immer gleich lautstark losheulen, wenn mal etwas nicht nach ihrem Gusto läuft. Normalerweise würde ich das auch umgehend tun, habe ich in letzter Zeit doch so einige Erfahrungen damit gemacht, wie schnell einzelne Fans zu Überreaktionen neigen. In diesem Fall aber muss ich all jenen, die in Band vier einen Bruch im »Wheel of Time« sehen, zustimmen. Ja, es stimmt tatsächlich: »The Shadow Rising« stellt einen wahrhaftig echten Bruch innerhalb der Serie dar.
Ich beziehe mich hier nicht auf starke Veränderungen innerhalb der Handlung, die zu einer Veränderung des Grundtenors der Reihe führen. Solche Entwicklungen gehören zu einer Serie einfach dazu; ohne sie würde Saga inhaltlich rasch zum Stillstand kommen und langweilig werden.
Nein, der Bruch, von dem hier die Rede ist, vollzieht sich auf einer gänzlichen anderen Ebene. Er betrifft nicht die Handlung, sondern vielmehr Charaktere und Stimmung der Reihe.
Heftromanleser kennen das Phänomen. Wird ihre Lieblingsserie von verschiedenen Autoren geschrieben, dann passiert es schon mal, dass sich zwei unmittelbar aufeinander folgende Romane, die dieselben Protagonisten und aufeinander aufbauende Handlungsstränge zum Gegenstand haben, stark voneinander unterscheiden, was die Charakterisierung der Figuren und die Atmosphäre angeht. So sehr sich die Redaktion auch um ein einheitliches Gesamtbild bemüht und so sehr die Autoren versuchen, diesem gerecht zu werden, die Autoren sind einfach zwei unterschiedliche Menschen, die nun mal unterschiedliche Vorstellungen und unterschiedliche Schreib- und Erzählstile haben.
Dass man dieses Phänomen auch innerhalb einer Reihe antrifft, die lediglich von einem Schriftsteller verfasst wird, ist ein wenig ungewöhnlich. »The Shadow Rising« macht allerdings deutlich, dass es nicht unmöglich ist.
Wer die ersten drei Romane von »The Wheel of Time« gelesen hat und dann Band vier zur Hand nimmt, der staunt nicht schlecht: Zwar tauchen all die Figuren auf, die man im Laufe vieler hundert Seiten lieb gewonnen hat, doch wie es aussieht nur dem Namen nach. Verblüfft muss man feststellen, dass sich Rand, Mat und Co. von ihrem Wesen her spürbar verändert haben. Es fällt schwer, eindeutig darzulegen, was denn nun genau falsch bzw. anders ist. Und doch hat man das unumstößliche Gefühl, dass die Figuren von einer Sekunde auf die andere Wandlungen durchgemacht haben, die man als Leser aus irgendeinem Grund nicht mitbekommen hat.
Rand ist plötzlich nicht mehr der Bauernjunge, der verzweifelt vor seinem Schicksal davonläuft, sondern ist bereit, seine Rolle als Wiedergeborener Drache zu akzeptieren. An sich ist diese Entwicklung ja noch nachvollziehbar, hat der Junge doch gerade das Schwert Callandor in seinen Besitz gebracht und damit einen zentralen Aspekt der Prophezeiungen erfüllt, welche die Ankunft des Wiedergeborenen Drachen verkünden. Dass er hiernach aber fast automatisch zu einem Menschen wird, der mühelos Intrigen schmiedet und Pläne zur endgültigen Erfüllung der alten Weissagungen entwirft, mutet doch etwas merkwürdig an.
Auch die übrigen Protagonisten sind anders, als man sie bislang kennen gelernt hat. Elayne, Nynaeve und Egwene sind sich urplötzlich deutlich ähnlicher, als sie es zuvor jemals waren, und Mat scheint zu einem übertrieben paranoiden Verschwörungstheoretiker geworden zu sein, der außer Misstrauen nur noch Gedanken an Glücksspiel und Frauen verschwendet.
Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Atmosphäre des Romans. All jene, die der Saga attestieren, sie würde mit Band vier ernster und... sagen wir einmal epischer wirken, all jene liegen goldrichtig. Jordans Epos verläuft von einem Kapitel auf das nächste in eine andere Richtung, was die Stimmung und den Tenor der Geschichte angeht. Zu sagen, es handle sich dabei um eine gänzlich andere Richtung, wäre sicher übertrieben. Eine spürbare Veränderung hin zu mehr Ernst und Schwere lässt sich aber nicht verleugnen.
»The Shadow Rising« stellt ohne Zweifel einen Bruch in der Serienhistorie dar. Der Leser benötigt einige Zeit, um sich an die neue Beschaffenheit der Serie zu gewöhnen, weshalb der Auftakt von Band vier alles andere als leichte Kost ist. Man kann allerdings nur jedem raten, durchzuhalten; spätestens wenn die Helden den Stein von Tear verlassen (und man sich endlich an die Veränderungen gewöhnt hat), zieht das Epos einen wieder in seinen Bann, wie es das schon in den ersten drei Romanen getan hat. Man muss allerdings auch festhalten, dass Jordan bei seinen Lesern das Gefühl erweckt, ein anderer Autor als er selbst hätte die Ausfertigung von »The Shadow Rising« übernommen, und der entstehende Bruch ist zweifelsohne eine Schwäche von »The Wheel of Time«.
Doch genug von Band vier. So gut Jordans Saga nämlich auch sein mag und so sehr es einen auch fesselt, wenn man ehrlich ist, kommt man nicht umhin, auch jenseits des Bruchs zu Beginn von »The Shadow Rising« so manch andere Schwachstelle zu bemerken.
Einige (weitere) Schwachpunkte von »The Wheel of Time«
Ein Punkt, der mit dem gigantischen Umfang der Saga einhergeht, ist die Unmenge an Protagonisten, auf die man im Laufe der Geschichte trifft. Jordan hat unglaublich viel Raum zur Verfügung, um seine Welt auszugestalten. Diesen Raum füllt er zum Beispiel mit einem breit gefächerten Figurenensemble. Als großer Fan von Ensembledramen (Bücher und Filme, die sich auf eine einzige Figur konzentrieren, finde ich in den meisten Fällen deutlich weniger interessant) kommt mir dieses Stilmittel persönlich sehr entgegen. Doch es soll Leser geben, die nicht so verrückt sind wie ich und jede Sekunde ihrer Freizeit dazu nutzen, Geschichten in sich hineinzustopfen. Diese Leser benötigen daher ein wenig länger, um »The Wheel of Time« durchzuackern. Da kann es dann schon mal vorkommen, dass urplötzlich Figuren auftauchen, die man eigentlich kennen müsste, die man aber auch unter Zuhilfenahme des Glossars einfach nicht einordnen kann. Aus Erfahrung weiß ich, wie frustrierend eine solche Erfahrung sein kann...
Übrigens: Auch ein fast schon fanatischer Geschichtenkonsument wie ich ist gegen dieses Problem nicht gefeit. Gerade was die Kinder des Lichts angeht, habe auch ich mitunter Mühe, sie auseinanderzuhalten und nach längerer Abwesenheit aus der Handlung wieder entsprechend zuzuordnen.
Dabei sollten gerade Fans so ehrlich sein und zugeben, dass das Objekt ihrer Verehrung durchaus die ein oder andere Schwäche hat. Wer, wenn nicht ein echter Fan, ist in der Lage, sich sachlich-kompetent mit einem Roman oder gar einer ganzen Romanreihe auseinanderzusetzen, ihre Fehler zu erkennen und schlussendlich begründen zu können, warum die Serie trotzdem zum Besten gehört, was man lesen kann?
