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Vampir-Killer vs. Marotsch - Ein Paperback voller Veränderungen

1Vampir-Killer vs. Marotsch
Ein Paperback voller Veränderungen

Jürgen Grasmück hat 1974 den Roman »Marotsch, der Vampir-Killer« als Silber-Grusel-Krimi-Taschenbuch Nr. 10 veröffentlicht.

1976 kürzte er den Text auf Heftromanlänge zusammen und »Marotsch, der Vampir-Killer« erschien als Silber-Grusel-Krimi 111. 1983 erschien der Text dann nochmals als Larry Brent Nr. 64 unter ebendiesem Titel.


1 Im Jahr 2013 erschien dann der Text unter dem Titel »Der Vampir-Killer« als Nr. 64 der Dan Shockers Larry Brent-Paperback-Ausgabe. Was der Blitz-Verlag aus »Marotsch, der Vampir-Killer« (zuerst als Silber-Grusel-Krimi Taschenbuch 10 erschienen) gemacht hat, ist für mich eine Zumutung.

  • Das Taschenbuch hatte einen Umfang von
    ca. 300.000 Anschlägen,

  • das »Larry Brent«-Heft (und auch der Silber-Grusel-Krimi 111)  lag bei
    ca. 235.000 Anschlägen

  • und das Blitz- Paperback hat
    ca. 150.000 Anschläge

und damit nur noch die Hälfte des Taschenbuches und über ein Drittel weniger Umfang wie das Larry Brent-Heft 64.

Ich habe mich schon bei den Kürzungen in der DK-Neuauflage aufgeregt, aber was der Blitz-Verlag aus den Originaltext von Jürgen Grasmück gemacht hat toppt noch alles.


In meiner üblichen Art habe ich die Veränderungen und Kürzungen aufgelistet.

1 Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent 64
Seite 1, 1, Spalte, 1. Absatz - Seite 2, 2. Spalte, 9. Absatz

Als sich der Schlüssel im Schloß drehte, war sie sofort hellwach.
"Rolf? Bist du's?" Sie richtete sich im Bett auf.
"Ja, Liebling", vernahm sie die ruhige, vertraute Stimme. Vom Flur fiel gedämpftes Licht durch den Ritz unter der Tür.
Viola Kersky blieb im Bett sitzen. Seit Tagen fühlte sie sich schon nicht wohl. Sie war schwach und kraftlos, und selbst ihr Mann, ein renommierter Arzt, der in Wien eine glänzende Praxis betrieb, konnte ihr nicht helfen.
Viola Kerskys Blicke gingen zum Leuchtzifferblatt des Weckers.
Wenige Minuten vor zwei Uhr nachts.
Ihr Mann kam von einem Krankenbesuch zurück.
Kaum hörbar kam er in das gemeinsame Schlafzim­mer. Durch die halb zugezogenen, dichten Vorhänge fiel das Licht einer fernen Straßenlampe.
"Wie geht es dir, Liebling?" fragte Kersky leise, sich an das Bett zu seiner Frau setzend.
"Nicht viel besser."
"Du bist überanstrengt. Du mußt noch weniger tun. Viel Ruhe, viel Schlaf", sagte er zärtlich und streichelte über ihr volles, schulterlanges Haar.
Sie schloß die Augen. "Das ist einfacher gesagt als ge­tan. Sag', Rolf: gibt es Vampire?"
"Wie kommst du gerade darauf?" Er blieb ganz ruhig und zeigte kein Erschrecken.
Sie zuckte die Achseln. "Ich kann es nicht begründen. Es ist so ein Gefühl. Ich muß ständig daran denken."
"Ich werde dir etwas geben", murmelte er und erhob sich. "Ein Schlafmittel wird dir guttun."
"Du gibst mir in den letzten Tagen sehr oft Schlaf­mittel."
Viola Kersky sank langsam in die Kissen zurück. Selbst das Sitzen strengte sie an. Seit einer Woche schon konnte sie nur minutenweise auf den Beinen sein. Selt­samerweise nur nachts. Tagsüber lag sie wie tot in ihrem Bett. Sobald es dunkel wurde, überkam sie eine eigen­artige Unruhe. Aber sie konnte das Bett nicht verlassen.
Ihr Mann kehrte zurück. In der Hand hielt er eine aufgezogene Spritze.
Wortlos schob Dr. Kersky seiner Frau den Ärmel in die Höhe, senkte die Nadel vorsichtig in die Vene und drückte den Kolben mit der klaren Flüssigkeit herunter.
Dazu machte er kein Licht. Der Schein, der von der Straße her quer über das Bett fiel, reichte ihm.
"Du bist vorhin meiner Frage ausgewichen, Rolf", sagte Viola. Ihr bleiches, schönes, wie in Marmor ge­meißeltes Gesicht war starr wie eine Maske.
"Es gibt keine Vampire, Liebes", entgegnete Rolf. "Das ist Aberglaube! Unfug!"
Sie schluckte. Ihre langen, seidigen Augenwimpern zitterten. "Ich habe das Gefühl, als würde ich ausge­saugt. Mein Leben weicht! Ich kann es nicht aufhalten... Meine Kräfte schwinden. Immer, wenn der Morgen graut, ist dieses Gefühl ganz besonders stark in mir. Man sagt, daß Vampire sich tagsüber verstecken, weil sie das Sonnenlicht fürchten. Nachts aber erscheinen sie und schlagen ihre Zähne in anderer Leute Hälse, um sich von deren Blut zu ernähren."
"So sagt man, über diese Dinge liest man. Aber die gibt es nicht wirklich, Viola!" In Dr. Rolf Kerskys Augen glitzerte es. "Du bringst die Wirklichkeit mit deiner Phantasie zusammen. Dein kritisches Bewußtsein ist ein­geschränkt. Das ist kein Wunder. Du bist völlig durch­einander."
"Es gibt Vampire, Rolf! Und ich... habe manchmal das Gefühl, als ob ich... zu ihnen gehöre." Viola Kerskys Stimme wurde schwächer und leiser. Die Injektion wirkte.
"...Aber etwas hält mich davon ab... ich weiß nicht, was es ist... aber der Trieb... der Trieb ist vorhan­den, Rolf", fuhr sie fort. "Paß' gut auf mich auf! Sei mir nicht böse... verzeih' deiner kleinen verrückten Frau." Sie redete jetzt sinnlos durcheinander, was ihr gerade durch den Kopf ging. "Einen Spiegel... warum hast du den Spiegel aus dem Zimmer genommen? Ich will einen Blick hineinwerfen, Rolf."
"Ja, gleich. Ich hole dir einen."
Aber Dr. Kersky erhob sich nicht. Schwer fielen seiner Frau die Augen zu.
Viola war eingeschlafen...
Noch eine volle Minute blieb der Arzt auf dem Bett­rand sitzen. Dann erhob er sich, zog die Vorhänge vor die Fenster und knipste die Nachttischlampe an.
Der gelblich-rote Schein fiel auf das ruhige, ent­spannte, aber totenblasse Gesicht der Schlafenden. Die feinen Gesichtszüge waren jetzt im Lichtschein in voller Klarheit zu sehen.
Viola Kersky hatte die Decke bis zum Hals hochge­zogen, als fröre sie. Dabei war es eine herrlich laue Sommernacht wie selten.
Der Arzt zog mit spitzen Fingern die Decke in Höhe des Halses weg.
Dr. Rolf Kersky hielt den Atem an. Dort, in Höhe der Schlagader, befand sich eine merkwürdige Wunde, als hätte jemand erst vor wenigen Minuten sein Vampirgebiß in Viola Kerskys Hals geschlagen.

1 Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 5, 1. Spalte, 1. Absatz - Seite 7, 1. Spalte, 3. Absatz

Als sich der Schlüssel im Schloß drehte, war Viola Kersky sofort hellwach. "Rolf? Bist du's?" Sie richtete sich im Bett auf.
"Ja, Liebling", vernahm sie die vertraute Stimme. Vom Flur fiel gedämpftes Licht durch den Spalt unter der Tür. Sie blieb im Bett sitzen. Seit Tagen fühlte sie sich schwach und unwohl. Selbst ihr Mann, ein renommierter Arzt, der in Wien eine gut laufende Praxis betrieb, konnte ihr nicht helfen. Ihr Blick ging zum Leuchtzifferblatt des Weckers. Weit nach Mitternacht. Ihr Mann kam von einem Krankenbesuch zurück.
"Wie geht es dir, Liebling?" fragte Kersky leise und setzte sich zu seiner Frau ans Bett.
"Nicht viel besser."
"Du brauchst Ruhe." Zärtlich streichelte er über ihr schulterlanges Haar.
Sie schloss die Augen. "Das ist einfacher gesagt als ge­tan." Sie machte eine Pause. "Gibt es Vampire, Rolf?"
Ihr Mann schreckte kaum merklich zusammen. "Wie kommst du gerade darauf?"
Sie zuckte die Achseln. "Ich kann es nicht begründen. Es ist so ein Gefühl. Ich muß ständig daran denken."
"Ich werde dir etwas geben", murmelte er und erhob sich. "Ein Schlafmittel wird dir guttun."
"Du gibst mir in den letzten Tagen sehr oft Schlaf­mittel." Sie ließ sich seufzend in die Kissen fallen. Selbst das Sitzen strengte sie an. Seit einer Woche schon konnte sie nur minutenweise auf den Beinen sein, und dann nur nachts. Tagsüber lag sie wie tot in ihrem Bett, und sobald es dunkel wurde, erfasste sie eine eigen­artige Unruhe.
Ihr Mann kehrte zurück. In der Hand hielt er eine aufgezogene Spritze. Wortlos schob Dr. Kersky seiner Frau den Ärmel in die Höhe, senkte die Nadel vorsichtig in die Vene und drückte den Kolben mit der klaren Flüssigkeit herunter.
"Du bist meiner Frage ausgewichen, Rolf." Violas bleiches Gesicht wirkte wie eine Maske.
"Es gibt keine Vampire, Liebes", entgegnete Rolf. "Das ist Aberglaube! Unfug!"
Sie stöhnte. "Ich habe das Gefühl, als werde ich ausge­saugt. Mein Leben weicht! Ich kann es nicht aufhalten. Immer, wenn der Morgen graut, ist dieses Gefühl ganz besonders stark in mir. Man sagt, dass Vampire sich tagsüber verstecken, weil sie das Sonnenlicht fürchten. Nachts aber erscheinen sie und schlagen ihre Zähne in anderer Leute Hälse, um sich von deren Blut zu ernähren."
"Unfug, Viola!" In den Augen von Dr. Rolf Kersky glitzerte es. "Du vermischt die Wirklichkeit mit deiner Phantasie. Du bist völlig entkräftet."
"Aber ... es gibt Vampire, Rolf! Und ich... habe manchmal das Gefühl, als ob ich... zu ihnen gehöre." Violas Stimme wurde schwächer. Die Injektion wirkte.
"Aber etwas hält mich davon ab... ich weiß nicht, was es ist... aber der Trieb... der Trieb ist vorhan­den, Rolf! Pass gut auf mich auf! Bitte, sei mir nicht böse... verzeih deiner dummen, kleinen Frau." Ihr Blick schweifte ab. "Der Spiegel... warum hast du den Spiegel aus dem Zimmer genommen? "
"Ich hole dir einen." Doch der Arzt rührte sich nicht. Viola war eingeschlafen. Noch eine volle Minute blieb der Arzt auf dem Bett­rand sitzen. Dann erhob er sich, zog die Vorhänge vor die Fenster und knipste die Nachttischlampe an.
Der diffuse Schein fiel auf das ent­spannte Gesicht der Schlafenden. Seine Frau hatte die Decke bis zum Hals hochge­zogen, sie schien zu frieren. Dabei war es eine angenehme laue Sommernacht.
Vorsichtig zog der Arzt die Decke ein wenig nach unten. Der Hals wurde sichtbar. Kersky hielt den Atem an. In Höhe der Schlagader, befand sich eine merkwürdige Wunde...

 * * *

1 Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 2, 2. Spalte, 10. Absatz - Seite 3, 2. Spalte, 11. Absatz

Peter Reisner hatte seinen Arm um die Schultern sei­ner Freundin gelegt.
Die Allee, durch die sie gingen, war mit Bäumen be­standen. Alle hundert Meter brannte eine Straßenla­terne.
Die Luft war mild und würzig.
Neben dem Paar, das morgens gegen drei Uhr allein diesen Weg ging, ragte die dunkle Friedhofsmauer auf.
Peter und Inge kamen von einer Party. Sie waren beide in aufgeräumter Stimmung, erzählten sich Witze und kamen nur langsam voran.
Das Mädchen, neunzehn Jahre alt, langbeinig und wohlproportioniert, blieb plötzlich stehen.
"Da war doch etwas", sagte sie einfach. Ihre Blicke schweiften über die Friedhofsmauer, die sich scheinbar in unendlicher Ferne zu verlieren schien.
Peter Reisner hatte es auch gehört. Ein Geräusch kam von jenseits der Mauer. Es hörte sich an, als ob jemand grabe.
Die beiden jungen Menschen lauschten.
Reisner grinste. "Da begibt sich einer auf Schatzsuche, Inge. Vielleicht haben sie einen reichen Kerl beerdigt, der seine Beißerchen mit Goldkronen geschützt hat."
Inge Merkant ging rasch drei, vier Schritte weiter vor, wo sich ein gro­ßes Gittertor in der Mauer befand. Hinter mächtigen Bäumen und hoch­gewachsenen Hecken waren die Grabsteine und Kreuze oft nur schwach oder überhaupt nicht zu erkennen.
Zwischen drei uralten Eichen nahm sie die Umrisse eines schmalen Schuppens wahr, in dem die Friedhofs­gärtner ihre Geräte unterzustellen pflegten.
Von dort kamen die Ge­räusche. Deutlich war zu hören, wie die schwere Erde auf die Seite geworfen wurde. Wenn man genau aufpaßte, war sogar das Atmen eines Menschen zu hören.
Inge und Peter blickten sich an. Der junge Wiener kratzte sich im Nacken. "Entweder ich spinn' oder da ist tatsächlich einer, der ein Grab aufschaufelt! Warum? meinst du, ein Totengräber macht Überstunden?"
"Mein ich nicht", schüttelte die strohblonde Inge Mer­kant ihren hübschen Kopf, so daß die langen Haare ihr in die Stirn fielen. "Ich denke mir etwas ganz anderes. Hast du in den letzten Tagen denn keine Zeitung ge­lesen?"
"Über die Sportnachrichten bin ich nicht hinausge­kommen, Baby. Tut mir leid! Ich bin zwar gerade kein Bildungsbanause, aber in der letzten Zeit komme ich wahrhaftig nicht mal mehr dazu, 'ne ordentliche Zeitung in Ruhe zu lesen. Was weißt du, Inge? Gehen die Grab­räuber um oder Frankenstein? Braucht einer Leichen­teile?"
Sie schüttelte den Kopf. "Kannst du denn überhaupt nichts ernst nehmen? Es geht wirklich einer um! Und die Polizei sucht ihn. Seit Wochen schon führt er die Behörden an der Nase 'rum. Auf sämtlichen Wiener Friedhöfen und auf denen der näheren Umgebung sind Grabschänder am Werk. Die Polizei steht vor einem Rätsel. Sie vermutet einen Geisteskranken, der die Gräber öffnet, Grabsteine um­wirft und sonst noch allerlei Unfug anrichtet. Die Polizei hat eine Belohnung ausgesetzt."
"Vielleicht weißt du auch die Höhe? Du bist ja bestens unterrichtet, Goldkind." Er schmatzte einen Kuß auf ihre Nasenspitze.
Sie beugte sich ein wenig zurück. "Die Höhe weiß ich nicht, nein. Aber der Betrag war beachtlich."
"Reicht er für unsere Aussteuer?"
"Das kommt darauf an, wieviel wir uns anschaffen."
"Waren's siebentausend Schillinge?"
"Mindestens", nickte Inge Merkant.
"Gut. Dann wag' ich's. Wollen wir erst mal sehen, ob wir auch den Richtigen aufgespürt haben, bei dem es sich lohnt, daß man ihn zur Polizei schleppt."
"Sei vorsichtig", mahnte sie noch.
Er kletterte behend am Tor hoch, und schon eine Minute später befand er sich auf, der anderen Seite der Friedhofsmauer. Durch das Gestänge warf er der ihm nachblickenden Freundin einen Handkuß zu und huschte dann auf Zehenspitzen den Weg entlang.
Inge Merkant verlor ihn aus den Augen...

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 8, 1. Spalte, 1. Absatz - Seite 9, 1. Spalte, 8. Absatz

Peter Reisner hatte seinen Arm um die Schultern sei­ner Freundin Inge Markant gelegt. Die beiden überquerten eine einsame Straße. Die Allee, durch die sie gingen, war mit Bäumen be­standen. Nur wenige Straßenla­ternen brannten. Sie kamen von einer Party und waren bester Laune. Das Mädchen blieb plötzlich stehen.
"Da war doch etwas", sagte sie. Ihre Blicke schweiften über die Friedhofsmauer, die sich scheinbar in unendlicher Ferne zu verlieren schien.
Ihr Freund hatte es auch gehört. Ein Geräusch, jenseits der Mauer. Als ob jemand grabe. "Da begibt sich einer auf Schatzsuche." Reisner grinste. "Vielleicht wird gerade ein reicher Kerl ausgegraben, der seine Beißerchen mit Goldkronen veredelt hat."
Inge Merkant ging weiter bis sie ein gro­ßes Gittertor in der Mauer fand. Zwischen drei uralten Eichen nahm sie die Umrisse eines schmalen Schuppens wahr, in dem die Friedhofs­gärtner ihre Geräte hineinstellten. Deutlich war zu hören, wie die schwere Erde auf Rasen prasselte.
Die beiden jungen Leute sahen sich an. Peter kratzte sich im Nacken. "Da ist tatsächlich einer, der schaufelt!"
"Hast du in den letzten Tagen Zeitung ge­lesen?"
"Mehr als der Sportteil interessiert mich nicht, Schatz. Was steht denn in der Zeitung? Gehen die Grab­räuber um? Braucht jemand Leichen­teile?"
Inge schüttelte den Kopf. "Sei bitte ernst, Peter! Hier stimmt was nicht! Die Polizei fahndet seit Wochen nach einem Unbekannten. In Wien und Umgebung sind Grabschänder am Werk. Die Kripo steht vor einem Rätsel und vermutet einen Geisteskranken, der die Gräber öffnet. Es gibt sogar eine Belohnung."
"Ah! Wie viel?" Er gab ihr einen Kuß auf die Nasenspitze.
Sie entzog sich ihm. "Die genaue Höhe weiß ich nicht, aber es ist schon einiges."
"Reicht er für unsere Aussteuer?"
Sie legte ihren Kopf schief. "Was meinst Du damit?"
"Kannst du dir das nicht denken?" Er lachte. Die Gläser Wein auf der Party hatten ihn mutig gemacht. Er kletterte am Tor hoch. Ein Sprung und er befand sich auf der anderen Seite der Friedhofsmauer.
Inge hatte ihm erschrocken zugeschaut. "Peter! Nicht! Bitte kommt zurück!"
Doch Reisner warf seine Freundin durch die Zaunstangen einen Handkuss zu und huschte davon.

 * * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 3, 2. Spalte, 11. Absatz - Seite 4, 2. Spalte, 10. Absatz

Peter Reisner näherte sich der Gruppe von Weiden­bäumen und blieb lauschend stehen.
Er lief den Hauptweg weiter bis zum Geräteschuppen, wandte sich dann nach links und bewegte sich auf einem schmalen Seitenweg zwischen den Grabsteinen und Kreu­zen.
Leise raschelte der Wind in den belaubten Bäumen. Das Geräusch, das Reisner suchte, kam näher.
Der Himmel war sternenklar und mondhell. Schwarz und hart waren die Schatten, welche die Grabsteine war­fen.
Hinter einem besonders massigen und hohen Denkmal eines Familiengrabes verharrte Reisner.
Er sah einen sich bewegenden Schatten hinter einer Baumreihe, welche diese Grabreihe von der nächsten trennte.
Hinter den Bäumen lag ein Berg frischer Blumen und Kränze, und das Grab, auf dem sie lagen, war geöffnet.
Es war ein frisches, ein neues Grab.
Und in der Tiefe dort unten bewegte sich etwas!
Ein großer, bizarr verformter Schatten wurde schräg gegen die Erdmauer geworfen.
Es war der Schatten eines Menschen, den Reisner jedoch nicht sah.
Es wurde jetzt auch nicht mehr gegraben. Das Ge­räusch war verstummt. Dafür erfüllte ein leises Knir­schen die Luft.
Das neue Geräusch aus der Tiefe der aufgeworfenen Grube ließ sich ganz einfach analysieren. Der Sarg des Bestatteten wurde geöffnet!
Reisner löste sich aus dem Schatten des großen Grabsteins, ging auf die Bäume zu und erreichte den schmalen Weg vor der nächsten Grabreihe.
Sein Blick fiel über den Berg aus Blumen und Kränzen und aufgeworfener Erde hinweg in die Grube, in der sich der nächtliche Besucher zu schaffen machte.
Peter Reisner hielt den Atem an, und seine Augen weiteten sich.
Er sah, daß der Sarg geöffnet war. Der Deckel lag auf der Seite, die Leiche wurde vom bleichen Mondlicht an­gestrahlt. Das Totenhemd war zerrissen, und eine selt­same Gestalt, die man auf Anhieb keineswegs als Mensch bezeichnen konnte, war halb über den Sarg gebeugt, hielt ein spitzes, im Mondlicht blinkendes Messer in der Hand und öffnete mit raschen Schnitten die Brust des Toten. Aus dem Brustkasten nahm er mit flinker Hand das Herz heraus.
Peter Reisner schluckte.
Er merkte, wie sich ihm der Magen umdrehte.
Dann riß der junge Mann sich zusammen.
”Was machen Sie da unten?" sagte er und mußte sich bemühen, seiner Stimme einen sicheren Klang zu geben.
Die Gestalt neben dem Sarg warf den Kopf in die Höhe. Der Fremde auf dem Boden der Gruft geriet durch seine schnelle Bewegung vollends aus dem Schatten und starrte nach oben. Flink wie ein Wiesel huschte er mit seinen dünnen Beinen die weiche, krumige Erde herauf und kam auf der anderen Seite des Grabes an. In der Hand hielt er das gestohlene Herz.
"Das gibt es doch nicht!' dröhnte es in seinem Hirn, und er starrte wie gebannt auf seinen Gegenüber.
Vor ihm stand das ungewöhnlichste menschliche Lebe­wesen, das er je gesehen hatte.
Es schien einem Alptraum entsprungen.
Die Gestalt war höchstens einen Meter und sechzig groß. Die langen Arme und Beine waren spindeldürr, auf den Knien, der schmalen, eingedrückten Brust und den Handrücken wuchsen Haarbüschel.
Der ungewöhnliche Mensch hatte ein eingefallenes, runzliges Gesicht mit zusammengekniffenem Mund.
,Wie eine Ratte!' schoß es Peter Reisner durch den Kopf.
Der Mensch war nackt.
Reisner ahnte nicht, daß er — dem Marotsch gegen­überstand.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 9, 1. Spalte, 8. Absatz - Seite 11, 1. Spalte, 2. Absatz

Peter Reisner näherte sich der Gruppe von Weiden­bäumen und blieb lauschend stehen und lief dann auf einem schmalen Seitenweg zwischen den Grabsteinen und Kreu­zen hindurch bis zum Geräteschuppen. Hinter einem massigen Denkmal eines Familiengrabes verharrte er. Er sah ein Berg von Blumen und Kränzen auf einem Grab. Das Grab war - offen. Ihm lief ein kalter Schauer über den Rücken. Und im Grab selbst bewegte sich was! Ein Schatten wurde schräg gegen die Erdmauer geworfen. Ein lautes Knir­schen erfüllte die Luft. Holz splitterte.
Reisner löste sich aus dem Schatten seiner Deckung, huschte auf die Bäume zu und erreichte den schmalen Weg vor der nächsten Grabreihe. Atemlos starrte er in die Grube. Der Sargdeckel lag auf der Seite, die Leiche wurde vom Mondlicht an­gestrahlt. Das Totenhemd war zerrissen. Ein kleine Gestalt hockte auf der Leiche. Ein Messer blinkte. Mit geübten Schnitten öffnete das Wesen die Brust des Toten und zerrte wenig später das Herz heraus.
Reisner merkte, wie sich ihm der Magen umdrehte. ”Was machen Sie da?" rief er, bemüht seiner Stimme einen sicheren Klang zu geben.
Das bizarre Wesen neben dem Sarg warf den Kopf in die Höhe. Flink wie ein Wiesel huschte er mit seinen dünnen Beinen die krumige Erde empor und stieg auf der gegenüberliegenden Seite des Grabes heraus, in der Hand das gestohlene Herz.
Das muss ein schlechter Traum sein! dröhnte es in Reisners Hirn. Der junge Mann starrte wie gebannt auf dieses bizarre Lebewesen. Es schien einem Alptraum entsprungen. Die Gestalt war knapp einen Meter und sechzig groß, Arme und Beine wirkten spindeldürr. Auf den Knien, der schmalen Brust und den Handrücken wuchsen Haarbüschel. Das Gesicht war furchtbar runzelig, der kleine Mund spitz.
Wie eine Ratte! schoss es Peter Reisner durch den Kopf.

* * *

 

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 3, 2. Spalte, 11. Absatz - Seite 4, 2. Spalte, 10. Absatz

Mensch und Marotsch musterten sich.
Eine halbe Minute lang, und die Luft schien ange­füllt mit knisternder Spannung, als würde sich jeden Augenblick etwas entladen.
Dann rannte der unheimliche, unbekleidete Mensch davon.
'Der Irre! Es muß sich um den entsprungenen Geistes­kranken handeln!' hämmerte das Blut in Reisners Schlä­fen. So also sah er aus... Schrecklich! Abstoßend! Häß­lich!
Mechanisch begann auch Reisner zu laufen, als der Ma­rotsch mit seinen nackten Füßen fast lautlos davoneilte.
Der dünne Körper flog förmlich über den Boden da­hin, die dünnen Beine schienen kaum die Oberfläche zu berühren.
Er rannte, so schnell er konnte, doch er vermochte kaum, den Abstand zu verringern.
Zwei-, dreimal noch sah Peter Reisner den hellen Kör­per der häßlichen Gestalt zwischen den Grabsteinen auf­tauchen. Dann verschwand er.
Der junge Mann suchte hinter Heckensträuchern, Grabsteinen und Bäumen. Er fand den Flüchtling nicht.
Reisner wirkte bleich und verstört, und nur langsam gewann er seine Fassung wieder.
Reisner fragte sich, ob er vielleicht nicht doch zu tief ins Glas geschaut hatte, daß er schon anfing, Dinge zu sehen, die es gar nicht gab.
Er wischte sich mit einer fahrigen Bewegung über die Augen, über seine schweißnasse Stirn und ging dann lang­sam zwischen den Grabreihen zum Hauptweg.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 11, 1. Spalte, 3. + 4. Absatz

Man musterte sich gegenseitig, dann rannte das unbekleidete Weswn davon.
Das war der Freak, den die Polizei sucht!, schoss es Reisner durch den Kopf. Mechanisch begann auch er zu laufen, und er rannte, so schnell er konnte, schaffte es aber nicht, das Wesen einzuholen oder wenigstens den Abstand zu verringern. Der häßliche Gnom tauchte noch ein paar Mal zwischen den Grabsteinen auf und war dann.

