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Die Vampire und Dirk - Der Vampir-Horror Roman: Das Gespensterschloß

Dirk und die VampireDer Vampir-Horror-Roman
Das Gespensterschloß

Der Vampir-Horror-Roman ist eine Legende des Heftromans. Ich bin leider erst nach Einstellung der Reihe auf die Serie gestoßen und habe in den achtziger Jahren jede Menge davon gelesen.

Dreißig Jahre später wiederhole ich das Experiment Vampir-Horror-Roman lesen nochmals. Ob es immer noch gefällt?


Das GespensterschloßDas Gespensterschloß
(L´ESCALIER DE L`OMBRE)
von Peter Randa (Andre Duquesne)

Vampir Horror-Roman Nr. 57
März 1974 / DM 1,20

Pabel Verlag
Eine vierköpfige Reisegruppe mit unbestimmten Ziel, bleibt im dichten Schneetreiben auf einer Passtrasse stecken. Seit ein paar Tagen sind die befreundeten Pärchen, Simone und Jacques Riviere  sowie Bernard Ligniere und seine fast Freundin Marthe, schon unterwegs um Land und Leute kennen zu lernen. Aber jetzt ging gar nichts mehr. Obwohl sie in F. gewarnt wurden, haben sie sich für die Weiterfahrt entschieden. Um nicht im Auto übernachten zu müssen, machen sie sich auf den Weg zu einem nahe gelegen Schloss, dessen  Lichter blass durch die Schneeflocken schimmern.

Erschöpft gelangen sie schließlich an ein massives Portal und betätigen den Türklopfer.
Nach längerer Zeit und nochmaligem Klopfen öffnet sich schließlich eine kleine Luke, aber ansonsten passiert nichts. Als Jacques ungehalten nachfragt ob jemand da sei, kommt ein knappes „Ja“ von der anderen Seite. Nach mehreren einsilbigen Antworten kommen die Freunde zu dem Schluss, dass sie hier nicht erwünscht sind. Jacques hämmert wütend ein drittes mal gegen das Portal und plötzlich öffnet sich, begleitet von den Worten: „sie haben dreimal geklopft,“ die Tür. Eine sehr alte Frau steht mit eine Lampe dahinter und führt sie schweigend in eine große Küche. Dort treffen sie auf den Hünen Wilhelm, einen weiteren Bewohner des Schlosses. Er scheint zwar ebenfalls etwas debil und uralt zu sein, aber sein Sprung in der Schüssel ist nicht so groß  wie bei der Alten. Sie werden freundlich bewirtet, aber Wilhelm macht ihnen klar, dass sie an ihrem weiteren Schicksal selber schuld sind. Das scheint eine heitere Nacht zu werden, zumal sich auch noch drei riesige Doggen im recht seltsamen  Raum befinden. Waren die vorher auch schon da?

Oberhalb der Küche gibt es eine Galerie mit mehreren abgehenden Türen. Als sich eine der Türen öffnet und eine Gestalt zu erkennen ist, wird die Sache noch unheimlicher. Wilhelm konnte die Frage ob noch jemand im Schloss sei nicht eindeutig beantworten. Jetzt hatten sie alle Gewissheit.

Gilbert Derais, gekleidet in der Mode des 18. Jahrhunderts, stellt sich vor. Er erzählt von seinem Bruder Tristan, der sich ebenfalls irgendwo hier im Schloss herumtreiben muss und mit dem er verfeindet ist. Er weist ihnen zwei Zimmer zu. Der Weg zu den Räumen scheint endlos zu sein und den Freunden kommt es so vor, als wenn alles um sie herum erst entstehen muss. In zwei hübsch, aber altertümlich hergerichteten Zimmern sollen sie nun die Nacht verbringen.

 Das Ehepaar Riviere gewöhnt sich schnell an die heimelige Atmosphäre, bis sie unter dem Bett einen Sarg entdecken in dem die Leiche einer jungen Frau liegt. Scheinbar ist sie erst vor Stunden verstorben. Das ist zu viel für Simone und sie ergreift schreiend die Flucht ins Dunkel des Flures. Jacques folgt seiner Frau.

