Durchgehend spannend - »Das Haar der Medusa« - Lovecraft und andere
Durchgehend spannend
»Das Haar der Medusa« - Lovecraft und andere
Das Buch umfasst 352 Seiten und ist gebunden Mit Schutzumschlag in Leder-Optik. Entkleidet man den Band, kommt ein wunderschönes umlaufendes Kunstwerk von Dean Samed zum Vorschein!
Inhalt:
ist eine von 3 Kollaborationen Bishops mit Lovecraft und erschien erstmals 1939, 2 Jahre nach dem Tod des Autors. Die Story ist eine Mischung aus Lovecrafts Cthulhu-Mythos und der antiken griechischen Mythologie. Der Plot ist recht simpel und leicht zu durchschauen, die Story ist aber glänzend erzählt und besticht durch ihre dichte Atmosphäre und des sich stetig steigernden Grauens. Bemerkenswert an dieser Geschichte ist sein stark rassistischer Grundton. So wirkt die grauenvolle Enthüllung am Ende der Geschichte „… sie hatte schwarzes Blut in sich“ heutzutage sehr absonderlich. Für Lovecraft muss die Tatsache, dass sich Weiße mit Schwarzen vermischen wohl ungeheuerlich gewesen sein.
wird als Zusammenarbeit mit Zealia Bishop (1897–1968) tituliert, stammt in Wahrheit aber ausschließlich von Lovecraft. Bishop engagierte im Jahre 1929 den Autor als Ghostwriter, der eine unheimliche Geschichte nach ihren Angaben verfassen sollte:“ Da gibt es einen alten, indianischen Hügel der von einem kopflosen Geist heimgesucht wird, der manchmal eine Frauengestalt ist.“
Dieses mehr als spärliche Expose verarbeitete der Meister dann zu einer epischen 120-Seiten Erzählung, die eins seiner Lieblingsthemen behandelt: die Beschreibung einer geheimnisvollen, bislang unbekannten unterirdischen Kultur die vor Äonen von den Sternen auf die Erde gelangte und seither im Verborgenen lebt.
Es ist keine eigentliche Horrorstory, vielmehr sprengt die Erzählung die Grenzen der Genres. Was zuerst wie eine gewöhnliche Ghost-Story beginnt, entwickelt sich nach und nach zu einer wilden Mixtur aus Science Fiction, Fantasy, Abenteuer und ein wenig kosmischen Grusel. Der Ort K'n-yan wird übrigens auch in Lovecrafts meisterhafter Novelle „Der Flüsterer im Dunkeln“ erwähnt, sowie unter dem Namen „Knan“ in der ebenfalls in diesem band enthaltenen Story BOTHON.
DER HÜGEL erschien nicht mehr zu Lebzeiten des Verfassers, sondern erst 1940 in stark gekürzter Form. 1989 erstmals dann ungekürzt und in voller Länge.
ist eine originelle und unterhaltsame Kurzgeschichte über eine Dimensionsreise durch einen verhexten Spiegel. Sie entstand zusammen mit Henry S. Whitehead (1882-1932), einem Erzdiakon (!) und Schriftsteller. Lovecrafts Einfluss ist hier sehr gering, wenn überhaupt spürbar. Kosmisches Grauen, kryptische Unterwelten und längst vergessene Wesen und Gottheiten kommen diesmal nicht vor, dafür ein Lehrer, einer seiner Schüler und ein skandinavischer Hexenmeister, der einen sehr ungewöhnlichen Weg gefunden hat, Unsterblichkeit zu erlangen. Die Geschichte ist spannend und flüssig geschrieben. Und ganz nebenbei erfährt man auch noch eine Menge über die Farblehre…
ist die zweite Kollaboration mit Whitehead, und hier ist der Einfluss des Meisters wieder stärker vorhanden. Erzählt wird, was eine zufällige und an sich harmlose Kopfverletzung für Folgen haben kann. Der Leser erlebt zusammen mit der Hauptperson eine Art Traum-Rückführung in eine frühere Existenz. Er wird Zeuge einer nach Umwegen glücklich endenden Romanze während der letzten Tage des sagenhaften Atlantis. Es handelt sich hierbei ebenfalls um keine Horror-Story, sondern gehört eher der Fantasy an.
Erwähnt sein noch, dass auch in dieser Geschichte das Reich K'n-yan erwähnt wird, diesmal leicht verändert als Knan. Ebenso die ghoulischen und halbmenschlichen Arbeitssklaven aus DER HÜGEL, die Gyaa-yothn, hier genannt Gyaa-Hua. Die Story wurde von Malte S. Sembten übersetzt und hält sich in Ausdrucksweise schon enger an den Quelltext.
ist wieder eine klassische Gruselgeschichte ganz im Stile Lovecrafts. Der verrückte Gelehrte – diesmal ein vorgeblicher Künstler - , der von bizarren und unglaublichen Dingen zu berichten weiß , fehlt ebenso wenig wie sein Gegenpart, der standhafte Zweifler; auch der übliche, undurchsichtige, ausländische Helfer und selbstverständlich ein tentakelschwingende Schrecken aus grauer Vorzeit sind mit dabei. Die Story ist gut und flüssig erzählt, allerdings ist der Plot leider kalkulierbar und leicht vorauszusehen.