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 5, 1. Spalte, 8. Absatz - Seite 6, 1. Spalte, 11. Absatz

Inge Merkant stand am Tor und starrte auf den Friedhof.
Sie machte sich Sorgen.
Hoffentlich gab es keinen Ärger. Mit einem Irren war nicht zu spaßen...
Und dann machte sie sich im stillen Vorwürfe.
Mit einem Mal überfiel sie die Angst, als es immer länger dauerte, und Totenstille sie anwehte. Was konnte sie tun, wenn ihrem Freund etwas zugestoßen war?
Unwillkürlich hob sie den Blick.
Sollte sie es wagen, ebenfalls über das Tor zu klet­tern, um nach dem rechten zu sehen?
Sie dachte den Gedanken nicht bis zu Ende.
Etwas lenkte sie ab. Schritte...
Sie näherten sich vom Ende der Straße her.
Inge Merkant wandte den Kopf. Ihre Augen erfaßten eine dunkle Gestalt. Ein nächtlicher Spaziergänger!
Eine Idee blitzte in ihrem Bewußtsein auf. Sie konnte den Fremden anhalten und ihm die Sache darlegen. Si­cher würde er sie verstehen. Vielleicht kannte er auch den Bericht aus der Zeitung, dann würde es noch ein­facher sein.
Der Mann kam näher.
Inge trat vom Tor zurück. Ihre dunklen Augen mu­sterten den Fremden. Sie ging auf ihn zu.
"Entschuldigen Sie", begann das Mädchen und strich mit schneller Geste das lange Haar aus ihrem Gesicht. "Ich..."
Was sie sagen wollte, wurde nie ausgesprochen.
Ihre Stimme versagte ihr den Dienst. Der nächtliche Spaziergänger blickte sie mit bannenden Augen an.
Ohne daß auch nur ein einziges Wort fiel, geriet Inge Merkant in einen hypnotischen Zustand, dem sie sich nicht entziehen konnte. Die Macht, welche der dunkel­gekleidete Fremde auf sie ausübte, war gewaltig.
Inge Merkant war außerstande, ihren Blick nach eige­nem Wunsch zu dirigieren.
Das großflächige, helle Gesicht unter dem breitkrem­pigen, schwarzen Hut näherte sich ihr. Inge schrie weder auf noch wehrte sie sich, als der Unbekannte ihr seine Hände auf die Schultern legte und sie langsam zu sich heranzog.
"Du wirst mir gehören", sagte die samtweiche, ruhige Stimme.
Und Inge nickte. Sie bog leicht den Kopf zurück, als die liebkosenden Hände über ihre Schultern strichen, ihren Nacken erreichten und zärtlich massierten.
Dann war das Gesicht des Fremden ganz dicht vor dem Mädchen.
Seine vollen, sinnlichen Lippen öffneten sich. Hell blitzten die beiden messerscharfen Vampirzähne, die er mit einer wollüstig-brutalen Bewegung in Inge Merkants Hals schlug.
Das Gesicht des Mädchens verzerrte sich vor Lust und Schmerz. Ihre Augenlider zuckten, ihr Atem ging schnel­ler. Ihre Lippen öffneten und schlossen sich, und es schien, als wolle sie etwas flüstern. Aber nur ihr Atem war zu hören.
Der Vampir löste seine Zähne aus ihrem Hals. Zurück blieben zwei dunkle Einstiche, ein Blutstropfen rollte Inges Hals herunter und wurde von der dunkelgemu­sterten Bluse aufgesaugt.
Inge Merkant taumelte leicht. Sie hatte das Gefühl zu schweben. Die Welt um sie herum war vergessen. Nur langsam kehrten ihre Sinne in die Wirklichkeit zurück. Aber auch jetzt noch dachte und fühlte sie nicht mehr so, wie noch vor der Begegnung mit dem Vampir, der wort­los weiterging.
Inge Merkant war in dieser Nacht dem Meister der Untoten begegnet.
Sie wußte es nicht, aber sie fühlte es.
Mit schimmernden Augen blickte sie der Gestalt nach.
Ein leichter Schwächeanfall überfiel sie, und sie mußte sich an der Friedhofsmauer stützen. Sie schloß kurz die Augen.
Das dauerte nicht mal fünf Sekunden.
Als Inge sie wieder öffnete, lag die Straße menschen­leer vor ihr.
Der Fremde war verschwunden!
Inge Merkant fiel ein dunkler Vogel auf, der etwa zwanzig Meter von ihr entfernt um eine Laterne flatterte.
Dann erkannte sie, daß es kein Vogel, sondern eine Fledermaus war, die schließlich irgendwo zwischen den bis an die Friedhofsmauer wachsenden Bäumen ver­schwand.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 11, 1. Spalte, 5. Absatz - Seite 13, 1. Spalte, 1. Absatz

Inge Merkant stand am Tor, starrte mit Angst geweiteten Augen auf den Friedhof. War es wirklich dieser Irre, den die Polizei suchte? Sie spürte auf die aufkommende Panik. Wo blieb Peter? Sie überlegte gerade, ebenfalls über das Tor zu klet­tern, um nach zu sehen, als sich hinter, von der Straße her, Schritte näherten. Sie drehte sich um. Sie tat mutig einen Schritt nach und musterte den Fremden. "Entschuldigen Sie..." Fahrig strich sie sich das lange Haar aus ihrem Gesicht. "Ich..." Unvermittelt versagte ihre Stimme. Der nächtliche Spaziergänger starrte sie mit bannenden Augen an. Ohne dass auch nur ein einziges Wort fiel, geriet sie in einen hypnotischen Zustand, dem sie sich nicht entziehen konnte. Die Macht, die der dunkle Fremde auf sie ausübte, war gewaltig.
Ein bleiches Gesicht näherte sich ihr. Die junge Frau blieb stumm und wehrte sich nicht, als der Unbekannte ihr seine Hände auf die Schultern legte und sie langsam zu sich heranzog. "Du wirst mir gehören", sagte eine leise Stimme.
Inge nickte mechanisch und bog den Kopf zurück, als die zärtlichen Hände über ihre Schultern strichen, ihren Nacken erreichten und sanft massierten.
Die Lippen ihres Gegenüber öffneten sich, messerscharfe Zähne blitzten auf und schlugen sich mit einer wollüstigen Bewegung in ihr Hals schlug.
Das Gesicht des Mädchens verzerrte sich vor Lust und Schmerz. Das Wesen löste sich. Zurück blieben zwei dunkle Einstiche.
Inge taumelte leicht. Sie hatte das Gefühl zu schweben. Nur langsam kehrten ihre Sinne in die Wirklichkeit zurück, sie mußte sich an der Friedhofsmauer stützen. Nur für einen kurzen Moment schloss sie ihre die Augen, danach lag die Straße menschen­leer vor ihr. Der Fremde war verschwunden!

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 6, 1. Spalte, 12. Absatz - Seite 6, 2. Spalte, 5. Absatz

Ihre Geduld wurde nicht länger auf eine harte Probe gestellt.
Fünf Minuten mußte sie noch warten. Dann erblickte sie die schattengleiche Gestalt, die sich dem Friedhofstor näherte.
Peter Reisner!
Inge atmete auf.
"Endlich", sagte sie, und es fiel ihr nicht auf, daß ihre Stimme schwach, fast schläfrig klang. "Ich hab' mir schon Sorgen um dich gemacht."
Er antwortete nicht. Mit einem mächtigen Sprung hechtete er auf die ersten Zwischenstreben des Eisentores und kletterte dann wie eine Katze auf die Straßenseite.
Mechanisch klopfte er Hemd und Hose ab, als befände sich Staub darauf.
"Was war los? So erzähl' doch schon! Hast du ihn gesehen?" Das Mädchen konnte kaum erwarten, Näheres über die nächtliche Tour zu erfahren.
"Gesehen schon, aber nicht gekriegt", sagte Reisner matt. Er berichtete nichts von dem, was er wirklich er­lebt hatte, um Inge nicht zu erschrecken.
"Was hat er am Grab gemacht, als du ihn überrascht hast, Pit?"
Reisner sagte es ihr nicht. Er hakte sie unter und zog sie davon, und es fiel ihm nicht auf, daß sie unmittelbar vor seinem Auftauchen eine Begegnung mit einem Vam­pir gehabt hatte.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 13, 1. Spalte, 2. - 5. Absatz

Wenige Minuten später erkannte Inge ihren Freund, der sich dem Friedhofstor näherte. "Endlich!" Ihre Stimme klang schläfrig. "Ich hab mir Sorgen um dich gemacht."
Er antwortete nicht.
"Was war los? Sag was! Hast du ihn gesehen?"
"Gesehen schon...", antwortete Reisner matt, hakte sich bei ihr unter und zog sie davon.

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 6, 2. Spalte, 6. Absatz - Seite 7, 2. Spalte, 2. Absatz

Um 10.35 Uhr landete der Jumbo aus New York auf dem Flughafen Wien-Schwechat.
Der Maschine entstiegen 41 Passagiere. Einer unter ihnen war ein sympathischer blonder Mann mit braun­gebranntem Gesicht und einem perfekt sitzenden Maß­anzug.
Es war Larry Brent alias X-RAY-3, Staragent der schlagkräftigen und erfolgreichen PSA.
Die Abfertigung an der Paßkontrolle ging schnell und problemlos über die Bühne.
Larry brauchte nicht mal auf ein Taxi zu warten.
Der Dienstwagen von Kommissar Anton Sachtler von der Wiener Kripo stand vor dem Eingang. Larry wurde von seinem Gastgeber bereits in der Halle empfangen.
Der Kommissar war gut genährt, etwa fünfzig, und trug einen dicken, borstigen Schnauzbart, der ihm einen großväterlichen Anstrich verlieh.
Sachtler roch nach würzigem Tabak. Larry war der Kommissar als starker Raucher beschrieben worden, der eine Schwäche für Zigarren mit Bauchbinde hatte. In sei­nem Gepäck schleppte Larry aus diesem Grund als Be­grüßungsgeschenk eine Kiste dicker Havannas mit.
Sicher fädelte er sich in den fließenden Verkehr ein.
Larry Brent lehnte sich in die Polster zurück.
"Fein", sagte er, "nach so langer Zeit mal wieder in Wien." Er blickte interessiert aus dem Fenster. "Da freut man sich doch gleich auf die Hofburg, auf eine Galavor­stellung der Spanischen Reitschule und auf einen gemüt­lichen Abend beim Heurigen. Ich denke, daß ich in Ihnen einen ausgezeichneten Führer bekomme, Kommissar. Wenn wir anschließend dann noch einen Bummel durch Schloß Schönbrunn machen würden und meinen Aufent­halt mit einem Operettenabend krönten, wäre das eine tolle Sache. Vielleicht seh' ich mir auf dem Zentralfried­hof auch noch die Grabmäler von Beethoven und Strauß an."
Sachtler nickte. "Damit kann ich Ihnen garantiert die­nen, Mister Brent. Was die Grabmäler anbetrifft. Auf dem Friedhof werden wir mehr, als uns lieb ist, zu tun haben. Und nicht nur auf einem!"
Kommissar Anton Sachtler legte seine Stirn in besorgte Falten. "Ich habe den Auftrag, Ihnen reinen Wein einzu­schenken, Mister Brent. Wir sind mit unserem Latein am Ende. Es geht um Fälle von Vampirismus, Mister Brent. Ihr Name und Ihre Ankunft wurden mir von höchster Regierungsstelle mitgeteilt, und da ich ein gehorsamer Beamter bin, stelle ich keine langen Fragen. Sie sind der Spezialist. Das weiß ich, und mehr brauche ich nicht zu wissen. Zu den Fällen von Vampirismus: mir reicht es schon festzustellen, daß es so etwas in unserer aufgeklärten und alles und jedes ent­rätselnden Zeit überhaupt noch gibt. Anfangs dachte ich an einen schlechten Scherz. Aber es ist kein Scherz! Es gibt sie wirklich, die Vampire, Mister Brent. Wir haben den eindeutigen Beweis dafür, daß Verstorbene noch in der Nacht nach der einwandfreien Feststellung ihres kli­nischen Todes ihre Bahren verlassen und andere Menschen anfallen, um deren Blut zu trinken! Aber damit nicht genug. Es läuft parallel dazu die Fahndung nach einem Unbekannten, der so etwas wie ein "Vampir-Killer" ist."
"Was hat es auf sich mit dem 'Vampir-Killer'?" wollte Brent wissen.
"Wenn wir das wüßten, wären wir schlauer. Wir ver­muten, daß es sich um eine Person handelt, die auf Jagd nach Vampiren geht. Nicht genug damit, daß wir immer mehr von diesem Problem erdrückt werden und nicht aus noch ein wissen, gibt es etwas Unbekanntes, das für uns ebenso wenig greifbar ist. Der 'Vampir-Killer' öffnet die Gräber und vernichtet die Vampire! Man sagt, daß die klassische Form, einen Vampir endgültig zur Ruhe zu bringen, darin besteht, indem man ihm einfach einen zu­gespitzten Pflock ins Herz schlägt. Aber das scheint die­sem Phantom nicht zu genügen. Es geht ganz rabiat vor, öffnet Grab und Sarg, schneidet den Untoten die Brust auf und nimmt ihnen das Herz heraus."

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 13, 1. Spalte, 6. Absatz - Seite 15, 1. Spalte, 3. Absatz

Um zehn dreißig landete der Jumbo aus New York auf dem Flughafen Wien-Schwechat. Unter den Passagieren war ein sympathischer blonder Mann mit gesunder Gesichtsfarbe und einem perfekt sitzenden Maß­anzug. Es handelte sich um Larry Brent alias X-RAY-3, Staragent der schlagkräftigen und erfolgreichen PSA. Die Abfertigung an der Paßkontrolle ging für ihn problemlos über die Bühne. Larry brauchte kein Taxi zu warten, er wurde von Kommissar der Wiener Kripo, Anton Sachtler, in der Halle empfangen. Der Polizist war gut genährt, etwa fünfzig, und trug einen dicken, borstigen Schnauzbart, der ihm einen großväterlichen Anstrich verlieh. Er roch nach würzigem Tabak. Larry war der Kommissar als starker Raucher beschrieben worden, dem eine Schwäche für gute Zigarren nachsagte. mit Bauchbinde hatte. In sei­nem Gepäck schleppte X-RAY-3 aus diesem Grund als Be­grüßungsgeschenk eine Kiste dicker Havannas mit.
Der Dienstwagen stand bereit. Larry Brent warf sich in die Polster "Nach so langer Zeit mal wieder in Wien." Der PSA-Agent studierte das Treiben vor dem Flugplatz. "Da freut man sich doch gleich auf die Hofburg, auf eine Galavorstellung der Spanischen Reitschule und auf einen gemüt­lichen Abend beim Heurigen. Ich denke, daß ich in Ihnen einen ausgezeichneten Führer bekomme, Kommissar. Vielleicht seh ich mir auf dem Zentralfried­hof auch noch die Grabmäler von Beethoven und Strauß an. Hm."
Sachtler nickte. "Was die Grabmäler betrifft, Herr Brent, da kann ich Ihnen weiterhelfen. Auf den Friedhöfen werden wir ohnehin genug zu tun haben. Und nicht nur auf einem!" Anton Sachtler legte seine Stirn in Falten. "Wir sind mit unserem Latein am Ende. Es geht offenbar um Fälle von Vampirismus, Mister Brent. Ihr Ankunft wurden mir von höchster Regierungsstelle mitgeteilt, und da ich ein gehorsamer Beamter bin, stelle ich keine langen Fragen. Sie sind hier der Spezialist." Er holte Luft. "Zu Beginn dachte ich an einen schlechten Scherz. Aber scheinbar gibt es sie wirklich, die Vampire!. Wir haben Beweise, dass Verstorbene noch in der Nacht ihres Todes ihre Bahren verlassen und andere Menschen anfallen, um deren Blut zu trinken! Dazu läuft parallel eine Fahndung nach einem ... Vampir-Killer."
"Vampir-Killer?" Larry horchte auf. "Was kann ich mir darunter vorstellen?"
"Jemand öffnet die Gräber ... stiehlt Herzen. Die Toten seien allesamt Vampire, sagen unsere Spezialisten. Offenbar gibt es nur eine Möglichkeit, einen Vampir endgültig ruhig zu stellen, man schlägt ihm einen zu­gespitzten Pflock ins Herz schlägt. Aber unserem Phantom schneidet den mutmäßlichen Untoten die Brust auf und nimmt ihnen das Herz heraus."

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Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 7, 2. Spalte, 3. Absatz - Seite 8, 2. Spalte, 6. Absatz

Die Informationen, die Larry im Auto erhielt, wur­den im Büro von Kommissar Sachtler noch vertieft. Hier wurden ihm die Akten und Unterlagen vorgelegt, die streng geheim waren und mit deren Inhalt er sich ver­traut machte.
Larry erfuhr Namen und Adressen und wurde einge­weiht in den letzten Stand der Dinge.
Danach gab es einen jungen Burschen namens Peter Reisner, der in der letzten Nacht eine interessante Be­obachtung gemacht hatte. Reisner hatte der Polizei von seiner makabren Begegnung auf dem Friedhof erzählt. Die eintreffenden Beamten hatten alles so vorgefunden, wie berichtet. Aufgrund von Reisners Aussagen war ein Phantombild des Mannes hergestellt worden, dem er an­geblich begegnet sein wollte.
Behäbig nahm Sachtler den Pappkarton mit der Zeich­nung aus einem Umschlag, warf einen Blick darauf und meinte: "Wenn Sie mich fragen, halte ich das für eine ganz klare Übertreibung, Mister Brent. Alles Drumher­um, das wir durch Reisner erfuhren, mag ja stimmen. Der Tote im Sarg war eindeutig ein Vampir gewesen. Man hat ihm das Herz entfernt, aber wenn Reisner die­ser Gestalt begegnet sein will, dann frage ich mich, ob er an diesem Abend vielleicht nicht nur Alkohol, sondern auch noch etwas anderes zu sich genommen hat. Der Junge hatte eine Vision im Haschrausch!"
Mit diesen Worten reichte er Larry den Karton. X-RAY-3 betrachtete sich das Phantombild, das den Ma­rotsch zeigte.
Die nackte, dünngliedrige Gestalt ging gebeugt. Reis­ner hatte seine Angaben sehr genau gemacht, und der Zeichner, mit dem er zusammengearbeitet hatte, mußte kaum Verbesserungen vornehmen.
"Das ist eine Phantasiegestalt", meckerte Sachtler. Er kramte auf seinem Schreibtisch und nahm aus der über­dimensionalen Zigarrenkiste eine dickbauchige Havanna, die Brent ihm mitgebracht hatte. Genüßlich schnupperte er daran, wackelte mit den Lippen wie ein Hase, der an einem Salatblatt schnuppert und verdrehte die Augen. "Na, wer sagt's denn", meinte er zwischendurch und zog die Havanna von einem Ende bis zum anderen an seiner Oberlippe vorbei, betrachtete dann interessiert die farbenprächtige Bauchbinde und knipste das Mundstück ab. "Das ist doch was. Die Marke kenn' ich noch nicht, ganz neue Blattmischung. Na, dann wollen wir mal..."
"Vielleicht ist es — der Vampir-Killer?" bemerkte X-RAY-3.
Sachtlers Blick war in imaginäre Ferne gerichtet. "Der Tat nach — ja, Mister Brent! Aber ich frage mich, wieso ein solcher Mensch nicht auffällt?" Er unterbrach sich und betrachtete sinnend die Havanna. "Er sieht nicht alltäglich aus. Wer ihn mal gesehen hat, wird von ihm sprechen. Bisher aber ist uns nichts davon bekannt ge­worden. Dabei ist er", und damit tippte er von hinten gegen den Karton, "wirklich auffällig, nicht wahr? Hin­weise — bei seinem Auftauchen — wären sicher eingegan­gen. Ich muß Ihnen da erklären, daß wir seit einigen Tagen die Story von einem Irren publik machen. Daß in Wien etwas vorgeht, das können wir nicht ganz verschweigen, aber wir versuchen die Dinge nicht in der Luft hängen zu lassen, wir wollen eine natürliche Erklärung dafür geben."
"Er läuft vermutlich nicht immer so herum."
"Wie meinen Sie das?" Sachtler legte die Stirn in Fal­ten.
"Ich will damit sagen, daß vielleicht die Möglichkeit besteht, daß er auch tagsüber auftaucht. Aber dann nicht so! Ein nackter Mann in den Straßen von Wien würde zu sehr auffallen!"
Der Kommissar stutzte. Und jetzt nahm er sogar seine Zigarre aus dem Mund. "Ein nackter Mann? Woher wis­sen Sie... ich meine, woran erkennen Sie, daß es sich um einen Mann handelt? Der Zeichner hat die Gestalt doch so zu Papier gebracht, daß..."
Larry ersparte seinem Gastgeber, sich detailliert äußern zu müssen. X-RAY-3 lächelte. "Peter Reisners Schilde­rung ist so illustriert gewesen, daß der Zeichner auf An­hieb arbeiten konnte. Wer sich an Haarbüschel auf Knien und Handrücken erinnern kann, dem wird auch aufge­fallen sein, ob der Nackedei einen Busen gehabt hat oder nicht, stimmt's Kommissar?"
Sachtler schluckte. "Genau. Und Reisner konnte sogar angeben, daß die nackte Gestalt auf dem Friedhof ge­schlechtslos gewesen ist. Was sagen Sie jetzt, Mister Brent?"
"Wir warten gespannt auf weitere Hinweise aus der Bevölkerung. Wenn auch nur einer eine annähernd ähn­liche Beschreibung wie Reisner gibt, können wir zum An­griff blasen. Bis dahin aber verhalten wir uns noch still."
"Aber es kann trotzdem schon etwas geschehen", be­merkte Larry Brent. Er präzisierte seinen Vorschlag.
So kam es, daß am gleichen Mittag noch ein Funkbild das Wiener Polizeipräsidium verließ und auf dem Emp­fänger der PSA in New York aufgezeichnet wurde. Die Computer wurden gefüttert, und deren Arbeit begann. Von den Fachleuten wurden gezielte Fragen zusammen­gestellt.
Es war Zeit zur Mittagspause, und Sachtler hielt es für richtig, seinen Besucher nicht länger aufzuhalten, ob­wohl ihm die Sache mit dem Leichenhaus noch am Her­zen lag.
"Aber darüber können wir später sprechen", meinte er.
"Machen Sie wenigstens eine Andeutung. Damit ich mich schon seelisch darauf vorbereiten kann, Kommis­sar." X-RAY-3 stand am Fenster und blickte hinunter auf die belebte Straße. "Kleiner Tip genügt."
"Seit vierundzwanzig Stunden lasse ich alle Leichen beschlagnahmen, bei denen der Verdacht besteht, daß sie aufgrund eines Vampirbisses ums Leben kamen. Eine Leiche haben wir im Schauhaus. In einer Extrakammer, versteht sich. Ich habe mir gedacht, daß es Sie vielleicht interessiert, diese Leiche zu sehen."
"Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen, Kom­missar. Und ich werde sogar noch mehr. Nach Einbruch der Dunkelheit haben Untote die Angewohnheit, herum­zuspuken und ihr Gebiß in anderer Leute Hälse zu schlagen. Wenn die ganze Vampir-Theorie, die Sie aufgestellt haben, auch nur einigermaßen haltbar sein soll, dann muß sich heute abend etwas ereignen. Ich sehe schon, das gibt einen anstrengenden Tag."

 

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 13, 1. Spalte, 6. Absatz - Seite 15, 1. Spalte, 3. Absatz

Während der Fahrt erhielt Larry weitere Informationen, die dann im Büro von Kommissar Sachtler noch vertieft wurden. Larry erfuhr Namen und Adressen und wurde in den letzten Stand der Dinge einge­weiht. Danach gab es einen jungen Burschen namens Peter Reisner, der in der letzten Nacht eine interessante Be­obachtung gemacht hatte. Reisner hatte der Polizei von seiner makabren Begegnung auf dem Friedhof erzählt. Die eintreffenden Beamten hatten alles so vorgefunden, wie berichtet. Aufgrund von Reisners Aussagen war ein Phantombild des Mannes hergestellt worden, dem er an­geblich begegnet sein wollte. Sachtler fingerte während der Fahrt mit einer Hand die Zeich­nung aus einem Umschlag, warf einen Blick darauf und meinte: "Wenn Sie mich fragen, halte ich das alles für etwas übertrieben. Was wir durch Reisner erfuhren, mag ja stimmen. Der Tote im Sarg war aller Wahrscheinlichkeit nach ein Vampir. Man hat ihm das Herz entfernt, aber wenn Reisner die­ser Gestalt begegnet sein will, dann frage ich mich, ob er an diesem Abend vielleicht nicht nur Alkohol, sondern auch noch etwas anderes zu sich genommen hat." Er reichte er Larry die Zeichnung.
X-RAY-3 betrachtete sich das Phantombild, das eine seltsames Wesen zeigte. Die dünngliedrige Gestalt war nackt und ging gebeugt. Reis­ners Angaben waren offenbar sehr genau gewesen.
"Mehr oder weniger eine Phantasiegestalt!" Sachtler entnahm aus der Zigarrenkiste, die Brent ihm mitgebracht hatte, eine dickbauchige Havanna,  schnupperte daran und verdrehte die Augen. Dann zog er die Havanna von einem Ende bis zum anderen an seiner Oberlippe vorbei. "Hm. Die Marke kenn' ich noch nicht, wohl eine neue Blattmischung."
"Vielleicht ist das der Vampir-Killer?" X-RAY-3. Larry betrachtete noch immer das Bild.
"Der Tat nach — ja, Mister Brent! Aber ich frage mich, wieso ein solches ... Wesen nicht auffällt?" Er beäugte weiter liebevoll seine Havanna. "Wer diesen Freak mal gesehen hat, wird ihn nicht mehr vergessen. Bisher aber ist uns nichts davon bekannt ge­worden."
"Tagsüber gibt er sich wohl anders", meinte Larry. "Dieser Mann ..."
"Reisner behauptet, dass die nackte Gestalt auf dem Friedhof ge­schlechtslos gewesen sei", unterbrach ihn der Kommissar.
Larry nickte nachdenklich "Gut. Warten wir auf Hinweise aus der Bevölkerung. Sobald es ähn­liche Beschreibungen wie die von Reisner gibt, werden wir mehr erfahren."
Wenig später verließ das Phantombild per Telefax das Wiener Polizeipräsidium in Richtung New York zur PSA. Dort wurden die Computer gefüttert, die Arbeit begann.
Und dann hatte Sachtler einen ersten Anhaltspunkt parat. "Seit vierundzwanzig Stunden lasse ich alle Leichen beschlagnahmen, bei denen die Todesursache zweifelhaft ist. Offenbar haben wir einen Volltreffer gelandet. Diese Leiche sollten wir uns machen ansehen."

