Macabre Kurzgeschichten - Matthias Bauer, »Reiche Ernte und andere Geschichten«
Makabre Kurzgeschichten
Matthias Bauer, »Reiche Ernte und andere Geschichten«
Blitz und die Dunkle Phantastik
Der Blitz Verlag hat eine lange Tradition im Bereich der Dunklen Phantastik. Kurz nach der Jahrtausendwende war "Edgar Allan Poes Phantastische Bibliothek" betreut von Markus K. Korb eine der ersten entsprechenden Reihen. Aktuell erscheinen dort Reihen wie "Meisterwerke der dunklen Phantastik", "Lovecrafts Schriften des Grauens" und Phantastische Stories". In der Reihe "Phantastische Stories" sind bisher acht Titel erschienen. Bei den ersten beiden handelt es sich um Anthologien, die anderen sechs sind Storysammlungen. Thematisch geht es um Horror, Phantastik oder Fantasy. Bei den Storysammlungen findet man bekannte Autoren wie Markus K. Korb, Stefan Melnezuk und Andreas Zwengel. Und jetzt also Matthias Bauer.
Der Autor ist bekannt geworden durch die Historischen Romane, die er in den letzten Jahren gemeinsam mit Bastian Zach verfasst hat. Da gibt es einmal die im Haymon Verlag erschienene Trilogie "Morbus Dei" aus den Jahren 2010-2013 und dann die 2016/18 bei Heyne verlegten Bücher über die Pikten. Außerdem haben die beiden noch etliche Drehbücher verfasst.
Die Geschichte zu "Reiche Ernte"
Im Nachwort beschreibt Matthias Bauer, wie dieser Kurzgeschichtenband entstanden ist. Vor etwas mehr als 20 Jahren schrieb der junge Student in einem Anfall von Kreativität innerhalb weniger Monate alle Stories. Doch leider fand sich kein Verlag bereit, sie auch zu veröffentlichen. Erst nachdem er als Drehbuchschreiber und Autor Historischer Romane Erfolg gehabt hatte, erinnerte er sich an die Kurzgeschichten, die die Zwischenzeit im Keller wie durch ein Wunder überstanden hatten. Und wieder packte ihn der Flash und er überarbeitete sie innerhalb kurzer Zeit.
Nach eigener Aussage des Autors "das dunkle Herzstück der Sammlung" schildert einen jungen kritischen Journalisten namens Wolf, der engagiert gegen "die Bewegung" anschreibt, die langsam aber sicher das politische Klima bestimmt. Eines Tages begegnet er in einer Buchhandlung einem emeritierten Wissenschaftler. Dieser Professor Eisler beschäftigt sich mit Theorien zu Zeitreisen. Beide kommen sich mit der Zeit immer näher. Doch der hochgeachtete Wissenschaftler hat auch eine unbekannte Seite. Der honorige Wissenschaftler hat heimlich öffentliche Gelder für seine privaten Forschungen abgezweigt. Da er jüdische Vorfahren hat, von denen viele von den Nationalsozialisten ermordet worden sind, sinnt er darauf die Geschichte zu verändern. Mit Hilfe einer Zeitmaschine will er 30 der wichtigsten Nationalsozialisten ermorden ... und zwar im zarten Kindesalter! Ausführen soll die Tat der Journalist.
Mark Schneider ist ein sympathischer Mensch. Der joggt jeden Tag, kümmert sich liebevoll um einen zugelaufenen Kater und kocht für seine jeweils Angebetete. Beruflich hat er allerdings ein wenig Ärger. Er ist Schriftsteller und obwohl er beim Publikum Erfolg hat, dringen Verlag und Agent auf weniger blutige und schockierende Romane.
Mike ist einem verträumten Städtchen, über das einen Beitrag für eine Zeitschrift verfassen will. Die Bewohner sind höflich und freundlich, trotzdem wird der Mann von Alpträumen geplagt und empfindet die Atmosphäre als bedrohlich. Schließlich stößt er auf eine heruntergekommene Kirche.
In dieser Geschichte hängt ein Mann an einem schönen Sommertag seinen Tagträumen nach. Bis seine Mutter ihn ruft...
