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Der Luftpirat und Matthias - Band 6 Der Schatz der feuerspeienden Berge

Der Luftpirat und MatthiasBand 6 –
Der Schatz der feuerspeienden Berge

Was Innovation und abstruse Ideen betraf, reichte vor dem 1. Weltkrieg keine Serie an  »Der Luftpirat« heran, nach Einschätzung vieler Experten die erste Science-Fiction-Reihe der Welt überhaupt. Erschienen sind um 1910 genau 165 Abenteuer, die in einem Format herauskamen, das zwischen dem heutigen A5 und A4 angesiedelt war. Ich unternehme nun eine Lesereise und berichte über die Abenteuer des Luftpiraten. Folgt mir auf diesem Weg ...


Der Schatz der feuerspeienden BergeBand 6 – Der Schatz der feuerspeienden Berge 
Schauplatz:
Erde. Nicaragua. Der Vulkan Fuega in der Nähe der Stadt Antigua in Guatemala


Was bisher geschah
Europa, um 1905. Kapitän Mors war einst ein genialer Ingenieur, der im Kaukasus lebte. Auf seine großartigen Erfindungen wurde bald ein Ring von hochkrimineller politischer Abenteurer aufmerksam, die versuchten, ihn in seine Ziele einzuspannen. Als Mors merkt, das er benutzt wird, versucht er auszusteigen. Die Verschwörer ermorden seine Familie und stellen es so hin, dass er für schuldig gehalten wird. Im Geheimen baut der Ingenieur mit anderen Verfemten und ihm treuen Gehilfen ein gigantisches Kriegs-Luftschiff aus Metall, rüstet es mit hypermodernen selbsterfundenen Superwaffen aus und räumt zunächst unter seinen Feinden auf, die er in den Wirren der russischen Aufstände 1905 in Odessa in einer Art Privatkrieg grausam hinrichtet.

Danach zieht er als Robin Hood der Lüfte durch die Welt und überfällt Schiffstransporte, Gold- und Diamanteminen, um das Geld den Armen zu schenken. Ein nicht unbeträchtlicher Teil des Reichtums nutzt der tollkühne Ingenieur aber für sein Lieblingsprojekt – die Planung und den Bau eines Raumschiffes, um eines Tages ins Weltall vorstoßen zu können...

Inhalt:
Nach seinen Abenteuern in Columbien zieht der ruhelose Luftpirat mit seinem monströsen Luftschiff weiter nach Mittelamerika. In Nicaragua gabelt er auf einem Felsen eine junge Frau auf, die sich umbringen will. Der Kapitän erfährt, dass sie die Tochter eines hohen Regierungsbeamten von Nicaragua ist, der im Kerker landete, weil ein grausamer Diktator, Ramon, sich an die Macht geputscht hat. Nun droht nicht nur ihrem Vater der Tod, sondern auch ihr, wenn sie sich nicht fügt und seine Frau wird. Kapitän Mors verspricht Hilfe.

Doch zunächst ist es gar nicht so leicht, den umtriebigen Diktator überhaupt aufzutreiben. Wie sich herausstellt, hat er inzwischen nicht nur ganz Nicaragua in seiner Gewalt, sondern auch Guatemala überfallen. In der Stadt Antigua kommt es zur Entscheidungsschlacht – verzweifelt kämpfen die Reste der Republiktruppen Guatemalas gegen die überlegene Armee des Aggressors. Während Ramons Leibgarde alle wichtigen politischen Personen des Landes verhaften lässt, um sie demnächst erschießen zu lassen, verfolgt seine Armee die Reste der geschlagenen Republik-Truppen.

Doch da taucht Kapitan Mors waffenstarrendes Luftschiff auf! Mit Hilfe der Superwaffen wendet er das Blatt, durch Elektro-Pistolen und Nervengas-Bomben werden Ramons Leute aufgerieben. Der geschlagene Diktator flieht aus der Stadt, bringt aber vorher mit einigen Getreuen den Staatsschatz auf den Vulkan Fuego, um ihn später abzuholen, wenn sich das Blatt wendet.