Bernard und Marthe, durch das Geschrei aufgeschreckt, entdecken ebenfalls die Tote im Sarg, aber als sie aus dem Flur zurück kommen ist diese verschwunden. Was für ein makabres Spiel wird hier aufgeführt? Noch verblüffter sind sie, als das tote Mädchen plötzlich vor ihnen steht und sich mit dem Namen Djalli Tochter von Tristan vorstellt. Das verkraftet wiederum Marthe nicht und sie verschwindet ebenfalls im dunklen Flur. Nun ist Bernard mit Djalli alleine und er merkt, dass er sich von ihr merkwürdig angezogen fühlt. Als er sie auf die Tote anspricht, kann sie ihm keine vernünftige Antwort geben. Er würde es irgendwann verstehen, aber vor ihrem Onkel Gilbert soll er sich hüten.

Unterdessen trifft Simone auf Tristan der sie in sein Arbeitszimmer führt. Zuerst gibt er sich freundlich und verständnisvoll, aber schon bald merkt sie, dass auch mit ihm etwas nicht stimmt. Er redet von Nächten die nie enden und das jeder Mensch seinen eigenen Alptraum in sich trägt. Dann kommt ihr Mann Jacques dazu. Er erklärt den beiden, dass er zuletzt zur Biedermeierzeit lebte und ihre Anwesenheit es ihm ermöglicht, bald wieder unter den Lebenden zu wandeln. Reichlich verwirrt verlassen sie sein Arbeitszimmer. Tristan Derais lässt sie gewähren, da sie eh wieder kommen werden.

Marthe entdeckt eine Tür zum Innenhof. Ein unheimlicher Friedhof mit alten Gräbern und Ruinen liegt vor ihr. Dort trifft sie auf Albertine, deren Bild sie im Schloss gesehen hat.
Angeblich ist sie zur Zeit noch mit einen Derais verheiratet, doch dieses sollte sich bald ändern. Sie führt Marthe zu einer kleinen Kapelle, wo der Wechsel stattfinden soll. Was für Ein Wechsel?  Albertine ist verwundert, dass man Marthe nicht aufgeklärt hat. Aber sie bedrängt die junge Frau nicht weiter, denn  schließlich wird sie sich freiwillig zur Verfügung stellen. Vor der Kapelle gehen jetzt die Toten mit grimmigen Gesichtern über die Gräber. Sie gieren nach den Lebenden, aber sie können ihnen nichts zu leide tun. Die Derais haben in diesem Schloss die Macht.

Jacques und Simone irren immer noch durch das Schloss, begleitet durch die drei Doggen die friedlich auf Abstand bleiben. Sie gelangen in einen Trakt wo sie seltsames Jammern und Stöhnen hören. Gilbert Derais gesellt sich plötzlich zu ihnen, warnt sie vor Tristan und nimmt sie mit zum Friedhof. Die Toten versuchen das Paar zu greifen, doch Gilbert stellt sich dazwischen. In der Kapelle warten Albertine und Marthe, die sichtlich verändert wirkt. Man ist verwundert, dass Djalli noch nicht erschienen ist. Sie ist sonst immer die erste. In der Kapelle soll sich der Wechsel vollziehen. Jeder von den vier Derais übernimmt einen Körper der Fremden und existiert dann in der geborgten Hülle weiter unter den Lebenden. Mit der Zeit würden sie auch wieder ihr altes Aussehen annehmen  So geschieht es seit Jahrhunderten.

Djalli hat sich in Bernard verliebt und möchte ihn nicht verlieren. Sein Körper ist für ihren Vater vorgesehen. Er soll nicht zurück kommen und deshalb versteckt sie Bernard im Schloss und geht  nicht zur Versammlung in der Kapelle. Bernard soll mit der Hilfe von Wilhelm aus dem Schloss flüchten, um am anderen Tag wieder zu erscheinen. Damit er nicht glaubt alles geträumt zu haben, zeigt sie ihm das Versteck des Familienschatzes und hinterlässt noch ein paar Notizen in einem Buch. Zudem gibt sie ihm ihr Herzkettchen, das sie sich mit den Worten: „Gib mir mein Herz zurück“ wiederholen wird. Dann führt sie ihn
zur Kapelle. Bernard ist erschrocken über die Toten, aber noch verwirrter machen ihn die drei Särge, in denen seine Freunde liegen. Er protestiert, aber Djalli tröstet ihn. Er werde alles verstehen und er würde seine Freunde wiedersehen. Bernard kann keine Gegenwehr leisten, denn er ist Djalli erlegen.

Einige Zeit später bringt Djalli Bernard zur Tür und verändert sich dabei merkwürdig. Je näher sie dem Ausgang kommen, desto älter und unansehnlicher wird sie. Vielleicht ist aber auch alles nur Einbildung. In einer Stunde kann er frühesten wieder erscheinen. Die Trennung von Djalli fällt ihm seltsam schwer und der tiefe Schnee raubt ihn die letzte Kraft. Irgendwann bricht er zusammen.