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 9, 1. Spalte, 5. Absatz - Seite 10, 1. Spalte, 4. Absatz

Es war ein Uhr, als Sie das Kommissariat verließen.
Larry fuhr zunächst zu seinem Hotel. Man hatte in der 'Weißen Taube' ein großes Zimmer mit Bad für ihn reserviert. Die Ausstattung war ausgezeichnet, und das Zimmer lag abseits der Straße, einem parkähnlichen Gar­ten zugekehrt.
Im Hotel angekommen, räumte Larry zunächst seine Kleidung in den Schrank und packte alles aus dem Kof­fer, was nicht unbedingt drin sein sollte.
Er überlegte gerade, daß es bei den draußen herrschenden Temperaturen angenehm sein würde, vielleicht im Gartenrestaurant zu essen, als ein leises, akustisches Sig­nal aus dem PSA-Ring seine Aufmerksamkeit erregte.
Über den PSA-eigenen Satelliten meldete sich die Zen­trale in New York.
"Hier X-RAY-3, hier X-RAY-3", sagte Larry leise in die winzigen Rillen der kleinen Weltkugel, die in einer massiven goldenen Ringfassung ruhte.
"Hier Radio Eriwan. Beim letzten Ton des Zeitzei­chens ist es dreiundzwanzig Uhr siebenundzwanzig ­bong", sagte eine vertraute Stimme.
Das war Iwan Kunaritschew, alias X-RAY-7.
Larry atmete tief durch. "Wie kommst du denn in die Leitung?" wunderte er sich. "Außerdem stimmt was mit deiner Uhrzeit nicht, Brüderchen. Wir haben's hier we­nige Minuten nach eins."
"Schon möglich. Das will ich gar nicht abstreiten. Hier bei uns geh'n die Uhren nicht immer richtig, Towa­rischtsch. Aber meine Sendekraft ist beachtlich, wie? Ich ruf dich aus Jolischka an."
"Die Julischka ist mir bekannt. Aber Jolischka?"
"Kleines Dorf, knapp anderthalb Autostunden von der österreichischen Grenze entfernt. In Ungarn. Dies ist eine Schaltung, die über die Zentrale in New York läuft. Hatte Sehnsucht nach dir, als ich erfuhr, daß wir gar nicht so weit voneinander recherchieren. Übrigens an ein­unddemselben Problem, scheint mir. Ich habe das Gefühl, daß wir uns in der Mitte irgendwo treffen."
"0 Schreck laß nach! Wie kommt denn das?" wun­derte Larry sich.
"Was du suchst in Wien, ich haben festgestellt schon als Spuren aus Vergangenheit in altvertrautes Jolischka", sagte Kunaritschew mit 'echt' ungarischem Akzent.
Larry kniff die Augen zusammen. "Ich muß erst mei­nen Übersetzungscomputer einschalten, bevor ich ver­stehe, was du meinst", erwiderte er.
"Ich sprechen schon pärfäkt ungarisch, ich wissen, Towarischtsch: Bei Janosch in Weinstube man kann lernen säähr gut dieses Sprak."
"Wahrscheinlich zuviel Tokayer genascht, wie?"
"Nix Tokayer. Is' zu sanfft. Du wissen, ich für harte Sachen. Aber nix sprechen hier über gutes Getränke. Sprechen nix gut, trinken sein viel besser. Ich sein also auf Spur von komisches Mensch, von welches du hast gesendet Funkbild in Zentrale. Eindeutig klar: ist auch hier schon aufgetaucht. Vor fünfzig Jahr!"
"Das kann nicht wahr sein", entfuhr es Larry.
"Wenn ich's dir sage, Towarischtsch", wurde X-RAY-7 wieder ernsthaft. "Es gibt Hinweise, die diesen Schluß in der Tat bestätigen und die mich veranlassen, daß ich hier Steuergelder verarbeite und fleißig über die New Yorker Zentrale mit dir plaudere. Der langen Rede kur­zer Sinn: ich hab' zwar nur eine Beschreibung von dem komischen Kerlchen, aber genauso hat man es auch mir beschrieben. Bleibt jetzt nur noch herauszufinden, wie er auf die Idee gekommen ist, nach Österreich auszuwan­dern und ob es wirklich der gleiche Vogel ist, der schein­bar immer dort auftaucht, wo Menschen zu Vampiren werden, um ihnen dann das Herz aus der Brust zu pflücken. Ich meld' mich wieder, sobald ich mehr weiß. Wir tauschen dann Material miteinander aus. Radio Eri­wan sagt 'Auf Wiederhören' und verabschiedet sich mit dem Spruch des Tages: Nicht verzagen, Onkel Kuni fra­gen! Rat in allen Lebenslagen! Na, wer sagt's denn? Da wird man von einem Augenblick zum anderen zum Dichterling. Ohne nachzudenken, entwickelt sich da ein Reim. Ich hab' ne poetische Ader."
"Mach dir nichts draus! Das vergeht wieder. Ich wünsch dir Hals- und Beinbruch, viel Erfolg weiterhin und vor allen Dingen: Kopf hoch und immer schön fröhlich bleiben, wie schon Schweinchen Dick sagt..."

 

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 18, 1. Spalte, 1. Absatz - Seite 20, 1. Spalte, 1. Absatz

Mittags verließ Larry mit Sachtler das Kommissariat. Der PSA-Agent fuhr zunächst zu seinem Hotel. Man hatte in der Weißen Taube ein großes Zimmer mit Bad für ihn reserviert. Im Hotel angekommen, räumte Lar­ry zunächst seine Kleidung in den Schrank, packte alles Nötige aus dem Koffer und überlegte, im Gartenres­taurant einen Snack einzunehmen. Da meldete sich sein PSA-Ring. "Hier X-RAY-3", sagte Larry in die win­zigen Rillen der kleinen Weltkugel, die in einer massi­ven goldenen Ringfassung ruhte.
"Hier Radio Eriwan. Beim letzten Ton des Zeitzei­chens ist es dreiundzwanzig Uhr siebenundzwanzig ... bong!" Die vertraute Stimme von Iwan Kunaritschew, alias X-RAY-7.
"Wie kommst du in die Leitung?", wunderte sich Larry. "Außerdem stimmt mit deiner Uhrzeit was nicht. Wir haben hier wenige Minuten nach eins."
"Schon möglich. Hier geh'n die Uhren nicht immer richtig, Towarischtsch. Aber meine Sendekraft ist be­achtlich, wie? Ich ruf dich aus Jolischka an."
"Jolischka?"
"Kleines Dorf, anderthalb Autostunden von der österreichischen Grenze entfernt. Ungarn. Meine Schaltung läuft über die Zentrale in New York. Und gerade eben habe ich erfahren, dass wir gar nicht so weit von­einander entfernt recherchieren. Offenbar sogar an ein und demselben Problem. Ich habe das Gefühl, das wir uns irgendwo in der Mitte treffen werden."
"Wie das?", wunderte sich Larry.
"Was du suchst in Wien, ich haben festgestellt schon als Spuren aus Vergangenheit in altvertrautes Jolisch­ka", sprach Kunaritschew mit ungarischem Akzent.
"Moment. Ich muss kurz meinen Übersetzungscom­puter einschalten ..."
"Ich sprechen schon pärfäkt ungarisch, Towa­rischtsch. Bei Janosch in Weinstube man kann lernen säähr gut dieses Sprak. Ich sein auf Spur von komi­sches Mensch, von welches du hast gesendet Bild in Zentrale. Ist auch hier schon aufgetaucht. Vor fünfzig Jahr!"
"Das sind allerdings sensationelle Nachrichten!", ent­fuhr es Larry.
"Wenn ich's dir sage, Towarischtsch!" X-RAY-7 wur­de ernst. "Es gibt Hinweise, die diesen Schluss bestä­tigen. Bleibt jetzt noch herauszufinden, wie er auf die Idee gekommen ist, nach Österreich auszuwandern und ob es wirklich der gleiche Vogel ist, der scheinbar immer dort auftaucht, wo Menschen unter seltsamen Umständen sterben und später ihrer Herzen beraubt werden. Ich meld mich wieder, sobald ich mehr weiß. Radio Eriwan sagt: Auf Wiederhören!"

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 10, 1. Spalte, 5. Absatz - Seite 11, 1. Spalte, 5. Absatz

In der Werkstätte, in der Peter Reisner arbeitete, ging die Mittagspause zu Ende.
Reisner trug einen dunkelblauen Overall, der mit Farbe und Öl verschmiert und nicht mehr ganz neu war.
Der junge Mann arbeitete als Automechaniker.
Vom Büro der Werkstätte wählte er die Nummer, die ihn mit seiner Freundin verband. Eine Arbeitskollegin meldete sich. Reisner fragte nach Inge und erfuhr, daß sie heute gar nicht im Betrieb gewesen war.
Er bedankte sich und hängte wieder auf.
Er machte sich Gedanken. War Inge krank geworden?
Er rief kurz entschlossen in der Wohnung an.
Er unternahm drei Versuche, doch Reisner kam nicht durch. Die Leitung war besetzt.

* * *

Nach zwanzig Minuten machte er nochmal einen Versuch.
Er rief erneut an, und diesmal kam er durch.
Eine tonlose, schwache Stimme meldete sich.
"Merkant."
"Hier ist Peter Reisner, Frau Merkant. Kann ich Inge sprechen?"
"Nein", klang es einsilbig an sein Ohr, und er glaubte, sich verhört zu haben.
"Warum nein? Ist sie nicht da?"
"Nein."
"Wo ist sie hingegangen."
"Weg..."
Reisner verdrehte die Augen. Es war unmöglich, mit der Frau ein richtiges Gespräch anzufangen. Sie schien völlig abwesend zu sein.
"Ist etwas, Frau Merkant?" fragte er und gab seiner Stimme einen ruhigen Klang. "Ist etwas mit — Ihrem Mann?"
"Nein, mit Inge." Die Stimme klang weinerlich. Frau Merkant schluchzte.
Reisner merkte, wie es ihm eiskalt über den Rücken rieselte. "Mit Inge? Was ist mit ihr?"
"Heute morgen — vorhin... wir dachten, sie hätte zu lange geschlafen... gestern abend schon, vielmehr heute nacht ... sie fühlte sich nicht recht wohl, wollte nicht zur Arbeit gehen und einen Tag zu Hause bleiben..." Sie redete durcheinander und brachte keinen vernünftigen Satz zustande. Dennoch ließ Reisner sie weitersprechen und unterbrach sie nicht. "Um die Mittagszeit aber wurde uns das doch komisch. Ich ging auf Inges Zimmer. Sie lag in ihrem Bett. Totenbleich. Sie rührte sich nicht mehr." Sie schrie die letzten Worte förmlich heraus. "Wir haben den Arzt gerufen, sie wurde gleich darauf ins Kranken­haus gefahren, Peter. Vor zehn Minuten hat man uns von dort Bescheid gegeben."
Stille... Reisner hörte nur noch das Atmen ...
Sein Gesicht glühte, und er merkte, wie er anfing zu zittern.
"Was für einen Bescheid, Frau Merkant? Was ist los mit Inge? Wieso... was ist überhaupt passiert?" Er stockte.
"Sie kommt nie wieder, Peter. Sie ist tot!"

 

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 20, 1. Spalte, 2. Absatz - Seite 21, 1. Spalte, 4. Absatz

In der Autowerkstatt ging die Mittagspause zu Ende. Vom Büro rief Reisner seine Freundin auf der Arbeit an. Er fragte nach Inge und erfuhr, dass sie heute gar nicht im Betrieb gewesen war. Beunruhigt versuchte er es bei ihren Eltern. Die Leitung war besetzt. Nach zahl­reichen Versuchen kam er endlich durch. Eine schwa­che Stimme meldete sich. "Merkant."
"Hier ist Peter Reisner, Frau Merkant. Kann ich Inge sprechen?"
"Nein."
"Ist sie nicht da?"
"Nein."
"Wo ist sie hingegangen?"
"Weg ..."
Reisner wurde ungeduldig. "Ist etwas passiert, Frau Merkant?"
"Inge ..." Frau Merkants Stimme klang weinerlich. Reisner rieselte es eiskalt über den Rücken. "Was ist denn mit Inge?"
"Heute Morgen ... wir dachten, sie hätte zu lange geschlafen ... gestern schon, vielmehr heute Nacht ... sie fühlte sich nicht wohl, wollte nicht zur Arbeit gehen und einen Tag zu Hause bleiben ..." Frau Merkant rede­te durcheinander, doch Reisner ließ sie weitersprechen und unterbrach sie nicht. "Um die Mittagszeit wollten wir nach ihr sehen. Ich ging zu Inge ins Zimmer. Sie lag in ihrem Bett. Totenbleich. Sie rührte sich nicht mehr." Die letzten Worte schrie sie förmlich heraus. "Wir haben den Arzt gerufen, sie wurde gleich darauf ins Krankenhaus gefahren. Danach ... kurz drauf ..."
Reisners Gesicht glühte. Er zitterte. "Was ...?"
"Sie ist tot!"

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 11, 1. Spalte, 6. Absatz - Seite 11, 2. Spalte, 5. Absatz

Das Essen war ausgezeichnet.
Es gab zwar 'ne Menge Spezialitäten auf der Menü­karte, doch Larry wählte bewußt ein Wiener Schnitzel.
"Wenn man schon in Wien ist, sollte man auch mal das Originalschnitzel essen", war seine Ansicht. Und seine Wahl war gut.
Während und nach dem Essen erörterten die beiden Männer noch verschiedene Dinge. Dann verließen sie das Restaurant.
In Sachtlers Wagen ging es dann direkt ins Leichen­schauhaus.
Die Kontrolle war streng. Dafür hatte der Kommis­sar selbst gesorgt. Er wollte nicht, daß der Vampir, der hier in einer Extrakammer untergebracht war, auf ge­heimnisvolle Weise verschwand.
Der weißgekleidete Angestellte, Sachtler und Brent gingen durch den langen, gekachelten Korridor. Ihre Schritte hallten durch den Gang.
Sie kamen an grauen Metalltüren vorbei. Eine Tür, durch die sie gingen, mündete in einen kleinen Raum, von dem aus sie nochmal eine weitere Tür passieren mußten, die zweifach abgeschlossen war.
In der kühlen, dämmrigen Kammer standen drei Bah­ren. Zwei davon waren leer. Auf einer dritten lag eine mit einem weißen Leintuch bedeckte Gestalt.
Die Füße waren nicht ganz zugedeckt, als wäre das Tuch zu kurz oder die Leiche zu lang.
Beide Füße ragten unten heraus. Sie waren kalt und starr, und an einem hing ein braunes Schild wie eine Paketkarte. Darauf stand der Name: 'Elfie Sommer'
"Das war heute nacht", erklärte Sachtler. "Die Polizei hat die Tote blutleer im Hof einer Bar aufgefunden. Sie ist dort als Serviererin angestellt gewesen. Durch Zufall hat man sie gefunden. Unsere Beamten wurden zu einer Personenüberprüfung ins 'Blaue Paradies' gerufen. El­fie Sommer hatte gegen Mitternacht ihren Dienst been­det. Sie ging weg wie immer, durch den Hinterausgang. Dort muß sie dann die Begegnung gehabt haben."
"Bisher hatte ich mit Unfällen und Morden zu tun", bemerkte Sachtler leise. "Das war auch nicht gerade schön. Aber ich wußte wenigstens, woran ich war. Hier aber gehe ich über Sumpf. Sehen Sie her!" Er schob das lange, weichgewellte Haar zurück. Zwei häßliche Wunden, die eine blauschwarze Färbung angenommen hatten, befanden sich am Hals.
Es war der Gebißabdruck eines Vampirs.
Larry sah ihn sich genau an. "Wer hat die Diagnose gestellt?" fragte er.
"Zwei Ärzte unabhängig voneinander. Dr. Hofstetter, Chefarzt und Leiter der Hofstetter-Klinik und sein Mit­arbeiter, Dr. Rolf Kersky."

 

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 21, 1. Spalte, 5. Absatz - Seite 22, 1. Spalte, 4. Absatz

Es gab zahlreiche Spezialitäten auf der Menükarte, doch Larry wählte bewusst ein Wiener Schnitzel. "Wenn man schon in Wien ist, sollte man auch das Ori­ginal essen." Während dem Essen erörterte er mit dem Kommissar den Stand der Dinge. Danach verließen sie das Restaurant. In Sachtlers Wagen ging es direkt ins Leichenschauhaus. Dort hatte der Kommissar für höchste Sicherheitsstufen gesorgt. Zusammen mit einem Mitarbeiter gingen Sachtler und Brent durch die gekachelten Korridore. Sie passierten eine Tür, die in einen kleinen Raum mündete, von dem aus sie noch mal eine weitere Tür passieren mussten, die zweifachabgeschlossen war. In der kühlen Kammer, in der ein diffuses Licht herrschte, standen drei Bahren. Zwei davon waren leer. Auf einer dritten lag eine mit einem weißen Leintuch bedeckte Gestalt. Beide Füße ragten unten heraus, an einem hing ein braunes Schild. Elfie Sommer.
"Diese Tote haben wir heute Nacht blutleer im Hof einer Bar aufgefunden", erklärte Sachtier. "Sie arbei­tete dort als Serviererin. Unsere Beamten wurden zu einer Personenüberprüfung ins Blaue Paradies gerufen. Elfie Sommer hatte gegen Mitternacht ihren Dienst beendet. Sie ging wie immer durch den Hinteraus­gang. Danach muss es passiert sein." Der Kommissar kratzte sich an der Stirn. "Bisher hatte ich oft mit Mor­den zu tun. Das war auch nicht gerade schön. Aber ich wusste wenigstens, woran ich war." Er schob das lan­ge Haar der toten Frau zurück und deckte so zwei hässliche Wunden am Hals auf. "Angeblich der Biss eines Vampirs!"
Larry sah sich alles genau an. "Wer hat die Diagno­se gestellt?"
"Zwei Ärzte, unabhängig voneinander. Doktor Hof­stetter, Chefarzt und Leiter der Hofstetter-Klinik, und sein Mitarbeiter Doktor Rolf Kersky."

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Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 11, 2. Spalte, 6. - 8. Absatz

X-RAY-3 fand Sachtlers Idee gut, nach Einbruch der Dunkelheit einen Beobachter hier zurückzulassen, um die Wiederbelebung des Vampirs zu verfolgen und danach Maßnahmen zu treffen.
Larry wollte diesen Beobachtungsposten übernehmen.
Seine Überlegungen liefen auf folgendes hinaus: wenn feststand, daß bei bisher zu Vampiren gewordenen Men­schen innerhalb von drei Tagen nach Eintritt des Todes die Herzen gestohlen wurden, dann konnte man von der Überlegung ausgehen, daß es dem Phantom, das die Wie­ner Polizei jagte, darauf ankam, unter allen Umständen in den Besitz dieser Vampirherzen zu gelangen. In die­sem Fall konnte die Untote, Elfie Sommer, als Köder fungieren und den Vampir-Killer möglicherweise anlocken.

 

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64

Der oben angeführte Text aus dem Larry Brent-Heft fehlt im Blitz-Paperback und ist auch nicht in veränderter Form vorhanden.

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Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 12, 1. Spalte, 1. Absatz - Seite 12, 2. Spalte, 11. Absatz

In der Hofstetter-Klinik nahm alles seinen normalen Lauf.
Und doch sollte dieser gewittrige Nachmittag eine neue Nuance in das makabre Geschehen bringen, wegen dem Larry Brent aus New York gekommen war.
Der Regen prasselte vom Himmel und klatschte wie aus Eimern gegossen gegen die Fenster des Kranken­hauses.
Draußen schien es Nacht geworden zu sein. Eine dichte Wolkendecke hing über der Stadt, und ein heftiger Wind peitschte den Regen vor sich her, riß im Blattwerk der Bäume und fetzte Blätter und Zweige davon.
Dieser dunkle, gewittrige Nachmittag trieb die Men­schen von den Gassen. Die Straßen in Wien und Um­gebung waren menschenleer, die Busse blieben stehen, weil die Regenflut, die vom Himmel rauschte, so dicht war.
Durch den Gang zur Inneren Abteilung ging Dr. Wal­ter Hofstetter. Er war ein schlanker, großgewachsener Mann mit schwarzem, gescheiteltem Haar, energischem Kinn und fliehender Stirn. Es war eine glatte, falten­lose Stirn, unter der zwei kohlschwarze Augen schimmer­ten. Hofstetter war ein hervorragender Chirurg und ein ebenso hervorragender Geschäftsmann, der beides mit­einander in Einklang zu bringen wußte.
Hier hinten, wo der u-förmige Anbau sich an das Hauptgebäude anschloß, befanden sich Laborräume und die Leichenhalle, wo die Verstorbenen bis zum Abtrans­port aufgebahrt lagen.
Im Moment gab es zwei Leichen im Haus. Ein acht­zigjähriger Mann, der vor drei Stunden nach einer schweren Magen-Darmoperation verstorben war und die neunzehnjährige Inge Merkant, die schon tot und blut­leer eingeliefert worden war.
Bevor Dr. Hofstetter um die Gangbiegung kam, be­gegnete ihm Schwester Annemarie. Die blonde, zierliche Frau mit den großen blauen Augen trug eine in einer Plastikfolie steckende Liste in der Hand, die sie aus dem Labor geholt hatte.
Sie blickte darauf, als studiere sie irgendwelche An­gaben.
Erst im letzten Moment merkte sie, daß sie fast mit Dr. Hofstetter zusammengestoßen wäre.
"Entschuldigung", stammelte sie. "Tag, Herr Doktor!" Sie lächelte.
Hofstetter erwiderte dieses Lächeln. Er murmelte ir­gendetwas in den Bart und antwortete nicht richtig auf den Gruß. Er war in Gedanken versunken.
Hofstetter näherte sich der grauen Tür, die unmittel­bar in die Leichenhalle führte.
Schwester Annemarie ging weiter, passierte die erste gläserne Schwingtür und sah nicht, was sich hinten in der Ecke abspielte.
Dort stand Dr. Hofstetter vor der grauen Tür. Er drückte die Klinke herab und versuchte, die Tür zu öff­nen. Doch sie war abgeschlossen.
Der Arzt warf einen Blick zurück und vergewisserte sich, daß sonst niemand in der Nähe war, der ihn be­obachten konnte.
Etwas Eigenartiges geschah.
Hofstetter trug keine Schlüssel bei sich. Er legte seine Rechte auf die kühle, metallene Klinke, und der Riegel innen knackte, als würde er von einem unsichtbaren Schlüssel zur Seite geschoben. Es knackte zweimal leise, als ob jemand aufschlösse.
Dann drückte Hofstetter die Klinke erneut. Die Tür ließ sich lautlos öffnen.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 23, 1. Spalte, 1. Absatz - Seite 24, 1. Spalte, 1. Absatz

Dr. Hofstetter war ein schlanker, groß gewachsener Mann mit schwarzem Haar und energischem Kinn. Er galt als hervorragender Chirurg und als ebenso ausge­zeichneter Geschäftsmann, der beides miteinander in Einklang zu bringen wusste. Dort, wo der u-förmige An­bau sich an das Hauptgebäude anschloss, befanden sich Laborräume und die Leichenhalle, in der die Verstor­benen bis zum Abtransport aufgebahrt lagen. Im Mo­ment gab es zwei Leichen im Haus. Ein achtzigjähriger Mann, der vor drei Stunden nach einer schwierigen Ope­ration verstorben war und die neunzehnjährige Inge Merkant, die völlig blutleer eingeliefert worden war.
Bevor Dr. Hofstetter um die Gangbiegung kam, be­gegnete ihm Schwester Annemarie. Die blonde Frau mit den großen blauen Augen wäre fast mit Dr. Hof­stetter zusammengestoßen. "Tag, Herr Doktor!" Sie lä­chelte entschuldigend.
Der Arzt murmelte geistesabwesend einen Gruß, schien in Gedanken versunken. Schwester Annemarie passierte eine gläserne Schwingtür, während Dr. Hof­stetter eine Tür zu öffnen versuchte, die aber verschlos­sen war. Der Arzt sah sich kurz um, legte dann seine Hand auf die metallene Klinke. Der innere Riegel knackte, als würde er von einem unsichtbaren Schlüs­sel zur Seite geschoben. Die Tür ließ sich problemlos öffnen.

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Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 12, 2. Spalte, 12. Absatz - Seite 13, 2. Spalte, 13. Absatz

Schwester Annemarie kam durch die dritte Schwing­tür.
Hier vorn lagen die Besuchszimmer und Dr. Hofstet­ters Büro.
Dr. Kersky hatte sein Arbeitszimmer ein Stockwerk höher.
Als die blonde Schwester an der Tür zum Büro Hof­stetter vorüberging, sehlug gerade das Telefon an. Schwe­ster Annemarie, sich daran erinnernd, den Arzt eben auf der Station am anderen Ende gesehen zu haben, ergriff die Initiative.
Falls dies ein wichtiger Anruf war, konnte sie sich einschalten.
Kurzentschlossen öffnete sie die Tür.
Das Telefon rasselte gerade zum zweiten Mal.
Die Tür zudrückend, wandte sie sich um und wollte an den Schreibtisch gehen, um den Hörer abzunehmen.
Aber der wurde gerade abgenommen. Von einem Mann, der sie groß und überrascht ansah, als hätte er sie hier nicht erwartet.
Die junge Schwester fuhr zusammen. Ein leiser, er­schreckter Ausruf kam über ihre bleich werdenden Lip­pen.
Vor ihr am Schreibtisch saß jemand.
"Dr. Hofstetter!"

* * *

Annemarie Leuschner schloß die Augen und öffnete sie wieder. Dr. Walter Hofstetter sagte etwas in die Muschel, was die Schwester nicht verstand, hielt dann die Muschel zu und meinte, die Schwester ansehend: "Ja, bitte? Was ist? Ich muß mich über Ihr Verhalten doch sehr wun­dern."
"Entschuldigen Sie", stieß sie hervor und lief puterrot an, "daß ich nicht angeklopft habe. Aber ich war der festen Überzeugung, daß Sie nicht auf Ihrem Zimmer wären. Ich habe das Telefon gehört und dachte, daß es besser sei, abzuheben."
"Aber ich bin da, Schwester Annemarie, wie Sie se­hen." Hofstetter wirkte nicht unfreundlich. Sein im er­sten Moment angespanntes Gesicht klärte sich auf. "Halb so schlimm, Sie haben sich eben getäuscht", fügte er leut­selig hinzu.
"Aber ich verstehe das nicht", murmelte die blonde Schwester. Sie wischte über ihre Augen. "Ich habe Sie doch eben noch — vor einem Moment — vorn in der Sta­tion gesehen. Gerade als ich aus einem der Laborräume kam."
Hofstetter kniff die Augen zusammen. "Sie haben mich gesehen?" wunderte er sich. "Aber das kann nicht sein. Sie haben sich getäuscht. Sicher haben Sie mich mit Dr. Kersky verwechselt, Schwester. Das kommt manchmal vor. Wir sehen uns von hinten ziemlich ähnlich." Er lachte. Seine dunklen Augen funkelten. "Gleiche Größe, gleiche Statur."
"Ich habe Ihnen ins Gesicht gesehen, Dr. Hofstetter", entgegnete Annemarie Leuschner irritiert.
Hofstetter schüttelte den Kopf, als höre er schlecht.
"Einen Moment, Liebling", sagte er ins Telefon, die Hand von der Muschel nehmend. "Es gibt da ein kleines Problem. Ganz schnell: ich komme heute etwas später, ja. Ich werde dich nachher zurückrufen. Aber erst muß ich mich hier um eine Sache kümmern."
Annemarie Leuschner erklärte ihm, wie alles gewesen war.
Hofstetter erhob sich. "Wenn jemand als Hofstetter maskiert in meiner Klinik 'rumläuft, führt er etwas im Schild. Ich hoffe, daß sich einer unserer Assistenzärzte nicht wieder einen Scherz erlaubt hat. Bis zum Fasching ist es noch weit."
Draußen grollte und donnerte es noch immer. Der Wind jaulte in Böen durch den Park, und die Baum­wipfel wurden herabgedrückt. Es regnete in Strömen.
Rasch durchquerten Annemarie Leuschner und der Arzt den Korridor. Die gläsernen Türen, die sie passier­ten, schwangen langsam und lautlos aus.
Sie kamen in die hinterste Ecke der Station.
Da fuhr Schwester Annemarie zusammen. "Die Tür zur Leichenhalle, Doktor. Sie ist nur angelehnt!"
Hofstetter wandte unwillig den Kopf. "Das gibt es doch nicht! Sie war immer verschlossen, und..."
Rasch ging er auf die Tür zu und drückte sie vollends auf, einen ungläubigen Ausdruck auf dem Gesicht.
Von einer Bahre war das Leichentuch herabgerissen, und das Gestell, auf dem Inge Merkant gelegen hatte, war leer...