Doch das Luftschiff erwischt die Usurpatoren auf dem Berg, und die drei Rädelsführer werden vom Kapitän geschnappt. Dann beginnt ein dramatischer Rettungsversuch des Staatsschatzes durch den Piraten – denn just jetzt bricht der Vulkan aus! Inmitten donnernder Steinregen und spritzender Lava gelingt es dem Luftpiraten, mit Hilfe eines Flaschenzugs, der vom Luftschiff herabgelassen wird, den Schatz und sich selbst in letzter Sekunde zu retten. Natürlich wird dann nach überstandener Katastrophe im Eilzugtempo (denn das Heftende naht) das Todesurteil über die Finsterlinge verhängt, der Vater befreit und mit seiner gerührten Tochter vereint. Der edle Kapitän Mors aber zieht weiter, zu neuen selbstlosen Abenteuern.   

Kommentar
Das ist zwar einerseits schöne Military-SF anno 1910 plus einer gehörigen Portion Kolportageroman-Garn, aber wohl eher weiterhin mit dem Blick auf Neueinsteiger der noch jungen Serie gedacht. Denn wieder wirkt das Ganze wie ein Mix aus den Rezepturen der früheren Hefte. Da ist die Dame in Not, der Zwangsverheiratungs-Aspekt, die wilde Kulisse fremdländischer Exotik. Bisher bewegt sich die Serie noch auf einem unterhaltsamen, aber nicht außergewöhnlichen Niveau. Erst mit dem nächsten Heft erwartet uns ein erster „echter“ Luftpirat mit allem Schikanen und wirklichem Mors-Touch.

Interessant ist hier der Schauplatz. Der Autor wählte für sein Schlachtengetümmel – ganz nach Heftroman-Superlativ-Manier DIE Vulkanstadt der Welt schlechthin. Antigua wird von gleich drei riesigen Vulkanen eingerahmt, und der hier im Mittelpunkt stehende Fuego gehört zu den aktivsten der Welt – bis in unsere Epoche hinein. (Letzter großer Ausbruch: 2012) Das macht es auch leider schwer, anhand eines beschriebenen Ausbruchs vielleicht dem Geheimnis um das genaue Erscheinen der Heftserie auf die Spur zu kommen. Größere Aufbrüche gab es um 1900 alle paar Jahre, kleinere Eruptionen eigentlich ständig. Deswegen hat man die Kulisse vermutlich auch ausgesucht.  

Auch die Unruhen geben keinen Hinweis, denn tatsächlich kam es zwischen 1894 und 1909 immer wieder zu bürgerkriegsähnlichen Zwischenfällen in Nicaragua. Eine Besetzung Guatemalas gab es allerdings nicht, sie ist frei erfunden – wäre auch schwer möglich, denn Nicaragua und Guatemala haben gar keine gemeinsamen Grenzen! Dazwischen befindet sich (und befand sich auch 1900, wie zeitgenössische Karten zeigen) Honduras. Was man den Lesern vor dem Ersten Weltkrieg alles zugemutet hat...

Meine These: Der Autor hat die Konflikte Nicargua – Honduras von 1893, die tatsächlich durch Gebietsansprüche eines recht forschen diktatorähnlichen General in Nicaruga ausgelöst wurden, auf Guatemala „ausgeweitet“, um den Vulkan Fuego unterbringen zu können. 

Ausbruch des Fuego aus den 1970er Jahren, von Antiqua aus gesehenDas Cover:
Man spürt – Fotografien waren in der Tagespresse noch Rarität, damals erschienen – wenn überhaupt – gezeichnete Bilder in den Blättern. Ohne Zweifel hat der Illustrator noch keinen echten Vulkanausbruch gesehen. Die lodernden Flammen könnten auch von einem abgestürzten Aeroplan stammen und wirken relativ harmlos, die typischen dunklen Rauchpilze sind gar nicht abgebildet (siehe zum Vergleich einen Ausbruch des Fuego aus den 1970er Jahren, von Antiqua aus gesehen.)

Sinnigerweise protzt der Zeichner aber trotzdem mit seiner Allgemeinbildung, denn obwohl im Heft gar nicht erwähnt, sieht man im Hintergrund auch den Nachbarvulkan Acatenango, ebenfalls im Ausbruch begriffen.

Beide Vulkane sind übrigens knapp 4000 Meter hoch.

