Eine »unheimliche« Mischung - Dämonenkiller – Die Taschenbücher: Rückkehr aus dem Reich der Toten
Rückkehr aus dem Reich der Toten
Rückkehr aus dem Reich der Toten
New York. Mitte der 70er. Mrs. Wilson lebt in ihrem schicken Haus in der East67th Street und kränkelt. Nachts wacht sie auf und hört den Walzer einer Spieluhr. Sie glaubt, dass der Geist von Elaine wieder da ist, ihrer Schwiegertochter, die sich zwei Jahre zuvor im Haus erschossen hat.
Ihre Tochter Ruth hat von diesen Wahnvorstellungen die Nase voll und will eigentlich nur noch weg. Da kommt Sohn Mark nach Hause. Er bringt seine zweite Frau Laura mit, die er in Rom kennengelernt hat. Laura ist hübsch, lieb und eine Maus, die sofort von dem Haus eingeschüchtert ist.
Augenblicklich gibt es Stress. Marks Mutter verlangt von ihrem heimgekehrten Sohn, dass er seine neue Frau nimmt und das Haus wieder verlässt, weil sie in Gefahr sei. Natürlich will der nichts davon hören. Prompt wird Laura in der Nacht von einem Schluchzen geweckt und findet in einem der vierzehn Zimmer des Hauses eine Spieldose.
Am nächsten Tag geht Mark erst einmal ins Büro seines Verlegers. Er hat bis jetzt das Rom-Büro der Zeitschrift geleitet. Laura findet in der Bibliothek Bücher über Okkultismus und dämonische Besessenheit. Ruth und Laura gehen bummeln. Dabei entdeckt Laura bei einem Trödler eine Spieluhr, die das Gegenstück zu der im Haus ist. In der Zwischenzeit wird bei einem Gespräch zwischen Mark und seinem Freund und Kollegen Coby Ross enthüllt, dass Laura keine Ahnung hat, wie Elaine gestorben ist. Er hat es ihr verschwiegen.
Abends schleppt Ruth ihre neue Schwägerin zu ihrem Freund Dave Brody, einem notleidenden Künstler. Als Laura allein nach Hause kommt, zitiert sie Mrs. Wilson zu einer ersten Begegnung zu sich. Brav gehorcht Laura. Mrs. Wilson bittet sie eindringlich, das Haus zu verlassen, weil hier Elaines böser Geist rumspukt. Kurz darauf wird Laura mit Elaines Stimme konfrontiert und hat einen hysterischen Anfall.
Der Hausarzt sediert sie, und natürlich glaubt ihr keiner. Am nächsten Tag versucht Mark vergeblich, einen Platz in der Maschine nach Rom zu bekommen, weil er mit seiner Frau weg will. Währenddessen belabert Mrs. Wilson ihre neue Schwiegertochter noch etwas mehr. Elaine warte darauf, in einen neuen Körper zu schlüpfen. Sie wolle sich an Mark rächen. Denn der hätte sie umgebracht. Mrs. Wilson will das mehr oder weniger gesehen haben. In Wirklichkeit hat sie nur Schritte gehört, die sich von der Toten entfernten. Aber da nur Mark da war, kann nur er es gewesen sein.
Mark hat dann eine andere Version. Elaine war Schauspielerin im Sommertheater und Trinkerin. Sie hatten ständig Streit, zuletzt wegen der Spieldose, die sie irgendwoher hatte. Und dann hat sie sich erschossen.
Mark trifft die weiteren Vorbereitungen zur Abreise. Laura besucht den Antiquitätenhändler erneut und bekommt eine Beschreibung von dem Mann, der die andere Spieldose gekauft und Elaine geschenkt hat. Danach besucht sie Mark Brody und klappt bei ihm zusammen. Der erfolglose Maler bringt sie nach Haus, wo sie prompt das nächste Schlafmittel bekommt.
Trotzdem steht Laura auf, geht in Elaines Zimmer, macht einen Anruf und setzt ihre Schwiegermutter so unter Druck, dass sie ihr den Revolver gibt. Marks Freund Colby taucht auf, weil Laura ihn anrief. Mark will das nicht glauben, der noch anwesende Hausarzt auch nicht. Dave Brody ist auch noch da. Im Keller findet Laura derweil ein Album mit Elaines Theaterkritiken und Bildern.
In Elaines Zimmer holt Laura alle Besucher zusammen und fuchtelt mit der Kanone herum. Hysterisch verkündet sie, Elaine zu sein. Dave Brody habe sie ermordet. Sie hatten eine Affäre, und jetzt hat er sich an ihre Schwägerin rangemacht. Auf dem Zeitungsausschnitt ist Brody mit Elaine auf der Bühne zu sehen. Brody streitet alles ab. Mark kann seine immer hysterischere Frau schließlich belabern, die Sache mit Elaine zu vergessen, und ihr den Revolver abnehmen. Während Laura zusammenbricht, ergreift Brody die Flucht, stolpert über die Spieldose und bricht sich auf der Treppe das Genick.
Der gute Hausarzt beruhigt Mark, dass Laura vom Gerede ihrer Schwiegermutter beeinflusst wurde und es keine Geister gibt. Alles nur Zufall. Aber so ganz glaubt ihm Mark nicht, und er sieht der Zukunft eher düster entgegen.