Als Bernard wieder aufwacht, liegt er in einem sauberen Bett. Man hat ihn unterhalb der Passhöhe gefunden und ins Dorf geschleppt. Inspektor Martin hört sich jetzt die Geschichte an und stößt auf Ungereimtheiten. Die zwei Bediensteten Wilhelm und seine Mutter Therese kennt er, aber Tristan und Gilbert Derais sind seit langer Zeit verstorben. Aus Sorge um seine Freunde und um Djalli, die er nicht vergessen hat, möchte Bernard nochmals auf das Schloss. Der Inspektor begleitet ihn.

Bei Tageslicht wirkt das Gemäuer in weiten Teilen verfallen und der Eckturm, in dem Djallis Zimmer lag, fehlt völlig. Therese und ihr Sohn erkennen Bernard wieder. Seine Freunde würden im Laufe des Tages erscheinen und gegen eine Durchsuchung haben sie auch nichts einzuwenden. Man wundert sich etwas, dass die Polizei anwesend ist, aber das scheint auch nichts neues zu sein. Bisher hat man nie etwas gefunden. Bei der Begehung macht das Schloss einen heruntergekommenen Eindruck und der Friedhof sowie die Kapelle scheinen seit ewigen Zeiten  unbenutzt. Jetzt zum Arbeitszimmer, wo Djallis Kette in einem Versteck liegt und sie eine Notiz hinterlassen hat. Beide Dinge sind da, obwohl der Zettel stark vergilbt ist, so als hätte er Jahrzehnte in dem Buch gelegen. Bernard weiß jetzt, dass er nicht geträumt hat.

Wilhelm erklärt ihm schließlich, dass er schon seit der Zeit in Gilbert Derais Diensten ist, als dieser noch Gilles hieß und am Hof Karls VII Forschungen betrieb. Er muss wohl das Geheimnis der Wiedergeburt geknackt haben. Djalli würde ihm den Rest erklären, denn am Anfang des Wechsels in andere Körper muss man vorsichtig sein. Schließlich will man ja keinen Verdacht wegen der verschwundenen Menschen erregen. Inspektor Martin wirkt merkwürdig gelassen. So richtig glaubt er wohl nicht an das Verschwinden der Reisegruppe. Irgendwie scheint hier jeder einen Sprung in Schüssel zu haben.

Marthe kommt zuerst in die Küche und empfängt ihre Gäste, danach Jacques und schließlich Simone. Sie sind die neuen Herren des Schlosses. Djalli, jetzt im Körper von Simone, verlangt ihr Herz (die Kette) zurück. Die Anwesenheit der Polizei stört sie wenig.

Einige Zeit später trifft Inspektor Martin Jacques Riviere  in einer Psychiatrischen Klinik in B. Bernard Ligniere hatte einen schweren Nervenzusammenbruch. Er erzählt von Toten, die um ihn herum sind und dass Djalli/Simone ihre Körper getauscht hätten. Die Toten lebten jetzt in den Lebenden weiter. Er war angeblich bei der Rückverwandlung dabei und jetzt sieht Simone wieder aus wie Djalli. Oft besucht sie ihn, aber er hat Angst vor ihr. Das ganze hört sich für Inspektor Martin sehr abstrus an und er hält das ganze für eine ausgekochte Geschichte von Scherzbolden. Er hat zwar auch bemerkt, dass Simone verändert aussieht, aber er hält das ganze für das Werk eines geschickten Gesichtschirurgen. Seltsam ist, dass Jacques seit den Ereignissen und nachdem er Therese und Wilhelm das Schloss abgekauft hat, unfassbar reich geworden ist. Noch seltsamer ist die Tatsache, dass die zwei alten Leute eine Stunde nach Vertragsunterzeichnung gestorben sind...

Dirk und sein SenfMein Senf
Eigentlich versuche ich immer die Zusammenfassung der Handlung so kurz wie möglich zu halten. Man muss ja den Bogen nicht überspannen, aber diesmal hatte ich so meine Probleme. Irgendwie schien mir bei Randas/Duquesnes Machwerk alles wichtig zu sein und deshalb wurde es heute doch wieder etwas länger. Nach der geistigen „Schonkost“ von Fanthorpe und Kneifel ging es mal wieder um eine Übersetzung aus dem Französischen. Und was für eine. Am liebsten hätte ich nach der Lektüre des Romans applaudiert und laut „Bravo“ gerufen, aber das wäre mitten in der Woche und weit nach Mitternacht vielleicht doch etwas zu viel des Guten gewesen. Es gibt ja schon Beschwerden, wenn man die Seiten zu laut umblättert oder gezielt ins Abfluss-Rohr pinkelt.

