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»Schön war die Jugend?« - Ausflüge in die Romanheftvergangenheit: Die Höllenmühle - Larry Brent Nr. 133

Schön war die Jugendzeit? -  Ausflüge in die RomanheftvergangenheitAusflüge in die Romanheftvergangenheit:
»Die Höllenmühle«
Larry Brent Nr. 133 von Dan Shocker

Von den herrlichen grusligen Tableaus der Anfangszeit machen wir jetzt einen kleinen Sprung ins Mittelalter der gefeierten „Larry Brent“-Serie. War das Dämonenkastell noch in der Frühzeit des Silber-Gruselkrimi erschienen, kam die „Höllenmühle“ in einer Phase an die Kioske, als die Serie innerhalb der Anthologie schon so etabliert war, dass Jürgen Grasmück nur noch etwa alle vier Wochen einen Roman raus schickte.


Die HöllenmühleUrsprünglich 1979 als 126. Roman erschienen, kam der Roman in der eigentlichen LB-Serie dann doch recht früh zu Wiederveröffentlichungsehren, waren doch knapp ein Drittel aller Serientitel neue Romane gewesen.

Als weltreisender PSA-Agent kam diesmal auch ein wenig Auslandsexotik zum Tragen, gerade das nahe europäische Ausland führte immer wieder zu netten Ausflügen in Umgebungen, die man auch noch gut nachvollziehen konnte, etwa nach Paris, Wien oder wie in diesem Fall nach Amsterdam.

Dabei ist Grasmück offenbar fleißig dabei, das Erfolgsrezept von Alfred Hitchcock anzuwenden, wenn denn mal ein Handlungsort gewählt war: frag dich, was ein durchschnittlicher Leser, kein global informierter Weltreisender, von einem Ausflug ins nahe Holland erwarten würde und bau das  dann organisch in deine Geschichte ein. Hitchcock bastelte also Schokolade und Schlittschuhlaufen ins Bild der Schweiz (die 1934er-Version von „Der Mann, der zuviel wusste“) und als er sich verstärkt um die Niederlande kümmerte (ich beziehe mich da auf „Der Auslandskorrespondent“), kamen eben Tulpen und Windmühlen ins Spiel.

Das scheinbar unvermeidliche Tulpenfeld hat Grasmück dann doch weggelassen, aber die Wahrzeichen der Niederlande – wie man es sich gewöhnlich denken würde – ziert schon den Titel und mit ordentlich Grachten, Drogen und Sexclubs kann der Autor auch noch wuchern. Immerhin, ganz so platt ist das Hollandbild dann doch nicht geworden, wie es bei der klischeehaften Freizügigkeit hätte werden können, aber die Örtlichkeit bestimmt hier schon die Umstände, denn der Fall hätte andernfalls auch in einem französischen oder italienischen Bauernhaus stattfinden können.

Für den optimalen Genuss müssen natürlich drei personelle Standards erfüllt werden, daher kann ich in diesem Fall neben Larry und Morna mit dem robusten Russen Iwan Kunaritschew alias X-Ray-7 dienen, der mit seinen monströsen Schnäpsen und alles vertilgenden russischen Zigaretten natürlich ein patenter Dauerjoke war, auch wenn dieser irgendwann ziemlich dünn wirkte, konnte man sich notfalls doch immer noch aus Todesgefahr retten, indem man überlegenen Böslingen einfach eine Selbstgetrete aus Russland anbot und diese beim unvermeidlichen Hustenanfall dann attackierte und überwältigte. In diesem Roman trifft es nur einen unbescholtenen Taxifahrer, aber die wackeren Niederländer rauchen ja bekanntlich so ziemlich alles.

Zu konstatieren gibt es aber wieder einen straff durchorganisierten Roman mit ein wenig Überfülle in der Handlung, aber vielleicht war Grasmück ja von der Location selbst total begeistert...