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 24, 1. Spalte, 1. Absatz - Seite 26, 1. Spalte, 2. Absatz

Schwester Annemarie hatte diesen seltsamen Vorgang nicht bemerkt, und den Gang bereits durch eine andere Tür verlassen. Sie näherte sich inzwischen dem Besuchszimmer und Dr. Hofstetters Büro. Dr. Ker­sky hatte sein Arbeitszimmer ein Stockwerk höher. Als Schwester Annemarie an der Tür von Dr. Hofstetters Büro vorbeiging, läutete das Telefon. Und da sie den Arzt eben auf der Station am anderen Ende gesehen hatte, entschloss sie sich spontan, den Anruf anzuneh­men. Sie öffnete die Tür und erstarrte. Am Schreibtisch saß Dr. Hofstetter!
Die Krankenschwester schloss ihre Augen und öffne­te sie wieder.
Der Arzt unterbrach irritiert sein Telefongespräch das er eben begonnen hatte. "Ja, bitte? Was ist denn? Was machen Sie hier?"
"Entschuldigen Sie", stieß die Krankenschwester her­vor. "Ich ... ich habe nicht angeklopft. Aber ich ... war der festen Überzeugung, dass Sie nicht auf Ihrem Zim­mer sind. Ich habe das Telefon gehört und dachte, dass es besser sei..."
"Aber ich bin ja da, Schwester Annemarie, wie Sie sehen." Hofstetter verhielt sich wie immer freundlich und kollegial.
"Ich ... verstehe das nicht", murmelte die blonde Frau. "Ich habe Sie doch eben noch vorn in der Stati­on gesehen."
Hofstetter kniff die Augen zusammen. "Sie haben mich gesehen? Aber das kann nicht sein. Vielleicht ha­ben Sie mich mit Doktor Kersky verwechselt, Schwes­ter. Wir sehen uns von hinten ziemlich ähnlich." Er zwinkerte ihr zu. "Gleiche Größe, gleiche Statur."
"Ich habe Ihnen direkt ins Gesicht gesehen, Doktor Hofstetter", entgegnete sie atemlos.
Der Arzt sah sie für einen Moment nachdenklich an. "Es gibt da ein Problem", sagte er ins Telefon, die Hand von der Muschel nehmend. "Ich rufe später zurück." Dann nickte er seiner Mitarbeiterin aufmunternd zu, und Schwester Annemarie erklärte ihm ihre Begeg­nung von eben. Der Arzt hörte stumm zu. Draußen braute sich ein Gewitter zusammen. In weiter Ferne war dumpfer Donner zu hören.
"Kommen Sie!" Der Arzt erhob sich. Zusammen ver­ließen sie das Büro, durchquerten eilig den Korridor und erreichten das andere Ende der Station.
Die Krankenschwester deutete nach vorn. "Da! Die Tür zur Leichenhalle, Doktor. Sie ist nur angelehnt!"
Hofstetter nagte an seiner Unterlippe. "Tatsächlich! Das gibt es doch nicht! Sie war immer verschlossen, und ..." Ungläubig eilte er auf die Tür zu und drückte sie vollends auf.
Auf einer Bahre fehlte das Leichentuch. Dort hatte Inge Merkant gelegen!

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Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 13, 2. Spalte, 14. Absatz - Seite 14, 1. Spalte, 12. Absatz

"Wenn ich's nicht mit eigenen Augen sähe, ich würde es nicht glauben", war Hofstetters Kommentar. "Lei­chenraub! Das geht schon über einen üblen Scherz hin­aus..."
Annemarie Leuschner war weiß wie die Kalkwand der kleinen Halle. Hier ging es nicht mit rechten Dingen zu... Gespenstische Vorfälle ereigneten sich in der Hof­stetter-Klinik.
Erst begegnete sie Hofstetters Doppelgänger, dann drang in die Leichenhalle jemand ein, um eine Tote zu stehlen...
Hofstetter sah sich gehetzt um. Annemarie Leuschner ging ebenfalls in die dämmrige Kammer, starrte in die düsteren Ecken und kam dabei dem kleinen vergitterten Fenster sehr nahe.
Dr. Hofstetter sagte in diesem Moment hinter ihr: "Ich muß sofort die Polizei verständigen. Inge Mer­kants Leiche war beschlagnahmt. Man wollte sie noch heute abend abholen. Kommissar Sachtler bestand darauf, jeden Toten, der die rätselhafte Bißwunde aufweist, unter Verschluß zu halten. Diese Leichen werden einer besonderen Untersuchung unterzogen. Wenn Sachtler er­fährt, daß sie uns entwendet wurde, wird er ganz schön fluchen und..."
Da schrie Schwester Annemarie gellend auf.
"Doktor! Schnell! So sehen Sie doch!" Mit weit auf­gerissenen Augen stand sie vor dem vergitterten Fenster.
Mit einer schnellen Reaktion stand Hofstetter neben ihr.
Was er sah, verschlug ihm den Atem und ließ seinen Herzschlag stocken.
Er hatte in den letzten beiden Minuten mehr an Auf­regung und Überraschungen zu schlucken als sonst in einer ganzen Woche.
Was er sah, paßte eher in einen schlechten Gruselfilm als in die Wirklichkeit...
Drüben, zwischen den Bäumen im Park, unter den vom Wind gepeitschten Asten, stand sie.
Inge Merkant!

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 26, 1. Spalte, 3. Absatz - Seite 27, 1. Spalte, 1. Absatz

"Leichenraub!" Dr. Hofstetter war kalkweiß im Gesicht.
Schwester Annemarie zitterte am ganzen Körper. Erst begegnete sie Hofstetters Doppelgänger, dann ver­schwand eine Tote aus der Leichenhalle.
Der Arzt sah sich nervös um. "Ich muss die Polizei verständigen. Inge Merkants Leiche wurde beschlag­nahmt und sollte heute Abend abgeholt werden. Kom­missar Sachtler bestand darauf, jeden Toten, der rätsel­hafte Bisswunden aufweist, unter Verschluss zu halten. Wenn Sachtler erfährt, dass sie uns entwendet wurde, gibt es Ärger!"
"Doktor! Schnell!" Schwester Annemarie hatte gel­lend aufgeschrien. Mit weit aufgerissenen Augen ver­harrte sie vor dem vergitterten Fenster. Dr. Hofstetter stürzte zu ihr. Was er sah, verschlug ihm den Atem. Drüben, zwischen den Bäumen im Park, unter den vom Wind gepeitschten Ästen, stand Inge Merkant!

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Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 14, 1. Spalte, 13. Absatz - Seite 14, 2. Spalte, 14. Absatz

Der heftige Wind zerrte an dem dünnen, weißen To­tenhemd, das zerriß und wie eine Fahne an ihrem blei­chen Körper flatterte.
Das blasse Gesicht, in dem die dunklen, weit geöff­neten Augen wie Kohlen glühten, war den beiden Beob­achtern zugewandt.
Inge Merkant stand in diesem Augenblick etwa eine Steinwurfweite von der Leichenhalle entfernt.
Inge Merkant bewegte sich — aus eigenem Antrieb. Sie löste sich von der Baumgruppe und tauchte im tiefen Schatten des Parks unter!
Hofstetter warf sich herum. Die Erstarrung fiel von ihm ab wie eine Haut.
"Rufen Sie Sachtler an, Schwester!" rief er noch, wäh­rend er schon zur Tür stürzte. Er rief ihr sogar die Nummer zu. Er kannte sie auswendig. In den vergan­genen Tagen hatte er mehr als einmal mit Sachtler zu tun gehabt.
Die Schwester hastete durch den Gang, die Nummer im Geist vor sich hersagend, die Hofstetter ihr zugeru­fen hatte.
Dr. Hofstetter riß die Tür zum Hinterausgang auf und rannte hinaus in das Unwetter.
Der Wind jagte ihm den Regen ins Gesicht, und die Nässe war im Nu auf seiner Haut.
Bei einem solchen Wetter jagte man keinen Hund auf die Straße.
In den Bäumen rauschte der Sturm und der Regen. Hofstetter konnte kaum etwas sehen. Instinktiv eilte er über den Weg, den Kopf weit nach unten geduckt, auf die Stelle zu, wo Inge Merkant vor wenigen Augenblic­ken noch gestanden hatte.
Weit konnte sie bei diesem Wetter nicht kommen...
Ein gewaltiger Blitz machte die Nacht zum Tag. Sekundenlang schien der Himmel in Flammen zu stehen. Hart und schwarz wirkten die Schatten der Bäume, wie in den Boden gestanzt.
Aus irrlichternden Augen blickte Hofstetter sich um. Weit und breit keine Inge Merkant zu sehen! Er lief den Weg weiter nach vorn, den sie seiner Meinung nach ein­geschlagen haben mußte.
Nichts!

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 27, 1. Spalte, 1. - 3. Absatz

Der hef­tige Wind zerrte an ihrem dünnen Totenhemd, das wie eine Fahne an ihrem bleichen Körper flatterte. Inge Merkant stand in diesem Augenblick noch in unmit­telbarer Nähe der Leichenhalle, dann löste sich ihre Gestalt von der Baumgruppe und tauchte im tiefen Schatten des Parks unter!
"Rufen Sie Sachtler an, Schwester! Sofort!" Hofstet­ter rannte zur Tür und rief ihr atemlos die Nummer des Kommissars zu. Er kannte sie auswendig. Die Schwes­ter hastete bereits durch den Gang, die Nummer im Geist vor sich hersagend.
Als der Chefarzt der Klinik die Tür zum Hinteraus­gang aufriss, peitschte ihm Regen ins Gesicht. In den Bäumen rauschten Sturm und Regen. Hofstetter konn­te kaum etwas sehen. Instinktiv eilte er über den Weg, auf die Stelle zu, an der er Inge Merkant gesehen hat­te. Ein gewaltiger Blitz machte die Nacht zum Tag. Sekundenlang schien der Himmel in Flammen zu ste­hen. Weit und breit keine Spur mehr von Inge Merkant!

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Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 14, 2. Spalte, 15. Absatz - Seite 15, 2. Spalte, 10. Absatz

Nur wenige Minuten nach Anton Sachtler und dessen drei Begleitern traf auch Larry Brent ein, der umgehend von dem Vorfall in der Hofstetter-Klinik unterrichtet worden war.
X-RAY-3 fuhr einen schiefergrauen Alfa Romeo, den er bei einer Leihwagenfirma bestellt hatte und der ihm wenige Minuten vor Ausbruch des Unwetters geliefert worden war. Damit war er unabhängig vom Dienstwa­gen Sachtlers, von Taxis und öffentlichen Verkehrs­mitteln.
Sachtlers Leute begannen mit der Spurensicherung. Verhältnismäßig schnell stand fest, auf welche Weise der geheimnisvolle Leichenräuber eingedrungen war.
Er hatte den Hinterausgang benutzt.
Unmittelbar nach der Begegnung mit Schwester Annemarie mußte die Entführung bereits vorgenommen worden sein.
Wer war der Mann gewesen, der wie Hofstetter aussah und der offensichtlich ganz bewußt diese Maskerade ge­wählt hatte, um sich frei in der Privatklinik bewegen zu können?
Man bemühte sich, alle Personen in Betracht zu zie­hen, die dafür in Frage kommen konnten. Aber man kam nicht weiter.
Larry Brent erörterte gerade diese ihn besonders in­teressierende Frage mit Dr. Hofstetter, Schwester Anne­marie und Dr. Kersky, der erst mit dem Eintreffen der Kriminalpolizei und Brents darauf aufmerksam gewor­den war, daß hier in seiner unmittelbaren Umgebung etwas vorging. Kersky hatte sich die ganze Zeit über in Labor 1 E aufgehalten. Er experimentierte dort mit Blut und Blutplasma.
Hofstetter erklärte, daß Kersky als Arzt sich auf Bluterkrankungen spezialisiert und ein neues Verfahren entwickelt habe, die Hepatitiserkrankungen nach Über­tragung vom Fremdblut auf ein Minimum herabzu­setzen.
Kersky war frei praktizierender Arzt, aber seit etwa vier Wochen war seine Praxis nur noch an drei Tagen in der Woche stundenweise geöffnet. Den Nachmittag und den frühen Abend verbrachte Kersky in der Klinik Hofstetters.
Kersky zeigte sich aufs äußerste überrascht und erregt, als er nun erfuhr, was sich ereignet hatte, während er praktisch ganz in der Nähe zu tun gehabt hatte.
"Ich habe nichts gehört. Nicht das geringste", mur­melte er.
"Das kann ich mir denken", warf Sachtler ein. "Bei diesem Lärm." Damit meinte er das abziehende Gewit­ter. "Außerdem ist der Eindringling auch so zu Werke gegangen, daß alles lautlos erfolgte."
Das Schloß wurde eingehend untersucht. Keine An­wendung von Gewalt! Keine Anzeichen dafür...
"Es muß einen Zweitschlüssel geben", so Sachtlers Kommentar.
Larry zog Sachtler einmal kurz zur Seite und meinte: "Zwei Dinge scheinen sich ganz deutlich abzuzeichnen, Kommissar."
Anton Sachtler fand dies bemerkenswert. "Zwei Dinge? Dann sehen Sie 'ne Menge mehr als ich, Mister Brent. Ich sehe bis jetzt überhaupt nichts, um ehrlich zu sein."
"Es ist der Vampir-Killer gewesen. Daran gibt es wohl keinen Zweifel. Sie machen ihm das Leben schwer, und schon geht er zum Angriff über. Er holt sich die von ihm vorbereiteten Opfer gleich an Ort und Stelle ab, da sie erst gar nicht mehr zur Bestattung freigegeben werden. Und da muß ich an die Beschreibung denken, die Herr Reisner von dem Vampir-Killer gegeben hat, Kommissar: erinnern Sie sich daran, was ich vermutete? Daß er ­der Vampir-Killer — wahrscheinlich nicht immer so aus­sieht. Hier kreuzte er in der Gestalt von Dr. Hofstetter auf, um sein Opfer zu holen. Nachts aber auf dem Fried­hof, wenn er als Totengräber auftritt, hat er offenbar sein Originalkostüm an."
"Ja, ja, da mögen Sie wohl recht haben", sagte Sachtler und blickte angestrengt auf seine erkaltete Havanna, die er zwischen den Fingern hielt.
Aber ganz verstand er das, was Larry eigentlich aus­drücken wollte, nicht.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 27, 1. Spalte, 4. Absatz - Seite 30, 1. Spalte, 1. Absatz

Nur wenige Minuten nach Anton Sachtler und dessen drei Begleitern traf auch Larry Brent, der ebenfalls von dem Vorfall unterrichtet worden war, in der Hofstetter‑ Klinik ein. Der PSA-Agent fuhr in einem schiefergrau­en Alfa vor, den er bei einer Leihwagenfirma geordert hatte.
Sachtlers Leute begannen gerade mit der Spurensi­cherung. Verhältnismäßig schnell stand fest, auf wel­che Weise der geheimnisvolle Leichenräuber einge­drungen war. Er hatte den normalen Eingang benutzt. Wer war der Mann gewesen, der wie Hofstetter aus­sah und der offensichtlich ganz bewusst diese Maske­rade gewählt hatte, um sich frei in der Privatklinik be­wegen zu können? Man bemühte sich, alle Personen in Betracht zu ziehen, die dafür in Frage kommen konnten. Man kam zu keinem auch nur annähernd be­friedigenden Ergebnis.
Larry befragte Dr. Hofstetter, Schwester Annemarie und Dr. Kersky, der erst mit dem Eintreffen der Krimi­nalpolizei darauf aufmerksam geworden war, dass hier etwas sehr Ungewöhnliches geschehen war. Kersky hat­te sich währenddessen offenbar in einem der Labore aufgehalten. Dort experimentierte er mit Blutplasma. Hofstetter erklärte ungefragt, das Kersky sich auf Blut­erkrankungen spezialisiert und ein neues Verfahren entwickelt habe, das Hepatitiserkrankungen nach Über­tragung vom Fremdblut auf ein Minimum herabsetze.
Dr. Rolf Kersky war frei praktizierender Arzt des­sen Praxis seit etwa vier Wochen nur stundenweise in der Woche geöffnet war. Den Nachmittag und den frühen Abend verbrachte Kersky in der Klinik. Und Kersky zeigte sich überrascht, als er erfuhr, was sich ereignet hatte, während er in unmittelbarer Nähe ge­arbeitet hatte. "Mir ist nichts aufgefallen", murmelte er.
"Na ja. Bei diesem Lärm." Sachtler deutete nach oben und meinte offenbar das Gewitter.
Das Türschloss wurde eingehend untersucht. Keine Anwendung von Gewalt.
"Es muss einen Zweitschlüssel geben", mutmaßte Sachtler.
Larry sah ihn ernst an. "Zwei Dinge scheinen sich ab­zuzeichnen, Kommissar."
Anton Sachtler runzelte die Stirn. "Zwei Dinge? Dann sehen Sie mehr als ich, Herr Brent. Ich sehe bis jetzt überhaupt nichts."
"Dieser Vorfall könnte mit dem ominösen Wesen in Verbindung stehen, das Herzen stiehlt. Es holt sich die von ihm vorbereiteten Opfer gleich an Ort und Stelle ab. Denken wir nur an die Beschreibung die uns Herr Reisner von dem Vampir-Killer gegeben hat. Vermut­lich kann dieses Wesen sein Aussehen verändern. Hier kreuzte er in der Gestalt von Dr. Hofstetter auf, um sein Opfer zu holen. Auf dem Friedhof war er offenbar ... unmaskiert."
Sachtler starrte gedankenverloren auf seine inzwi­schen erkaltete Havanna. "Unmaskiert?"

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Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 15, 2. Spalte, 11. Absatz - Seite 16, 1. Spalte, 5. Absatz

Nach zwanzig Minuten Aufenthalt in der Klinik und eingehenden Gesprächen und Informationen hielt Larry es nicht länger aus. Die Vorgänge beunruhigten ihn aufs äußerste.
Als er einen Überblick hatte, war ihm klar, daß es falsch war, sich länger hier aufzuhalten.
Zu Sachtler gewandt, meinte er: "Er kam hierher, um Inge Merkant zu befreien. Was wird aus Elfie Sommer werden, Kommissar?"
Sachtler wurde bleich. "Da muß ich gerade eben auch dran denken, Mister Brent. Wenn er's auf diese Weise macht, dann kommen wir ganz schön ins Schwitzen."
"Wir können nicht überall sein. Leider! Ich muß auch an Peter Reisner denken, Kommissar. Inge Merkant war eng mit ihm befreundet. Und Reisner ist der einzige Augenzeuge, der den Grabräuber gesehen hat. Reisner ist gefährdet, Kommissar! Ich denke gerade dran, was geschieht, wenn Inge Merkant bei ihm zu Hause auf­taucht und um Einlaß bittet..."

 

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 30, 1. Spalte, 2. - 4. Absatz

Nach weiteren eingehenden Gesprächen und Infor­mationen wagte Larry ein Fazit. "Er kam hierher, um Inge Merkant zu befreien", sagte er an Sachtler ge­wandt. "Was wird aus der Leiche von Elfie Sommer werden, Kommissar?"
Der Kommissar hob die Augenbrauen. "Wir werden sie verstärkt überwachen."
"Wir können nicht überall sein. Und wir sollten bei­spielsweise Peter Reisner nicht vergessen. Inge Mer­kant war eng mit ihm befreundet. Und Reisner ist der einzige Augenzeuge, der den Grabräuber gesehen hat. Reisner ist in höchster Gefahr, Kommissar! Was ge­schieht, wenn die flüchtige Inge Merkant bei ihm zu Hause auftaucht und um Einlass bittet ..."

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Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 16, 1. Spalte, 6. Absatz - Seite 16, 2. Spalte, 11. Absatz

Er wohnte allein in einem Altbau am Ende der Straße, ein Stockwerk unter dem Dach.
Der Donner grollte in der Ferne. Das Gewitter zog ab. Blitze hellten noch immer den bizarren Himmel auf.
Der Regen hatte nachgelassen. Nur noch vereinzelte Tropfen fielen.
Peter Reisner lag auf der Couch unter der schrägen Wand. Es war dunkel im Zimmer. Reisner hatte eine angebrochene Cognac-Flasche auf dem Tisch stehen. Dazu ein Glas, das er bereits mehr als einmal gefüllt hatte.
Seit der Mittagspause hatte er nicht mehr gearbeitet. Die Mitteilung von Inges Mutter hatte ihn bis ins In­nerste getroffen.
Unruhig und ziellos war er durch die Stadt geirrt. Er hatte sich einfach frei genommen. Irgendwo an einer Imbißbude im Prater hatte er ein Würstchen gegessen, daran konnte er sich noch erinnern. Das Unwetter hatte er in einem Caféhaus abgewartet.
Kaum, daß der Regen nachgelassen hatte, war er nach Hause gefahren.
Das war vor einer Stunde.
Seitdem lag er auf der Couch, schenkte sich hin und wieder einen Cognac ein und versuchte Klarheit in seine Gedanken und Gefühle zu bringen.
Es läutete leise. Die Klingel sprach so schwach an, daß er das erste Läuten überhörte.
Dann noch mal.
Reisner wachte auf wie aus einem Traum.
Er strich sich die Haare aus der Stirn und taumelte benommen durch den dunklen Raum auf die Tür zu, die halb offen stand.
Er kam hinaus in den handtuchschmalen Flur.
"Ja, wer ist denn da?" fragte der junge Mann. Er hatte keine große Lust, jetzt noch Besuch zu empfangen.
Reisner sträubten sich die Haare, als er Antwort auf seine mürrische Frage erhielt.
Die Stimme kannte er, die war ihm vertraut.
"Ich bin's, Inge!"

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 30, 1. Spalte, 5. Absatz - Seite 31, 1. Spalte, 3. Absatz

Peter Reisner bewohnte eine Junggesellenwohnung am Ende der Straße, direkt unter dem Dach. Der Mann lag ausgestreckt auf seiner Couch. Ein letzter Donner groll­te in weiter Ferne. Das Gewitter zog ab. Es war dunkel im Zimmer. Neben Reisner stand eine angebrochene Cognac-Flasche auf dem Tisch. Seit der Mittagspause hatte er nicht mehr gearbeitet. Die Mitteilung von Inges Tod hatte ihn tief getroffen. Unruhig und ziellos war er durch die Stadt geirrt. Das Unwetter hatte er in ei­nem Caféhaus abgewartet. Kaum, das der Regen nach­gelassen hatte, war er nach Hause gefahren. Seitdem war eine Stunde vergangen. Er wälzte sich auf seiner Couch hin und her, trank in kurzen Zügen und ver­suchte vergeblich Klarheit in seine Gedanken und Ge­fühle zu bringen.
Es läutete. Reisner fuhr hoch, strich sich die Haare aus der Stirn und taumelte benommen auf seine Woh­nungstür zu. "Wer ist da?" Er verspürte nur wenig Lust, jetzt noch Besuch zu empfangen. Doch die Stim­me, die ihm antwortete, kannte er. Sie war ihm mehr als vertraut.
"Ich bin's, Inge!"

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 16, 2. Spalte, 12. Absatz - Seite 17, 2. Spalte, 4. Absatz

Sein Schädel brummte, und siedendheiß lief es ihm über den Rücken.
"Inge?" fragte er ungläubig. "Aber Inge ist doch..."
Er zuckte zusammen und brachte es nicht fertig, das schreckliche Wort auszusprechen.
Seine Hand fuhr zum Riegel und zog ihn zurück. Er riß die Tür auf.
Da stand sie vor ihm... Inge Merkant! Wie ein Ge­spenst...
Sie trug ein weißes, durchnäßtes Hemd. Ihr Toten­hemd.
Inge lächelte.
"Willst du mich nicht hereinlassen?" fragte sie mit zarter Stimme. Ihre dunklen Augen schimmerten.
"Ja, doch, ja, ja, ja, ich..." Er war völlig durchein­ander. "Aber ich dachte — mein Gott, was haben sie bloß mit dir gemacht? Deine Mutter hat doch gesagt... ich meine... im Krankenhaus... du bist doch gestorben, tot! Es geht doch nicht, daß du..."
"Sie haben sich geirrt", wisperte Inge und huschte schnell an ihm vorbei. Ihr Körper strahlte eine furcht­bare Kälte aus.
Scheintot, grellte es durch Reisners Bewußtsein. Er fand es schrecklich, daß so etwas ausgerechnet seiner Inge passieren mußte. In der Leichenhalle mußte sie zu sich gekommen sein. Und in höchster Panik war sie geflohen.
"Du mußt dir sofort etwas überziehen. Du bist ja völlig durchnäßt." Seine Stimme klang glücklich. "So bist du durch die Stadt gelaufen? Die Leute! Was haben die Leute gesagt?"
"Ich habe keinen Menschen getroffen. Bei diesem Wet­ter! Und dann habe ich mich versteckt, so gut ich konnte. Ich bin den Menschen aus dem Weg gegangen, wo ich konnte."
Sie wandte ihm ihr schmales, bleiches Gesicht zu. Dann schlang sie, scheinbar plötzlich von ihren Gefühlen über­mannt, ihre Arme um Peter Reisners Hals.
Reisner drückte sie fest an sich.
Keine Körperwärme! Eisige Kälte strömte von ihr aus...
Sie konnte sich wirklich den Tod holen. Sie war ge­schwächt. Wenn sie eine Lungenentzündung bekam...
"Leg' es sofort ab! Ich hole dir ein paar warme Decken, ich stell' den Heizlüfter an", sagte er schnell.
Aber sie ließ nicht los. Ihr kaltes Gesicht war an das seine gepreßt. "Bleib bei mir", hauchte sie, "laß' mich nie wieder los! Halte mich ganz fest!"
"Ja, ja, gleich. Erst muß ich mich um dich kümmern!" Er lachte und war glücklich. Wie schnell sich etwas än­dern konnte! "Diese schrecklichen Kerle", sagte er, wäh­rend er seine Hand liebkosend über das dichte, schwarze, völlig durchnäßte Haar bewegte. "Sie müssen doch ge­merkt haben, daß du nicht tot bist. Wahrscheinlich ein Fehler in den Meßinstrumenten. Herzversagen, Kreislaufversagen, das nicht richtig erkannt wurde. Ich kann das nicht verstehen. Wie so etwas nur passieren kann! In der heutigen Zeit!" Er schloß die Augen, und eine schreckliche Vorstellung peinigte ihn: Was wäre wohl ge­worden, wenn die Bestattung bereits erfolgt, wenn Inge erst im Sarg wieder zu sich gekommen wäre?
Inge Merkants Kopf ruhte an seiner Schulter. Sie lä­chelte. Ihre Lippen öffneten sich, und die beiden langen Eckzähne, das Zeichen der Vampire, ragten über ihre Unterlippen.
Kurz und ruckartig, als liefe plötzlich ein Krampf durch ihren Körper, biß Inge Merkant zu.
Wie ein Saugnapf saß ihr Mund an der tiefen Wunde, und das Blut aus Reisners Schlagader füllte ihren Mund.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 13, 1. Spalte, 4. Absatz - Seite 33, 1. Spalte, 3. Absatz

Sein Schädel brummte, gleichzeitig lief es ihm sie­dend heiß über den Rücken. "Inge?", fragte er ungläu­big. "Aber Du bist doch ..." Er brachte es nicht fertig, das schreckliche Wort auszusprechen. Seine Hand fuhr zum Riegel. Er riss die Tür auf. Und wirklich! Sie stand vor ihm! Inge! Wie ein Gespenst. Sie trug ein durch­nässtes Hemd. Ihr Totenhemd ...
Die junge Frau lächelte. "Willst du mich nicht herein­lassen?", fragte sie mit zarter Stimme.
"Ja, doch, ja, ja, ich ..." Er war völlig durcheinander. "Aber ich dachte ... mein Gott, was haben sie bloß mit dir gemacht? Deine Mutter hat doch gesagt ... ich mei­ne ... im Krankenhaus ... du bist doch gestorben ... tot!" "Sie haben sich geirrt", wisperte Inge und huschte schnell an ihm vorbei.
Ihr Körper strahlte eine unglaubliche Kälte aus. Reis­ner zuckte unwillkürlich zurück. Scheintot! Furchtbar, dass so etwas ausgerechnet seiner Inge passieren muss­te. In der Leichenhalle musste sie zu sich gekommen sein und war dann offenbar in höchster Panik geflohen. "Du musst dir was überziehen. Du bist ja völlig durch­nässt." Seine Stimme klang zittrig und doch glücklich. "So bist du durch die Stadt gelaufen? Was haben die Leute gesagt?"
"Ich habe keinen Menschen getroffen. Bei diesem Wetter! Außerdem habe ich mich versteckt, so gut ich konnte." Sie wandte ihm ihr bleiches Gesicht zu. Dann schlang sie, scheinbar von ihren Gefühlen übermannt, die Arme um Reisners Hals.
Der drückte sie fest an sich. Immer noch strömte eisi­ge Kälte von ihr aus. So konnte sie sich wirklich den Tod holen. Sie war geschwächt. "Zieh dich aus! Ich hole dir ein paar warme Decken, und ich stell den Heizlüf­ter an", sagte er schnell.
Aber sie ließ nicht los. Ihr kaltes Gesicht war an das seine gepresst. "Bleib bei mir!", hauchte sie. "Lass mich nie wieder los! Halte mich ganz fest! Bitte! Ganz fest!"
"Ja, ja, gleich. Erst muss ich mich um dich kümmern!" Er lachte glücklich. "Was sind das nur für Ärzte", sag­te er, während seine Hand liebkosend durch ihr dich­tes Haar fuhr. "Sie müssen doch gemerkt haben, dass du nicht tot bist. Wie kann so etwas nur passieren?" Er schloss die Augen, und eine schreckliche Vorstellung peinigte ihn. Was wäre wohl geworden, wenn die Be­stattung bereits erfolgt und Inge erst im Sarg wieder zu sich gekommen wäre?
Ihr Kopf ruhte an seiner Schulter. Lächelnd öffnete sie ihre Lippen, und die langen Eckzähne ragten her­vor. Ruckartig, wie einen Krampf durchleidend, biss die junge Frau zu.
Dann füllte Blut aus Reisners Schlagader ihren Mund.

