Die Novelization - Der Roman zum Film: Haare auf den Zähnen
Der Wolfsmensch (The Wolfman)
Der Streifen aus dem Jahre 1941 von Universal ist ein wohlbekannter Klassiker des Horrorfilms und legte den Grundstein für viele weitere Filme mit ähnlichem Thema. Eine Romanvorlage zum Film existierte damals nicht, also nahm man einfach Elemente des Werwolf-Mythos als Grundlage, schmückte diese etwas aus und bastelte eine spannende Story drum herum. Das Drehbuch stammte von Curd Siodmak, Regie führte George Waggner.
Ein erster Drehbuchentwurf stammte von Robert Florey, wurde aber verworfen. Lon Chaney jr. (eigentlich Creighton Tull Chaney) spielte hier zum ersten (aber nicht zum letzten) Male die Rolle des unglücklichen Larry Talbot, des Wolfsmenschen. Ein Remake unter dem Titel The Wolfman folgte 2010, kann dem Original aber nicht das Wasser reichen. Eine ausführliche Besprechung zum Original gibt´s hier von Kollege Konrad Wolfram: Von Wölfen, einer Paraderolle und anderen Ähnlichkeiten
P.S.: Die mir vorliegende DVD stammt aus der „The Monster Legacy Box“ mit 18 Filmen und sehr viel Bonusmaterial.
Die Story:
Larry Talbot kehrt nach 18 Jahren Aufenthalt in den USA auf das Schloss seines Vaters zurück, wo dieser ihn nach dem Unfalltod seines erstgeborenen Sohnes auf seine Aufgaben als dessen Nachfolger als Gutsherr vorzubereiten. Der Vater ist durch den Verlust des geliebten Lieblingssohns verbittert und noch unnahbarer als vorher. Larry entflieht der muffigen und emotionslosen Atmosphäre des Gutshauses, lernt die bezaubernde Conliffe kennen und verliebt sich in sie. Aber es soll alles ganz anders kommen: Bei einem gemeinsamen Besuch auf einem Rummelplatz wird Larry von einem Wolf angefallen und gebissen. Talbot setzt sich zur Wehr und erschlägt das Untier mit seinem extravaganten Stock, der einen Silberknauf hat. Die Wunde ist am nächsten Tag seltsamerweise verschwunden, und das Unheil nimmt für Larry seinen Lauf…
Die Romanfassung:
Im Jahre 1977 erschien nun eine Romanfassung des Streifens in der Reihe The Universal Horror Library, verfasst von Carl Dreadstone als Auftragsarbeit. Die Reihe war insgesamt sehr schön aufgemacht und bot dem Leser auf seinen 212 Seiten auch Filmfotos, in s/w natürlich. Die Bücher scheinen sich sogar zu einem Liebhaber- und Sammlerobjekt entwickelt zu haben: Die amerikanische Wolfman-Ausgabe wird um die 50 $ gehandelt.
Carl Dreadstone war übrigens nicht das alleinige Pseudonym Ramsey Campbells (3 Veröffentlichungen), sondern ein Sammel-Alias: er teilte es sich mit Walter Harris (2 Veröffent-lichungen), sowie einem bislang unbekannten Autor (1 Veröffentlichung)
Der Roman erschien dann auch zwei Jahre später auf Deutsch, und zwar als Band 69 in der Taschenbuchreihe „Vampir Horror Roman“. Allerdings ist diese Fassung lediglich 120 Seiten lang, während der übliche Umfang eines VHR-TB´s hingegen bei ca. 160 Seiten lag. Dazu aber später mehr.
Anscheinend kaufte man damals bei Pabel gleich die Rechte für alle 6 Novelizations der klassischen Universal-Monster im Paket an: vier davon erschienen in der Reiher der Vampir Horror Roman-Taschenbücher, die beiden letzten dann nach der Einstellung der Reihe als Heftroman in der gleichnamigen Serie.
Der Klassiker wurde 2007 erneut noveliziert: Michael Jan Friedman schrieb The Wolfman: Hunter´s Moon. Das Buch erschien bei Dark Horse. Erwähnenswert ist die sehr schöne Coveregestaltung. Das Buch ist leider nicht auf Deutsch erschienen.