Die HöllenmühleRicke racke, Ricke racke, geht die Mühle mit Geknacke...
So eine Disconacht kann die Hölle sein, vor allem wenn der DJ gerade die „Village People“ auflegt und das ist in Will Hoogs „Super-Jet-Diskothek“ irgendwo auf dem platten Land gerade der Fall (der Roman ist aus einer Zeit, als in der Disco noch „Disco“ lief). Anja Radsuun hat sich gerade so richtig schön mit einem holden Knaben heiß getanzt, als der Kreislauf die Biege macht und sie sich gerade noch so vor die Tür begeben kann. Es kümmern sich zwar ihr Mittänzer Haan Bersebrink (super!) und der Besitzer Will Hoog um sie, dennoch wird sie kurz vor dem Weitertanzen Opfer einer recht feurigen Höllengestalt, die im Gebüsch lauert. Da ihr Verschwinden jedoch bemerkt wird, ist Will Hoog sichtlich um die Reputation seines Ladens besorgt, beschwichtigt er Bersebrink doch mit dem Hinweis, bloß nichts von der schwarzen Höllenkutsche den Behörden zu melden, die dieser noch kurz gesehen hat. Die Schuld macht er bei einem gewissen Jan de Boer aus und den Kutscher als Satan persönlich.

Auftritt Kommissar Laassen, der sich zwecks Ermittlungen bei eben jenem de Boer mal umhören will, weil dessen alte Mühle nicht weit entfernt steht. Bei der Gelegenheit wird auch gleich die „back story“ aufgerollt, die schon 30 Jahre zurück liegt, eine garantiert grimm-geeignete Mär von einer bösen Stiefmutter, die den Sohn aus erster Ehe des Müllers meucheln möchte, weil ihr eigener Spross alles erben soll. Doch der kleine Haken im Plan ist die unangekündigte Ankunft von Sohn Nr.2, den die Klinge aus Versehen statt des eigentlichen Opfers trifft. Daraufhin verkauft Stiefmutti ihre Seele dem Teufel und verflucht Mann und Sohnemann, bevor sie sich selbst aufknüpft. Letzterer ist nun schon viele Jahre verschwunden und Papa soll mit dem Teufel paktieren. (Was übrigens weder einleuchtet, noch später irgendwann mal eintritt.)

Genau den will Laasen jetzt mit seinem Assistenten Piet befragen, doch man trifft ihn bei der Mühle nicht an. Dafür parkt im Hof die schwarze Kutsche. Während Laasen beim Durchsuchen erstmal sonstwohin verschwindet, geht Piet ihm nach und wird von einem Finsterling ins Mahlwerk gestoßen und zermalmt. Prosit!

Im Anschluss findet Laasen die Überreste, als auch schon die Kutsche stiften geht. Auf dem Kutschbock eine dunkle Gestalt mit Satansgesicht und Teufelshörnern!

Derweil sind Larry, Morna und Iwan in Amsterdam eingetroffen und von den Behörden schon grachtennah untergebracht worden. Während Larry offiziell ermittelt, soll Morna das Kindermädchen bei der Familie eines Kaufmanns spielen, dessen Frau ebenfalls vor einiger Zeit verschwunden ist. Und Iwan soll sich in einem Erotikclub umsehen, weil man dort eine Satanssekte vermutet.

Währenddessen gibt es das nächste Opfer: Eintänzer Haan Bersebrink wird daheim von einem Eindringling mit glühender Teufelsmaske erdolcht, anschließt legt er Feuer. Ungeschickterweise liegt die Wohnung aber Luftlinie vom Grachtenhotel und Morna legt eine 1A-Fassadenkletterei hin, damit nicht der ganze Wohnblock abfackelt. Tatsächlich stellt sie den Mörder und entwendet ihm seine hauchdünne Teufelsmaske, er selbst jedoch kann fliehen.

Während Larry gemeinsam mit Laasen der Kutsche angesichtig wird, finden zwei deutsche Radler die Leiche von Anja Radsuun begraben am Straßenrand und suchen natürlich ausgerechnet in der Mühle nach einem Telefon. Dabei wird einer von ihnen dann von einem Unbekannten im Mühlenkeller angegriffen und überwältigt.

Gleichzeitig überschlagen sich anderswo die Ereignisse: Morna übernimmt ihre Stelle bei Kaufmann Jonkera, wird aber mit Drogen betäubt und fällt in die Hände der Satanssekte, bei der Will Hoog natürlich mitmischt. Und Iwan mischt seinerseits den angestrebten „Kontaktclub“ auf, in dem sich ein schußgewaltiges Drogendrama abspielt. Bei einer Schießerei darf er Übermenschliches leisten, findet nebenbei den Teufelsaltar und springt schließlich in eine Gracht – dass er das überlebt (also das Grachtenwasser) ist wohl das Erstaunlichste.