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 17, 2. Spalte, 5. Absatz - Seite 20, 1. Spalte, 2. Absatz

Der schiefergraue Alfa Romeo ging mit quietschenden Pneus in die Kurve.
Larry fuhr wie ein Irrer.
Wenn ihn eine Polizeistreife entdeckte, würde es un­angenehm werden.
Doch die Straßen waren noch immer menschenleer, und die Wiener Innenstadt hatte wohl schon lange Zeit nicht mehr einen derart verkehrsarmen Tag erlebt.
X-RAY-3 wurde das Gefühl nicht los, daß seine Fahrt ein Rennen gegen die Zeit war. Je mehr er über die Vorfälle nachdachte, desto mehr System glaubte er zu entdecken.
Er und Sachtler waren übereingekommen, sich die Ar­beit zu teilen.
Sachtler mußte Larry recht geben, wenn er annahm, daß mit der Leiche Elfie Sommers, die heute morgen eingeliefert worden war, das gleiche passieren konnte wie mit Inge Merkant.
Die beiden Männer entfernten sich praktisch in ent­gegengesetzter Richtung.
Brent erreichte nach einer Fahrt von knapp zehn Mi­nuten die Straße, in der Peter Reisner wohnte.
Alleebäume säumten den Straßenrand. Auf dem Parkplatz, dem alten Haus gegenüber, standen zahlreiche Autos. Hinter den Fenstern der Wohnungen brannte an­heimelndes Licht.
Das Wasser stand knöchelhoch auf der Straße. Die Kanalabflüsse konnten die Flut, die der Regen hinter­lassen hatte, nicht so schnell aufnehmen.
Brent sprang aus dem Alfa Romeo und knallte die Tür zu.
Larry passierte die Haustür. Die stand offen. Zwei Stufen auf einmal nehmend, jagte er die Treppe empor.
Irgendwie — er konnte sich nicht erklären warum ­war er im Glauben, daß die Zeit drängte. Inge Merkant war im Park des Krankenhauses gesehen worden. Dann war sie untergetaucht. Sie mußte sich irgendwo verstecken. Dabei gab es zwei Möglichkeiten: das Haus ihrer Eltern und Reisners Unterkunft.
Larry vermutete eher das letztere.
Es paßte besser in seine Überlegungen. Zwar war das Bild, das er sich von den gespenstischen und nicht er­klärbaren Vorgängen zu machen versuchte, noch ziemlich düster, aber einzelne Fakten ließen doch eine gewisse Lo­gik erkennen. Und wenn Larrys Überlegungen einiger­maßen stimmten, schwebte Reisner in Gefahr .
Er hetzte über die letzte Stufe.
Dann stand er vor der Tür. Ein einfaches graues Papp­schild war mit einem Reißbrettstift an den mittleren Querbalken der verglasten Tür angebracht. Darauf stand der Name des Wohnungsinhabers.
X-RAY-3 drückte auf den abgegriffenen Klingelknopf. Er hörte, wie in dem winzigen Flur die Klingel anschlug.
Larry wartete. Er mußte es nicht lange. Ein Geräusch war in der Wohnung, leise quietschte eine Tür. Dann Schritte.
"Ja, wer ist da?" fragte eine männliche Stimme. Müde, abgeschlagen.
Larry fand es merkwürdig, daß hinter der Tür ge­fragt wurde, wer da sei. Normalerweise öffnete ein Bur­sche in Reisners Alter einfach. Er hatte nichts zu be­fürchten. Aber dieses Verhalten konnte man nicht ein­fach voraussetzen. Vielleicht war es auch Reisners An­gewohnheit sich zu erkundigen, wer vor der Tür stand.
"Meine Name ist Brent. Ich komme als Mitarbeiter der Kripo, Herr Reisner."
"Kriminalpolizei?" knurrte die Stimme hinter der Tür. "Das ist ja das neueste. Hatte ich noch nie mit zu tun. Moment, bitte!" Ein Riegel schnappte zurück. Reis­ner öffnete die Tür.
Larrys Blicke musterten den jungen Mann sofort.
Groß, schlank, blaß. Tiefliegende Augen, langes Haar. Nicht ungepflegt, aber ein bißchen vergammelt. Das Haar war nicht gekämmt. Die Kleidung, die Reisner trug, war zerknittert. Das wies darauf hin, daß er gelegen, viel­leicht sogar geschlafen hatte.
Reisner trug einen dunkelroten Rollkragenpullover.
Das alles stellte Larry mit einem einzigen Blick fest.
"Was wollen Sie von mir, Herr Brent?"
"Darf ich näher treten?"
"Wenn es sein muß." Reisner zuckte die Achseln. "Ich weiß zwar nicht, warum, aber bitte..."
Er roch nach Alkohol. Cognac.
Reisners Bewegungen waren unsicher.
"Es geht um Ihre Freundin Inge. Inge Merkant." Larry sagte es ganz ruhig und beobachtete dabei den Österreicher genau.
Aber der reagierte normal. "Sie ist gestorben. Ich weiß. Heute morgen."
"Wissen Sie auch woran?"
Nein. Wahrscheinlich ein Herzschlag. Oder Kreis­laufversagen. Ich weiß nichts Genaues."
Ruhe und Gemütlichkeit strahlte das Zimmer aus. Und doch lag etwas in der Luft. Larry konnte nicht erklären, was ihn störte, aber er spürte es. Intuitiv. Er ließ nicht in seiner Aufmerksamkeit nach. Und das war gut so.
Es ging alles blitzschnell.
"Hat es hier eingeschlagen?" fragte er und sah sich um. "Weil Sie kein Licht haben. Es ist ziemlich düster."
Das war es, was ihn störte.
"Ich sitze gern im Dunkeln", bekam er zur Antwort. "Aber wenn Sie es wünschen, schalte ich selbstver­ständlich Licht ein. Schließlich kann man von seinem Gast nicht verlangen, daß er sich mit Dämmerlicht zufrieden gibt." Mit diesen Worten drehte er sich um, und für einen Moment sah es wirklich so aus, als ob er zur Tür gehen und dort auf den Schalter drücken wollte.
Doch Peter Reisner wirbelte herum. Seine Faust knallte voll in Larry Brents Gesicht. Die Wucht des Schlages warf Larrys Kopf nach hinten.
X-RAY-3 taumelte und stieß gegen den Tisch, auf dem die Cognacflasche stand. Glas und Flasche wackelten, aber nichts stürzte um.
Ein Schatten löste sich hinter dem PSA-Agenten. Aus der Nische neben dem Fenster tauchte eine Gestalt auf, die ein weißes, durchnäßtes Hemd trug.
Inge Merkant!
Die schlanken Arme der Untoten legten sich blitz­schnell um Larry Brents Hals.
X-RAY-3 aber reagierte ebenso schnell.
Er griff nach hinten, packte den Vampir und schleu­derte ihn über sich weg.
Inge Merkant flog wie ein Fremdkörper durch die Luft und knallte hart gegen die Wand neben der Tür.
Aber sie gab keinen Schmerzensschrei von sich und sie verletzte sich auch nicht.
Es war, als wäre überhaupt nichts geschehen.
Die Untote erhob sich, verzog ihr Gesicht und die Lippen, und die spitzen, blutverschmierten Eckzähne wurden sichtbar.
Larry wußte, woran er war.
Mit einem blitzschnellen Blick auf Reisner wurde ihm klar, daß er zu spät gekommen war.
Reisner war bereits Inge Merkants Opfer.
Sie hatte auch ihn zum Vampir gemacht.
Reisner bewies es durch die Tat ebenso wie Inge Mer­kant. Er machte einen großen Schritt zur Tür und drückte sie ins Schloß. Knackend drehte er den Schlüssel herum und steckte ihn ein.
Er lachte leise.
Im Dämmerlicht und im Schein der fernen Straßen­laternen, deren abgeschwächtes Licht hier oben noch wahrnehmbar war, erkannte Larry auch Reisners blit­zendes Gebiß.
Nun gab es keinen Zweifel mehr.
Die spitzen, messerscharfen Eckzähne wiesen ihn als Vampir aus.
"Du entkommst uns nicht", sagte Reiner leise. "Du wirst diese Wohnung nicht mehr so verlassen, wie du gekommen bist!"
"Das wollen wir erst mal sehen." Larry ging langsam auf die Seite, wich dann zwei Schritte zurück und brachte den Tisch zwischen sich und die beiden unheimlichen Gestalten.
X-RAY-3 spürte die schräge Wand neben dem Fenster im Rücken.
Dann schossen auch schon seine Arme vor wie Speere. Reisner erhielt einen Schlag in die Magengrube, daß er zurücktaumelte. Inge Merkant riß er nach vorn. Der kalte, nasse Körper klatschte förmlich gegen ihn.
Ihre Zähne blitzten. Sie brachte ruckartig den Kopf nach vorn. Wie eine Raubkatze wollte sie ihr Vampir­gebiß in die Halschlagader Larrys bohren. Doch wie von einer Titanenfaust getroffen wurde sie zurückgeworfen. Sie krachte wieder gegen die Wand.
Drei Sekunden lang hatte Larry Luft. Aber schon wa­ren die beiden Vampire wieder aktiv. Er konnte sie nur zurückwerfen, nicht ausschalten. Aber das war einfacher gedacht als getan.
Diese Vampire laugten seine Kraft aus, auch wenn sie nicht sein Blut tranken. Er kämpfte gegen Schatten, die unermüdlich angriffen, keine Kraft vergeudeten und selbst nicht ermüdeten. Doch der Amerikaner hatte seine Smith & Wesson Laser dabei. Diese Spezialwaffe, die auf dem Laserprinzip beruhte und in vielen Fällen mit größtem Erfolg angewendet wurde, war allerdings kein Allheilmittel.
Die Vampire kamen wieder auf ihn zu.
Brent hatte das Ziel genau vor sich. Die Raumbeleuch­tung reichte aus, um den Schuß richtig zu placieren.
Der Strahl mußte ins Herz treffen. Nur so waren Vampire zu vernichten.
Larry drückte ab.
Der Laserstrahl blitzte auf, jagte lautlos durch den Raum und bohrte sich in Peter Reisners Herz.
Reisner stand eine Sekunde lang wie gelähmt.
Aber sein Körper sackte nicht zusammen. Nicht mal ein Blutstropfen quoll aus der winzigen, nadelstichfei­nen Wunde.
er Laserstrahl versagte hier seinen Dienst.
Vampire waren nur durch zugespitzte Holzpflöcke zu töten, die man ihnen ins Herz trieb.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 33, 1. Spalte, 4. Absatz - Seite 38, 1. Spalte, 1. Absatz

Der schiefergraue Alfa legte sich mit quietschenden Reifen in die Kurve. Larry konnte zügig fahren, die Straßen waren noch immer menschenleer. X-RAY-3 wurde das Gefühl nicht los, dass seine Fahrt ein Ren­nen gegen die Zeit war. Je intensiver er über die Vor­fälle nachdachte, desto mehr System glaubte er darin zu entdecken. Zum Glück war Sachtler gerade dabei, die Bewachung der Leiche von Elfie Sommer zu organisieren. Es stand zu befürchten, dass ihr Ähnliches wie Inge Merkant widerfahren konnte.
Larry erreichte nach wenigen Minuten die Straße, in der Peter Reisner wohnte. Hinter einigen Fenstern brannte Licht. Das Wasser stand noch in großen Pfüt­zen auf der Straße. Die Kanalabflüsse konnten die Flut, die der Regen hinterlassen hatte, nicht so schnell aufnehmen. Brent sprang aus dem Alfa Romeo und knallte die Tür zu. Die Haustür hatte er in wenigen Schritten erreicht. Zwei Stufen auf einmal nehmend, jagte er die Treppe empor. Die Zeit drängte. Inge Mer­kant war im Park des Krankenhauses gesehen wor­den. Dann war sie verschwunden. Sie musste sich also irgendwo verstecken. Zwei Möglichkeiten boten sich an. Inges Elternhaus und Reisners Wohnung. Larry vermutete Letzteres. Und sollten seine Überle­gungen stimmen, schwebte der junge Mann in großer Gefahr.
Der PSA-Agent stand vor Reisners Wohnungstür. Ein graues Pappschild mit dessen Namen war mit Reiß­zwecken an einer Leiste der verglasten Tür angebracht. Larry betätigte die abgegriffene Klingel und wartete. Leise quietschte eine Tür. Dann Schritte.
"Wer ist da?", fragte eine männliche Stimme.
"Mein Name ist Brent. Herr Reisner? Ich komme als Mitarbeiter der hiesigen Kripo."
"Kriminalpolizei?", knurrte die Stimme hinter der Tür. "Moment, bitte!" Ein Riegel schnappte zurück. Ein junger Mann öffnete die Tür. Reisner war groß, schlank. Tief liegende Augen. Nicht ungepflegt. Die zerknitterte Kleidung wirkte vielleicht ein bisschen vergammelt. Offenbar hatte er geschlafen. "Was wol­len Sie von mir, Herr Brent?"
"Bitten Sie mich herein?"
"Wenn es sein muss." Reisner zuckte die Achseln. Er roch nach Alkohol. "Ich weiß zwar nicht, warum, aber gut ..."
"Es geht um Ihre Freundin. Inge Merkant." Larry beobachtete den Österreicher genau.
Der reagierte normal. "Sie ist heute Morgen überra­schend verstorben."
"Wissen Sie auch woran?"
"Nein. Ich weiß nichts Näheres. Herzschlag? Kreis­laufversagen? Keine Ahnung. Ich musste die Nachricht erst mal verdauen."
Larry konnte nicht erklären, was ihn störte. "Es ist ziemlich düster bei Ihnen."
"Wenn man trauert, sitzt man eben im Dunkeln. Aber wenn Sie es wünschen, schalte ich das Licht ein." Mit diesen Worten drehte sich Reisner um, und für einen Moment sah es wirklich so aus, als ob er zum Licht­schalter gehen wollte. Doch unvermittelt wirbelte derjunge Mann herum und donnerte seine Faust in Lar­rys Gesicht. Der geriet ins Taumeln und stieß gegen den Tisch, auf dem die Cognacflasche stand. Gleichzeitig bewegte sich hinter dem PSA-Agenten ein Schatten. Aus der Nische neben dem Fenster tauchte eine Gestalt auf, die ein durchnässtes Hemd trug.
Inge Merkant!, erkannte Larry. Die schlanken Arme der Untoten legten sich um seinen Hals. Larry reagier­te blitzschnell, griff beidhändig nach hinten, packte den Vampir und riss ihn mit Wucht über seinen Körper, in dem er mit angewinkelten Knien nachhalf. Inge Mer­kant flog wie ein Fremdkörper durch die Luft und knallte gegen die Wand. Sie gab keinen Schmerzens­schrei von sich, erhob sich wieder und verzog ihre Lip­pen wie ein Tier. Die blutverschmierten Eckzähne wur­den sichtbar. Mit einem schnellen Blick auf Reisner wurde Larry klar, dass er zu spät gekommen war. Sie war zum Vampir geworden und hatte auch ihren Freund infiziert.
Reisner sprang zur Tür, drückte sie ins Schloss, dreh­te den Schlüssel herum und zog ihn ab. Im Dämmer­licht der fernen Straßenlaternen erkannte Larry auch Reisners blitzendes Gebiss. Die messerscharfen Eck­zähne eines Vampirs.
"Du entkommst uns nicht!", zischte Reisner. "Diese Wohnung wirst du als Mensch nicht mehr verlassen!"
"Schauen wir mal." Larry drehte sich zur Seite, wich zwei Schritte zurück und brachte so den Tisch zwi­schen sich und die beiden unheimlichen Gestalten. Als er die Wand in seinem Rücken spürte, stieß er mit beiden Armen gleichzeitig zu. Reisner erhielt einen Schlag in die Magengrube, Inge Merkant wurde zur Seite gerissen. Beide Körper klatschten zusammen. Zähne blitzten. Wie eine Raubkatze wollte der weibli­che Vampir sein Gebiss in Larrys Halsschlagader boh­ren. Doch der PSA-Agent warf die Untote brutal zu­rück und Inge Merkant krachte ein zweites Mal gegen die Wand. Larry hatte nur wenige Sekunden zum Ver­schnaufen, dann wurden die beiden Vampire wieder aktiv. Sie saugten seine Kraft aus, auch wenn sie nicht sein Blut tranken. Er kämpfte gegen Schatten, die uner­müdlich angriffen, offenbar keine Kraft verbrauchten und nicht ermüdeten.
Larry zog seinen Smith & Wesson-Laser. Ob er damit auch diese Art Vampire abwehren konnte, wusste er nicht. Er würde es gleich erfahren. Die Untoten kamen wieder auf ihn zu. Das schummerige Licht reichte aus, um den Schuss korrekt zu platzieren. Der Strahl muss­te allerdings direkt ins Herz treffen. Nur so waren Vam­pire zu vernichten. Larry drückte ab. Der Laserstrahl blitzte auf, jagte lautlos durch den Raum und bohrte sich in Reisners Herz. Der stand eine Sekunde lang wiegelähmt, doch sein Körper sackte nicht zusammen. Nicht mal ein Blutstropfen quoll aus der nadelstichfei­nen Wunde. Umsonst!

* * * 

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 20, 1. Spalte, 3. Absatz - Seite 20, 2. Spalte, 8. Absatz

Er konnte sich seiner Gegner nicht entledigen. Er mußte weiter kämpfen, aber genau das würde sein Ende be­deuten.
Im Moment gab es nur die eine Alternative: fliehen! Aber den Weg der beiden Untoten verfolgen, um jeder­zeit eingreifen zu können. Sie mußten sich ein Versteck suchen, um den morgigen Tag zu überstehen. Er, Larry, mußte am Ball bleiben, und dieses Versteck kennenler­nen. Am Tag waren Untote unfähig, ihre Verstecke zu verlassen. Dann kam die große Stunde der Lebenden. Dann konnten sie sich dieser furchteinflößenden Para­siten entledigen.
X-RAY-3 warf sich gegen die Wohnungstür, die ver­schlossen war, und nutzte die kurze Zeit der Verwirrung. Das nicht sehr starke Holz splitterte, das einfache Schloß platzte heraus. Die Tür flog nach draußen.
X-RAY-3 wartete nicht, bis Inge Merkant und Peter Reisner erneut auf ihn einstürmten. Mit schnellem Sprung war er an der Außentür, die von innen nur ver­riegelt war.
Larry hastete die Stufen hinunter. Das Flurlicht brannte nicht.
Er erreichte das Parterre, flog förmlich über den glat­ten, steinernen Boden hinweg und schien kaum den Un­tergrund mit seinen Füßen zu berühren. Die alte, hohe Haustür lag vor ihm. Er riß sie auf.
Kalt und feucht war die Nachtluft, die sein erhitztes Gesicht traf.
Larry übersprang den Gehweg.
Hinter ihm polterten seine Verfolger die Treppen her­unter, eilten durch den Korridor und erreichten die Haustür, die weit offen stand.
Es tröpfelte noch immer, aber das Unwetter war vor­über.
Hie und da waren einige Menschen zu sehen, die am Fenster guckten. Knapp hundert Meter von dem alten Haus entfernt lief ein Ehepaar und ahnte nicht, was hundert Schritte hinter ihm passierte.
Unbewußt registrierte Larry einen silbermetallicfarbe­nen Mercedes 280 SE, der am gegenüberliegenden Stra­ßenrand parkte und vorhin noch nicht dort gestanden hatte.
Das Fenster zum Fahrersitz war heruntergekurbelt, ein Mann saß darin und schien auf jemand zu warten.
Larry lief hinter dem Wagen entlang auf den Parkplatz zu, wo sein Alfa Romeo abgestellt war.
Peter Reisner jagte mit weitausholenden Schritten über die Straße. Hinter ihm folgte Inge Merkant.
Da ereignete sich etwas Gespenstisches.
Sie schrie plötzlich gellend auf.
Hart und tief bohrte sich der Pfahl in ihre Brust und zerriß ihr das Herz. Ein Schwall von Blut sprudelte aus der zerfetzten Wunde und ergoß sich über das weiße, zerrissene Hemd.
Faustdick war der Pflock, der in ihrer Brust saß und ihrem gespenstischen Untotendasein ein Ende bereitete.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 38, 1. Spalte, 1. Absatz - Seite 39, 1. Spalte, 3. Absatz

Larry stöhnte. Er musste weiter kämpfen, doch das konnte sein Ende bedeuten, war also nicht zielführend. Im Moment gab es nur eine Alternative: Flucht! Andererseits musste er den Weg der beiden Untoten weiter verfolgen. Sie würden sich ein Versteck suchen, um den morgigen Tag zu überste­hen. Es galt, an den Vampiren dranzubleiben. Tagsüber konnten Untote schlecht fliehen. Das war die Chance der Lebenden, die sich so leichter der parasitären Brut entledigen konnten.
X-RAY-3 warf sich gegen die Wohnungstür, Holz splitterte, das Schloss platzte heraus, die Tür flog auf. Larry wartete nicht, bis Inge Merkant und Peter Reis­ner erneut auf ihn einstürmten. Er hastete die Stufen hinunter. Das Flurlicht flackerte. Larry erreichte das Parterre, flog förmlich über den steinernen Boden hin­weg bis hin zur Haustür. Kalte Nachtluft umhüllte sein erhitztes Gesicht. Larry übersprang den Gehweg. Ent­fernt hörte er seine Verfolger, wie sie die Treppen he­runterpolterten und den Asphalt betraten.
Larry registrierte einen silberfarbenen Mercedes, der am gegenüberliegenden Straßenrand parkte und vor­hin noch nicht dort gestanden hatte. Hinter dem herun­tergekurbelten Fahrerfenster war ein Mann zu erken­nen. Larry lief hinter dem Wagen entlang auf den Park­platz zu, wo sein Alfa abgestellt war. Aus den Augen­winkeln heraus erkannte Larry, wie Reisner mit weit ausholenden Schritten über die Straße jagte. Direkt hin­ter ihm Inge Merkant.
Dann ein gellender Schrei. Hart und tief bohrte sich ein Pfahl in die Brust des weiblichen Vampirs. Mitten ins Herz. Faustdick war der Pflock, der in ihrer Brust saß und ihrem gespenstischen Dasein offensichtlich ein jähes Ende bereitete.
Verdammt guter Schuss!, dachte Larry anerkennend. Einen Vampir im vollen Lauf zu pfählen erschien ihm extrem schwierig.

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 20, 2. Spalte, 11. Absatz - Seite 21, 1. Spalte, 2. Absatz

Larry hörte den Schrei.
Peter Reisner registrierte ihn, und ungläubiges Erstau­nen trat in den Blick des Mannes.
Er warf den Kopf herum und sah den Täter.
Der Mann am offenen Fenster des Mercedes! Er hielt eine Armbrust in der Hand, mit der der tödliche höl­zerne Pfeil in Inge Merkants Herz abgeschossen worden war!

* * *

Der silbermetallicfarbene SE machte einen Satz nach vorn. Der Fahrer riß den Wagen in die Seitenstraße, wo das andere Ende des Parkplatzes mündete.
Alles, was sich jetzt ereignete, war das Werk von we­niger als einer Minute.
Der Fahrer des Mercedes trat auf die Bremse. Er riß die Tür zum Gehweg auf.
Das Innenlicht ging an.
"Mister Brent! Schnell! Hierher!" rief der Mann hin­ter dem Steuer.
Larry blickte in ein verschwitztes, aufgeregtes Gesicht und erkannte den Todesschützen.
Es war Dr. Rolf Kersky!

 

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 39, 1. Spalte, 4. - 6. Absatz

Reisner verharrte torkelnd, und beobachtete das Geschehen scheinbar ungerührt.
Der Mann im Mercedes hielt eine Armbrust aus dem offenen Fenster, mit der er den tödlichen Schuss abge­feuert hatte. Kurz darauf machte die Limousine einen Satz nach vorn. Der Fahrer raste in eine Seitenstraße, trat auf die Bremse und riss die Tür zum Gehweg auf. "Brent! Schnell! Hierher!", rief der Mann hinter dem Steuer.
Larry blickte in ein verschwitztes Gesicht. Dr. Rolf Kersky!

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 21, 1. Spalte, 3. Absatz - Seite 21, 2. Spalte, 2. Absatz

Es blieb keine Zeit, Fragen zu stellen.
Die Menschen an den Fenstern waren wie erstarrt. Sie sahen die Tote in dem von ihr gesaugten Blut vor der Haustür des Hauses Nr. 48 liegen.
Die Menschen, die Zeuge dieses grauenvollen Vorgangs geworden waren, begriffen nicht, worum es ging.
Ein Mord war geschehen. Ein schrecklicher Mord! Dies war die Meinung der Beobachter, und mehrere Zeugen gleichzeitig stürzten zu den Telefonen, um die Polizei zu verständigen.
In dieser Zeit war auch der dunkle Wagen heran, der scheinbar zufällig vom anderen Ende der Straße ge­kommen war.
Die Tür flog auf.
Reisner stand wie erstarrt. Dann löste er sich aus dem Bann und schien einem lautlosen Ruf zu folgen, als er auf dem Absatz kehrt machte und auf den mit quiet­schenden Bremsen stehenbleibenden Wagen zueilte und in dem Auto verschwand, das augenblicklich wieder star­tete.
Der viertürige, schwarze amerikanische Straßenkreuzer fuhr los mit verlöschenden Scheinwerfern und quietschen­den Pneus.
Er raste das andere Ende der Straße hoch...
Trotz der sich überstürzenden Ereignisse funktionierte Larry Brents Auffassungsgabe noch.
Der schwarze Chevrolet hatte den Vampir Peter Reis­ner aufgenommen.
Der Wagen passierte die Straßenkreuzung, und X-­RAY-3 erkannte, daß noch mehr Menschen im Auto saßen.
Menschen?
Nein, Vampire!
Ein bleiches Gesicht, von einer Flut dunkler Haare um­rahmt, leuchtete hinter dem Rückfenster des davonjagen­den Chevis.
Larry glaubte seinen Augen nicht trauen zu können.
Die Frau auf dem Hintersitz war niemand anders als Elfie Sommer, die Tote aus der speziell gesicherten Kammer des Städtischen Leichenschauhauses!

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 39, 1. Spalte, 6. Absatz - Seite 40, 1. Spalte, 1. Absatz

Für Fragen blieb keine Zeit. Fenster hatten sich geöffnet. Menschen, aufgeschreckt durch den Lärm, schauten entsetzt auf das Geschehen unter ihnen. Sie sahen eine Tote im Dreck der Straße liegen. Mord! Die Beobachter stürzten zu den Telefonen, um die Polizei zu verständigen. Gleichzeitig näherte sich ein dunkler Wagen. Reisner zuckte kurz und eilte dann auf den mit quietschenden Bremsen stehenbleibenden Wagen zu. Er verschwand in dem Auto, das sofort wieder starte­te. Der schwarze Wagen hatte den Vampir aufgenom­men und überquerte die Straßenkreuzung. X-RAY-3 erkannte, dass noch mehr Menschen im Auto saßen. Oder genauer: Vampire! Ein bleiches Gesicht, von dunklen Haaren umrahmt, leuchtete hinter dem Rück­fenster des davonjagenden Chevys. Diese Frau war nie­mand anders als Elfie Sommer. Die Tote aus dem Städ­tischen Leichenschauhaus!