Wer die ersten Teile der Artikelreihe zu Robert Jordans »The Wheel of Time« gelesen hat, der weiß, dass ich ein großer Verehrer des verstorbenen Altmeisters und seiner legendären Saga bin. Doch bei aller Begeisterung für die Serie ist mir klar, dass es so manchen Aspekt gibt, der nicht hundertprozentig gelungen ist. Bei einem Epos, das viele Tausend Seiten umfasst, ist das aber eigentlich auch kein Wunder.
Klar, es ist nicht ganz leicht, anderen Lesern erzählen zu müssen, dass eine Reihe, die man selbst verehrt und die man eigentlich empfehlen will, so ihre Schwächen hat. Doch auch wenn es wehtut: In einer Artikelserie wie dieser, die eine Saga aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten will, darf ein Beitrag über ihre Schwachstellen nicht fehlen.
Und genau das ist das Thema, dem ich mich in dieser Ausgabe widmen möchte.
Doch zunächst, wie immer, ein Blick auf den nächsten Teil der Saga: »The Shadow Rising«, den vierten Teil von Jordans unsterblicher Erzählung.
»The Shadow Rising«
Rand al'Thor hat die Prophezeiung erfüllt! Wie in den alten Schriften vorhergesagt, hat er den Stein von Tear, eine der mächtigsten Festungen der bekannten Welt, zu Fall und das legendäre Schwert Callandor in seinen Besitz gebracht. Glaubt man nun den alten Weissagungen, dann hat sich Rand damit als Wiedergeborener Drache zu erkennen gegeben.
Man sollte meinen, dass damit ein wichtiger Schritt auf dem Weg, den Dunklen Herrscher endgültig zu besiegen, getan sei, doch weit gefehlt. Die Gefahr für die Welt und ihre Bewohner war nie größer, der Schatten, der sich über die Lande legt, nie dunkler.
Längst ist Rand und seinen Gefährten bewusst, dass die Forsaken, die mächtigsten Diener Ba'alzamons, aus ihrem Gefängnis am Shayol Ghul entkommen sind. Es ist verständlich, dass sie alles andere als erfreut darüber sind, dass mit Rand ein Mann aufgetaucht ist, der ihren Herrn und Meister besiegen könnte. Die Forsaken werden daher alles daran setzen, Callandor in ihre Hände zu bekommen und Rand zu vernichten. Das ist dem vermeintlichen Drachen schmerzlich bewusst, weshalb er einen folgenschweren Entschluss fasst und sich auf eine Reise begibt, die ihm eine mächtige Armee zu Untertan machen soll.
Unterdessen erfährt Perrin, dass die Kinder des Lichts ins Tal der Zwei Flüsse einmarschiert sind, wo sie nach Dunkelfreunden im Allgemeinen und ihm im Speziellen Ausschau halten. So macht sich Perrin auf den gefährlichen Weg zurück in seine alte Heimat, wo ihn ein ungewisses Schicksal erwartet.
Elayne, Egwene und Nynaeve sind noch immer damit beschäftigt, die Schwarze Ajah zu jagen und zur Strecke zu bringen. Bald erhalten sie erste Hinweise auf die Pläne der verräterischen Aes Sedai Hinweise, die sie zu einer gefährlichen Reise in eine noch gefährlicher Stadt bringen...
So kommt es, wie es kommen muss. Erneut trennen sich die Gefährten, um ihre jeweiligen Aufgaben zu erfüllen und ihre eigenen Bürden zu tragen. Doch so unterschiedlich ihre Missionen auch sein mögen, ihr Ziel ist dasselbe: Die Vernichtung des Dunklen Herrschers.
Die Schwäche von »The Shadow Rising«
Der ein oder andere mag sich nun fragen, ob es bloßer Zufall ist, dass die Vorstellung von »The Shadow Rising« und der Beitrag zu den Schwächen von Jordans »The Wheel of Time« in ein und demselben Artikel erscheinen. Nun, diese Frage lässt sich leicht mit einem klaren Nein beantworten. Dass ich gerade in Verbindung mit dem vierten Teil der Saga auf die Schwachstellen von Jordans Epos zu sprechen komme, hat so seine Bewandtnis.
