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Eine »unheimliche« Mischung - Dämonenkiller – Die Taschenbücher: Die Bestie mit den roten Händen

Eine »unheimliche« Mischung: Dämonenkiller – Die TaschenbücherDie Bestie mit den roten Händen

Der kommerzielle Erfolg der Marke "Dämonenkiller" muss in der Tat beträchtlich gewesen sein. Nicht nur wurde die Serie bereits nach 17 Heften aus dem Vampir-Horror-Roman ausgekoppelt, um sich fortan allein auf dem Markt zu behaupten.

Innerhalb kürzester Zeit wurde die Serie auch auf wöchentliche Erscheinungsweise umgestellt. Zeitgleich brachte man im März 1975 eine Taschenbuchreihe auf den Markt.


Zu Gast bei DrakulaDie Bestie mit den roten Händen
von Sidney Stuart
Dämonenkiller Taschenbuch Nr. 25
Übersetzt von Werner Maibohm
Januar 1977

Der Roman:
Hollis Waring, ein Filmvorführer in dem amerikanischen Kaff Malville, hat ein Problem mit rothaarigen Krankenschwestern. Also streift er durch die Straßen, wenn ihn der Drang packt, und bringt sie um. Er erwürgt und verstümmelt sie dann mit scharfen Gegenständen. Nach seinem vierten Opfer hat er nach einem Blick in den Spiegel den Eindruck, dass er sich in einen Dämon mit besonders großen Würgerhänden verwandelt.

In der Stadt herrscht Panik, die Polizei ist überfordert. Hollis lebt in einem Zimmer im Haus der ältlichen Mrs. Lawrence, die begeistert von dem jungen, höflichen Mann ist. Wenn Hollis nicht gerade auf Mordtour ist, schreibt er an einem Drehbuch zu einem Horrorfilm oder führt im besten Kino der Stadt Filme vor. Im Moment zeigt man die alten Horrorfilme mit Karloff und Co. Hollis' Boss ist ebenfalls begeistert von ihm.

Da zieht die junge, hübsche Vickie im Haus ein. Vickie will Schauspielerin werden. Und ist – wie könnte es anders sein – rothaarig. Hollis und Vickie schließen eine platonische Freundschaft. Das hindert ihn nicht daran, die sechste Krankenschwester zu killen, obwohl die Polizei sie bewacht.

Der Psychiater Connor O'Hanlon attestiert dem ermittelten Detective Arnie Abrams in einem Ferngutachten, nach einem kräftigen jungen Mann zu suchen, der offensichtlich Frauen hasst und ein gestörter Homosexueller ist. Schließlich vergewaltigt er seine Opfer mit scharfen Gegenständen.

Vickie ist begeistert von Hollis' Horrorfilm-Drehbuch. Tatsächlich verliebt sie sich sogar in ihn. Aber als sie ihn küsst, weicht der Bursche zurück. Vickie beginnt zu ahnen, dass er nicht so ganz normal ist. Was ihr wirklich wehtut. Um etwas dazuzuverdienen, nimmt sie einen Job als Aushilfskrankenschwester an.

Bei der Arbeit wird Hollis mal wieder von der Mordlust überfallen. Da kommt ihm die verschüttete Erinnerung, warum er rothaarige Krankenschwestern so hasst. Als kränklicher junger Bursche von neunzehn Jahren wurde er von seiner privaten Krankenschwester Miss Donderson sexuell missbraucht. Irgendwann brachte er sie um, aber dann tauchte sie wieder in anderen Frauen auf, und er kam mit dem Töten kaum nach.

Auftritt Vickie, die ihren Hollis in seiner Projektionskammer besuchen will. In ihrer Krankenschwestertracht. In seinem psychotischen Schub gefangen geht Hollis ihr sofort an den Hals und will sie erwürgen. Ein zufällig im Publikum sitzender Streifenpolizist kommt hinzu und erschießt den ausgerasteten Hollis. Insgeheim ist der junge Held davon überzeugt, ein Ungeheuer mit riesigen Händen vor sich gesehen zu haben. Aber das behält er lieber für sich und genießt die Lorbeeren.