Was macht den Roman, der zwar stark gekürzt bei Pabel erschien (das Original  hatte wohl eine Länge von 220 Seiten), so grandios? Zunächst sind die Übersetzungen, insbesondere die die aus dem Französischen, immer sehr lesenswert gewesen und des weiteren gibt es nicht viele Heftromane, die einen so mitnehmen bzw. nachhaltig im Gedächtnis bleiben wie DAS GESPENSTERSCHLOSS von Peter Randa. Die atmosphärisch sehr dicht geschriebene Geschichte spielt sich in nur einer Nacht ab und ständig sitzt einem die Angst im Nacken. Gewöhnt sich der Leser so langsam an Leute und Umgebung, tauchen die Toten auf, oder einer der Derais macht eine Bemerkung die einen wieder frösteln lässt. Alles sehr undurchsichtig, aber unglaublich spannend. Bis zum Schluss muss sich der Roman-Konsument praktisch seinen eigenen Reim machen, wie die Sache nun enden wird. Es gibt Autoren, die holen auf der letzten Seite noch einen Unhold aus der Tasche. Das wäre ziemlich banal gewesen und hätte dem Roman nicht gestanden. Randa ließ es bleiben.

Manchmal ist gut übersetzt halt besser als Hausgemachtes. Da ich die originalen Romane allesamt nicht kenne, habe ich natürlich keine Vergleichsmöglichkeiten, aber ich denke mal, dass auch  die Wahl der Übersetzer bei Pabel eine entscheidende Rolle gespielt haben dürfte. Es ist mit Sicherheit nicht immer ganz einfach, etwas lesbares und schlüssiges aus den Vorlagen zu machen und dabei noch den Geist der Geschichte 1:1 umzusetzen. Franz Kolsa scheint das gelungen zu sein, denn man spürte förmlich auf jeder Seite,wie die Protagonisten immer mehr in diesem  Albtraum zwischen Realität und Wahnsinn ihren Halt verloren. Das ganze ging ohne Blut oder sonstige Gewalthandlungen von statten. Man hatte auch keine Eile und ließ seine Opfer noch in der Kapelle beten. Fast liebevoll gingen die Derais mit den Reisenden um, man wollte ja schließlich ihre Körper nicht beschädigen. Alles andere ging automatisch von statten. Einmal im Schloss, gab es kein Zurück mehr. Ein Albtraum.

 Es hat etwas gedauert bis ich so richtig geschnallt habe um was es eigentlich geht (Restzweifel sind allerdings geblieben), denn man rechnet ja doch damit, dass ein Vampir oder zumindest ein verrückter Wissenschaftler um die Ecke kommt um den Roman in gewohnte Bahnen zu lenken. Randa hatte es da mehr mit den Geistern, wenn man die Gestalten im Schloss irgendwo einsortieren möchte. Den Grundstein des unheimlichen Werdegangs der Familie Derais hat Gilbert mit seinen Forschungen bei Karl dem VII gelegt. Um was es genau ging ließ Randa offen, aber ich schätze mal das Wiederbelebung und Seelenwanderung dabei eine große Rolle spielten. Nach Tristans Aussage stolperten die letzten Besucher zur Biedermeierzeit ins Schloss um ihre Körper zu spenden. Vom Tausch selber bekam der Leser nichts mit, aber das kann auch an der gekürzten Fassung liegen. Ob der Teufel seine Hand im Spiel hatte blieb auch offen. Das Gilbert geforscht hatte, musste als  Begründung für die unheimliche Vorfälle genügen.