Eine ganze Reihe von »The Wheel of Time«-Lesern ist der Ansicht, dass die ersten drei Romane der Reihe die besten sind. Die Begründungen für diese Aussage fallen unterschiedlich aus. Die einen sagen, dass Jordan hier noch eine gewisse Lockerheit an den Tag lege, während die späteren Bände viel ernster und schwerfälliger daherkommen. Andere meinen, dass der Serie mit Band vier der Sense of Wonder mehr oder weniger stark abhanden gekommen sei. Wieder andere beschweren sich drüber, dass Jordan seine Reihe ab »The Shadow Rising« ganz bewusst in die Länge ziehen und sich um eine glaubwürdige Auflösung des Epos herumdrücken würde.
Wer im Internet ein wenig nach den weiteren Aussagen über die späten Romane der Saga stöbert, wird auf eine ganze Reihe weiterer Argumente stoßen, warum die ersten drei Bände die wahren Highlights sind. Es ist, wie es unter Fans häufig der Fall ist: Viele verschiedene Fans, viele verschiedene Meinungen. Einigkeit herrscht hingegen vielfach in der Hinsicht, dass die Saga mit Band vier einen Knick erfährt.
Man mag das nun als leeres Gewäsch abtun, als das Gejammere einiger Hardcore-Fans, die immer gleich lautstark losheulen, wenn mal etwas nicht nach ihrem Gusto läuft. Normalerweise würde ich das auch umgehend tun, habe ich in letzter Zeit doch so einige Erfahrungen damit gemacht, wie schnell einzelne Fans zu Überreaktionen neigen. In diesem Fall aber muss ich all jenen, die in Band vier einen Bruch im »Wheel of Time« sehen, zustimmen. Ja, es stimmt tatsächlich: »The Shadow Rising« stellt einen wahrhaftig echten Bruch innerhalb der Serie dar.
Ich beziehe mich hier nicht auf starke Veränderungen innerhalb der Handlung, die zu einer Veränderung des Grundtenors der Reihe führen. Solche Entwicklungen gehören zu einer Serie einfach dazu; ohne sie würde Saga inhaltlich rasch zum Stillstand kommen und langweilig werden.
Nein, der Bruch, von dem hier die Rede ist, vollzieht sich auf einer gänzlichen anderen Ebene. Er betrifft nicht die Handlung, sondern vielmehr Charaktere und Stimmung der Reihe.
Heftromanleser kennen das Phänomen. Wird ihre Lieblingsserie von verschiedenen Autoren geschrieben, dann passiert es schon mal, dass sich zwei unmittelbar aufeinander folgende Romane, die dieselben Protagonisten und aufeinander aufbauende Handlungsstränge zum Gegenstand haben, stark voneinander unterscheiden, was die Charakterisierung der Figuren und die Atmosphäre angeht. So sehr sich die Redaktion auch um ein einheitliches Gesamtbild bemüht und so sehr die Autoren versuchen, diesem gerecht zu werden, die Autoren sind einfach zwei unterschiedliche Menschen, die nun mal unterschiedliche Vorstellungen und unterschiedliche Schreib- und Erzählstile haben.
Dass man dieses Phänomen auch innerhalb einer Reihe antrifft, die lediglich von einem Schriftsteller verfasst wird, ist ein wenig ungewöhnlich. »The Shadow Rising« macht allerdings deutlich, dass es nicht unmöglich ist.
Wer die ersten drei Romane von »The Wheel of Time« gelesen hat und dann Band vier zur Hand nimmt, der staunt nicht schlecht: Zwar tauchen all die Figuren auf, die man im Laufe vieler hundert Seiten lieb gewonnen hat, doch wie es aussieht nur dem Namen nach. Verblüfft muss man feststellen, dass sich Rand, Mat und Co. von ihrem Wesen her spürbar verändert haben. Es fällt schwer, eindeutig darzulegen, was denn nun genau falsch bzw. anders ist. Und doch hat man das unumstößliche Gefühl, dass die Figuren von einer Sekunde auf die andere Wandlungen durchgemacht haben, die man als Leser aus irgendeinem Grund nicht mitbekommen hat.