Laasen und Brent erreichen derweil die Mühle und kommen dem de Boerschen Geheimnis schließlich kurz vor Mitternacht auf die Spur, während draußen Morna schon mal zur Opferung bereit gemacht wird...

Fällt in Holland ein Sack Mehl um...
...dann ist gleich die Hölle los.

Grasmück hat immer noch ordentlich Drive, wie auch dieses mittelalte Werk (freundlicherweise kommt kein Käse in diesem Heft zu einer tragenden Rolle) beweist. Mit drei bis vier haupthandelnden Personen und einer Handvoll potentieller Opfer kreist hier actiontechnisch ganz flott der Hammer, da kommt erfreulicherweise auf keiner Seite Langeweile auf.

Ein bißchen wird das Vergnügen dadurch erschwert, dass man schon auf den ersten zehn Seiten den Hintergrund der Geschichte lang und breit auswalzt und sich der gewitzte Leser ungefähr denken kann, dass der alte Besitzer von Müllers Mühle nicht mit dem Gehörnten im Bunde ist, sondern von diesem eher als ungewollten Untermieter denkt.

Mit Märchenfluch und mit Blut unterschriebenem Vertrag tritt dann irgendwann auch das Erwartete ein, wobei die Exposition praktisch das halbe Heft einnimmt, dabei aber so viel los ist, dass das gar nicht besonders stört. Nur den eigentlichen Satan, den kriegt man auch in diesem Fall wieder nicht zu Gesicht, denn meistens sind es ja Mumien, Monstren oder Mutationen, zumeist aber sinistre Finstermänner, die sich höllischer Kräfte bedienen, welche aber nicht so simpel hollywoodesk personalisiert und teilvermenschlicht werden, wie das Asmodis und Co in den übrigen Serien aus dem Hause Bastei etwa immer tun.

Stattdessen konzentriert sich die Story dann doch mehr auf eine ergebene Sekte in geschickter, weil verstörender Verkleidung (die Kutsche ist auch nur wegen des coolen Looks mit im Spiel) und das Übernatürliche wird zum guten Schluß dann doch durch Schwiegermamis Rachegeist abgefrühstückt, die pünktlich zum Fluchablauf mal kurz reinschaut (in die Mühle).

Larry Brent ist hier ausnahmsweise mal nur als Ermittler tätig, die Action beschränkt sich mehr auf den robusten Iwan, dessen mehrseitiges Insert in jedem guten Actionfilm die Fans auf die Sessellehne treiben würde – nicht dass diese Episode schlußendlich irgendwo hin führen würde, denn obwohl das reinigende Grachtentauchen mit einem Versprechen nach „mehr“ endet, schreibt Grasmück den Russen gleich wieder aus der Handlung raus. Da war wohl nicht mehr genug Roman für weiteren Plot übrig.

Nicht so doll – aus femininer Sicht – ist die Tatsache, dass sich Morna hier schon im zweiten Roman in Folge zweckbedingt außer Gefecht setzen lassen muss (im anderen Roman wurde sie eingesperrt und verpasste so das Finale), aber ich hoffe, da hab ich einfach zufällig zwei von diesen Romanen in Reihe gegriffen.

Was hier nicht so zieht, ist der Gruselfaktor, den „Kastell des Dämons“ etwa noch hatte, das ist dann trotz großen Aufwands doch lange Zeit auffallend irdisch ausgefallen, aber immerhin kriegen wir Hausboote, Grachten, Drogen, Sex & Crime, Mühlen und sinistre Flachländer, bei denen der Finger locker am Abzug sitzt.

Wie auch immer das Gefühl schließlich bei 200 Romanen in Reihe ausfallen würde, so gegriffen, bürgt Grasmück in seiner Stammserie immer noch für Qualität.

Um die Testtrilogie abzuschließen, werde ich dann noch einen Roman aus den letzten Jahren des Brent-Schaffens greifen, die ja offenbar beim Publikum nicht mehr ausreichend verfingen, um wenigstens diese Serie nach dem Zauberkreisverkauf noch ein paar weitere Jahre zirkulieren zu lassen. Vielleicht sind da ja noch ein paar Kuriosa zu finden...

