Die Vampire und Dirk - Der Vampir-Horror Roman: Das Gespensterschloß
Der Vampir-Horror-Roman
Das Gespensterschloß
Das Gespensterschloß
Mein Senf
Eigentlich versuche ich immer die Zusammenfassung der Handlung so kurz wie möglich zu halten. Man muss ja den Bogen nicht überspannen, aber diesmal hatte ich so meine Probleme. Irgendwie schien mir bei Randas/Duquesnes Machwerk alles wichtig zu sein und deshalb wurde es heute doch wieder etwas länger. Nach der geistigen „Schonkost“ von Fanthorpe und Kneifel ging es mal wieder um eine Übersetzung aus dem Französischen. Und was für eine. Am liebsten hätte ich nach der Lektüre des Romans applaudiert und laut „Bravo“ gerufen, aber das wäre mitten in der Woche und weit nach Mitternacht vielleicht doch etwas zu viel des Guten gewesen. Es gibt ja schon Beschwerden, wenn man die Seiten zu laut umblättert oder gezielt ins Abfluss-Rohr pinkelt.
Was macht den Roman, der zwar stark gekürzt bei Pabel erschien (das Original hatte wohl eine Länge von 220 Seiten), so grandios? Zunächst sind die Übersetzungen, insbesondere die die aus dem Französischen, immer sehr lesenswert gewesen und des weiteren gibt es nicht viele Heftromane, die einen so mitnehmen bzw. nachhaltig im Gedächtnis bleiben wie DAS GESPENSTERSCHLOSS von Peter Randa. Die atmosphärisch sehr dicht geschriebene Geschichte spielt sich in nur einer Nacht ab und ständig sitzt einem die Angst im Nacken. Gewöhnt sich der Leser so langsam an Leute und Umgebung, tauchen die Toten auf, oder einer der Derais macht eine Bemerkung die einen wieder frösteln lässt. Alles sehr undurchsichtig, aber unglaublich spannend. Bis zum Schluss muss sich der Roman-Konsument praktisch seinen eigenen Reim machen, wie die Sache nun enden wird. Es gibt Autoren, die holen auf der letzten Seite noch einen Unhold aus der Tasche. Das wäre ziemlich banal gewesen und hätte dem Roman nicht gestanden. Randa ließ es bleiben.
Manchmal ist gut übersetzt halt besser als Hausgemachtes. Da ich die originalen Romane allesamt nicht kenne, habe ich natürlich keine Vergleichsmöglichkeiten, aber ich denke mal, dass auch die Wahl der Übersetzer bei Pabel eine entscheidende Rolle gespielt haben dürfte. Es ist mit Sicherheit nicht immer ganz einfach, etwas lesbares und schlüssiges aus den Vorlagen zu machen und dabei noch den Geist der Geschichte 1:1 umzusetzen. Franz Kolsa scheint das gelungen zu sein, denn man spürte förmlich auf jeder Seite,wie die Protagonisten immer mehr in diesem Albtraum zwischen Realität und Wahnsinn ihren Halt verloren. Das ganze ging ohne Blut oder sonstige Gewalthandlungen von statten. Man hatte auch keine Eile und ließ seine Opfer noch in der Kapelle beten. Fast liebevoll gingen die Derais mit den Reisenden um, man wollte ja schließlich ihre Körper nicht beschädigen. Alles andere ging automatisch von statten. Einmal im Schloss, gab es kein Zurück mehr. Ein Albtraum.
Es hat etwas gedauert bis ich so richtig geschnallt habe um was es eigentlich geht (Restzweifel sind allerdings geblieben), denn man rechnet ja doch damit, dass ein Vampir oder zumindest ein verrückter Wissenschaftler um die Ecke kommt um den Roman in gewohnte Bahnen zu lenken. Randa hatte es da mehr mit den Geistern, wenn man die Gestalten im Schloss irgendwo einsortieren möchte. Den Grundstein des unheimlichen Werdegangs der Familie Derais hat Gilbert mit seinen Forschungen bei Karl dem VII gelegt. Um was es genau ging ließ Randa offen, aber ich schätze mal das Wiederbelebung und Seelenwanderung dabei eine große Rolle spielten. Nach Tristans Aussage stolperten die letzten Besucher zur Biedermeierzeit ins Schloss um ihre Körper zu spenden. Vom Tausch selber bekam der Leser nichts mit, aber das kann auch an der gekürzten Fassung liegen. Ob der Teufel seine Hand im Spiel hatte blieb auch offen. Das Gilbert geforscht hatte, musste als Begründung für die unheimliche Vorfälle genügen.