Rand ist plötzlich nicht mehr der Bauernjunge, der verzweifelt vor seinem Schicksal davonläuft, sondern ist bereit, seine Rolle als Wiedergeborener Drache zu akzeptieren. An sich ist diese Entwicklung ja noch nachvollziehbar, hat der Junge doch gerade das Schwert Callandor in seinen Besitz gebracht und damit einen zentralen Aspekt der Prophezeiungen erfüllt, welche die Ankunft des Wiedergeborenen Drachen verkünden. Dass er hiernach aber fast automatisch zu einem Menschen wird, der mühelos Intrigen schmiedet und Pläne zur endgültigen Erfüllung der alten Weissagungen entwirft, mutet doch etwas merkwürdig an.
Auch die übrigen Protagonisten sind anders, als man sie bislang kennen gelernt hat. Elayne, Nynaeve und Egwene sind sich urplötzlich deutlich ähnlicher, als sie es zuvor jemals waren, und Mat scheint zu einem übertrieben paranoiden Verschwörungstheoretiker geworden zu sein, der außer Misstrauen nur noch Gedanken an Glücksspiel und Frauen verschwendet.
Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Atmosphäre des Romans. All jene, die der Saga attestieren, sie würde mit Band vier ernster und... sagen wir einmal epischer wirken, all jene liegen goldrichtig. Jordans Epos verläuft von einem Kapitel auf das nächste in eine andere Richtung, was die Stimmung und den Tenor der Geschichte angeht. Zu sagen, es handle sich dabei um eine gänzlich andere Richtung, wäre sicher übertrieben. Eine spürbare Veränderung hin zu mehr Ernst und Schwere lässt sich aber nicht verleugnen.
»The Shadow Rising« stellt ohne Zweifel einen Bruch in der Serienhistorie dar. Der Leser benötigt einige Zeit, um sich an die neue Beschaffenheit der Serie zu gewöhnen, weshalb der Auftakt von Band vier alles andere als leichte Kost ist. Man kann allerdings nur jedem raten, durchzuhalten; spätestens wenn die Helden den Stein von Tear verlassen (und man sich endlich an die Veränderungen gewöhnt hat), zieht das Epos einen wieder in seinen Bann, wie es das schon in den ersten drei Romanen getan hat. Man muss allerdings auch festhalten, dass Jordan bei seinen Lesern das Gefühl erweckt, ein anderer Autor als er selbst hätte die Ausfertigung von »The Shadow Rising« übernommen, und der entstehende Bruch ist zweifelsohne eine Schwäche von »The Wheel of Time«.
Doch genug von Band vier. So gut Jordans Saga nämlich auch sein mag und so sehr es einen auch fesselt, wenn man ehrlich ist, kommt man nicht umhin, auch jenseits des Bruchs zu Beginn von »The Shadow Rising« so manch andere Schwachstelle zu bemerken.
Einige (weitere) Schwachpunkte von »The Wheel of Time«
Ein Punkt, der mit dem gigantischen Umfang der Saga einhergeht, ist die Unmenge an Protagonisten, auf die man im Laufe der Geschichte trifft. Jordan hat unglaublich viel Raum zur Verfügung, um seine Welt auszugestalten. Diesen Raum füllt er zum Beispiel mit einem breit gefächerten Figurenensemble. Als großer Fan von Ensembledramen (Bücher und Filme, die sich auf eine einzige Figur konzentrieren, finde ich in den meisten Fällen deutlich weniger interessant) kommt mir dieses Stilmittel persönlich sehr entgegen. Doch es soll Leser geben, die nicht so verrückt sind wie ich und jede Sekunde ihrer Freizeit dazu nutzen, Geschichten in sich hineinzustopfen. Diese Leser benötigen daher ein wenig länger, um »The Wheel of Time« durchzuackern. Da kann es dann schon mal vorkommen, dass urplötzlich Figuren auftauchen, die man eigentlich kennen müsste, die man aber auch unter Zuhilfenahme des Glossars einfach nicht einordnen kann. Aus Erfahrung weiß ich, wie frustrierend eine solche Erfahrung sein kann...