In dem unendlichen Thema, wie ist die Dämonenkiller-Redaktion ausgerechnet an diesen Roman gekommen, passt dieser Titel gut ins Muster. Die Qualität dürfte wohl das geringste Gewicht gehabt haben. Dafür ist er kurz und betont gewaltfrei. Und auch kein eigenständiger Horrorroman.
Tatsächlich ist "She waits", so der Originaltitel, die Novelisation eines TV-Movies von 1972, das aber außerhalb der USA und einiger weniger europäischer Länder niemand haben wollte und auch in Deutschland nicht über die Mattscheibe geflimmert ist, wenn man zumindest der IMDB glauben will.
Drehbuchautor Art Wallace konnte auf eine lange Reihe vor allem genreorientierter Projekte zurückblicken. Schon in den 50ern schrieb er Bücher für Fernsehserien wie "Tom Corbett, Space Cadett", um später neben einem Haufen einmaliger Beiträge für alle möglichen Serien für die Horrorsoap "Dark Shadows" oder die "Planet der Affen"-Fernsehserie zu schreiben. Von ihm gibt es auch zwei Star Trek-Episoden. Einmal "Ein Planet, genannt Erde" (Assignment Earth), die Vergangenheitsepisode um Gary Seven, den Mann mit der Katze, der gescheiterten Pilotfolge für einen Ableger. Und "Tödliche Wolken" (Obsession), das Teil mit der Vampirwolke.
"She waits" gehörte wohl nicht zu seinen Sternstunden, ist es doch in den wichtigsten Punkten ziemlich offensichtlich von DuMauriers "Rebecca" abgekupfert. Das protzige Stadthaus in Manhattan ist Manderly, Mark ist Maxim, der seine ahnungslose schüchterne Braut nach Hause bringt, Laura ist die zweite Mrs. DeWinter, der schmierige Casanova Brody ist der schmierige Jack Favell, Rebeccas Lover, und die tote Elaine ist Rebecca, nur als ganz besonders farbloser Geist. Es fehlen nur das Feuer am Ende und Mrs.Danvers, wobei die antagonistische Mutter, die Laura aus dem Haus haben will, ein paar Eigenheiten dieser Figur verkörpert.
Obwohl das TV-Movie mit der Oscar-Preisträgerin Patty Duke als Laura besetzt war, die zu der Zeit ziemlich populär war, ist es völlig untergangen. Den smarten Mark spielte David McCallum, UNCLEs Yllya Kuryakin, der auch noch mit 82 den Pathologen bei NCIS gibt. Diverse Kritiken bescheinigen ihm, dass er durch den Film schlafwandelt und nichts auch nur annähernd Originelles oder Spannendes passiert, was man nach der Lektüre des Romans gern glaubt. Immerhin soll er nett in schöner Kulisse gefilmt sein.
Autor Henry Clement hat – zumindest unter diesem Namen – nichts anderes als Filmadaptionen geschrieben. Darunter auch durchaus bekannte Produktionen wie "Columbo" und "Sugerland Express". An der schnarchigen Vorlage und ihrer Langeweile konnte er nichts ändern. Hier wird aber auch jedes Klischee verbraten, von wehenden Vorhängen und nervig-klimpernden Spieluhren zu körperlosem Schluchzen in der Nacht. Das ist gefällig und glatt erzählt, Clement bringt eine Menge New Yorker Lokalkolorit rein, aber ein paar der Klippen konnte auch er nicht umschiffen. Die Enthüllung, dass Brody der Mörder der untreuen Säuferin Elaine ist, mag auf der Leinwand funktionieren, hier passt es nicht wirklich zu den vorigen Szenen mit der Figur.
Das ist ein im wahrsten Sinne des Wortes blutarmer und ganz softer Grusler, der zwar kompetent geschrieben ist, aber als 08/15 Geistergeschichte nicht überzeugt. Womit wir wieder beim Anfang sind. Was die Redaktion gerade an dem Roman außer seiner kompatiblen Länge und den mutmaßlichen inhaltlichen Einschränkungen gereizt hat, wird ein Geheimnis bleiben.
Der East Broadway, wo der erfolglose Maler Brody stilgemäß in einem Loft mit Lastenaufzug wohnt, wird hier als herunterkommende Gegend beschrieben. Später wurde die Gegend eine Weile Teil des "neuen Chinatown", aber die Einwanderer werden durch die übliche hemmungslose Gentrifizierung gerade vertrieben. Bei den heutigen Mietpreisen hätte sich Brody nicht mal eine Abstellkammer leisten können.
Das stattliche Stadthaus der Wilsons mit seinen 14 Zimmern in Spuckweite zum Central Park ist allerdings immer noch ein teures Pflaster. Eine Wohnung von 55 qm kostet aktuell um die 4000 Dollar im Monat, will man dort ein Haus kaufen, muss man bis zu 50.000.000 Dollar lockermachen.
Was haben ein Friedhof, ein Adler, ein grimmiger Geist und eine Frau mit Kopftuch mit dem Inhalt oder auch nur der Atmosphäre dieses Romans zu tun? Antwort: Nicht das Geringste. Aber Lutohin wird der Verkauf gefreut haben.
Das Original
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