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Schizophren - Wenn Jochen und Gabriel »Gefährten des Zwielichts« lesen

Schizophren- Wenn Jochen und Gabriel »Gefährten des Zwielichts« lesenSchizophren
Wenn Jochen und Gabriel »Gefährten des Zwielichts« lesen

 Vorspiel
Zwei Meinungen zu ein und demselben Buch, von Jochen Adam und Gabriel Adams – kann das Zufall, Versagen der Schizophrenie-Therapie oder ein Versehen sein? Mitnichten! Das hat schon seine Richtigkeit, doch was steckt dahinter?

Nun, in diesem Fall folgendes:

Das Genre der Fantasy ist ungeheuer breit gefächert. Es gibt Dutzende verschiedener Subgenres, von denen manche so verschieden sind wie Tag und Nacht. Man nehme nur mal Fantasy, wie sie von Robert Jordan oder Tad Williams geschrieben wird, und vergleiche diese mit Werken von Terry Pratchett, Alan Campbell oder Ralf Isau (die ja selbst unterschiedlicher kaum sein könnten).

Da liegen Welten dazwischen! Kein Wunder, dass nicht alles, was zur Fantasy gehört, gleichermaßen jedermanns Sache ist.

Gefährten des Zwielichts von Alexander LohmannEin wirklich gutes Beispiel dafür, wie sehr sich die Gemüter an einem Fantasyroman scheiden können, ist der Roman »Gefährten des Zwielichts« von Alexander Lohmann sowie die Reaktion zweier unterschiedlicher Lesertypen auf das Buch. Auf der einen Seite hätten wir da Jochen, einen großen Fan phantastischer Literatur, der leichter Unterhaltung gegenüber nicht abgeneigt ist, der humorvolle Einlagen schätzt und der es liebt, wenn einmal nicht Menschen, sondern andere Fantasyvölker im Mittelpunkt stehen. Auf der anderen Seite gibt es Gabriel, der eher ernste und wuchtige Fantasy mag, der es gerne originell und überraschend hat und der auch nichts dagegen hat, wenn es mitunter düster wird.

Beide, Jochen und Gabriel, haben »Gefährten des Zwielichts« gelesen, und, wie nicht anders zu erwarten, sind beide zu einem vollkommen anderen Ergebnis gekommen. Da ihre jeweilige Sicht auf das Buch kaum unterschiedlicher hätten ausfallen können, will euch der Zauberspiegel keine der beiden vorenthalten. Aus diesem Grund findet ihr diesmal zwei Besprechungen zu ein und demselben Buch hier auf dem Zauberspiegel, eine passend für (hoffentlich) jeden Lesertyp.
Doch genug der Vorrede, lasst uns ihre Meinung hören!

Jochen AdamJochen
Ihr seid Fans von Romanen wie »Die Oger«, »Die Goblins« oder »Die Trolle« und könnt gar nicht genug von den verschiedenen Reihen rund um die diversen Fantasyvölker bekommen? Ihr mögt Humorvolle Fantasy, auch wenn sie nicht ganz so ausgefallen ist, wie Terry Pratchett es vormacht? Oder seid ihr eher selten im Fantasygenre unterwegs oder auch Neuleser in diesem Bereich? Dann seid ihr hier genau richtig! Das hier ist für Euch!

Worum es geht? Nun, um den Fantasyroman »Gefährten des Zwielichts« von Alexander Lohmann. In diesem Buch wagt der deutsche Autor einen Blick ins Reich der Phantastik, wie man ihn nur selten zu sehen bekommt. Statt sich auf die Perspektive der (vermeintlich) Guten zu konzentrieren, betrachtet er die Geschichte von der anderen Seite aus. Im Mittelpunkt des Werks stehen also nicht Elfen, Zwerge, Menschen und Co, sondern ihre Feinde, die Völker und Rassen aus den Landen der Finsternis.

Viele Jahrhunderte ist es her, dass Leuchmadan, der finstere Herrscher, von den vereinten Truppen der Menschen, der Elfen und ihrer Verbündeten zurückgeschlagen wurde. Fast wäre es dem Lord der Schatten gelungen, die bekannte Welt zu unterwerfen, doch dann geriet sein steinernes Herz, das Zentrum seiner Macht, in die Hände seiner Feinde. Daraufhin konnten die Armeen der Finsternis erfolgreich zurückgeschlagen werden.