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 21, 2. Spalte, 3. Absatz - Seite 22, 2. Spalte, 2. Absatz

Larry warf sich auf den Sitz neben Dr. Kersky. "Folgen Sie dem Chevrolet! Schnell! Und dann sind Sie mir eine Erklärung schuldig, auf die ich schon gespannt bin."
"Das kann ich mir denken", sagte Kersky mit rauher Stimme. Die dunklen Augen unter seinen buschigen Brauen funkelten. Er riß das Steuer seines Mercedes herum, gab Gas und jagte die Straße hoch, die auch der schwarze amerikanische Straßenkreuzer gefahren war. "Ich wußte nicht, daß auch Reisner", sagte er unver­mittelt, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. "Sonst hätte ich nochmal abgedrückt. Ich wußte nur von Inge Merkant mit Sicherheit, was los mit ihr war."
Es war Kersky nicht möglich, den schwarzen Chev­rolet zu verfolgen. Der Wagen verschwand in einer en­gen Gasse.
Unverrichteterdinge kurvte der Arzt noch durch einige Straßen und Gassen. Sie passierten Plätze in Wien, die Larry noch nie zuvor gesehen hatte. Weit drangen sie in die Vorstadtbezirke ein.
Kersky zündete sich eine Zigarette an, nachdem sein Fahrgast dankend abgelehnt hatte.
"Wie kamen Sie auf die Idee, so zu handeln?" wollte Larry wissen.
"Man muß ihnen den Garaus machen, wo immer man sie trifft, wo man sie vermutet!" Er schreckte aus seinen Gedanken hoch. Seine Lippen waren schmal, und seine Backenmuskeln zuckten. Dieser selbstsichere, überlegene Mann machte einen gehetzten Eindruck. Die Begegnung mit Inge Merkant schien ihn sichtlich mitgenommen zu haben. "Ich bin kein Mörder", sagte er unvermittelt, als müsse er sich rechtfertigen. Ein schneller Blick streifte den PSA-Agenten. "Ich habe durch mein Eingreifen viel­leicht sogar Ihr Leben gerettet."
Larry nickte. Kersky atmete tief durch. "Wissen Sie, Mister Brent", fuhr er fort, und seine Stimme klang er­leichtert, "als ich Sie in Hofstetters Klinik kennen­lernte, da spürte ich, daß Sie wahrscheinlich der einzige sind, der weiß, worum es geht und wovon geredet wird. Sie sind ein ungewöhnlicher Mensch, das spürte ich so­fort. Ich hatte allerdings keine Gelegenheit mehr, mich näher mit Ihnen zu unterhalten. Ich habe das Gefühl, daß man mit Ihnen auch über ungewöhnliche Dinge ernsthaft diskutieren kann." Er strich sich eine Haar­strähne aus der Stirn. "Manchmal muß man zu unge­wöhnlichen Mitteln greifen, wenn die Umstände es erfordern. Die Behörden arbeiten zu umständlich, langsam. Manchmal kommt es mir so vor, als nähme man das Ganze überhaupt nicht ernst, als halte man dies alles wirklich für die Taten eines Verrückten, wie es in den Zeitungen immer wieder betont wird. Es sind wirkliche Vampire, sie sind echt! Man muß sie ausmerzen! Ge­schieht das nicht, kann der Fall sich zu einer Ketten­reaktion auswachsen. Ich weiß nicht, warum das so ist, ich kann es nicht erklären, aber ich kann die Zeichen le­sen. Es sind die Zeichen einer anderen Zeit, einer anderen Macht. Es geht etwas um uns herum vor, was nicht in unseren Alltag paßt. Aber wir müssen damit fertig wer­den, auch wenn es uns nicht recht ist. Um noch mal auf vorhin zu sprechen zu kommen, Mister Brent: ich bin Ihnen nachgefahren, weil ich der Überzeugung war, daß Sie sich in allerhöchste Gefahr begaben. Ihre Kombina­tionen waren bestechend. Wenn Inge Merkant wirklich irgendwo untertauchen wollte, dann kam ihr Freund infrage. Auch schon aus dem Grund, weil sie sich dort ­mit seinem Blut — stärken und auch ihn zum Verbün­deten machen konnte. Ich war nahe daran, ins Haus zu kommen, kurz nachdem ich angelangt war. Da sah ich Sie auch schon aus der Haustür stürzen. Und alles wei­tere wissen Sie ja."
An der nächsten Straßenecke stand eine Telefonzelle. Larry Brent bat Kersky anzuhalten. Von hier aus wählte er die Nummer des Leichenschauhauses.
Weder ein Angestellter noch Sachtler hatten sich ge­meldet.
Das konnte einen folgenschweren Grund haben...

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 40, 1. Spalte, 2. Absatz - Seite 42, 1. Spalte, 2. Absatz

Larry warf sich auf den Sitz neben Dr. Kersky. "Fol­gen Sie dem Wagen! Schnell! Und dann sind Sie mir eine Erklärung schuldig."
Kersky riss das Steuer seines Mercedes herum und jagte dem schwarzen Wagen nach. "Ich wusste nicht, das auch Reisner...", sagte er ohne den Blick von der Straße zu nehmen. "Sonst hätte ich noch mal abge­drückt, Ich dachte nur Inge Merkant ..."
"Egal! Schneller!", trieb Larry ihn an.
Doch Kersky hatte keine Chance, er konnte dem schwarzen Wagen nicht lange folgen. Ziellos kurvte der Arzt weiter durch Straßen und Gassen. Schließlich stoppte Kersky und zündete sich eine Zigarette an.
"Ich höre", sagte X-RAY-3.
"Man muss ihnen den Garaus machen, wo immer man sie trifft!" Der Mann wirkte plötzlich hilflos und gedankenverloren. "Ich bin kein Mörder, Herr Brent! Ich habe durch mein Eingreifen vielleicht sogar Ihr Leben gerettet."
Larry nickte. "Sie müssen sich nicht entschuldigen."
Kersky atmete tief durch. "Wissen Sie ..." Seine Stim­me klang erleichtert. "Als ich Sie in Hofstetters Klinik kennenlernte, da spürte ich, dass Sie wahrscheinlich der Einzige sind, der weiß, worum es geht und wovon geredet wird. Sie sind ein ungewöhnlicher Mensch. Das spürte ich sofort. Ich hatte allerdings keine Gele­genheit mehr, mich intensiv mit Ihnen zu unterhalten." Er strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. "Manch­mal muss man zu ungewöhnlichen Mitteln greifen, sofern die Umstände es erfordern. Die Behörden arbei­ten umständlich und langsam. Doch wir haben es hier mit unglaublichen Ungeheuern zu tun. Man muss Sie vernichten! Ich kann die Zeichen erkennen. Die Zei­chen einer anderen Zeit, einer anderen Macht. Es geht etwas um uns herum vor, was nicht in unseren Alltag passt. Aber wir müssen damit fertig werden." Er hol­te tief Luft. "Brent, ich bin Ihnen nachgefahren, weil ich der Überzeugung war, dass Sie sich in Gefahr befinden. Wo sollte sich Inge Merkant verstecken? Es kam nur ihrFreund infrage. Er würde sie ohne Argwohn empfan­gen. Sie konnte sich mit seinem Blut stärken und ihn zum Verbündeten machen. Ich wollte gerade ins Haus kommen, Herr Brent, da sah ich Sie aus der Haustür stürzen. Alles Weitere wissen Sie."
An der nächsten Straßenecke stand eine Telefonzel­le, Larry Brent bat Kersky anzuhalten. Der PSA-Agent stieg aus und wählte die Nummer des Leichenschau­hauses. Doch niemand meldete sich. Larry sprang zurück in Kerskys Wagen. "Zur Klinik! Schnell!"

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 22, 2. Spalte, 3. Absatz - Seite 23, 1. Spalte, 4. Absatz

Während der Fahrt zum Leichenschauhaus erzählte Kersky noch einiges und ging auf Larrys Fragen ein. So erfuhr X-RAY-3, daß Dr. Rolf Kersky ein ausgezeich­neter Bogenschütze war und in seinem Haus einen Raum eingerichtet hatte, wo er Bogen aus aller Herren Länder, aus verschiedenen Epochen und von verschiedenen Stäm­men aufbewahrte. Unter anderem besaß er auch eine An­zahl Armbrusten aus dem Mittelalter. Er hatte viel eigene Arbeitskraft und Geld investieren müssen, um manches Sammlerstück wieder nutzbar zu machen.
Die Armbrust, mit der er dem gespenstischen Treiben von Inge Merkant ein Ende setzte, hatte er bereits vor einer Woche schon mal angewandt.
"Da habe ich Susanne Treber erlöst", erklärte Kersky. "Sie war in mein Haus eingedrungen. Ich habe ihr den zugespitzten Pfahl ins Herz geschossen."
"Davon hat Sachtler kein Wort erwähnt."
Kersky nickte. "Ich habe es ihm auch nicht erzählt. Ich bin Außenseiter in meinem Denken, Fühlen und Handeln. Die Leiche des Vampirs habe ich in einem Säu­rebad aufgelöst. Aber was immer ich auch tun kann, es ist zu wenig. Ein einzelner ist überfordert. Nach der letzten ärztlichen Statistik aus den umliegenden Kran­kenhäusern wurden bereits dreißig Menschen von einem Vampir gebissen und sind dadurch selbst zu Vampiren geworden. Als Untote verbreiten sie Angst und Schrecken und neuen Tod. Die Bevölkerung weiß nicht, woran sie ist. Die Behörden geben keine Aufklärung. Warum nicht? Ich kann es Ihnen sagen, Mister Brent: man fürchtet, sich zu blamieren und Dinge beim Namen zu nennen, die man nicht sagen möchte. Vampire passen ins Mittelalter, vielleicht noch ins vorige Jahrhundert, aber doch nicht in unsere aufgeklärte Zeit! Wer glaubt schon an Vampire, wer würde es wagen, ein Bekenntnis dieser Art in der Öffentlichkeit abzulegen? Die Angst, ausgelacht zu wer­den, ist größer als die Angst, weitere schreckliche Todes­fälle zu riskieren. Absurd, nicht wahr? Aber das ist un­sere Welt, unsere Zeit. Schizophren, Mister Brent!"
Kersky war verbittert. Was hatte diesen Mann so wer­den lassen? Larry kam nicht dahinter.
"Die Vampire müssen Sie fürchten, Dr. Kersky", meinte X-RAY-3. "Sie sind deren Killer. Ich hoffe, nicht der Vampir-Killer, den wir suchen?"
"Nein, Mister Brent. Da können Sie ganz beruhigt sein. Der bin ich nicht!"

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 42, 1. Spalte, 3. Absatz - Seite 43, 1. Spalte, 3. Absatz

Während der Fahrt erzählte Kersky von seiner Frau und beantwortete so gut es ging Larrys Fragen. Larry erfuhr, warum der Arzt ein so außergewöhnlich guter Bogenschütze war. In seinem Haus hatte Kersky einen Raum eingerichtet, in dem er Bogen aus vielen Ländern aufbewahrte. Unter anderem besaß er einige Armbrüs­te aus dem Mittelalter. Er hatte Zeit und Geld inves­tiert, um so manches Sammlerstück wieder nutzbar zu machen. Die Armbrust, mit der er dem gespenstischen Treiben von Inge Merkant ein Ende gesetzt hatte, hat­te er bereits vor einer Woche angewandt. "Ich musste zuvor schon eine junge Frau ... erlösen", erzählte Ker­sky stockend.
"Diesen Vorfall hat Sachtler mit keinem Wort er­wähnt." Larry war mehr als nur überrascht.
Kersky nickte düster. "Ich habe es ihm auch nicht erzählt. Die Leiche des Vampirs habe ich in einem Säu­rebad aufgelöst. Nach der letzten ärztlichen Statistik aus den umliegenden Krankenhäusern wurden bereits dreißig Menschen von Vampiren gebissen und sind dadurch selbst zu Vampiren geworden. Als Untote ver­breiten sie Angst und Schrecken und neuen Tod. Die Bevölkerung weiß nicht, woran sie ist. Die Behörden geben keine Aufklärung. Warum? Ich kann es Ihnen sagen. Man fürchtet, sich zu blamieren und Dinge beim Namen zu nennen, die man nicht sagen möchte. Vam­pire passen nicht mehr in unsere aufgeklärte Zeit. Wer glaubt schon an Vampire, wer würde es wagen, ein Bekenntnis dieser Art in der Öffentlichkeit abzulegen? Die Angst, ausgelacht zu werden, ist größer als die Angst weitere schreckliche Todesfälle zu riskieren. Absurd, nicht wahr?" Kersky wirkte verbittert.
Larry konnte sich eines unguten Gefühls nicht er­wehren. "Ich hoffe, Sie sind nicht der Vampir-Killer, den wir alle suchen?"
"Nein, Brent. Der, den Sie suchen, der bin ich nicht!"

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 23, 1. Spalte, 5. - 15. Absatz

Sie erreichten das Leichenschauhaus.
Auf dem Parkplatz standen zwei Autos. Sachtlers Ford und ein Kleinwagen, ein moosgrüner Fiat 126.
Das war der Wagen des Angestellten, der die Auf­nahmeformalitäten hier erledigte.
Noch ehe Kersky seinen Mercedes 280 SE richtig ein­geparkt hatte, öffnete Larry schon die Tür und sprang hinaus.
X-RAY-3 suchte sofort die Kammer auf, die er nach dem Mittagessen gemeinsam mit Anton Sachtler betreten hatte. Daß dies alles heute passiert war, kam ihm schon gar nicht mehr so vor. Er hatte das Gefühl, bereits tage­lang an diesem vertrackten Fall zu arbeiten.
Larry riß die Tür zur Kammer auf, die nicht ver­schlossen war.
Die Laken über den Bahren waren blutverspritzt.
Auf dem Boden lag der massige Körper von Sachtler!
Larry ging in die Hocke und drehte den Kommissar um. Das Gesicht war teigig und bleich.
"Darf ich?" fragte da Kersky hinter Larry. Die Stim­me des Arztes klang rauh.
Doch Larry hatte es schon gesehen.
Anton Sachtler trug das furchtbare Mal, das sein Schicksal besiegelte, am Hals.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 43, 1. Spalte, 4. Absatz - Seite 44, 1. Spalte, 1. Absatz

Sie erreichten das Leichenschauhaus. Auf dem Park­platz standen Sachtlers Ford und ein moosgrüner Fiat. Einer der Angestellten, wie Kersky erklärte. Noch ehe der Arzt seinen Wagen einparken konnte, war Larry schon draußen und spurtete zum Eingang in die Lei­chenkammer. Er rüttelte an der Tür und erschrak. Sie war unverschlossen, die von Sachtler versprochene Be­wachung nicht vorhanden. Im Inneren des Raumes bot sich dem PSA-Agenten ein Bild des Grauens. Die La­ken über den Bahren waren blutverspritzt. Auf dem Boden der massige Körper von Sachtler! Larry ging in die Hocke und drehte den Kommissar um. Dessen Gesicht war verzerrt und bleich.

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 23, 1. Spalte, 16. Absatz - Seite 24, 1. Spalte, 6. Absatz

Kersky nahm an Ort und Stelle die Untersuchung vor. Sachtler atmete noch schwach, und sein Herz schlug.
Aus den Augenwinkeln heraus nahm Larry wahr, daß Kersky seine Armbrust neben sich auf den Boden gelegt hatte. Ein faustdicker, etwa sechzig Zentimeter langer Pflock war eingelegt.
Vorn war der Pflock zugespitzt.
"Es ist anders." Kerskys Augen waren zu schmalen Schlitzen zusammengepreßt. "Er ist kein Vampir! Se­hen Sie, hier!"
Er deutete auf die Würgemale, auf die roten, blut­unterlaufenen Flecken an Gesicht und Händen.
"Spuren, die auf einen heftigen Kampf schließen las­sen."
Larry sah sich nochmal die angebliche Bißwunde am Hals an. Es war nur ein aufgequollener, blau angelaufe­ner Hof um eine einzelne Stichwunde. Ähnliche Löcher fanden sich auch an den Oberarmen und sogar in der Brust.
Sachtler bewegte den Kopf und stöhnte.
Schwerfällig schlug er die Augen auf. Er mußte sie mehrmals zusammenpressen, als nähme er das Bild vor sich nur verschwommen wahr.
"Es ist alles in Ordnung", sagte Larry und bettete den Kopf des Kommissars höher, damit er bequemer lag. Dazu bediente er sich der verschmierten Laken von den Bahren, die er einfach dick zusammenlegte und unter Sachtlers Nacken schob.
"Ah, Sie sind's... Mister Brent... verdammte Schweinerei... bin zu spät gekommen... und doch nicht spät... genug. Josef... der Mann aus dem Büro... war nicht in seinem Zimmer... da habe ich schon etwas geahnt. Als ich hierherkam... haben sie mich angefal­len... Sie schlugen mich nieder..." Er atmete schwer. Das Sprechen strengte ihn an. Kersky verschwand nach draußen und holte aus seinem Wagen den Erste-Hilfe­-Kasten.
"Elfie Sommer... sie hat wieder gelebt... und sie hatte ein Vampir-Gebiß, Mister Brent." Schweiß perlte auf Sachtlers Stirn. Larry forderte ihn auf, nicht mehr zu reden und sich erst zu erholen, später könne er dann alles mitteilen. Aber davon wollte der dicke Kommissar nichts wissen. "Nichts... jetzt müssen Sie Bescheid wis­sen! Die Zeit drängt, ich bin ausgefallen. Das hätte nicht passieren dürfen... Josef... war Elfie Sommers Opfer geworden... Als ich eintraf, waren sie beide Vampire und schickten sich an, die Kammer zu verlassen. Es kam zu einer Schlägerei... viel weiß ich nicht davon... es ging alles so schnell, und dann muß ich wohl das Be­wußtsein verloren haben...""Man hat sie verletzt. Womit?" wollte Larry wissen.
"Josef... hielt etwas in der Hand... er hat es unter der Bahre vorgezogen... wie eine große Nadel. Als er zustach, habe ich schon am Boden gelegen, Mister Brent", berichtete Sachtler schwach.
Gleich darauf wußte Larry, was der Angestellte Josef in der Hand gehalten und womit er auf Sachtler ein­gestochen hatte.
Man konnte die Liegeflächen von dem Rollengestell der Bahren heben, indem man einfach einen etwa dreißig Zentimeter langen, nadelförmigen Metallstab aus einer Öse zog.
Wie mit einem Dolch hatte Josef in seiner Rage und wie in Trance auf den Kommissar eingestochen.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 44, 1. Spalte, 2. Absatz - Seite 45, 1. Spalte, 6. Absatz

"Darf ich?", fragte Kersky, der hinter Larry aufge­taucht war, mit rauer Stimme. Sachtler atmete schwach. Die Wunde am Hals war nicht zu übersehen. "Glück ge­habt" Kerskys Augen waren zu schmalen Schlitzen zu­sammengepresst. "Er ist kein Vampir! Sehen Sie, hier!" Der Arzt deutete auf die Würgemale und auf die roten Flecken an Gesicht und Händen. "Spuren, die auf einen heftigen Kampf schließen lassen. Aber keine Bisse."
Larry sah sich die Wunde am Hals genauer an. Ein blau angelaufener Hof um einen einzelnen Stich. Ähn­liche Löcher fanden sich auch an den Oberarmen und sogar in der Brust.
Sachtler bewegte den Kopf und stöhnte. Schwerfäl­lig schlug er die Augen auf.
"Alles in Ordnung!" Larry bettete den Kopf des Kommissars bequemer.
"Ah ... Brent ... verdammte Schweinerei ... bin zu spät gekommen ... und doch nicht spät ... genug ... der Mann aus dem Büro ... war nicht in seinem Zimmer ... da habe ich schon etwas geahnt. Als ich hierherkam ... haben sie mich angefallen ... Sie schlugen mich nieder ..." Er atmete schwer. Das Sprechen strengte ihn an.
Kersky kam mit einem Notarztkoffer zurück.
"Elfie Sommer ... sie hat auch wieder gelebt ... und auch diese Vampirzähne ..." Schweiß perlte auf Sacht­iers Stirn. Larry bat ihn, nicht mehr zu reden und sich erst zu erholen, doch der Kommissar wehrte ab. "Sie müssen unbedingt Bescheid wissen! Die Zeit drängt. Das hätte nicht passieren dürfen ... Unser Mann, hier ... war Elfie Sommers Opfer geworden ... Als ich eintraf, waren sie beide Vampire und waren gerade dabei, die Kammer zu verlassen. Ich wollte sie aufhalten ... viel weiß ich nicht davon ... es ging alles so schnell, und dann muss ich wohl das Bewusstsein verloren haben ..."
"Womit hat man Sie verletzt?", fragte Larry.
" ... unter der Bahre vorgezogen ... wie eine große Nadel ..."
Wenig später wusste Larry, womit auf Sachtler ein­gestochen wurde. Die Liegeflächen wurden mit dün­nen Metallstäben an dem Rollgestell der Bahren fixiert, Damit hatte man wie mit einem Dolch auf den Kom­missar eingestochen.

* * * 

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 24, 1. Spalte, 7. Absatz

Sie brachten den geschwächten Kommissar in das nächste Krankenhaus. Larry informierte die Dienststelle. Dann fuhr er mit Kersky weiter.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 46, 1. Spalte, 1. Absatz

Der Notarztwagen, den Kersky gerufen hatte, traf ein. Larry informierte Sachtlers Dienststelle. Somit hat­te er alles Nötige veranlasst.

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 24, 1. Spalte, 8. Absatz - Seite 24, 2. Spalte, 3. Absatz

"Sie sollten wirklich über alles informiert sein", meinte Kersky. "Ich möchte, daß Sie sich einen Eindruck von dem machen, was in meinem Haus vorgeht. Der Abend war schon aufregend genug. Die Nacht wird kommen, und dann erst werden Vampire aktiv, sagt man. Das stimmt!"

* * *

An der Ecke Neulerchenfelder-Kirchstetternstraße hielt Kersky kurz an. Larry lief zu der Stelle zurück, wo er seinen Alfa Romeo abgestellt hatte.
In der Straße herrschte noch immer einige Aufregung.
Polizei- und Krankenwagen waren bereits wieder ab­gezogen. Nichts mehr wies auf den makabren Vorfall hin.
Larry holte seinen Leihwagen und verließ die Kirchstetternstraße. Er fuhr hinter Dr. Kersky her, der es eilig hatte, nach Hause zu kommen.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 46, 1. Spalte, 2. - 5. Absatz

Minuten später saß er wieder mit Kersky in dessen Wagen.
"Sie sollten wirklich über alles Bescheid wissen", sag­te Kersky plötzlich. "Ich möchte, dass Sie sich einen Eindruck von dem machen, was beispielweise in mei­nem Haus passiert. Die nächste Nacht naht. Die Vam­pire werden aktiv ..."
Larry betrachte den Arzt nachdenklich von der Sei­te. Was stimmte nicht mit diesem Mann?
An der Ecke Neulerchenfelder und Kirchstettern Straße hielt Kersky kurz an. Larry lief zu der Stelle zu­rück, wo er seinen Alfa abgestellt hatte. Dort herrsch­te noch immer Aufregung. Doch Polizei- und Kranken­wagen waren verschwunden. Nichts wies mehr auf den makabren Vorfall hin. Der PSA-Agent startete sei­nen Leihwagen und fuhr hinter Kersky her, der es offenbar sehr eilig hatte, nach Hause zu kommen.

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 24, 2. Spalte, 3. Absatz - Seite 25, 2. Spalte, 12. Absatz

Niemand wußte, wer den schwarzen Chevrolet steuerte und was für eine Fracht er beförderte.
Der Chauffeur war ein schlanker, schwarzgekleideter Mann mittleren Alters.
Er wirkte distinguiert.
Zum erstenmal hielt der amerikanische Straßenkreuzer in der Reichsapfelgasse. Nicht weit vom Parkgelände des Schlosses Schönbrunn und vom Auer-Welsbach-Park ent­fernt, war dies ein Operationsgebiet, in dem ein Vampir schnell untertauchen konnte, wenn es darauf ankam. Und es kam darauf an, wie die Entwicklung zeigte.
Doch der Mann am Steuer ließ sich dadurch nicht be­irren. Er hatte einen Plan. Und diesen Plan würde er buchstabengenau erfüllen.
Es konnte nichts schief gehen. Einem Marotsch war noch nie etwas mißlungen. Und er war — ein Marotsch!
Elfie Sommer bekam das Zeichen, auszusteigen, als die Straße frei war.
Die junge rothaarige Serviererin trug nicht mehr das dünne, weiße Totenhemd auf dem blassen Körper. Wie durch Zauberei war dieses weiße, brüchige Gewebe, das für die Vergänglichkeit bestimmt war, zu einem Kleid geworden. Der Stoff war dunkelblau, der untere Saum war mit Rüschen besetzt, und es hatte kurze Ärmel.
Marotsch war ein Magier. Die Gabe zu hexen, wurde nur wenigen Menschen zuteil. Das Talent war ihm in die Wiege gelegt worden. Aber man mußte sich der Sym­pathien der Höllenmächte stets aufs neue vergewissern. Nur solange er das tat, was man von ihm erwartete, be­kam er das, was er erwartete.
Elfie Sommer verschwand im Dunkeln.
Der Marotsch fuhr wieder ab.
Drei Straßenecken weiter vorn, wo die Wurmsergasse in die Fehlberststraße mündete, hielt er erneut an. Dies­mal verließ Peter Reisner den Chevrolet.
Der Marotsch war allein. "Lebt", murmelte er, und es klang wie eine Beschwörung. "Die Nacht ist euer Metier. Verbreitet Angst und Schrecken — und Tod! Dann seid ihr mein, dann kann ich euch gebrauchen. Dann werde ich eure Herzen holen."
Er blickte auch Peter Reisner nach, bis der junge Mann verschwunden war.
Der Fahrer startete den Chevrolet erneut.
Scheinbar ziellos steuerte er durch die Stadt. Aber die­ser Eindruck täuschte.
Der Marotsch fuhr quer durch Hernals, bis er auf die Höhenstraße kam.
Die gewundene Trasse führte durch mehrere Wälder und bewaldete Höhenzüge. Hier, wo man die Stadtnähe nicht mehr spürte, verließ der geheimnisvolle, dunkel­gekleidete Mann den Chevrolet. Der Wagen mit der amerikanischen Nummer war gestohlen. Der Marotsch hatte ihn, als am späten Nachmittag das Unwetter be­gann, von einem Parkplatz beim Prater entwendet.
Seit dieser Zeit benutzte er diesen Wagen. Keine Po­lizeistreife war ihm bisher in die Quere gekommen.
Der Marotsch, mit dem Aussehen eines Biedermannes, schlug die Tür zu.
Wie durch Zauberei setzte der Chevrolet in diesem Moment seine Fahrt fort, ohne daß jemand hinter dem Steuer saß und Gas gab!

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 46, 1. Spalte, 6. Absatz - Seite 48, 1. Spalte, 1. Absatz

Niemand wusste, wer den schwarzen Chevrolet steu­erte und was für eine Fracht er beförderte. Der Chauf­feur war ein schwarz gekleideter Mann mittleren Alters. Zum ersten Mal hielt der amerikanische Stra­ßenkreuzer in der Reichsapfelgasse. Nicht weit vom Parkgelände des Schlosses Schönbrunn und vom Auer­-Welsbach-Park entfernt, war dies ein Gebiet, in dem man schnell untertauchen konnte, wenn es darauf ankam. Der Mann am Steuer hatte einen Plan, und die­sen Plan wollte er genau erfüllen. Es konnte eigentlich nichts schiefgehen. Einem Marotsch war noch nie etwas misslungen. Als die Straße frei war, fordert er Elfie Sommer auf, auszusteigen. Die rothaarige Frau trug nicht mehr das weiße Totenhemd. Das dünne Gewebe war zu einem Kleid geworden. Dunkelblauer Stoff, der untere Saum mit Rüschen besetzt, kurze Ärmel. Der Marotsch war ein Magier. Die Gabe zu hexen, wurde nur wenigen Menschen zuteil. Das Talent war ihm in die Wiege gelegt worden. Aber man musste sich die Sympathien dieser Höllenmächte stets aufs Neue erar­beiten. Nur solange er tat, was man von ihm erwarte­te, bekam er das, was er brauchte.
Elfie Sommer verschwand in der Dunkelheit. Der Marotsch fuhr weiter. Drei Straßenecken später, wo die Wurmsergasse in die Fehlberststraße mündete, hielt der Mann erneut an. Diesmal verließ Peter Reisner den Wagen. Der Marotsch blieb allein zurück. "Lebt!" Es klang wie eine Beschwörung. "Die Nacht ist euer Metier. Verbreitet Angst und Schrecken! Und Tod! Dann seid ihr mein, nur so seid ihr von Nutzen." Er blickte Reisner nach, bis der junge Mann verschwun­den war. Dann startete er den Chevrolet und steuerte scheinbar ziellos durch die Stadt. Der Marotsch durch­querte Hernals, bis er die Höhenstraße erreichte. Die gewundene Trasse führte durch mehrere Wälder. Hier, wo man die Stadtnähe nicht mehr spürte, verließ der Marotsch seinen Wagen. Der Chevrolet setzte augen­blicklich seine Fahrt fort, ohne dass jemand hinter dem Steuer saß.