Kommentare  

#1 Harantor 2016-06-21 10:29
Es ist ein Fehler anzunehmen, dass die Verkäufe der Brent-Romane nachgelassen haben. Die Einstellung lag also n´mitnichten am fehlenden kommerziellen Erfolg, sondern war vielmehr dem Chaos bei VPM nach dem Unfalltod von Chefredakeur Müller-Reymann geschuldet und dem Irrglauben, dass man nur mit Brent geen Bastei (die zudem Zeitpunkt drei oder vier Serie laufen hatten) noch würde bestehen können. Und so wurde von branchenfremden Leuten eine der erfolgreichsten Heftserien eingestellt. Denn trotz Neuauflagen konnte Larry Brent mit Sinclair mithalten. Bevor Müller Reymann verunglückte wollte man gar mit Co-Autoren wieder zur wöchentlichen Erscheinungsweise zurückkehren.
#2 Andreas Decker 2016-06-21 15:07
Trotzdem, man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass man die Zauberkreis-Palette mit einem Mikrobudget gemanagt hat. Der SGK hatte am Ende eine grässliche Gestaltung und war kreativ tot. So wie eigentlich das ganze Genre. In den Jahren konnte niemand mehr etwas Neues auf die Beine stellen.

Obwohl, so toll war der Brent am Ende auch nicht mehr.
#3 Harantor 2016-06-22 17:59
Zauberkreis hatte drei herausragende Produkte "Larry Brent" und solang die Erstauflage lief "Macabros"(und selbst die dritte Auflage war kein Loser), "Die rote Laterne" und "Butler Parker". Dazu ein paar solide Sachen wie den Silber Western und den Gold-Roman. Und dann gab es da noch manche nicht so gut Laufende Sachen. Wie schon aus dem Interview mit Dr. Greiser hervorgeht.

zitiere Dietmar Greiser:
Ich habe den Zauberkreis-Verlag 1985 verkauft und habe das nie bereut. Zu diesem Zeitpunkt sanken bei etlichen unserer Serien die Verkaufszahlen immer mehr und das Geschäft konnte nicht mit nur einigen gut laufenden Serien aufrechterhalten werden. Und einen sehr positiven Aspekt hatte der Verkauf: Da die Käuferin Pabel/Moewig direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite in Rastatt angesiedelt ist und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zauberkreis-Verlags mit übernommen hatte, gab es auf der Arbeitnehmerseite zum Glück keine sozialen Probleme hinsichtlich des Arbeitsplatzverlustes

(www.zauberspiegel-online.de/index.php/frage-antwort/im-gesprch-mit-mainmenu-179/6498-dr-dietmar-greiser-ber-zauberkreis-drucken-verlegen-und-verkaufen)

Und ich möchte Dir widersprechen Die Spuk-Truhe (LB 180), Das Grauen hinter der Tür (LB 188) waren ganz tolle Romane aus der Feder Grasmücks
#4 Advok 2016-06-23 00:16
Hm - auch auf die Gefahr hin, pingelig zu sein, Horst - das waren vier herausragende Produkte ... ;-) ;-) ;-)

Wenn wir gerade bei Zauberkreis und herausragende Produkte sind: Weiß jemand, warum G.F. Unger damals zu Bastei wechselte?
#5 Harantor 2016-06-23 08:04
@Advok: Unger war bis 1979 auch bei Zauberkreis (sprich etwa 15 Jahre vor dem Verkauf an Bauer/VPM) und somit hatte Zauberkreis den deutschen Westerbnautor nicht mehr im Programm. Schon seit den frühen Sechzigern waren Ungers Mühlbüsch-Titel bei Bastei. Bei Zauberkreis erschienen die Titel aus anderen Verlagen. Unger sit 1979 also nicht gewechselt, sondern hat sich auf ein Standbein (Bastei) konzentriert.

Zu Unger und Mühlbüsch: www.zauberspiegel-online.de/index.php/archiv/der-heftroman-nach-hbner-mainmenu-178/1072-meine-zeit-bei-bastei-der-einstieg-und-eine-tolle-idee

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