Zweiter Weltkrieg. An der Ostfront ist eine Gruppe von deutschen Soldaten eingekesselt. In ihrer Not folgen sie den Anweisungen eines Gelehrten. Sie wollen die Götter durch ein Opfer gnädig stimmen.
Auf der Beerdigung seiner Frau lässt ein Mann die gemeinsame Zeit Revue passieren. Es war eine große romantische Liebe, die erst getrübt wurde als er es in der Großstadt nicht mehr aushielt und die beiden in ein einsames Bergdorf gezogen sind.
Ein Ehepaar nimmt an einer Führung durch einen alten Bergwerkstollen teil. Sie trennen sich von der Gruppe und werden verschüttet. Zunächst warten sie noch zuversichtlich auf Hilfe, doch dann...
Zweiter Weltkrieg. Der Kommandant eines deutschen Vernichtungslagers muss das Lager räumen. Der Befehl lautet: Alle Gefangenen werden ermordet. Eigentlich kein Problem für den Mann, hat er doch kein Mitleid mit den Opfern, egal ob sie politisch, rassisch oder sonstwie unter die Räder gekommen sind. Nur einen Priester hat er bisher ausgespart, ihm dafür aber ausführlich über die Ermordungen berichtet um ihn zu verhöhnen und sich an der Ohnmacht des Gottesdieners zu weiden, die seine persönlich Auffassung bestätigt, dass es keinen Gott gibt, nicht geben kann, weil er sonst solch ungeheure Verbrechen nicht geschehen lassen würde.
Nachdem er einen Kurzgeschichtenwettbewerb gewonnen hat, hält er sich für einen begnadeten Schriftsteller. Doch die Wirklichkeit holt ihn ein. Als er eine Familie gründet, entscheidet er sich für den Schuldienst. Doch als Lehrer langweilt er sich, verfällt dem Trunk und verliert seine Stelle. Um Frau und Kind nicht zu verlieren, arbeitet er im Baumarkt. Ein alter Bekannter verschafft ihm schließlich einen neuen Job.
Endlich ist der große Tag da! Ben will endlich seiner großen Liebe Nina einen Heiratsantrag machen. Den Ring hat er schon. Im Anzug macht er sich auf den Weg zu ihr. Unterwegs kommt ihm der Gedanke, dass ein paar Rosen auch nicht schlecht wären...
Die superkurze Geschichte schildert den Heimweg eines einsamen, deprimierten Mannes, zeigt wie er die Welt sieht.
Hier geht es um ein Hotel der besonderen Art. Es hat zwar nur zwei Stockwerke, dafür gibt es aber ganz ausgefallene Gäste. Und an der Rezeption sitzt eine Gestalt, der man lieber nicht begegnen möchte.
Ein alter Haudegen und Veteran verabschiedet sich schneidig von seiner Truppe. Doch dann entpuppt sich das als Tagtraum. Der General ist kaum noch fähig etwas selbst zu machen und lebt in einem Pflegeheim.
Der Mann liebt den Herbst. Na ja, eigentlich ist es so, er liebt den Herbst wie früher einmal gewesen ist, denn heute...
... steht er um sieben Uhr auf. Doch diesmal ist alles anders. Stille und Dunkelheit überall. Niemand ist zu erreichen, kein Telefon, kein Internet.
Ein Auftragsmörder wird in eine Falle gelockt. Verzweifelt kämpft er um sein Leben.
Fazit
In "Reiche Ernte" sind wirklich makabre Geschichten versammelt. Im Gegensatz zu den meisten Kurzgeschichtensammlungen, die mehr oder weniger Zusammenstellungen von zu unterschiedlichen Zeiten und zu verschiedenen Anlässen entstandenen Stories sind, präsentiert Matthias Bauer Geschichten aus einem Guss. Der Leser vermag die Magie zu spüren, die der Autor im Schreiben sieht.
Manche Beiträge erinnern an Roald Dahl. Als weitere Vorbilder nennt Bauer u. a. auch noch Poe, Lovecraft, King und Kafka. Mir hat der Band sehr gut gefallen, er ist eine der besten deutschsprachigen Kurzgeschichtensammlungen, die ich in den letzten Jahren gelesen habe.
Reiche Ernte und andere Makabre Geschichten