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 25, 2. Spalte, 13. Absatz - Seite 26, 1. Spalte, 8. Absatz

Der Chevrolet rollte bergauf. Wo die Höhenstraße den Hermannskogelweg schnitt, bog der Wagen rechts ab.
Der Marotsch, schon einige hundert Meter von dem gestohlenen Fahrzeug entfernt, stand unbeweglich und mit höchster Konzentration in der Nacht am Straßen­rand und schien aus halbgeschlossenen Augen das Auto zu verfolgen.
In dem Gebiet, das man hier Hirschstuben nannte, stand nur wenige hundert Meter von der Wegkreuzung entfernt ein kleines Lokal für Ausflügler und Touristen. Die Laternen in der Nähe des Ausflugslokals brannten.
Die Nacht war ruhig.
Plötzlich krachte es. Es hallte wie ein Donnerschlag durch die Luft, als der Chevrolet frontal mit voller Wucht gegen den Laternenmast knallte.
Der Lärm war in beachtlicher Entfernung noch zu hören.
Gäste des Lokals stürzten aus dem Haus, die Fenster wurden aufgerissen. Man fand den übel zugerichteten Wagen.
Männer wollten den Fahrer aus dem völlig zerbeulten Führerhaus bergen, auf das der Laternenmast gestürzt war und es eingedrückt hatte.
"Ob der noch lebt? Sieht verdammt schlimm aus", meinte einer, während der Lokalinhaber bereits die Po­lizei verständigte. Die nächste Dienststelle lag in der Neuwaldeggerstraße. Dort fuhr sofort ein Streifenwagen los, auch ein Unfallwagen wurde Sekunden später ab­gerufen.
Zu diesem Zeitpunkt aber machten die Menschen, die den Verletzten bergen wollten, eine rätselhafte Entdec­kung: In dem Unfallwagen saß kein Mensch...

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 48, 1. Spalte, 1. Absatz - Seite 49, 1. Spalte, 2. Absatz

Er rollte bergauf. Dort wo die Höhenstra­ße den Hermannskogelweg schnitt, bog der Wagen rechts ab.
Der Marotsch, schon einige hundert Meter von dem gestohlenen Fahrzeug entfernt, stand unbeweglich und mit höchster Konzentration in der Nacht am Straßen­rand und schien aus halb geschlossenen Augen das Auto zu verfolgen. In dem Gebiet, das man Hirschstu­ben nannte, nicht weit von der Wegkreuzung entfernt, stand ein hell erleuchtetes Lokal für Ausflügler. Die bis­her so ruhige Nacht wurde von einem lauten Krachen unterbrochen, als der Chevrolet frontal gegen einen Laternenmast knallte. Gäste des Lokals stürzten aus dem Haus, Fenster wurden aufgerissen. Man sah den völlig zerstörten Wagen. Beherzte Männer wollten so­gleich den Fahrer aus dem zerbeulten Führerhaus ber­gen.
"Ob der noch lebt? Sieht verdammt schlimm aus", meinte einer, während ein anderer ins Lokal zurückeil­te, um die Polizei zu verständigen.
Doch als man etwaige Verletzte bergen wollte, erwies sich der Unfallwagen als unbesetzt.

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 26, 1. Spalte, 9. - 11. Absatz

Durch das Dunkel flatterte eine Fledermaus. Ein gro­ßes und starkes Tier.
Und die gleiche Fledermaus tauchte wenig später einige Kilometer vom Ort des Geschehens am Waldrandweg auf. Dort, in einer kleinen, ruhigen Siedlung, wo die Welt noch in Ordnung schien, stand auch das Haus von Dr. Rolf Kersky.
Die Fledermaus glitt wie ein bizarrer Nachtschwärmer durch das Dunkel, auf das freistehende, von Bäumen um­wachsene Haus zu...

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 49, 1. Spalte, 3. Absatz

Über den Wagen flatterte eine Fledermaus durch die dunkle Nacht. Und die gleiche Fledermaus tauchte wenig später einige Kilometer vom Ort des Geschehens am Waldrandweg auf. Hier befand sich das Haus von Dr. Rolf Kersky. Die Fledermaus glitt langsam auf das frei stehende Haus zu.

* * *

 

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 26, 1. Spalte, 12. Absatz - Seite 28, 1. Spalte, 6. Absatz

Auch Janosch sah auf, als der neue Gast die ohnehin schon überfüllte Gaststube betrat.
Stimmengermurmel erfüllte die Kneipe, Rauch und Al­koholdunst lagen wie ein dichter Vorhang unter der Decke. Die Luft war zum Schneiden. Aber niemand kam auf die Idee, auch nur ein Fenster zu öffnen.
Janosch strahlte. Seine weißen, großen Zähne unter dem buschigen Schnauzbart blitzten.
Der Wirt drehte den Kopf in Richtung des in der Ecke sitzenden Russen, hob eine Hand, die blitzsauber war vom vielen Bierschaumabstreifen und brachte die Spitzen von Daumen und Zeigefinger zusammen. Mit dieser Geste gab er Kunaritschew zu verstehen, daß das der Mann war, den der Russe erwartete.
Rufe wurden laut. Einige Männer erhoben sich und gingen auf den Neuankömmling zu.
Der Mann war gut gekleidet. Er lachte und strahlte Sympathie aus, und jedermann schien ihn zu kennen.
Das war kein Wunder, denn es war Emerich Nagy, der Bürgermeister von Jolischka.
Er war Mitte vierzig, grobknochig und kräftig. Ein Mann, der wußte, wie man mit einem Pflug umging, wie man einen Traktor führte oder eine Mähmaschine be­nutzte.
Nagy war Landwirtsohn. Er kannte die Menschen, ihre Probleme und ihre Sorgen. Er war hier großgeworden.
Eine Woche lang war Kunaritschew nicht mehr in Jo­lischka gewesen. Durch den Wirt und einige andere Dorfbewohner, mit denen er ins Gespräch gekommen war, hatte er erfahren, daß Emerich Nagy für ihn der richtige Gesprächspartner war.
Nagy sprach ein paar Worte mit dem Wirt. Einige Gäste baten Nagy an den Tisch. Er vertröstete sie auf später.
Iwan Kunaritschew hatte innerhalb von zwei Tagen in Jolischka viele Gespräche geführt und auch den Fried­hof besichtigt, wo vor fünfzig Jahren unheimliche Er­eignisse ihren Lauf nahmen. Menschen, als Vampire bei­gesetzt, hatten ihre Gräber verlassen und die Lebenden angefallen.
Aber man war der Vampirplage Herr geworden. So­bald man wieder einen entdeckt hatte, wurde dessen Grab aufgerissen, in das er sich nach vollzogener Tat wieder zurückgezogen hatte. Vielen Vampiren konnten sei­nerzeit zugespitzte Holzpflöcke ins Herz geschlagen werden, und ihr unruhiges, untotes Dasein fand ein Ende.
Fast alle im Dorf wußten noch von dieser Zeit zu er­zählen. Die meisten Bewohner hatten sie miterlebt.
Die Burschen und Mädchen in Jolischka, die damals um die zwanzig gewesen waren, bildeten heute die Altenschicht der Siebzigjährigen. Und die Alten erinnerten sich gern und erzählten. Vom Marotsch. So hatten sie den komischen Menschen getauft, der damals sein Unwesen trieb. Mit Marotsch hatten die Vampire zu tun. Er machte erst die Vampire, dann tötete er sie wieder. Auf seine Weise.
Doch heute fürchtete niemand mehr den Marotsch. Es heißt, daß ein Marotsch einen Ort nur ein einziges Mal aufsucht und dann nie wieder.
Iwan Kunaritschew hatte sich im Dorf als Okkultforscher ausgegeben und behauptet, ein Buch über selt­same und unerklärliche Ereignisse der letzten hundert Jahre zu schreiben.
In dieser Rolle trat er jetzt auch Emerich Nagy ge­genüber.
Der Bürgermeister und Landwirt von Jolischka reichte dem fremden Besucher die Hand und nahm dann an dem kleinen runden Tisch Platz.
"Das ganze Dorf spricht von Ihnen", sagte Nagy und sah den Fremden eingehend an. "Man freut sich, daß ein so interessanter Mensch hier Station macht und sich für die jüngste Vergangenheit Jolischkas interessiert."
Iwan nickte. Er hatte einen doppelstöckigen russischen Wodka vor sich stehen. Iwans Gesicht war gerötet, doch das kam nicht vom Alkohol allein. Der Russe hatte im­mer ein frisches Aussehen. "Ich habe von Ihrem Marotsch gehört. Deshalb bin ich hier."
Nagy lächelte. "Unser Marotsch, ja." Er sagte es so, als handele es sich um ein von allen geliebtes Wesen, das vor einiger Zeit Jolischka verlassen hatte. "Immerhin sprechen Sie den Namen schon richtig aus."
"Das ist kein Kunststück."
"Und Sie wissen auch, was er bedeutet?"
"Ungefähr."
Nagy rückte näher an den Tisch heran. Die Gespräche rundum gingen weiter. Niemand kümmerte sich um sie. In der separaten Ecke waren sie verhältnis­mäßig ungestört. Nagy wurde ernst. "Marotsch bedeutet vieles.
Er war mehr. Er war Vampir und Vampir-Töter! Aber nicht nur das. Er war Dämon und Hexer. Und das ist er noch heute. Ein Marotsch wird immer wiederkom­men, wie der Sommer auf den Frühling folgt. Aber er wird dann einen anderen Ort aufsuchen, um da ruch­lose Verbrechen zu begehen. Und niemand kann ihn da­ran hindern."
"Erzählen Sie mir mehr über diesen Marotsch!" Iwan wollte aus dem Mund von Emerich Nagy wissen, wie er die Sache sah.
Emerich Nagy schürzte die Lippen. "Es gibt Dinge, über die man nicht sprechen sollte, Genosse Kunari­tschew."
Die Unterhaltung fand in russischer Sprache statt. Na­gy sprach ein ausgezeichnetes Russisch.
Nagy nickte. "Ja. Aber es liegt dennoch in Ihrem In­teresse, wenn Sie diese Dinge erst gar nicht beschäftigen."
"Ist eine Gefahr damit verbunden?”
Nagy wartete einen Moment, ehe er darauf antwor­tete. "Vermutlich. Eben weil hier kein Mensch das mit Gewißheit weiß, lassen wir die Finger davon."
"Aber vielleicht wäre es notwendig, sich Gewißheit zu verschaffen. Ich bin ein neugieriger Mensch. Das bringt mein Beruf so mit sich."
"Neugierde kann den Tod bringen!"
"Aber man weiß es nicht. Vielleicht steckt aber noch mehr dahinter. Könnten Sie es verantworten, daß es vielleicht einen anderen Ort gibt, von dem der verderb­liche Einfluß ausgeht?"
"Wie meinen Sie das?" Nagy wurde hellhörig.
"Der Marotsch ist wieder da, Bürgermeister!"
Emerich Nagy kniff die Augen zusammen. Er sah nachdenklich, aber nicht erschrocken oder verwundert aus. "Das wäre nichts Besonderes, Genosse Kunaritschew." Der Magyare griff nach seinem Bierglas und nahm einen langen, herzhaften Schluck. "Der Marotsch kommt im­mer wieder. Irgendwohin. Man kann ihn nicht ausmer­zen. Er wird Vampire machen und Vampire töten. Wo er auftaucht, wird die Zeit still stehen, und seltsame Ereignisse werden sich jagen. Denn als Dämon und Hexer überwindet er die Grenzen dieser Welt. Er ist von dieser Welt — und gehört doch nicht zu ihr. Hier, in Jolischka, stand die Wiege des Marotsch. Wir konnten es nicht verhindern, aber Jolischka braucht nichts mehr zu fürchten. Der Tribut dieses Dorfes ist gezahlt. Wir haben den Marotsch vertrieben."
"Wo verschwand der Marotsch? Sagen Sie es mir!"
Der Bürgermeister des kleinen Dorfes leckte sich über die Lippen. "Es gibt diesen Ort, den Ihnen niemand nennen wollte. Auf halbem Weg nach Sojtor. Alle aus Jo­lischka meiden diese Stelle. Auch die Kinder sind gewarnt und spielen dort nicht. Es ist ein unheimlicher Ort! Schon am Tag! Wie es nachts aussieht, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich war nie dort. Einmal, das ist passiert, als ich noch ein Junge war, soll ein Kind vom Feld sei­nes Vaters weggelaufen und zu der alten Lehmhütte ge­gangen sein. Man hat das Kind später nie wieder gefun­den. Nach diesem Vorfall hat es nie einen zweiten gegeben. Wir fürchten Marotsch nicht, aber wir machen um die Behausung, die er benützte, einen großen Bogen. Heute nur noch Ruine, ist der Flecken Erde in den letz­ten Jahrzehnten von keines Menschen Fuß mehr berührt worden."
"Zeigen Sie mir die Ruine!" Kunaritschew sagte es wie aus der Pistole geschossen.
Emerich Nagy sah ihn an, als hätte er nicht richtig gehört. "Aber... Sie meinen: jetzt?"
"Ja, warum nicht? Es ist noch nicht Mitternacht, also keine Geisterstunde. Ich habe es manchmal sehr eilig, meine Neugierde zu stillen..."

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 49, 1. Spalte, 4. Absatz - Seite 54, 1. Spalte, 1. Absatz

Der Wirt, sah auf, als der neue Gast die gut besetzte Gaststube betrat. Stimmengemurmel erfüllte die Knei­pe. Rauch und Alkoholdunst lagen wie ein dichter Vor­hang unter der Decke. Schwere Luft die man fast schneiden konnte. Aber niemand kam auf die Idee, ein Fenster zu öffnen. Der Wirt strahlte, seine weißen Zäh­ne unter dem dichten Schnauzbart blitzten. Dann dreh­te er seinen Kopf in Richtung des in der Ecke sitzen­den Russen, hob eine Hand und brachte die Spitzen von Daumen und Zeigefinger zusammen. Mit dieser Geste gab er Iwan Kunaritschew zu verstehen, dass dies der Mann war, den der Russe erwartete.
Rufe wurden laut. Einige Männer erhoben sich und gingen auf den Neuankömmling zu. Der Mann war gut gekleidet. Er lachte, strahlte Sympathie aus, jedermann schien ihn zu kennen. Emerich Nagy, der Bürgermeis­ter von Jolischka. Ende dreißig, grobknochig und kräf­tig. Ein Mann, der wusste, wie man mit einem Pflug umging, wie man einen Traktor fuhr oder einen Mäh­drescher benutzte. Nagy war Landwirtssohn. Er kann­te die Menschen, ihre Probleme und ihre Sorgen. Er war hier aufgewachsen.
Durch den Wirt und einige andere Dorfbewohner, hatte Iwan erfahren, dass Emerich Nagy für ihn wohl der richtige Gesprächspartner war. Iwan hatte während der letzten zwei Tage in Jolischka viele Gespräche ge­führt und den Friedhof besichtigt, auf dem vor fünfzig Jahren unheimliche Dinge geschehen waren. Men­schen, offenbar als Vampire beigesetzt, hatten ihre Grä­ber verlassen und die Lebenden angefallen. Aber man war der Vampirplage Herr geworden. Den Vampiren wurden zugespitzte Holzpflöcke ins Herz geschlagen. Damit fand ihr untotes Dasein ein Ende. Die Burschen und Mädchen in Jolischka, die damals um die zwan­zig gewesen waren, bildeten heute die Altersschicht der Siebzigjährigen. Und die Alten erinnerten sich gern und erzählten vom Marotsch. So hatten sie das seltsa­me Wesen genannt, das damals sein Unwesen getrie­ben hatte. Dieser Marotsch machte Menschen zu Vam­piren, offenbar nur um sie später wieder zu töten. Doch heute fürchtete niemand mehr den Marotsch. Es heißt, dass der Marotsch einen Ort nur ein einziges Mal auf­sucht und dann nie wieder.
Iwan hatte sich im Dorf als Okkultforscher ausge­geben und behauptet, ein Buch über seltsame und un­erklärliche Ereignisse der letzten hundert Jahre zu schreiben. In dieser Rolle trat er jetzt auch Emerich Nagy gegenüber, der gerade ein paar Worte mit dem Wirt redete. Der Bürgermeister drehte sich dem Rus­sen zu, reichte dem fremden Besucher die Hand und nahm dann mit ihm an dem kleinen Tisch Platz.
"Das ganze Dorf spricht von Ihnen", sagte Nagy und musterte den Fremden eingehend. "Man freut sich, dass ein so interessanter Mensch hier Station macht und sich für Jolischkas jüngste Vergangenheit interes­siert."
Iwan nickte und drehte ein großes Glas Wodka in sei­nen Händen. "Ich habe von Ihrem Marotsch gehört. Deshalb bin ich hier."
Nagy lächelte. "Unser Marotsch, ja." Er sagte es so, als handele es sich um ein von allen geliebtes Wesen. "Immerhin sprechen Sie den Namen richtig aus."
"Kein Problem."
"Und Sie wissen auch, was er bedeutet?"
"Ungefähr."
Nagy rückte näher und wurde ernst. "Marotsch bedeutet vieles. Vampir und gleichzeitig ein Vampir­töter! Und nicht nur das, auch Dämon und Hexer. Ein Marotsch kommt immer wieder zurück, so wie der Sommer auf den Frühling folgt. Aber er wird dann einen anderen Ort aufsuchen, um seine Verbrechen zu begehen. Und niemand kann ihn daran hindern."
"Erzählen Sie mir mehr über diesen Marotsch!"
Emerich Nagy spitzte die Lippen. "Es gibt Dinge, über die man nicht sprechen sollte, Genosse Kunari­tschew." Die Unterhaltung fand in russischer Sprache statt. "Und vielleicht wäre es besser, wenn Sie sich mit diesen Dingen erst gar nicht beschäftigen."
"Ich bin ein neugieriger Mensch. Das bringt mein Beruf so mit sich."
"Neugierde kann tödlich sein!"
"Vieles kann tödlich sein." Iwan grinste. "Können Sie es verantworten, dass diese grausamen Verbrechen bis in alle Ewigkeit so weiter gehen?"
"Wie meinen Sie das?" Nagy wurde hellhörig.
"Der Marotsch ist wieder da, Bürgermeister!"
Emerich Nagy kniff die Augen zusammen. Er sah nachdenklich, aber nicht erschrocken aus. "Das wäre nichts Besonderes, Genosse Kunaritschew." Der Ma­gyare griff nach seinem Bierglas und nahm einen herzhaften Schluck. "Der Marotsch kommt immer wieder. Man kann ihn nicht ausmerzen. Er wird wieder Vam­pire machen, um sie dann zu töten. Wo er auftaucht, wird die Zeit stillstehen, denn als Dämon und Hexer überwindet er die Grenzen dieser Welt. Er ist von die­ser Welt ... und gehört doch nicht zu ihr. Hier, in Jolischka, stand die Wiege des Marotsch. Der Tribut dieses Dorfes ist gezahlt. Wir haben den Marotsch ver­trieben. Uns droht keine Gefahr mehr."
"Wo verschwand der Marotsch?"
Der Bürgermeister leckte sich über die Lippen. "Ein Ort, den Ihnen hier niemand nennen wird." Er mach­te eine lange Pause. "Auf halbem Weg nach Sojtor. Alle aus Jolischka meiden diese Stelle. Niemand geht dort hin. Ein unheimlicher Ort! Auch am Tag! Wie es nachts aussieht, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich war nie dort. Einmal, soll ein Kind vom Feld seines Vaters weggelaufen und zu der alten Lehmhütte gegangen sein. Das Kind verschwand für immer. Wir fürchten den Marotsch nicht mehr, aber wir machen um seine ehemalige Behausung einen großen Bogen. Heute ist der Ort nur noch eine Ruine und in den letzten Jahr­zehnten von keines Menschen Fuß mehr berührt wor­den."
"Zeigen Sie mir diese Ruine!" Kunaritschew leerte sein Glas in einem Zug.
Nagy sah ihn an, als hätte er nicht richtig gehört. "Sie meinen ... jetzt sofort?"

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 28, 1. Spalte, 7. Absatz - Seite 29, 1. Spalte, 2. Absatz

"Am Tag sieht man mehr, Genosse Kunaritschew", sagte er.
"Wenn der Ort verflucht ist, wenn irgendetwas von dort auch noch heute ausgeht, dann ist die Dunkelheit ideal, um eventuelle Wahrnehmungen zu registrieren."
"Ja, das leuchtet mir ein", erwiderte er auf Kunari­tschews Ausführungen. Und Iwan war wieder einen Schritt weiter.
Der Russe griff in seine Jackentasche und nahm das Etui mit seinen selbstgedrehten Zigaretten heraus.
Der Zufall wollte es, daß auch Emerich Nagy im gleichen Augenblick ein zerknülltes Zigarettenpäckchen zum Vorschein brachte, in dem gerade noch zwei Stäb­chen steckten.
Kunaritschew streckte sein geöffnetes Etui über den Tisch. "Greifen Sie hier mal zu! Was ganz Besonderes."
"Hm, gern. Danke!" Nagy nahm sich ein Stäbchen unter dem Gummiband hervor und schnupperte daran. Iwan steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen, reichte seinem Gesprächspartner Feuer und zündete auch seine Zigarette an.
"Ein bißchen ungewohnt vielleicht", sagte Iwan zwi­schen zwei Zügen. "Manche sagen, der Tabak sei stark. Die Mischung ist wahrhaftig etwas für starke Raucher, das allerdings muß ich zugeben."
"Dann sind Sie bei mir an der richtigen Stelle, Genosse Kunaritschew", bemerkte der Bürgermeister. "Ich bin ein starker Raucher. Woher beziehen Sie den Tabak zu die­sen Zigaretten, die..."
Er machte gerade den zweiten Zug.
Emerich Nagys Augen blickten verwundert. Er schluckte plötzlich heftig, und seine Nasenflügel zitterten.
Nagy riß den Mund auf und schnappte wie ein Fisch, der aufs Trockene geraten war, nach Luft. Sogar die Männer an den Nachbartischen hoben schnuppernd die Nase und versuchten festzustellen, woher der durchdringende Geruch kam. Blicke hingen an Emerich Nagy. Der Mann wurde bleich.
Er drückte die Zigarette schnell aus. "Um Gottes Wil­len", sagte er und starrte sein Gegenüber an, der keine Miene verzog. "Was rauchen Sie denn da für ein Kraut? Das reißt einem ja die Lungenflügel auseinander!"
"Ich sagte bereits, die Zigaretten sind ein wenig stark, Bürgermeister. Drücken Sie sie aus, das ist richtig! Die Mischung ist nicht jedermanns Sache." X-RAY-7 bedauerte es, daß Nagy die Zigarette nicht bekam.
Immerhin hatte das Anzünden der beiden selbstge­drehten Zigaretten den Vorteil, daß ein Mann vom Nach­bartisch aufsprang und ein Fenster öffnete. Ein Schwall von Rauch wehte hinaus, kühle Nachtluft strömte herein.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 54, 1. Spalte, 2. Absatz - Seite 55, 1. Spalte, 4. Absatz

"Ja, warum nicht? Es ist noch nicht Mitternacht, also keine Geisterstunde." Iwan zwinkerte dem Mann, der sichtbar nervös wurde, zu.
"Am Tag sieht man mehr, Genosse Kunaritschew."
"Falls der Ort verflucht ist, wie Sie sagen, dann ist die Dunkelheit ideal, um eventuelle Wahrnehmungen zu registrieren." Iwan griff in die Jackentasche und nahm sein Etui mit den selbst gedrehten Zigaretten heraus.
Auch Emerich Nagy brachte ein zerknülltes Zigaret­tenpäckchen zum Vorschein. "Mag sein."
Iwan gab sein geöffnetes Etui über den Tisch. "Grei­fen Sie zu! Was ganz Besonderes."
"Gern!" Nagy nahm sich eine Zigarette unter dem Gummiband hervor und schnupperte daran.
Iwan steckte sich direkt eine zwischen die Lippen, reichte Nagy Feuer und zündete auch seine Zigarette an. "Zu Beginn vielleicht ein bisschen ungewohnt", meinte er zwischen zwei Zügen. "Manche behaupten, der Tabak sei besonders stark."
"Dann sind Sie bei mir genau richtig, Genosse Ku­naritschew", bemerkte der Bürgermeister. "Ich bin ein besonders starker Raucher." Er nahm einen tiefen Zug, kurz darauf blickten seine Augen traurig. Er schluck­te heftig, die Nasenflügel zitterten. Der angeblich so hartgesottene Raucher riss seinen Mund auf und schnappte nach Luft. Sogar die Männer an den Nach­bartischen hoben schnuppernd die Nase und versuch­ten festzustellen, woher der durchdringende Geruch kam.
Emerich Nagy, inzwischen erbleicht, drückte seine Zigarette aus, als wolle er einen Bär töten. "Um Gottes willen! Was rauchen Sie denn da für ein Kraut? Das reißt einem ja die Lungenflügel auseinander!"
"Die Mischung ist nicht immer jedermanns Sache." Iwans Stimme klang aufrichtig bedauernd. "Wenn Sie nicht mögen ... ist auch okay."
Inzwischen durchströmte kühle Nachtluft die Gast­stätte. Sämtliche Fenster waren binnen Sekunden auf­gerissen worden.