Geschrieben wurde die Geschichte von Lovecraft vermutlich als Ghostwriter für Hazel Heald (1896–1961), denn zu ähnlich ist das Grundthema denen seiner eigenen.
Die letzte Erzählung, , entstand ebenso wieder zusammen mit Hazel Heald, und entbehrt die kosmischem Monstrositäten, obwohl es auch hier wieder einen verrückten Gelehrten gibt, der ein schreckliches Verbrechen aus Eifersucht begeht, wie sein nach seinem Ableben gefundenes Notizbuch schwatzhaft zu berichten weiß. Die Story ist recht kurz und ganz amüsant, mehr aber nicht. Besonders ärgerlich ist hier die Übersetzung: moderne umgangssprachliche Begriffe wie „hinterfotzig“ oder „Schleimer“ sind unangebracht und wirken in etwa so passend wie Kieselsteine auf einer Pizza.
Fazit:
Insgesamt ist das vorliegende Buch ausgewogener als sein Vorgänger, auch ist die Qualität der enthaltenen Texte besser. Die Geschichten sind durchgehend alle spannend und gut. Das Buch erscheint einem zwar aufgrund seines Umfangs als richtiger Wälzer, lässt sich aber bequem an zwei Abenden lesen.
Ich vergebe 4 von 5 Haarbürsten aufgrund der Übersetzung und der an sich nicht korrekten Bezeichnung „Horrorgeschichten“.
Das Haar der Medusa
Kommentare
Bei "Das Grauen im Museum" packt mich die Nostalgie. Das ist glaube ich die erste Lovecraft-Kosmos Geschichte, die ich je gelesen habe, im Vampir Horror Tb. Heute liest sich das fast schon wie eine Parodie, in der sich HPL über die eigenen Stories lustig macht. Danach hat er ja auch nicht mehr viel gemacht. Das ist in der Tat eine echte Nummernrevue und nicht besonders originell.
Aber damals hat da was Klick gemacht. Man hatte ja keine Ahnung, dass Heald größtenteils HPL war oder was es mit dem Hintergrund auf sich hat. Doch die Story war einprägsam und ich habe sie häufig erneut gelesen.
Die Stories liegen mir vor. Sie sind nicht immer schlecht, bisweilen schon interessant aber man merkt ein bißchen, wie sie, wahrscheinlich von HPL, "aufgepeppt" wurden.
Jein. Die Hälfte ist in Suhrkamps Azathot enthalten. Während der Whitehead dort fehlt. Dafür gibt es "Die Falle" in der Whitehead Collection. "Bothon" scheint eine Erstveröffentlichung zu sein.
Aber der Whitehead fehlt auch in den Originalausgaben, vermutlich damals eine Rechtefrage.
Der Schein trügt, denn auch diese Story ist keine deutsche erstveröffentlichung. Sie erschien bereits 1997 in der Edition Metzengerstein Band 2 "Der persische Ghoul".
"Die Falle" dagegen ist tatsächlich eine deutsche Erstveröffentlichung.
"Die Falle" wird in zwei Bibliografien als Teil von Suhrkamp 1255 "Der Zombie" von 1986 angegeben. Ich habe den Band nicht, kann das also nicht bestätigen oder verneinen. Leider sind deutsche Bibliografien häufig unzuverlässig.
www.isfdb.org/cgi-bin/ea.cgi?1214
Die ansonsten unschlagbare ISFDB ist bei den deutschen Einträgen noch sehr unterentwickelt. Da ist der Whitehead ein schönes Beispiel. Die Suhrkamp-Ausgabe von 1983 - ISBN 978-3-518-37755-0 - ist hier nirgendwo erwähnt.
Für deutsche Sachen ist meine erste Wahl mittlerweile Pree: www.chpr.at/sfstory.html
Auch wenn der mittlerweile bei neueren Sachen Lücken aufweist. (Wofür der Whitehead ebenfalls ein schönes Beispiel ist, da die Metzgernstein-Ausgabe hier noch nicht aufgeführt ist ) Kerckhoff mit seinem SF-Hefte.de war auch nicht übel, hat aber das Manko, dass es nur wenig Daten wie Jahreszahlen gibt. Und die kaputten Links häufen sich.
Aber im Prinzip muss man 4 Bibliografien checken, um sich halbwegs sicher sein zu können.