Der Gerichtsmediziner ist verblüfft über Hollis Warings abnorm große Hände. Aber Detective Abrams ist nicht beruhigt. Es ist unmöglich, den Toten auch nur mit einem der vorangegangenen Morde in Verbindung zu bringen. Haben sie wirklich den richtigen Mann und nicht nur einen Typen, der auf seine Freundin losging? Die Ungewissheit macht ihn fertig.

Auch Vickie, die wegen ihrer gequetschten Kehle lange nicht sprechen kann, ist fertig. Wieso wurde dieser nette junge Mann zu diesem Ungeheuer, das sie ansprang? Sie versteht die Welt nicht mehr.

Und auch Mrs. Lawrence, die Zimmerwirtin, wird die Ereignisse nicht los. Als der nächste Mieter vorstellig wird, ein netter junger Mann, knallt sie ihm die Tür vor der Nase zu.

Bewertung:
Sidney Stuart war ein Pseudonym für Michael Avallone (1924-1999), einem fleißigen Autoren aller möglichen Bücher. Von seinen Kollegen mit dem Spitznamen "die schnellste Schreibmaschine im Osten" versehen, hat sich Avallone in jedem Genre versucht und es dabei auf eine erstaunliche Zahl von Fernseh-Novelisations, Krimis, Gothics und auch Horrorromanen gebracht, insgesamt über 200. Er schrieb unter seinem Namen und mindestens 19 Pseudonymen, er war unter anderem Troy Conway, Stuart Jason, Edwina Noon und Dorothea Nile.

Ob es nun "The Man from U.N.C.L.E", "The Girl from U.N.C.L.E." oder (der Himmel stehe uns bei) "The Partridge Family" war, Avallone lieferte das Buch dazu. Er schrieb für die Erotikserie "The Coxman" und den okkulten Detektiv "Satan Sleuth". Er war für die parodistisch angehauchte Krimiserie "Ed Noon" verantwortlich (40 Romane, Deutsch bei Bastei) und schrieb die ersten Nick Carter Killmaster. Bis er sich mit dem Macher der Serie verkrachte. Denn allen Berichten zufolge war er kein einfacher Mensch, höflich ausgedrückt, was sich in seinen späteren Jahren verschlimmerte. In seinen Interviews war er giftig und rachsüchtig, betrachtete sich als ständig übervorteilt von Verlegern (was, sieht man sich die unvorteilhaften Autorenverträge der Zeit an, gerade bei den Fernseh-Novelisations, in denen die Autoren mit einem lausigen Honorar für sämtliche Rechte abgespeist wurden, während sich die Bücher millionenmal verkauften, vermutlich sogar stimmte). Vor allem Stephen King hasste er mit Inbrunst, von dem er behauptete, seine Themen grundsätzlich bei anderen Autoren geklaut zu haben, nicht zuletzt bei ihm.

Egal, was er schrieb, im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen hatte Avallone einen sehr ausgeprägten eigenständigen Stil. Man erkennt ihn. Der fällt auch bei dem vorliegenden Roman auf. Hier erzählt der allwissende Autor, der den Plot oft aus den Augen verliert und einfach nur schwafelt. Mal funktioniert das im Sinne von Atmosphäre bilden, mal auch nicht. Abwechselnd atemlos und im Gletschertempo, ständig schwankend von grimmiger Ernsthaftigkeit zu sarkastischem Spott, was den im Kern schlichten Plot und das unbefriedigende Ende unter einem Wortschwall begräbt. Man merkt, ich bin kein Fan. Aber wenn man fair ist, gibt es hier auch witzige Passagen und einen scharfen Blick für das Absurde des amerikanischen Alltags, der stets am Rand der Selbstparodie schwankt.

So ist der Roman ausgesprochen uneben. Einerseits ist er seiner Zeit weit voraus mit dem Portrait des schwer gestörten Serienkillers Hollis und sehr ernst mit seinen Frauenmorden, andererseits sind die Figuren oft kaum mehr als Karikaturen. Das Jekyll und Hyde-Motiv existiert nur in der Einbildung des Verrückten, was diverse Wendungen in der Handlung völlig unglaubwürdig macht. Da von der ersten Seite an klar ist, dass Hollis der Mörder ist, hält sich die Spannung in Grenzen. Und der völlig zufällige Schluss mag realistisch sein, bleibt aber unbefriedigend.