Irgendwo zwischen F. und B. bleiben vier Reisende im tiefen Schnee stecken und klopfen an die Pforte eines Schlosses. Jetzt fragt man sich, wo F. und B. nun liegt. Hat Kolsa sich da die mitunter komplizierten französischen Ortsnamen gespart oder ließ Randa sie einfach weg, um der Geschichte etwas mysteriöses zu geben? Der Anfang des Romans war schon eine Klasse für sich. In welchem Grusel/Horror-Roman wird man an der Tür zum Bösen zunächst abgewiesen? Die vier erschöpften Freunde musste lange verhandeln um Einlass zu erhalten. Danach gab es für sie allerdings kein Zurück mehr. Die beiden Hausangestellten, Therese und Wilhelm, waren das nächste Highlight der Geschichte, denn hier traf man auf zwei „Igors“ der ganz anderen Art. Zunächst machten sie einen tranigen Eindruck, aber nach und nach erwachten sie aus ihrer Lethargie. Irgendwie schien sich auch das Schloss ständig zu verändern und den Gegebenheiten anzupassen. Endlose Flure ins Nichts und ein gruselig belebter Friedhof im Inneren der Anlage ploppten einfach auf und veränderten sich wie sie wollten. Bei Tageslicht war alles verlassen und baufällig. Die Mitglieder der Derais-Sippe waren neben den Bediensteten noch eine Spur eigenartiger, so dass man sich oft in die Küche als sicheren Rückzugsort zurückwünschte. Hier schien die Welt noch halbwegs normal zu sein. Obwohl die drei Doggen des öfteren auftauchten, spielten sie in der Handlung keine große Rolle. Ihre Anwesenheit hielt die Fremden vielleicht ein wenig in Schach und drückte auf die Psyche.
Dann gab es noch die Toten auf dem Friedhof, die nach den Körpern der Lebenden gierten. Derais-Gezücht in Wartestellung? Das erinnerte mich ein wenig an eine Szene aus den Goldenen Kompass-Büchern von Pullman, wo die Heldin irgendwann auf ihren persönlichen Tot trifft und sich mit ihm unterhält. Hat Pullman hier ein wenig zu Randa rübergeschielt? Auch der Anfang (bis Mitte) des zweiten Dracula-Streifens ( ich glaube er hieß „Blut für Dracula“), könnte ein wenig abgekupfert sein. Die Reisegruppe, das Schloss, ein verrückter Diener und die Zwangsübernachtung waren fast identisch. Da DAS GESPENSTERSCHLOSS aus dem Jahr 1955 stammt und damals wohl ein kleiner Meilenstein war, kam man bei mysteriösen Spukschloss Geschichten vielleicht auch nicht um ihn herum.
Randa verstand es hervorragend den Lesern, trotz der fehlenden Actionszenen und polternden Teufelsgedröhne, eine Gänsehaut über den Rücken zu jagen. Zum Teil lag es auch an den undurchschaubaren Bewohnern des Schlosses, die zwar nicht alle am gleichen Tau zogen, aber alle das gleiche Ziel hatten – den Körper eines Lebenden zu übernehmen. Der Wechsel fand, wie gesagt, irgendwo zwischen den Zeilen statt. Ein weiteres Opfer der Schrumpfung von 220 auf 65 Seiten? Oft hatte ich das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein und fieberte, zumindest mit Bernard, ein Stück mit. Dafür brauchte Randa keinen Ich-Erzähler oder großartige Nacherklärungen. Manchmal ist es besser, wenn sich der Leser seinen eigenen Reim machen muss. Hier hat es wunderbar funktioniert. Ob ich überhaupt alles richtig erfasst habe, weiß ich immer noch nicht so genau. Ein zweites, drittes mal lesen würde hier wohl helfen, zumal die Geschichte wahrscheinlich nicht wirklich langweiliger wird. Ein echter Dauerbrenner des phantastischen Heft-Romans.
