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Der Luftpirat und Matthias - Band 17 Ein Zweikampf zwischen Himmel und Erde

Der Luftpirat und MatthiasBand 17 –
Ein Zweikampf zwischen Himmel und Erde

Was Innovation und abstruse Ideen betraf, reichte vor dem 1. Weltkrieg keine Serie an  »Der Luftpirat« heran, nach Einschätzung vieler Experten die erste Science-Fiction-Reihe der Welt überhaupt. Erschienen sind um 1910 genau 165 Abenteuer, die in einem Format herauskamen, das zwischen dem heutigen A5 und A4 angesiedelt war. Ich unternehme eine Lesereise und berichte über die Abenteuer des Luftpiraten.


Kapitän Mors als GefangenerBand 17 – Ein Zweikampf zwischen Himmel und Erde
Schauplatz:
Luftraum über Chicago

Was bisher geschah
Europa, um 1905. Kapitän Mors war einst ein genialer Ingenieur, der im Kaukasus lebte und von Russland politisch verfolgt wurde. Im Geheimen baut er mit treuen Gehilfen ein gigantisches Kriegs-Luftschiff aus Metall, rüstet es mit hypermodernen selbsterfundenen Superwaffen aus, zieht als Robin Hood der Lüfte durch die Welt und überfällt Schiffstransporte, Gold- und Diamantenminen, um das Geld den Armen zu schenken. Doch die Konzerne schlagen zurück: unter der Leitung des genialen Erfinders und Abenteuers Ned Gully arbeiten Experten fieberhaft an einer Beseitigung des Piraten. Bisher ohne Erfolg. Sowohl Gully wie auch Mors sind bei ihren Scharmützeln jeweils knapp mit dem Leben davongekommen.

Inhalt:
Ned Gully ist zurück! Wieder einmal bastelt und tüftelt er an Superwaffen, um dem Luftpiraten zu vernichten. Nach seiner großen Schlappe in Heft 12 ist der grimmiger denn je entschlossen, Mors zu stellen und zu töten. Das beruht auf Gegenseitigkeit. Auch Mors hat Gully seine fiesen Anschläge nicht verziehen und sinnt auf Rache.

Doch diesmal hat sich Gully selbst übertroffen. Nicht nur hat er in einer eigens konstruierten Metall-Werkhalle neue Wunder-Waffen mit ungeheurer Zerstörungskraft entwickelt, er erfindet auch Kleinstluftschiffe, bestens geeignet für den schnellen agilen Angriff in der Luft. Doch die Krönung ist sein allerneustes supermodernes eigenes Luftschiff, mit dem er Mors die Stirn bieten will. Das Schlachtschiff mit dem martialischen Namen „Die Wurst“ soll den Sieg in der finalen Schlacht herbeiführen.

Käpten Mors erfährt natürlich durch seine Spione von den Vorbereitungen in der Nähe von Chicago. Also beschließt er den Aktionen zuvorzukommen und die Halle zu zerstören.

Diesmal muss er den Kürzeren ziehen – als er sie mit seinem Rammsporn angreift, bekommt sie kaum einen Kratzer ab. Es ist eben die geniale unzerstörbare Konstruktion von Ned Gully! Der nutzt die Chance und greift den Luftpiraten sofort an. Zwei seiner Kampfflieger und er selbst in der „Wurst“ steigen auf, um das Luftschiff des Piraten zu zerstören.

Und Gully, der zwar gewieft, aber auch feige ist, hat für seine Sicherheit vorgesorgt. Um sich selber aus dem Schussfeld zu halten, hat er einen kräftigen mordlüsternen Double engagiert, der im Vordergrund agieren soll, um den Luftpiraten abzulenken und Gully zu schützen.

Derweil geht es im Luftraum über Chicago – genauer gesagt über der Wolkendecke - im buchstäblichen Sinne hoch her.  Mors gelingt es, mit seinen Gasgranaten die beiden kleinen Kampfschiffe auszuschalten. Beide ohnmächtigen Flieger drehen immer höhere Kreise in den Äther, bis sie in obersten Regionen ersticken. Doch da ist ja noch die „Wurst“! Kapitän Mors versucht, das Schiff zu entern – dabei entdeckt er den Double von Gully und stürzt sich auf ihn, er hält ihn natürlich für den echten Erzfeind. Erst als sich der gefälschte Gully mit einem Fallschirm absetzt und Mors ihm einfach nachspringt, erkennt er, dass er betrogen wurde.

Doch jetzt gilt es, sich des sehr kräftigen Profikillers zu entledigen, der ja extra dafür trainiert und angeheuert wurde, Mors auszuschalten. Zunächst versucht der, die Seile des Fallschirms mit einem Messer so zu durchschneiden, dass Mors abstürzen muss. Als das misslingt, ringen beide in den Seilen um Tod und Leben. Mit äußerster Anstrengung gelingt es Mors, den Double-Killer vom Fallschirm zu lösen und in die gähnende Tiefe zu stoßen.