In Amerika war der Roman Teil einer wahrlich obskuren Taschenbuchreihe des Verlages Popular Library. Unter dem Titel "Frankenstein Horror Series" erschienen von 1971 bis 1972 neun Romane, die mit einer Ausnahme so gut wie nichts mit dem Thema "Frankenstein" zu tun hatten. Die Autoren waren entweder Pulpveteranen wie Otto O. Binder oder Frank Belknap Long, oder es handelte sich um Einzelpseudonyme wie eben Sidney Stuart. Die Qualität der Romane ist sehr unterschiedlich.

Der beste Beitrag ist zweifellos Paul W. Fairmans "The Frankenstein Wheel". Der Roman erschien hierzulande als Vampir Horror Taschenbuch 45 unter dem Titel "Frankensteins Erbe". Erzählt als Fortsetzung des Romans von Mary Shelly trifft Fairman die gotische Atmosphäre auf den Punkt und hat darüber hinaus sogar eine gute Geschichte zu erzählen. Ein völlig in Vergessenheit geratener Roman, der jedem Frankenstein-Fan gefallen dürfte.

Der Rest rangiert von ganz nett zu Zeitverschwendung. Mindestens zwei weitere Titel der Reihe fanden noch den Weg nach Deutschland. VHR 107 von Matt Gardner "Der Menschenfresser" und VHR 115 von Harris Moore "Das Phantom aus der Wüste". Wie willkürlich die Einkaufspolitik von Pabel war, zeigt sich auch wieder einmal hier. Der Beitrag von Frank Belknap Long fand genauso wenig Interesse wie der Roman von Robert Moore Williams, von dem immerhin diverse Übersetzungen bei Terra, Utopia und Terra Astra erschienen.

The Vampire WomanLife on Mars
Das im Brustton der Überzeugung geschriebene psychiatrische Gutachten zu dem Rotschopf-Killer, das sich völlig im Einklang mit der damaligen öffentlichen Meinung und der Gesetzeslage befand, dürfte heutzutage wenig Begeisterung hervorrufen. "Er ist definitiv homosexuell veranlagt – oder asexuell.

[…] Euer Rotschopf-Killer ist sexuell desorientiert."

Im Roman finden sich diverse ähnliche Zeitbilder.

"Wie wenn man sagt, dass die Hälfte der verheirateten Menschheit Männer sind – allerdings, das stimmte ja auch nicht mehr immer heutzutage, weiß Gott nicht. Mrs. Lawrences Mund verkniff sich zu einen Strich, während sie an die zahlreichen verqueren Leute dachte, die man heutzutage sah. Auch so ein Ergebnis der sexuellen Freizügigkeit."

Ja, im Amerika der 70er waren Hippies, Schwule und Kommunisten an allem Schuld. Und nicht nur da.

Das Titelbild
Ein typischer Lutohin, der den Titel immerhin trifft.

Das Original
The Beast with the Red Hands
von Sidney Stuart
192 Seiten
Popular Library 1973

Copyright © by Andreas Decker

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Kommentare  

#1 Toni 2016-02-01 15:40
Gratulation zum Artikel Nr. 25! Bin gespannt, ob ich auch soweit komme. Kann zwar nicht viel Fachwissen anbringen, aber deine Sachen lassen sich wirklich gut lesen.

Die Rothaarigen hatten wirklich einen schweren stand. An das Titelbild konnte ich mich erinnern, immerhin... :-)
#2 Andreas Decker 2016-02-03 10:10
Danke. Ich bin gespannt, wie weit ich noch komme. Wenn die Ära der geballten Originale da ist, gibt es nicht mehr viel zu sagen. Und zum x-ten Mal über die verpassten Chancen beim Original-Däki zu meckern, ist auch nicht abendfüllend :D Mal sehen.

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