Dies alles ist, wie gesagt, viele Jahrhunderte her. Seitdem führen die Völker, die sich im Krieg auf Leuchmadans Seite geschlagen haben, ein Schattendasein. Doch damit soll es nun vorbei sein. Der dunkle Fürst ist zurück, und er will dort weitermachen, wo er vor langer Zeit gescheitert ist.

Die Sache hat nur einen Haken: Sein Herz befindet sich noch immer in der Hand seiner Gegenspieler, und ohne dieses verläuft der Krieg gegen die Menschen und ihre Verbündeten schlecht. Die Völker der Finsternis sehen sich mit ihrem Ende konfrontiert. Aus diesem Grund stellt Leuchmadan eine Gruppe von (mehr oder weniger) tapferen Kriegern zusammen, die in die Lichten Lande eindringen und das Herz zurückholen sollen.

Und so machen sich die Gefährten des Zwielichts auf eine gefahrvolle Reise, die über Wohl und Wehe eines gewaltigen Reichs entscheiden wird...

Mit »Gefährten des Zwielichts« legt Alexander Lohmann einen Fantasyroman vor, wie ihn sich Freunde der oben genannten Werke nur wünschen können. Humorvoll, zeitweilig sehr spannend inszeniert und voller sympathischer (und teilweise skurriler) Charaktere nimmt das Buch seine Leser mit auf einen abenteuerliche Reise, die zeigt, was auf der Coverrückseite verkündet wird: Ob gut und böse wirklich so klar zu unterscheiden sind, wie man auf den ersten Blick meint, hängt einzig von der Perspektive ab.

Nein, Lohmanns Protagonisten sind keineswegs liebe und nette Gestalten. Die Völker der Finsternis sind durchaus für so manche Untat verantwortlich, bei denen Unschuldige zu schaden kommen. Doch ebenso wenig sind sie die durch und durch finsteren Gesellen, als die sie in vielen anderen Fantasyepen häufig hingestellt werden. Einige ihrer Wesensmerkmale sind sehr wohl angenehm, und in vielerlei Hinsicht ähneln sie jenen Rassen, die die Finstervölker eigentlich als ihre Feinde betrachten und nichts mit ihnen zu tun haben wollen.

Auf der anderen Seite sind die vermeintlich Guten gar nicht so gut, wie es den Anschein hat. Neid und Missgunst, Intrigen und Hinterhalte gibt es auch auf Seiten des Lichts. Lohmann zeigt deutlich, wie dass man nicht von vorne herein sagen kann, was nun richtig und was falsch ist. Jeder hat Stärken und Schwächen, und letzten Endes haben alle, ob Wesen des Lichts oder Wesen der Finsternis, ein gemeinsames Ziel: Sie wollen in Ruhe, Frieden und Wohlstand leben, und das auch auf Kosten anderer.

Das mag sich nun relativ ernst anhören, ist es aber ganz und gar nicht. Lohmann würzt seinen Roman mit einer saftigen Prise Humor. Eine tote Kuh, die als Keule missbraucht wird, und Goblins, die auch im Angesicht des Feindes daran denken müssen, wie sie ihm erfolgreich Streiche spielen können, sind dabei nur die Spitze des Eisbergs.

Storymäßig bedient sich »Gefährten des Zwielichts« ganz klassisch der Queste, also der Jagd einer Gruppe von ungleichen Gefährten auf ein Artefakt, das den aufkommenden Krieg zu ihren Gunsten entscheiden kann. Dabei spielt Lohmann ein wenig mit bekannten Versatzstücken; manche bekannten Muster werden übernommen, andere in schräger, häufig komischer Weise abgewandelt. Es sind ja nun immerhin die Bösen, die auf der Suche sind...

Natürlich hat das Buch auch seinen Schattenseiten, und das nicht nur, weil die Völker der Finsternis im Mittelpunkt stehen. Mitunter fehlt es der Geschichte einfach an Tiefgang, und so manche Figur wirkt arg stereotyp. Das mag gewollt sein, ändert aber nichts daran, dass man sich durchaus einige ausgefallenere Charaktere gewünscht hätte. Alles in allem fallen diese Punkte während der Lektüre aber nur am Rande auf, sodass man die Erzählung trotz dieser Mängel problemlos genießen kann.