Derweil hat sich der echte Gully, der den schlechten Ausgang des Kampfes beobachtete, mit seinem eigenen Fallschirm abgesetzt und entgeht so abermals der Rache des Kapitäns. Es steht also mal wieder unentschieden. Oder doch nicht ganz? Immerhin gelingt es Mors, die „Wurst“ zu kapern, die  führerlose Besatzung gefangenzunehmen und das kleinere Schiff als Ersatzmaschine zu behalten.

Kommentar
Keine Frage – der Autor von Heft 12 ist auch hier wieder am Werk und gießt seine alte – zugegebenermaßen sehr gut geschriebene Story neu auf. Sie gehörte sowieso zu den besten der jungen Serie – möglich , dass die Leser/Käufer-Reaktionen den Verlag zu einem Revival anregten. Schon im Titel kündigt sich das an: „Nr. 12: Ein Kampf in den Lüften / Nr. 17: Ein Zweikampf zwischen Himmel und Erde.“

Dagegen ist gar nichts zu sagen – denn auch diesmal fiebert man mit, und im Grunde sind doch solche Luftscharmützel genau das, was man in diesen Heften lesen will, als reinste Form früher Action-SF.

Dennoch gibt es hier einige böse Logik-Löcher, die auch von größten Enthusiasten des Heftromans nicht schönzureden sind. Zum einen die ungeschickte Konstruktion mit dem Double. Sehr durchschaubar, das Dilemma. Einerseits will der Autor den halsbrecherischen Kampf im Fallschirm mit schrecklichem Absturz des Schurken, andererseits soll Gully natürlich als Hauptwidersacher des Luftpiraten weiterleben. Also muss ein Double her. Das ist ja noch gar nicht mal so schlecht, weil eine ebenso witzige wie freche  Lösung für das Dilemma, allerdings geht das nur, indem man den echten Gully zum Feigling macht. Wir kennen ihn aber bisher als Draufgänger – und so soll es ja auch sein. Was nützt uns ein Super-Gegner, wenn er vor jeder Gefahr bibbert? Kann und will man sich einen feigen Dr. Mabuse vorstellen? Verschlagen, hinterhältig, gewieft - ja – aber feige?

Das gibt dem Heft jedenfalls einen etwas unangenehmen Beigeschmack.

Ein andres Ärgernis ist ein absolut absurder technischer Fehler, der hier aber entscheidend ist für den Ausgang des Kampfes. Ist es überhaupt schon sehr unwahrscheinlich, dass die Gasbomben die kleinen angreifenden Schiffe treffen und haftenbleiben, ist es doch geradezu undenkbar, dass die Dämpfe sich effektiv entfalten können. Sie würden bei der Jagd einfach als lange Rauchfahne vom Flugapparat abdriften und vermutlich niemanden behelligen (außer nachfolgenden Flugapparaten, die in die Fahne geraten) . Die technische Begründung des Autors ist denn auch hanebüchen, selbst für ein Groschenheft der 1910er Jahre:

„Es war auffallend stille Luft, und so kam es, daß kein Windstoß diese fürchterlichen Dünste zerstreute.“ 

Auf einem Luftschiff, das pfeilschnell dahinsaust! Wunderbar!

Auch über die einleitende Aktion sollte man nicht allzu genau nachdenken – das Luftschiff war schon in der Lage, ganze Kriegsschiffe mit Elektrokanonen zu pulverisieren – wieso greift Mors die Montage-Halle völlig unnnötig mit einem Rammsporn aus wenigen Metern Höhe an?

Immerhin zeigt dies Heft eines wieder recht deutlich – das unterschwellige Empfinden der Verfasser, dass es um den technischen Fortschritt des Luftpiraten nicht so gut bestellt ist, wie die ersten Hefte suggerieren. Seine Waffen sind von den Gegnern schnell auf ähnliche Weise nachempfunden und - erfunden worden. Das spiegelt die Ära vor dem ersten Weltkrieg gut wider – dies dumpfe Wissen darum, dass Wunderwaffen nicht Göttliches, Überlegenes mehr sind, sondern leicht von sehr irdischen und niedrigen Konkurrenten imitiert werden können. Mors spätere Flucht in den Weltraum ist auch eine Flucht der Phantastik ins letzte Refugium, das noch bleibt. Dorthin kann dann auch ein Ned Gully nicht mehr folgen. Oder doch? 

Übersicht über die kommenden Attraktionen

Heft 18: Kapitän Mors und die Verräter (12.04)
Heft 19: Der unheimliche Wolkenkratzer
(26.04)

Heft 20: Der Millionenschatz-Turm des Tyrannen (10.05)
Heft 21: Das Gefängnis auf der Teufels-Insel
(24.05)
Heft 22: Kapitän Mors' schwerste Stunde
(07.06)
Heft 23: Das Geheimnis des Bergschlosses
(21.06)

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