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 29, 1. Spalte, 3. Absatz - Seite 30, 1. Spalte, 20. Absatz

Kunaritschew fuhr einen hellgrauen VW, den er als Leihwagen in Budapest unmittelbar nach seiner Ankunft übernommen hatte.
Über Banokszentgyörgy war er dann nach der kleinen, abseits von der Hauptstraße liegenden Ortschaft Jolisch­ka gefahren. Von hier waren es rund dreihundert Kilo­meter bis nach Wien.
Der Russe öffnete seinem Begleiter die Tür und ließ ihn Platz nehmen.
Nagy, fast so groß und so breit wie Kunaritschew, klemmte sich auf seinen Sitz.
Die Nacht war klar und freundlich. Kaum ein Lüft­chen ging. Am Himmel stand keine Wolke. Es war eine helle Vollmondnacht.
In den meisten Häusern brannte schon kein Licht mehr. Viele Frauen gingen in Jolischka früh schlafen, während die Männer oft noch bis Mitternacht bei Janosch tranken und über die Tagesereignisse sprachen.
In Jolischka — das war Iwan am Tag aufgefallen ­lebten nur wenige junge Menschen. Emerich Nagy war einer der jüngsten. Die meisten Männer und Mädchen verließen schon frühzeitig das kleine Dorf, weil sie der Meinung waren, daß in den größeren Städten und in den Orten am Platten-See, wo schon viele westliche Tou­risten hinkamen, mehr zu verdienen sei.
Sie fuhren auf der Hauptstraße Richtung Sojtor.
Flach lag das Land zu beiden Seiten der gewundenen, nicht gerade besonders guten Straße. Fruchtbare Äcker und Wiesen dehnten sich aus. Dann wurde das Land schnell hügelig.
Eine Zeitlang herrschte Schweigen zwischen den beiden Männern. Mit jedem Kilometer, den sie näher ans Ziel kamen, wurde Nagy stiller.
"Sie müssen jetzt aufpassen", sagte er dann mal, als die Straße nach einer Kurve ziemlich holprig wurde. "Ungefähr zweihundert Meter von hier mündet ein Sei­tenweg auf die Hauptstraße. Sie müssen dann links ab­biegen."
Die Bäume standen dicht. Wie eine Mauer säumten sie die Straße.
Das Licht der Scheinwerfer riß den einmündenden Weg aus der Dunkelheit.
"Wir werden nur bis zu einer bestimmten Stelle fah­ren. Von dort aus werde ich Ihnen dann die Ruine zei­gen." Nagys Stimme klang belegt.
Kunaritschew hatte das Gefühl, als bekäme der Ungar mit einem Mal vor seiner eigenen Courage Angst.
"Und dann fahren wir wieder weg", fügte der Ma­gyare hinzu.
"Ich werde mir die Ruine kurz aus der Nähe an­sehen, Bürgermeister. Sie können gern im Wagen blei­ben."
Der holprige, sehr schlechte Weg führte ein wenig bergauf.
Links und rechts sah man dichten Busch und verwil­dertes Unterholz.
Dann breitete sich plötzlich eine ganz andere Land­schaft vor ihnen aus.
Die Bäume wichen zurück. Auf dem flachen Hügelfolgten unbestellte Äcker, verwilderte Wiesen, als hätte jemand seit Jahrzehnten hier nichts mehr kultiviert. Und dies entsprach den Tatsachen.
Man mied diesen Ort. Dort oben war der Lebensbe­reich des legendären Marotsch gewesen, der angeblich hier das Licht der Welt erblickt hatte."Bleiben Sie jetzt stehen!" rief Nagy aus. Der Weg lief in einen kleinen freien Platz aus. Hier lagen morsche Baumstämme und faules, vermodertes Geäst.
Dicke Erdschollen türmten sich zur einen Seite hin auf, als hätte hier irgendwann mal ein Mensch versucht, den holprigen Platz zu begradigen, um vielleicht eine Hütte zu errichten. Der Platz befand sich am Ende eines brachliegenden Ackers.
"Dort vorn ist es. Schräg vor uns. Auf der rechten Seite", erklärte Nagy. Er wirkte nervös.
"Wo? Ich seh' nichts." X-RAY-7 kniff die Augen zu­sammen und schaltete das Fernlicht ein. Plötzlich sah er es!
Hinter wildwachsenden Büschen erhob sich in etwa zweihundert Metern Entfernung auf der höchsten Er­hebung eine Ruine. Ein altes Haus, wie es schien aus Lehm. Die Fenster waren Löcher, in denen es keine Scheiben mehr gab. Die Rahmen hingen zum Teil schief herab. Das Skelett des Dachgebälks war angefressen von Wind und Wetter, und nur noch vereinzelt hingen ein paar Ziegel darin.
Alt, verkommen und verlassen war dieses Haus.
Kunaritschew stellte den Motor ab und schaltete das Licht aus.
"Ich bin gleich wieder zurück", sagte der PSA-Agent. "Ich seh' es mir nur schnell aus der Nähe an. Oder wol­len Sie mitkommen?"
Nagy schüttelte den Kopf.
Kunaritschew schlug die Tür hinter sich zu.
Er näherte sich dem geheimnisumwitterten Haus, das im ersten Augenblick nicht anders schien als all die an­deren zerfallenen Häuser, die er während seiner Tätig­keit für die PSA bereits gesehen hatte.
"Genosse Kunaritschew!" rief da Nagy. "Wollen Sie es nicht doch lieber unterlassen?"
Der Ungar hatte das Fenster heruntergekurbelt und den Kopf aus der Öffnung gestreckt.
X-RAY-7 schüttelte den Kopf. "Nein. Ich bin gleich wieder zurück."
"Passen Sie auf!"
"Natürlich."
Dann war X-RAY-7 nur noch eine Steinwurf weite von dem Haus entfernt. Er prüfte sich, ob er vielleicht et­was Besonderes empfände.
Nichts! Es war alles so wie sonst. Keine Unruhe, nicht das Gefühl einer aufkommenden Gefahr, nicht das Ge­fühl, daß etwas ihn belauerte oder beobachtete.
Es war alles ganz normal.
Kalt lag das Licht auf dem Gerippe des Dachgebälks.
Kunaritschew stieg über dicke Erdbrocken hinweg.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 55, 1. Spalte, 5. Absatz - Seite 58, 1. Spalte, 4. Absatz

Nach seiner Ankunft hatte Iwan den Leihwagen, einen grauen VW, in Budapest übernommen. Er öffnete dem immer noch röchelnden Nagy die Tür. Der Mann besaß ein ähnliches Körperformat wie der Russe. Nur müh­sam konnte er sich auf den Beifahrersitz klemmen.
Die Nacht war klar. In den meisten Häusern brann­te bereits kein Licht mehr. Viele Frauen gingen in Jolischka früh schlafen, während die Männer oft noch bis Mitternacht tranken und über die Tagesereignisse sprachen. In Jolischka, das war Iwan aufgefallen, leb­ten kaum Jugendliche. Die verließen offenbar schon frühzeitig das kleine Dorf. In den umliegenden Städ­ten gab es mehr zu verdienen. Emerich Nagy bildete da wohl die rühmliche Ausnahme.
Iwan fuhr auf der Hauptstraße Richtung Sojtor. Flach lag das Land zu beiden Seiten der gewundenen Stra­ße. Fruchtbare Äcker und Wiesen dehnten sich aus. Mit jedem Kilometer, den sie näher ans Ziel kamen, wur­de der Bürgermeister stiller.
"Aufpassen!", rief Nagy, als die Straße nach einer lan­gen Kurve ziemlich holprig wurde. "Ungefähr zwei­hundert Meter von hier mündet ein Seitenweg in die Hauptstraße. Sie müssen dann links abbiegen." Die Bäume standen dicht, wie eine Mauer säumten sie die Straße. Das Licht der Scheinwerfer riss den einmün­denden Weg aus der Dunkelheit. "Wir werden nur bis zu einer bestimmten Stelle fahren. Von dort aus kann ich Ihnen die Ruine zeigen." Nagys Stimme klang be­legt. "Und dann sollten wir uns schnell wieder von die­sem Ort entfernen!"
"Ich muss mir die Ruine schon aus der Nähe anse­hen, Bürgermeister. Sie können gern im Wagen blei­ben."
Am Wegesrand wucherten dichte Büsche, dazwi­schen knorriges Unterholz. Wenig später breitete sich eine völlig andere Landschaft vor ihnen aus. Die Bäu­me wichen zurück. Auf dem flachen Hügel folgten unbestellte Äcker, verwilderte Wiesen. Hier war seit Jahrzehnten nicht mehr gearbeitet worden. Ein Ur­wald. Dieser Ort wurde offensichtlich gemieden. Hier war also der Lebensbereich des legendären Marotsch gewesen."Bleiben Sie stehen!", rief Nagy unvermittelt. Der Weg lief in einen freien Platz aus. Hier lagen morsche Baumstämme und vermodertes Geäst. Dicke Erdschol­len türmten sich zur einen Seite hin auf, als hätte hier jemand versucht, den holprigen Platz zu begradigen. "Dort vorn ist es. Schräg vor uns. Auf der rechten Sei­te", erklärte Nagy, sichtlich nervös.
"Wo?" Iwan kniff seine Augen zusammen und schal­tete das Fernlicht ein. Dann sah er es. Hinter wild wach­senden Büschen erhob sich in etwa zweihundert Metern Entfernung eine Ruine. Ein altes Lehmhaus. Die Fenster waren eigentlich Löcher, in denen es kei­ne Scheiben mehr gab. Die Rahmen hingen zum Teil schief herab. Das Skelett des Dachgebälks war ange­fressen von Wind und Wetter, vereinzelt steckten noch ein paar Ziegel darin.
X-RAY-7 stellte den Motor ab und schaltete das Licht aus "Ich bin gleich wieder zurück. Muss mir nur allesschnell aus der Nähe ansehen." Er schlug die Wagen­tür hinter sich zu und ging mit großen Schritten auf das geheimnisumwitterte Haus zu.
"Genosse Kunaritschew!" Die Stimme des jungen Bürgermeisters klang schrill. "Wollen sie es nicht doch lieber lassen?"
Iwan hatte seine Taschenlampe herausgeholt und eingeschaltet. Er winkte ab, ohne seinen Gang zu unter­brechen. "Bin gleich wieder zurück."
"Passen Sie auf! Verdammt noch mal!"

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 30, 1. Spalte, 21. Absatz - Seite 34, 1. Spalte, 14. Absatz

Er blickte in das zerfallene Innere des alten Hauses. Kein Tisch, kein Stuhl. Ein leerer, verwitterter Raum, in den durch die rissige Decke das Regenwasser gedrungen war, das von keinem Dach mehr aufgehalten wurde.
Iwan ging auf die Tür zu.
Sie hing lose in den Angeln.
Sie war morsch und modrig und roch nach verfaul­tem Holz. Schimmel hatte sich darauf angesetzt. Das bleiche Mondlicht fiel schräg darauf.
Das Tor quietschte, als der Russe vorsichtig dagegen drückte. Sand und Staub rieselten herab und fielen auf seine Fußspitzen.
X-RAY-7 mußte sich bücken, um mit dem Kopf nicht gegen den Türpfosten zu stoßen.
Er drang ein in das geheimnisumwitterte, geisterhafte Haus.
Ein schmaler Korridor. Von hier aus mündeten leere Türen in zwei große und einen kleineren Raum, von hier aus führte eine schwarze und verwitterte Treppe nach oben.
Kunaritschew warf erst einen Blick in die leeren Räume. Hier gab es nichts Besonderes.
Dann ging er zur Treppe vor und setzte vorsichtig einen Fuß auf die unterste Stufe, um auszuprobieren, ob das Holz ihn noch trug.
Es knirschte und ächzte, aber die Diele brach nicht ein.
Schritt für Schritt ging er nach oben.
Das Geländer war baufällig, und so verzichtete er lie­ber darauf, sich daran abzustützen.
Plötzlich krachte es.
Für einen Moment war er nachlässig gewesen.
Die Stufe, auf die er trat, brach ein. Das morsche Holz splitterte. Der Krach hallte durch das einsame, leerste­hende, nächtliche Haus.
Kunaritschew fing sich geistesgegenwärtig ab und stürzte nicht mal zu Boden. Leise vor sich hinfluchend, zog er seinen Fuß aus dem Treppenkasten und stieg auf die nächste Stufe. Die trug ihn wieder.
So kam er nach oben. Immer führte er dabei den Strahl der Taschenlampe vor sich her, die er eingeschaltet hatte.
Aus der Ferne beobachtete Emerich Nagy das Vordrin­gen des Russen in das von allen gemiedene Haus.
Nagy preßte die Lippen zusammen, und der angst­volle Ausdruck auf seinem Gesicht verstärkte sich.
Der Bürgermeister des kleinen Ortes sah, daß Iwan Kunaritschew im oberen Stock des Hauses angekommen war. Das Licht, das über die Wände und das Dachge­bälk strich, vermählte sich mit dem bleichen Schein des Mondes, der durch das Dach fiel.
Hier oben fand Iwan Kunaritschew eine alte Bett­stelle, einen gekachelten Herd und einen Tisch, an dem ein Bein zu kurz war und unter das man mehrere dunkle Kacheln gelegt hatte.
X-RAY-7 sah sich gründlich um.
Noch immer gab es nichts, was ihn irritierte oder ver­anlaßt hätte, noch mehr Vorsicht walten zu lassen. Doch dann bemerkte er etwas...
Durch Zufall!
Er ließ den Lichtstrahl über die Wände gleiten. Löcher, Risse, Spalten...
Die Balken vom Dach waren in breite, ausgebrochene Scharten eingelassen.
X-RAY-7 stutzte und kniff die Augen zusammen.
Der Lichtstrahl ruckte hoch und wanderte dann in die schattigen Ecken des Dachgebälks.
Hier stimmte etwas nicht!
Ein blutiger Laie schien das stützende Dachgebälk zu­sammengezimmert und vernagelt zu haben.
Einem Fachmann hätten sich die Haare gesträubt.
Die Balken waren nicht in der ursprünglichen Form zusammengestellt. Kreuz und quer waren wie ein Spin­nennetz kleinere, kürzere und dünnere Hölzer in den Ecken vernagelt, so daß sich fast sämtliche Formen er­gaben, die man von der Geometrie her kannte. Es gab Quadrate und Rechtecke. Pyramiden und Trapezoide.
Die seltsamen Formen paßten in das Studierzimmer eines Mathematikers, eines Astronomen — oder eines Hexers!
Kunaritschew suchte alle vier Ecken des Daches nach diesen seltsamen Zeichen ab. Jede wies andere Formen auf.
Was hatte das zu bedeuten?
Es blieb ihm nicht mehr genügend Zeit, Überlegungen anzustellen.
Verdunkelte sich nicht der Himmel?
Wo war mit einem Mal der Mond? Zogen Wolken auf?
Er konnte es nicht mehr erkennen. Ein großes schwarzes Tuch schien plötzlich über den Himmel gezogen zu werden.
Der Mond verschwand. Die Sterne verlöschten.
Das Dach war nicht mehr lichtdurchlässig.
Da verlöschte auch die Taschenlampe!
Iwan Kunaritschew stand in völliger Finsternis.
Was war los mit ihm?
Er fühlte sich wie in Trance, wie in einem Taumel, als würde ein gefährliches Gift den Weg durch seine Adern nehmen.
Es rauschte in seinen Ohren.
Er schloß die Augen.
War er krank? Wurde ihm schlecht? Wurde er ‑ blind?
Das Angstgefühl, dem er sich nicht entziehen konnte, war nur von kurzer Dauer.
X-RAY-7 versuchte Klarheit in sein aufgewühltes Bewußtsein zu bringen.
Er zwang sich zur Ruhe und blickte nach oben.
Das Dach war geschlossen. Es gab keinen Zweifel. Kein Lichtstrahl mehr fiel zu ihm herein.
In den Ecken, wo er die seltsamen, rätselhaften Formen wahrgenommen hatte, pulste ein dunkler Schimmer, schien die Dunkelheit herzukommen und sich immer mehr zu verdichten.
Was ging hier vor?
Instinktiv rannte Kunaritschew zur Tür, von der aus es zur Treppe nach unten ging.
Es war jetzt stockfinster im Haus.
Es kam ihm vor, als ob die Treppe neu wäre. Sie ächzte nicht so stark wie vorhin, als er hochgegangen war. Das Geländer wackelte nicht.
Auf Kunaritschews Stirn perlte der Schweiß.
Und dann war X-RAY-7 in dem winzigen Korridor. Nur noch wenige Schritte, und er konnte durch die Tür ins Freie laufen.
Die Luft hier drin war eigenartigerweise stickig und modrig, und er sehnte sich danach, kühle, frische Luft zu atmen.
Die Tür stand nicht offen. X-RAY-7 warf sich dagegen, nicht besonders stark.
Aber die Tür gab nicht nach!
Kunaritschew Hände tasteten über das starke, massive Holz.
Nicht rissig, nicht morsch. Eine massive Holztür ver­sperrte ihm den Weg...
Er blickte sich gehetzt um.
Kein Fenster stand offen.
Die Fensterlöcher waren verschwunden!
Rundum schwarze, lichtundurchlässige Wände. Magische Kräfte wurden hier frei. Der Russe mußte an die rätselhaften geometrischen Formen denken, die er in den vier Ecken des Dachgiebels entdeckt hatte.
Hexenwerk!
Dieses Haus war verzaubert.
Und es hielt ihn fest. Kunaritschew war sein Gefan­gener.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 58, 1. Spalte, 5. Absatz - Seite 62, 1. Spalte, 1. Absatz

X-RAY-7 war nur noch eine Steinwurfweite von dem Haus entfernt. Er prüfte, ob er vielleicht etwas Beson­deres empfände. Nichts! Alles schien normal. Keine Unruhe, nicht das Gefühl einer aufkommenden Gefahr, oder dass ihn etwas belauerte oder beobachtete. Er stieg über dicke Erdbrocken hinweg und blickte dann in das zerfallene Innere des alten Hauses. Kein Tisch, kein Stuhl. Ein verwitterter Raum, in den Regenwas­ser eingedrungen war. Iwan näherte sich der Tür, die lose in den Angeln hing. Sie war morsch und roch nach verfaultem Holz. Schimmel hatte sich angesetzt. Die Scharniere quietschten, als der Russe vorsichtig dage­gen drückte. Staub rieselte herab. X-RAY-7 musste sich bücken, um mit dem Kopf nicht gegen den Türpfosten zu stoßen. Dann drang er in das geheimnisumwitter­te Haus ein. Ein schmaler Korridor. Von hier aus mün­deten Durchgänge in mehrere Räume, eine Treppe führte nach oben. Iwan studierte jeden Winkel. Nichts Besonderes. An der Treppe angekommen setzte er vor­sichtig einen Fuß auf die unterste Stufe, um auszupro­bieren, ob das Holz ihn noch trug. Es knirschte und ächzte, doch die Diele hielt. Schritt für Schritt ging Iwan nach oben. Das Geländer war baufällig und so verzich­tete er darauf, sich daran abzustützen.
Und dann krachte es doch. Für einen Moment war er offenbar nachlässig gewesen. Die Stufe, auf die er trat, brach ein. Das morsche Holz splitterte. Der Lärm hallte durch das nächtliche Haus. Iwan fing sich ab. Leise vor sich hin fluchend, zog er seinen Fuß aus dem zerstörten Teilstück und stieg auf die nächste Stufe. Diese trug ihn wieder. So kam er nach oben. Der helle Strahl der Taschenlampe zitterte vor ihm her.
Aus der Ferne beobachtete Emerich Nagy das Vor­dringen des Russen in das von allen gemiedene Haus. Der Bürgermeister presste die Lippen zusammen, als der Russe im oberen Stock des Hauses angekommen war. Das Licht, das über die Wände und das Dachge­bälk strich, verband sich mit dem bleichen Schein des Mondes, der durch das Dach fiel. Hier oben fand Iwan gerade eine alte Bettstelle, einen gekachelten Herd und einen Tisch. X-RAY-7 sah sich gründlich um. Noch im­mer gab es nichts, was ihn irritierte oder veranlasst hätte, noch mehr Vorsicht walten zu lassen. Doch dann ... Er ließ den Lichtstrahl, über die Wände gleiten. Die Bal­ken vom Dach waren in breite, ausgebrochene Schar­ten eingelassen. Iwan stutze und ließ den Lichtstrahl über die dunklen Ecken des Dachgebälks wandern. Hier stimmte etwas nicht! Das stützende Dachgebälk war nur sehr laienhaft vernagelt worden. Die Balken liefen nicht mehr in der ursprünglichen Form zusam­men. Kreuz und quer, wie ein Spinnennetz, waren andere Hölzer in den Ecken befestigt, sodass sich fast sämtliche Formen ergaben, die man von der Geome­trie her kannte. Es gab Quadrate und Rechtecke. Pyra­miden und Trapezoide. Die seltsamen Formen passten in das Studierzimmer eines Mathematikers, eines Astronomen — oder eines Hexers! Iwan suchte alle vier Ecken des Daches nach diesen seltsamen Zeichen ab. Jede wies andere Formen auf. Was hatte das zu bedeu­ten? Es blieb ihm nicht mehr genügend Zeit, Überle­gungen anzustellen.
Plötzlich schien sich alles zu verändern. Wo war der Mond? Es war, als zöge jemand ein großes schwarzes Tuch über den Himmel. Die Sterne verschwanden. Das Dach war nicht mehr lichtdurchlässig. Und plötzlich verlöschte auch die Taschenlampe! Iwan stand in völ­liger Finsternis, fühlte sich wie in Trance, wie in einem Taumel, als würde ein gefährliches Gift den Weg durch seine Adern nehmen. Er schloss die Augen. Wurde er blind? Das Angstgefühl, dem er sich kaum entziehen konnte, war jedoch nur von kurzer Dauer. Sofort ver­suchte er Klarheit in sein aufgewühltes Bewusstsein zu bringen. Er zwang sich zur Ruhe und blickte nach oben. Das Dach war geschlossen. Es gab keinen Zweifel. Kein Lichtstrahl fiel zu ihm herein. In den Ecken, wo er die­se rätselhaften Formen wahrgenommen hatte, pulste ein dunkler Schimmer. Von dort kam Dunkelheit, um sich immer mehr zu verdichten.
Iwan rannte zur Tür, dann zur Treppe. Im gesamten Haus war es unterdessen stockfinster. Hatte sich die Treppe verändert? Sie ächzte nicht mehr so stark wie vorhin, das Geländer wackelte nicht. Iwan erreichte den winzigen Korridor. Nur noch wenige Schritte, dann konnte er durch die Tür ins Freie laufen. Die Luft hier drin war stickig und modrig. Er sehnte sich danach, frische Luft atmen zu können. Doch dann ... Die Tür war verschlossen! Iwan warf sich dagegen. Die Tür gab nicht nach! Seine Hände tasteten über massi­ves Holz. Nicht rissig! Nicht morsch! Eine völlig intakte Holztür versperrte ihm den Weg! Iwan sah sich gehetzt um. Die Fensterlöcher waren verschwunden! Rundum nur noch schwarze und lichtundurchlässige Wände. Was passierte hier? Der Russe musste an die rätselhaf­ten geometrischen Formen denken, die er in den vier Ecken des Dachgiebels entdeckt hatte. Das Haus hielt ihn fest. Er war gefangen!

* * *

Martosch, der Vampir-Killer
Larry Brent Nr. 64
Seite 34, 1. Spalte, 15. Absatz - Seite 34, 2. Spalte, 7. Absatz

Emerich Nagy schluckte.
Es lag etwas in der Luft. Die Unruhe in ihm erreichte ihren Höhepunkt. Er merkte, wie seine Hände zitterten.
Und dann sah er etwas, das ihm den Rest gab.
Waren nicht die Fenster verschlossen? Die Tür?
Er riß die Augen weit auf.
Das Dach! Was war mit dem Dach los?
Unter dem bleichen Licht des Mondes sah er deutlich die lehmfarbenen Ziegel.
Das Dach war vollständig erhalten! Das Haus stand so vor ihm, als wäre es erst kürzlich erbaut worden...
Nagy hielt den Atem an, sein Herzschlag stockte.
Und er zog die Konsequenzen aus dem unheimlichen, gespenstischen Geschehen.
Er riß seine Beine herum, wechselte seinen Platz, nahm den Sitz hinter dem Steuer des VW ein und drehte den Schlüssel herum.
Auf Anhieb sprang der Motor an.
Emerich Nagy löste die Handbremse, legte den Rück­wärtsgang ein und gab Gas.
Der Wagen machte einen Satz nach hinten. Sand und Erdbrocken flogen durch die Luft, auf dem Boden lie­gende Zweige brachen.
Jetzt kam es nur noch darauf an, die eigene Haut zu retten, um nicht auch noch in den Sog der gespenstischen Entwicklung gezogen zu werden.
Er drehte auf dem kleinen freien Platz und jagte dann in halsbrecherischem Tempo den schmalen Pfad nach un­ten, als säße ihm der Teufel im Nacken.

Der Vampir-Killer
Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64
Seite 62, 1. Spalte, 2. Absatz

Emerich Nagy schluckte. Seine Hände zitterten. Das Dach! Das Dach! Unter dem bleichen Licht des Mon­des sah er deutlich jedes Detail. Das Haus stand so vor ihm, als wäre es erst kürzlich erbaut worden! Nagy hielt den Atem an, dann fuhr er herum, nahm den Fah­rersitz ein und startete den Wagen. Hastig löste er die Handbremse, legte den Rückwärtsgang ein und gab Gas. Jetzt kam es nur noch darauf an, die eigene Haut zu retten! Dieses Horrorhaus war das pure Grauen! Der Bürgermeister drehte auf dem freien Platz und jagte in halsbrecherischem Tempo davon.

* * *

Hier breche meinen Verglech zwischen "Martosch, der Vampir-Killer" (Larry Brent Nr. 64) und "Der Vampir-Killer" (Blitz-Verlag-Paperback Nr. 64) ab. Die Hälfte ist geschafft. Nächste Woche - am Donnerstag - kommt dann die zweite Hälfte [Link funktioniert ab dem 8. Januar 2015 00:00 Uhr] des Vergleiches...

 

Kommentare  

#1 G. Walt 2014-12-31 00:35
Sehr umfangrich, konnte nicht alles lesen. Aber ich denke selbst die Hörspiele von damals sind näher am Original.
#2 Mikail_the_Bard 2014-12-31 01:39
Ich konnte den Vergleich nur bis zur ersten Begegnung mit Marotsch auf dem Friedhof lesen... aber da wurde ja einiges umformuliert was danshockerische Schreibweise ist. Stellenweise wurde auch etwas weg gelassen. Auch die beiden letzten Passagen sind verändert, die Letzt extrem gekürzt.
Und ja, die Europa LB Cassetten waren näher dran, obwohl ja auf Grund der Spiellänge einiges fehlte, Ich habe diese ja noch zu Hause... ich höre die jetzt aber nicht und schreibe den Text mit! ;-) Man müsste mal schauen ob man die Hörspieltexte on Europa noch auftreiben kann. Dann könnte man es ganz genau sagen.
#3 G. Walt 2014-12-31 12:01
Ich habe die Romane ja schon mit den Kassetten verglichen. lieber Michael. Hie rim Zauberspiegel. Da ging es allerdings weniger um den Text als vielmehr um den eigentlichen Inhalt. testlich hat man sich meiner Erinnerung nach bei den Hörspielen weitesgehend vom original entfernt. Aber nicht immer. Eine Handwvoll Formulierungen wurden auch übernommen. Ich fand den Charme der Romane nicht unangenehm angetastet. Naja, anderes Thema.
#4 Mikail_the_Bard 2014-12-31 13:29
[quote name="G. Walt"]Ich habe die Romane ja schon mit den Kassetten verglichen. lieber Michael. Hier im Zauberspiegel.

Ja, ich kann mich gut erinnern. Habs gelesen. Wäre jetzt aber mal interessant die Texte zu vergleichen.
#5 Feldese 2016-04-18 08:34
Das geht ja tatsächlich weit über ein "behutsames Lektorat" hinaus. Und widerspricht den Aussagen des BLITZ-Verlages, auch in den Kommentarspalten des Zauberspiegels, dass nur Unstimmigkeiten entfernt wurden. Es ist etwas schade, dass hier die verschiedenen Versionen nicht nebeneinanderstehen, das hätte den Vergleich noch anschaulicher gemacht. Aber auch so wird deutlich, dass hier weit über das normale Lektoratsmaß hinausgegangen wurde (über das einer sog. Sammlerausgabe ohnehin).

Wobei ich nicht einmal den Grund der meisten Umformulierungen nachvollziehen kann. Warum wurde hier umgeschrieben? Denn tatsächlich kann in der Gesamtheit doch nicht von einer Verbesserung die Rede sein. Im Gegentei, es wurde Atmosphäre zerstört. Die Bearbeiter sollten sich mal bewusst machen, dass es schon seinen Grund hatte, dass Shocker so ein genrebegründender Erfolgsautor war.

Nun war der Artikelverfasser Uwe Schnabel ja selbst vor Urzeiten mal als Bearbeiter für den Blitz-Verlag tätig. Vielleicht kann er ja noch etwas zu den Vorgaben, zumindest von damals, sagen.
Und: Ist das Hörbuch von Europa (bzw. alle vier Europa-Hörbücher, die Lesefassungen nach der Heftromanfassung enthalten) speziell zum Erstling eigentlich wirklich 1 zu 1 Heftromantext?
Und wenn ja, gab es in diesem speziellen Fall (aber auch in anderen) Abweichungen zwischen den Silber-Grusel-Krimi-Heftversionen und den Larry-Brent-Heftversionen? Und, wenn ja, hat diese Jürgen Grasmück selbst ausgeführt?
Gibt es zu diesem Thema hier im Zauberspiegel schon etwas, was ich nicht gefunden habe, oder einen sonstigen Link?

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