Übersicht:

  • Band 7 - Das Geheimnis des Japaners (18.8.)
  • Band 8 - Die Meuterer in der Mandschurei (1.9.)
  • Bans 9 - Die geheimnisvolle Insel des Kapitän Mors (15.9.)

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Kommentare  

#1 Toni 2015-08-04 16:52
Ich habe immer gedacht, dass die Menschen um 1900 eine bessere Allgemeinbildung hatten als wir.
Gerade auf dem Gebiet Erdkunde.
Mir konnte man aber, in den Heftromanen zu meiner Zeit, auch den letzten Mist über Land und Leute erzählen... :lol:
#2 Andreas Decker 2015-08-05 10:11
zitiere Toni:
Ich habe immer gedacht, dass die Menschen um 1900 eine bessere Allgemeinbildung hatten als wir.
Gerade auf dem Gebiet Erdkunde.
Mir konnte man aber, in den Heftromanen zu meiner Zeit, auch den letzten Mist über Land und Leute erzählen... :lol:



Hatten sie ja auch. In wichtigen Dingen. Also alles, wo es um Kaiser und Vaterland ging. Da wurden den Schülern die Flüsse und Ströme der Heimat noch eingeprügelt.

Und der Mist über Land und Leute war auch dabei. Der war nur anders als heute.

Es wäre schon interessant zu wissen, wo das Thema mit der Zwangsheirat eigentlich herkommt. Das muss ja recht präsent gewesen sein, sonst wäre es nicht so oft in der Kolportageliteratur aufgetaucht. Passierte so etwas in den besseren Kreisen häufig und gab es dann Prozesse? Oder war das so etwas wie eine bürgerliche Phantasie, so wie der Herr Graf die arme Kastanienverkäuferin heiratet? In der Realität dürfte er sie eher für 10 Pfennig gevögelt haben, aber so etwas war ja kein Thema, erst recht nicht in solcher Literatur.
#3 Matzekaether 2015-08-05 21:37
Es gab ja in der Literatur bis ins späte 18. Jh. hinein sogar den Topos vom "Recht der ersten Nacht" - angeblich durften Adlige ihre Untertaninnen vor der Hochzeit pimpern. Belege für eine reale Quelle gibt es nicht. Vielleicht sind diese Zwangsheiraten züchtige und entschäfte Versionen dieses mythischen "Ius primae noctis"... Reine Spekulation.
#4 Andreas Decker 2015-08-06 11:29
zitiere Matzekaether:
Es gab ja in der Literatur bis ins späte 18. Jh. hinein sogar den Topos vom "Recht der ersten Nacht" - angeblich durften Adlige ihre Untertaninnen vor der Hochzeit pimpern. Belege für eine reale Quelle gibt es nicht. Vielleicht sind diese Zwangsheiraten züchtige und entschäfte Versionen dieses mythischen "Ius primae noctis"... Reine Spekulation.



Stimmt. Das hat man noch in den 70ern in Horrorfilmen verbraten. "Embrio des Bösen" fällt da ein. (Ein saublöder Titel. Obwohl der Englische auch nicht viel besser ist :-) ) So was war gut als Auslöser für einen Fluch.

Meistens sind diese Zwangsheiraten ja noch mit Erbschleicherei verbunden. Ich meine mich dunkel daran zu erinnern, dass dieses Thema sogar in Marryats "Midshipman Easy" abgearbeitet wurde. So halt als typische finstere papistische italienische Ränke. im Wallace-Film wurden die keuschen Schönen dann immer mit Schlangen traktiert, um zu unterschreiben :lol: Simplere Zeiten :-)
#5 Matzekaether 2015-08-06 16:59
Meistens sind diese Zwangsheiraten ja noch mit Erbschleicherei verbunden.

Oder, als Variation, die infernalische Verhinderung von Heiraten wegen Erbschleicherei (doyle, Das gefleckte Band, auch mit Schlangen ;-)

Schöner Zwangsheirats-Thriller ist auch Scotts "Braut von Lammermoor". Da muß der allerdings der Ehemann dann in der Hochzeitsnacht dran glauben, weil ihm Lucie einen Dolch ins Herz stößt...

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