Diese Nacherzählung des Klassikers „The Wolfman“ von Ramsey Campbell(der sich diesmal hinter dem Dreadstone-Pseudonym verbirgt) erweist sich als echtes Schmankerl unter den späten VHR-Taschenbüchern. Der Autor hat sich mit dieser Novelization redlich Mühe gegeben, wie man beim Lesen sofort bemerkt. Er fühlt sich mit großer Sensibilität in die Figuren ein und verleiht ihnen im Gegensatz zu ihren Celluloid- Vorbildern (die arg schablonenhaft gezeichnet sind) die nötige Tiefe und Charakterisierung. Besonders gut ist ihm das bei der Hauptfigur, Larry Talbot, gelungen. Im Film ist er mir zu sehr ein weinerlicher und selbstmitleidiger Waschlappen, im Roman allerdings eine lebhafte Figur mit einer zur Thematik passenden, allerdings nur vage angedeuteten, Vergangenheit.
Die Erzählung selbst folgt dem Film übrigens sehr geradlinig
Campbell fesselt den Leser mit seiner gekonnt erzählten Story, der er sogar - abweichend vom Film - eigene Nuancen hinzufügt. Ansonsten verläuft die Handlung übrigens parallel zu Film. Dem Autor gelingt es, Stimmung und Atmosphäre des Streifens mühelos und perfekt wiedergegeben. Der Film spult sich wie von selbst neu im Kopf des Lesers ab.
Da die Geschichte mit ihren 120 Seiten – was verwunderlich ist, da das Original mit 212 Seiten doch bedeutend umfangreicher ist - für ein Taschenbuch wohl zu kurz war, packte der Verlag noch eine zweite Werwolf-Geschichte mit hinein. Warum man aber überhaupt aus einem Roman knapp 100 Seiten rauskürzte, nur um dann festzustellen, dass das fertige Produkt dann doch um 40 Seiten zu kurz für den üblichen Umfang des VHR-TB´s war, bleibt rätselhaft. Glücklicherweise hatte man aber bei der Auswahl dieser Story ein goldenes (besser gesagt: silbernes) Händchen, denn sie erweist sich als alles andere als ein Lückenfüller. Der Vollständigkeit halber sei die Zweitstory noch kurz vorgestellt:
„Der Werwolf von Ponkert“ von H. Warner Munn ist eine ungewöhnliche und packende Story aus dem Jahre 1925, die dem Thema einen ganz neuen Aspekt abgewinnt. Atmosphärisch dicht und sich langsam und stetig steigernd erzählt Munn seine Geschichte, die man genüßlich im Bett liegend mit wachsender Beklemmung in einem Zuge lesen kann.
Der Autor ließ dieser Story auch eine Fortsetzung folgen, die zusammen mit den noch folgenden Geschichten den Zyklus „Tales oft he Werewolf Clan“ bildeten.
Zum Cover der deutschen Ausgabe:
Unpassend. Erinnert eher an einen katzenhaftigen Marlon Brando, als an einen Werwolf. Das Bild stammt übrigens von Josh Kirby und zierte den Umschlag der Anthologie 13th Pan Book of Horror Stories.
Bewertung:
Gelungener, wohliger Grusel auf verhältnismäßig hohem Niveau. Ich vergebe 5 von 5 Vollmonden
Kommentare
Um die Diskrepanz zwischen Original und Übersetzung zu verstehen, müsste man beide Ausgaben mal vergleichen. 100 Seiten erscheinen in der Tat eine Menge, auch wenn man unterschiedlichen Satz und dergleichen abziehen muss. Immerhin ist der Zusatz hier erstklassig. Munn war ein hervorragender, leider zu Unrecht in Vergessenheit geratener Autor.
Die Campbell-Novelisations der Universal-Monster sind sehr solide.
Das Recherchieren war eine Menge Arbeit, die aber sehr viel Spaß gemacht hat.
Die restlichen "Dreadstones" kommen übrigens auch noch, in loser Reihenfolge.
Kannte da damals von Pabel nur die Romane auf Basis der PLANET DER AFFEN Filme, die in der Taschenbuchreihe der TERRA ASTRA Hefte in lockerer Form erschienen sind.
Ein klasse Artikel!
Das Titelbild vom Vampir-Horror finde ich gar nicht mal so schlecht. Wenn ich an die Werwolf-Teddys anderer Zeichner denke.
Zach Galifianakis als Wolfman?