Irgendwo zwischen F. und B. bleiben vier Reisende im tiefen Schnee stecken und klopfen an die Pforte eines Schlosses. Jetzt fragt man sich, wo F. und B. nun liegt. Hat Kolsa sich da die mitunter komplizierten französischen Ortsnamen gespart oder ließ Randa sie einfach weg, um der Geschichte etwas mysteriöses zu geben? Der Anfang des Romans war schon eine Klasse für sich. In welchem Grusel/Horror-Roman wird man an der Tür zum Bösen zunächst abgewiesen? Die vier erschöpften Freunde musste lange verhandeln um Einlass zu erhalten. Danach gab es für sie allerdings kein Zurück mehr. Die beiden Hausangestellten, Therese und Wilhelm, waren das nächste Highlight der Geschichte, denn hier traf man auf zwei „Igors“ der ganz anderen Art. Zunächst machten sie einen tranigen Eindruck, aber nach und nach erwachten sie aus ihrer Lethargie. Irgendwie schien sich auch das Schloss ständig zu verändern und den Gegebenheiten anzupassen. Endlose Flure ins Nichts und ein gruselig belebter Friedhof im Inneren der Anlage ploppten einfach auf und veränderten sich wie sie wollten. Bei Tageslicht war alles verlassen und baufällig. Die Mitglieder der Derais-Sippe waren neben den Bediensteten noch eine Spur eigenartiger, so dass man sich oft in die Küche als sicheren Rückzugsort zurückwünschte. Hier schien die Welt noch halbwegs normal zu sein. Obwohl die drei Doggen des öfteren auftauchten, spielten sie in der Handlung keine große Rolle. Ihre Anwesenheit hielt die Fremden vielleicht ein wenig in Schach und drückte auf die Psyche.

Dann gab es noch die Toten auf dem Friedhof, die nach den Körpern der Lebenden gierten. Derais-Gezücht in Wartestellung? Das erinnerte mich ein wenig an eine Szene aus den Goldenen Kompass-Büchern von Pullman, wo die Heldin irgendwann auf ihren persönlichen Tot trifft und sich mit ihm unterhält. Hat Pullman hier ein wenig zu Randa rübergeschielt? Auch der Anfang (bis Mitte) des zweiten Dracula-Streifens ( ich glaube er hieß „Blut für Dracula“), könnte ein wenig abgekupfert sein. Die Reisegruppe, das Schloss, ein verrückter Diener und die Zwangsübernachtung waren fast identisch. Da  DAS GESPENSTERSCHLOSS aus dem Jahr 1955 stammt und damals wohl ein kleiner  Meilenstein war, kam man bei mysteriösen Spukschloss Geschichten vielleicht auch nicht um ihn herum.

Randa verstand es hervorragend den Lesern, trotz der fehlenden Actionszenen und polternden Teufelsgedröhne, eine Gänsehaut über den Rücken zu jagen. Zum Teil lag es auch an den undurchschaubaren Bewohnern des Schlosses, die zwar nicht alle am gleichen Tau zogen, aber alle das gleiche Ziel hatten – den Körper eines Lebenden zu übernehmen. Der Wechsel fand, wie gesagt, irgendwo zwischen den Zeilen statt. Ein weiteres Opfer der Schrumpfung von 220 auf 65 Seiten? Oft hatte ich  das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein und fieberte, zumindest mit Bernard, ein Stück mit. Dafür brauchte Randa keinen Ich-Erzähler oder großartige Nacherklärungen. Manchmal ist es besser, wenn sich der Leser seinen eigenen Reim machen muss. Hier hat es wunderbar funktioniert. Ob ich überhaupt alles richtig erfasst habe, weiß ich immer noch nicht so genau. Ein zweites, drittes mal lesen würde hier wohl helfen, zumal die Geschichte wahrscheinlich nicht wirklich langweiliger wird. Ein echter Dauerbrenner des phantastischen Heft-Romans.

Kurz, hier passte einfach alles. Nach dem spannenden und zugleich erfrischend spleenigen Anfang musste man einfach weiterlesen. Das die Reise der vier Freunde nach dem Betreten des Schlosses vorbei war, konnte man schon ahnen, aber ich habe nicht mit dieser Art Alptraum gerechnet. Die etwas andere Schlossführung mit dem Besuch auf dem hauseigenen Friedhof und der anschließenden Wechselzeremonie (zumindest angedeutet)  war mal etwas völlig anderes und hatte mit den Gruselromanen der späteren Jahrzehnte nichts gemein. Schön dass Pabel ihn für VHR nochmal ausgegraben hat und in die 70er transportierte. Jetzt sind wieder ein paar Jährchen dabei gekommen, aber er funktioniert (gerade festgestellt) immer noch richtig gut. Zeit spielte im Roman keine Rolle und genauso zeitlos kommt mir die Geschichte auch heute vor. Naja, die Frauen waren noch etwas ins sich gefangen und schüchtern. Man ließ die Männer gewähren und griff nur selten dazwischen, wenn überhaupt. Zumindest hat ihnen Kolsa beim transportieren in die 70er keinen Minirock an den Körper geschrieben.