Kurz, hier passte einfach alles. Nach dem spannenden und zugleich erfrischend spleenigen Anfang musste man einfach weiterlesen. Das die Reise der vier Freunde nach dem Betreten des Schlosses vorbei war, konnte man schon ahnen, aber ich habe nicht mit dieser Art Alptraum gerechnet. Die etwas andere Schlossführung mit dem Besuch auf dem hauseigenen Friedhof und der anschließenden Wechselzeremonie (zumindest angedeutet) war mal etwas völlig anderes und hatte mit den Gruselromanen der späteren Jahrzehnte nichts gemein. Schön dass Pabel ihn für VHR nochmal ausgegraben hat und in die 70er transportierte. Jetzt sind wieder ein paar Jährchen dabei gekommen, aber er funktioniert (gerade festgestellt) immer noch richtig gut. Zeit spielte im Roman keine Rolle und genauso zeitlos kommt mir die Geschichte auch heute vor. Naja, die Frauen waren noch etwas ins sich gefangen und schüchtern. Man ließ die Männer gewähren und griff nur selten dazwischen, wenn überhaupt. Zumindest hat ihnen Kolsa beim transportieren in die 70er keinen Minirock an den Körper geschrieben.
Kritikwürdiges gab es nicht viel. Die Liebesschwüre zwischen Djalli und Bernard gingen über ein paar Seiten und man hatte beim lesen das Gefühl, in einem zähen Rauschzustand des Protagonisten festzuhängen. Das war wohl beabsichtigt, könnte aber als unnötige Länge verstanden werden. Die Gleichgültigkeit der Polizei war auch etwas seltsam, aber schließlich konnte man alles mit dem Wahnsinn von Bernard abtun. Was soll man da weiter forschen. Die Fahrt zur Hölle war für die vier Reisenden vom Anfang eh vorherbestimmt. Helden mit Schießeisen und silbernen Kreuzen hätte hier nur gestört...
Hat mir Andre Duquesnes Erstling beim VHR (Nr. 6 Der lebende Leichnam) schon immens gut gefallen, hat er mit der Nr.57 nochmals einen draufgelegt. Es gibt Leser, die ihn für einen der besten Heftromane (in der Pabel Fassung) überhaupt halten. Dem kann ich nur beipflichten, denn neben Walkers Nummer Eins und Brutsches TOTENTANZ steht er auch bei mir ganz vorne auf der Hitliste. Meine Achtung vor den Übersetzungen aus dem Nachbarland steigt immer mehr. Ist nur schade, dass nicht mehr so viele kommen werden.
Was gab es sonst noch?
Diesmal präsentierte uns Thole ein wirklich unheimliches Titelbild, dass hervorragend zu dem geisterhaften Roman von Peter Randa passt und die beklemmende Stimmung wunderbar einfängt. Die fliegenden Kreaturen ala Hieronymus Bosch umschwirren eine Burg/Schloss und tragen keinen BH. Die wilden 70er in Bild und Farbe.
Franz Berthold durfte den Friedhof der Derais zeichnen und das hat er gut hinbekommen, aber warum haben die wankenden Gestalten Tierklauen? Alfons zeigt uns diesmal, dass Selbstversuche mit magischen Tränken sprichwörtlich in die Hose gehen können.
Mafred Knorr macht mal wieder Urlaub, oder er holt ein Titelbild bei Thole ab. Soll ja vorgekommen sein. Bei VAMPIR INFORMIERT könnt ihr diesmal den Worten von Thrithemius von Sponheim lauschen, der ein altes Kuchenrezept aus dem Jahre 1506 auf der Pfanne hat. Wer mit dem Mond, den Sternen oder den Toten sprechen möchte, sollte hier tüchtig in den Teig greifen. Allerdings müsst ihr dafür zwei Hühner köpfen und...
Ich stehe eh mehr auf Buttercreme.
Kommentare
Randa gibt es auch in Frankreich nur noch Second Hand zu kriegen, da ist er auch in Vergessenheit geraten. Egal, ob es um Grusel, SF oder Krimi geht. Dabei hat er es wohl auf an die 300 Romane gebracht. Wenn auch nur die Hälfte eine ähnliche Qualität hatten ...
Ich habe den Roman erst spät entdeckt. Glücklicherweise, denn vermutlich hätte ich ihn damals in den 70ern schlicht für langweilig gehalten und vermutlich Kneifels Wolfsgemetzel ihm vorgezogen.
Du hast alles gesagt, was man zu dem Roman sagen kann
Der Roman von Kneifel stach auch irgendwie heraus
#19
Paul, Deine Meinung und Eindrücke sind gefragt.