»Gefährten des Zwielichts« ist ein mitunter ernstes, aber immer wieder humorvolles Werk, in dem die Grenzen zwischen Gut und Böse einer argen Belastungsprobe unterzogen werden. Zugegeben, besonders tiefgründig ist das Ganze nicht. Zum Nachdenken regt es dennoch an, und Spaß macht die Reise der Gefährten allemal. Wer auf Fantasy steht, die den Werken entspricht, die zu Beginn dieser Rezension genannt wurden, den erwarten einige sehr unterhaltsame Stunden besten Lesevergnügens. Lohmanns gut geschriebenes Werk ist ein Buch, das Jung wie Alt zu begeistern versteht.

Gabriel AdamsGabriel
Ihr seid Fans anspruchsvoller, ernster Fantasyepen? Ihr liebt Geschichten mit Tiefgang, mit ausgefeilten Charakteren und mit Storylines, die unvorhersehbar sind? Ihr mögt unkonventionelle Handlungsbögen und habt ganz und gar nichts dagegen, wenn es mal so richtig finster wird oder auch brutal zur Sache geht? Oder seid ihr einfach schon lange im Genre der Fantasy zugegen oder Geschichten über die Völker und Rassen Tolkiens, wie sie in Romanen wie »Die Oger«, »Die Goblins« oder »Die Trolle« geboten werden, überdrüssig? Dann seid ihr hier genau richtig! Dies hier ist für Euch!

Worum es geht? Nun, um den Fantasyroman »Gefährten des Zwielichts« von Alexander Lohmann. In diesem Buch wagt der deutsche Autor einen Blick ins Reich der Phantastik, wie man ihn nur selten zu sehen bekommt. Statt sich auf die Perspektive der (vermeintlich) Guten zu konzentrieren, betrachtet er die Geschichte von der anderen Seite aus. Im Mittelpunkt des Werks stehen also nicht Elfen, Zwerge, Menschen und Co, sondern ihre Feinde, die Völker und Rassen aus den Landen der Finsternis.

Viele Jahrhunderte ist es her, dass Leuchmadan, der finstere Herrscher, von den vereinten Truppen der Menschen, der Elfen und ihrer Verbündeten zurückgeschlagen wurde. Fast wäre es dem Lord der Schatten gelungen, die bekannte Welt zu unterwerfen, doch dann geriet sein steinernes Herz, das Zentrum seiner Macht, in die Hände seiner Feinde. Daraufhin konnten die Armeen der Finsternis erfolgreich zurückgeschlagen werden.

Dies alles ist, wie gesagt, viele Jahrhunderte her. Seitdem führen die Völker, die sich im Krieg auf Leuchmadans Seite geschlagen haben, ein Schattendasein. Doch damit soll es nun vorbei sein. Der dunkle Fürst ist zurück, und er will dort weitermachen, wo er vor langer Zeit gescheitert ist.

Die Sache hat nur einen Haken: Sein Herz befindet sich noch immer in der Hand seiner Gegenspieler, und ohne dieses verläuft der Krieg gegen die Menschen und ihre Verbündeten schlecht. Die Völker der Finsternis sehen sich mit ihrem Ende konfrontiert. Aus diesem Grund stellt Leuchmadan eine Gruppe von (mehr oder weniger) tapferen Kriegern zusammen, die in die Lichten Lande eindringen und das Herz zurückholen sollen.

Und so machen sich die Gefährten des Zwielichts auf eine gefahrvolle Reise, die über Wohl und Wehe eines gewaltigen Reichs entscheiden wird...

Ein Buch, in dessen Zentrum nicht die Guten stehen, sondern die Bösen, und das zeigen soll, dass die Begriffe „gut“ und „böse“ immer auch eine Sache der Perspektive sind – eine solche Ankündigung weckt bestimmte Erwartungen. Man erwartet etwa einen bissig-ironischen Roman, der bekannte Stereotypen und Klischees aufs Korn nimmt und hintergründig kritisiert. Oder aber ein düsteres Werk, das zeigt, dass es im Krieg so etwas wie Schwarz und Weiß nicht gibt. Ein Buch, das deutlich macht: Im Endeffekt ist jeder zu Gutem fähig- und zu Bösem.