Kritikwürdiges gab es nicht viel. Die Liebesschwüre zwischen Djalli und Bernard gingen über ein paar Seiten  und man hatte beim lesen das Gefühl, in einem zähen Rauschzustand des Protagonisten festzuhängen. Das war wohl beabsichtigt, könnte aber als unnötige Länge verstanden werden. Die Gleichgültigkeit der Polizei war auch etwas seltsam, aber schließlich konnte man alles mit dem Wahnsinn von Bernard abtun. Was soll man da weiter forschen. Die Fahrt zur Hölle war für die vier Reisenden vom Anfang eh vorherbestimmt. Helden mit Schießeisen und silbernen Kreuzen hätte hier nur gestört...

Hat mir Andre Duquesnes Erstling beim VHR (Nr. 6 Der lebende Leichnam) schon immens gut gefallen, hat er mit der Nr.57 nochmals einen draufgelegt. Es gibt Leser, die ihn für einen der besten Heftromane (in der Pabel Fassung) überhaupt halten. Dem kann ich nur beipflichten, denn neben Walkers Nummer Eins und Brutsches TOTENTANZ steht er auch bei mir ganz vorne auf der Hitliste. Meine Achtung vor den Übersetzungen aus dem Nachbarland steigt immer mehr. Ist nur schade, dass nicht mehr so viele kommen werden.

Was gab es sonst noch?
Diesmal präsentierte uns Thole ein wirklich unheimliches Titelbild, dass hervorragend zu dem geisterhaften Roman von Peter Randa passt und die beklemmende Stimmung wunderbar einfängt.  Die fliegenden Kreaturen ala Hieronymus Bosch umschwirren eine Burg/Schloss und tragen keinen BH. Die wilden 70er in Bild und Farbe.

Franz Berthold durfte den Friedhof der Derais zeichnen und das hat er gut hinbekommen, aber warum haben die wankenden Gestalten Tierklauen? Alfons zeigt uns diesmal, dass Selbstversuche mit magischen Tränken sprichwörtlich in die Hose gehen können.

Mafred Knorr macht mal wieder Urlaub, oder er holt ein Titelbild bei Thole ab. Soll ja  vorgekommen sein. Bei VAMPIR INFORMIERT könnt ihr diesmal den Worten von Thrithemius von Sponheim lauschen, der ein altes Kuchenrezept aus dem Jahre 1506 auf der Pfanne hat. Wer mit dem Mond, den Sternen oder den Toten sprechen möchte, sollte hier tüchtig in den Teig greifen. Allerdings müsst ihr dafür zwei Hühner köpfen und...
Ich stehe eh mehr auf Buttercreme.

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Kommentare  

#1 Andreas Decker 2017-09-06 10:38
Wenn es ein Roman verdient hätte, in seiner ursprünglichen Form zu erscheinen ...

Randa gibt es auch in Frankreich nur noch Second Hand zu kriegen, da ist er auch in Vergessenheit geraten. Egal, ob es um Grusel, SF oder Krimi geht. Dabei hat er es wohl auf an die 300 Romane gebracht. Wenn auch nur die Hälfte eine ähnliche Qualität hatten ...

Ich habe den Roman erst spät entdeckt. Glücklicherweise, denn vermutlich hätte ich ihn damals in den 70ern schlicht für langweilig gehalten und vermutlich Kneifels Wolfsgemetzel ihm vorgezogen.

Du hast alles gesagt, was man zu dem Roman sagen kann :-)
#2 Toni 2017-09-06 20:36
Der Roman ist wirklich positiv aus dem Rahmen gefallen. Mich würde das Original auch stark interessieren, obwohl er auch in der Länge funktioniert hat. Vielleicht sogar besser, denn ich glaube das Kolsa eine Menge Traumwelt weggelassen hat. Vielleicht meldet sich Paul J. Hauswald nochmal.
Der Roman von Kneifel stach auch irgendwie heraus :-)
#3 Remis Blanchard 2017-09-07 20:08
Da hat man wohl bei der deutschen Übersetzung stark gekürzt. Schade dass man diesen Roman im Heft rausgebracht hat. Im Taschenbuch hätte man vielleicht nicht so stark kürzen müssen.
#4 Thomas Mühlbauer 2018-02-24 23:19
Ist Paul Hauswald eigentlich noch irgendwo da draußen?

#19

Paul, Deine Meinung und Eindrücke sind gefragt. :-)

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