Übrigens: Auch ein fast schon fanatischer Geschichtenkonsument wie ich ist gegen dieses Problem nicht gefeit. Gerade was die Kinder des Lichts angeht, habe auch ich mitunter Mühe, sie auseinanderzuhalten und nach längerer Abwesenheit aus der Handlung wieder entsprechend zuzuordnen.
Wir haben ja schon festgestellt, dass Jordan gerne auf Orte zurückgreift, die schon ein- oder mehrmals von verschiedenen seiner Protagonisten besucht wurden. Gerne lässt er seine Charaktere erneut an diese Orte zurückkehren, wo sie dann neue Abenteuer erleben und bislang unbekannten Geheimnissen auf den Grund gehen. An sich ist das ja schön und gut, hat man bei anderen Fantasyreihen doch oft das Gefühl, einzelne Schauplätze kämen zu kurz. Hin und wieder sorgt die Rückkehr zu solchen Orten aber auch für ein ganz elementares Problem: Jordan wiederholt sich.
Am einfachsten lässt sich dies anhand eines Beispiels verdeutlichen: Alle paar Kapitel entscheiden sich irgendwelche Charaktere, das von den Ogiern erbaute und mittlerweile teilweise verfallene Wegenetz zu betreten, über das man in kürzester Zeit auch weit voneinander entfernt liegende Orte erreichen kann. Die ersten beiden Male hat mich die Reise durch dieses mysteriöse Gängesystem auch noch fasziniert. Beim dritten oder vierten Mal fing es dann allerdings an, mir mehr als nur ein klein wenig auf die Nerven zu gehen, so dass ich bald so weit war, Kapitel, die im Wegenetz spielten, nur noch zu überfliegen.
Die hier begonnene Liste ließe sich bestimmt noch fortsetzen. Es gibt mit Sicherheit noch eine ganze Reihe weiterer Punkte, die man als Schwachstellen von »The Wheel of Time« monieren könnte. Doch irgendwann wird es auch dem aufgeschlossensten Fan zu bunt, weshalb ich die Aufzählung an dieser Stelle beenden und schlicht festhalten möchte: Wer behauptet, Jordans seitenstarkes Epos hätte so seine Schwächen, dem kann man nicht so einfach widersprechen.
So viele Schwächen lohnt sich da die Lektüre überhaupt?
Dem ein oder anderen mögen nach diesem Artikel nun Zweifel gekommen sein, ob es sich denn tatsächlich lohnt, sich an die Lektüre der mächtigen Fantasysaga zu wagen. Solchen Zweifeln begegne ich damit, dass ich ihnen ein überzeugtes Es lohnt sich tatsächlich! entgegenhalte.
Ja, »The Wheel of Time« hat seine Schwächen, das kann man nicht bestreiten. Mitunter gibt es auch Szenen, die einen anöden oder sogar regelrecht ärgern. Das ändert aber nichts daran, dass die positiven Aspekte bei Weitem überwiegen.
Jordan bietet seinen Lesern ein Abenteuer, wie es auf dieser Welt kaum ein zweites gibt. Interessante Charaktere, eine ungeheuer große, facettenreiche Welt, exotische Kulissen, packende Storylines und eine epische, enorm vielschichtige Handlung, die mit nichts zu vergleichen ist, was ich je zuvor gelesen habe. All das sind gute Argumente, die für die Reihe sprechen.
Wer sich eines der mitreißendsten Fantasyabenteuer unserer Zeit nicht entgehen lassen will, der sollte unbedingt zu Jordans Epos greifen. Die ein oder andere Schwäche wird man leicht verschmerzen können bei all dem, was die Reihe einem sonst so zu bieten hat...