„'Gandalf ist ein Arschloch.' Redensart der Orks“. Dieses vermeintliche Zitat auf der Rückseite des Covers hätte mich eigentlich warnen sollen, dass »Gefährten des Zwielichts« alles ist, aber nicht das, was ich mir davon erhofft hatte.

Es ist nicht so, dass Lohmanns Roman als totale Enttäuschung daherkommt. Die Erzählung ist gut geschrieben, die Figuren sind sympathisch, und immer wieder gelingt es dem Autor, bekannte Klischees auf originelle Art und Weise ins Geschehen einzubauen und zu verdrehen. Doch außer einer oberflächlichen, allenfalls leidlich spannenden Story mit humorvollen Einlagen, die eher slapstickartig als ironisch oder gar bissig wirken, hat der Roman nicht allzu viel zu bieten.

Das Roman weiß den versierten Fantasyleser zu keiner Zeit wirklich zu packen. Nicht genug damit, dass die Story sich ohne echte Höhepunkte voranschleppen muss. Sie wird zudem zu keiner Zeit dem Anspruch gerecht, die Grenzen zwischen Gut und Böse wahrhaft zu verwischen.

Die Mängel der Story sind dabei zahlreich. Allen voran ist die einfallslose Darstellung der Protagonisten zu nennen. Besonders die eigentlich Guten, also Menschen, Zwerge und Konsorten,  wirken wie peinliche Karikaturen der Völker, die Tolkien entworfen hat. Statt sich differenzierter oder zumindest durchdachter Charakterisierungen zu bedienen, präsentiert Lohmann Figuren, die auf bewusst schleimig/schmierig/hinterhältig zurechtgemacht sind. Mit dem Aufzeigen der Tatsache, dass „gut“ nicht immer gleich „gut“ bedeutet, hat dies wenig zu tun; hier werden einfach klischeebeladene Ideen bezüglich der Rollen von Gut und  Böse zwischen den Standard-Fantasy-Völkern ausgetauscht und Menschen und Co mit den schlechtesten nur denkbaren Eigenschaften versehen.

Auch inhaltsmäßig weiß »Gefährten des Zwielichts« nicht zu überzeugen. Die Handlung bleibt durchweg oberflächlich. Lohmann gibt sich zwar Mühe, bekannten Klischees der Fantasy eine neue Ausrichtung angedeihen zu lassen, doch wirklich gelingen mag ihm dies nicht. Die Geschichte konzentriert sich zu sehr auf ihre wenig tiefsinnigen Charaktere und vergisst dabei den Plot. Slapstick statt Ironie, einfallsloses Getümmel statt überraschender Wendungen und echter Tiefe. Nicht mal düster ist das Ganze; alles wirkt wie ein typischer All-Ager, bei dem schlichtweg die Namen der guten und bösen Rassen miteinander vertauscht wurden.

Gefährten des Zwielichts von Alexander LohmannFantasyfans, die sich in den oben genannten Kriterien wiedererkennen (oder zumindest in einem Teil davon), werden an »Gefährten des Zwielichts« keine große Freude haben. Spannungsarm, ohne Ironie, packende Storylines oder ungewöhnliche Geschehnisse, schreitet die Geschichte voran und ist nur ein weiteres, allzu beliebiges Werk aus der viel zu langen Latte an Romanen um einzelne Fantasyvölker. Dass diesmal eben nicht nur eine Rasse im Mittelpunkt steht, sondern die komplette Seite des Bösen, macht die Sache auch nicht besser; ein mitreißendes oder gar wegweisendes Epos, wie man es ob der originellen Grundidee hätte vermuten können, sind anders aus.

Die Daten zum Buch

Gefährten des Zwielichts

von Alexander Lohmann
Bastei-Lübbe Fantasy
erschienen: Frühjahr 2009 (Deutschland)
476 Seiten, 14,00 €
ISBN: 978-3-404-28527-3
Verlagsgruppe Lübbe

 

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