Die phantastischen Welten des Karl-Ulrich Burgdorf: Planet des Blauen Feuers
Die phantastischen Welten des Karl-Ulrich Burgdorf
»Planet des Blauen Feuers«
Rhinehart, Gutachter des Interstellaren Kolonialamtes, bekommt einen neuen Auftrag: New Star, eine Welt der 3. Besiedelungsphase, hat Kolonisationsanträge für die zwei Planeten Tyon und Umbard eingereicht. Beide Planeten wurden fünf Jahre lang erkundet, die Datensammlungen weisen jeweils den doppelten des normalen Umfangs auf; ein Umstand, der sowohl seinen Vorgesetzten wie auch ihn mißtrauisch werden lässt.
Auf dem Weg nach New Star bekommt der Gutachter durch Zufall heraus, dass er nicht der einzige an Bord ist, der die Unterlagen über die zu prüfenden Welten hat. Ulf Bostroem, Schachgroßmeister und gleichzeitig Manager der Hyperspace Inc., besitzt zumindest die Daten über Umbard. Illegal, da diese Daten erst nach der Freigabe des IK weiter verbreitet werden dürfen.
Noch bevor Rhinehart New Star erreicht, erwartet ihn die IMMIGRANT, um ihn direkt zu den für die Kolonisierung frei zu gebenden Planeten zu bringen. Beim Anflug Umbards kommt es zur Katastrophe, der die Besatzung nur knapp entgehen kann. Schwer verletzt erreicht der Gutachter den Planeten.
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Bei der vom Apex-Verlag verlegten Neuausgabe handelt es sich um eine vom Autor überarbeitete Version des Zauberkreis-SF-Romans 211, die 1979 erstmals veröffentlicht wurde. Gegenüber dem Original ist die E-Book-Version ca. 20 Prozent länger; der Autor bezeichnet sie im Nachwort als Directors Cut.
In der Regel dürfte sich bei Heftromanen, die für eine Neuausgabe überarbeitet werden, geringfügige Kürzungen anbieten, da Dopplungen und überflüssige Bläh-Sätze entfernt werden. Die überarbeitete erweiterte Version von PLANET DES BLAUEN FEUERS liest sich sehr flüssig; es fallen tatsächlich keine Streichmöglichkeiten auf und die neu hinzugefügten Textstellen fügen sich ohne Bruch ein ( - und ja, ich habe es probiert, letztere zu entdecken, ohne parallel im Romanheft zu blättern …).
Auf Wunsch des Autors veröffentlichte der Apex-Verlag auch dieses E-Book in der alten Rechtschreibung, das von DELTA OMICRON bekannte Vorgehen wird beibehalten. Auffallend, dass Textstellen diesmal weniger in kursiv gesetzt, stattdessen öfter die Zeichen > < für Hervorhebungen genutzt wurden. Macht zwar in meinen Augen keinen Sinn, stört den Lesefluss aber auch nicht.
Die Story wird durchgehend aus Gutachter Rhineharts Sicht beschrieben. Der Leser erhält gegenüber dem Hauptprotagonisten keinen Wissensvorsprung, es werden keine anderen Figuren ergänzend in den Mittelpunkt gestellt oder parallele Sichtweisen angeboten.
Die Handlung trägt diese Vorgehensweise. Die bei Heftromanen so beliebten Cliffhanger, am spannendsten Punkt umzublenden und von einem Szenario zum anderen zu springen, nutzt der Autor bewusst nicht. Da Rhinehart als Protagonist mitunter gegen die Interessen der anderen vorgehen und sich seine Fakten selbst erarbeiten muss, wäre ein Abweichen von seinem alleinigen Blickwinkel auch Kontraproduktiv.
Die Handlung ist im 26. Jahrhundert angesiedelt. Interessant, auch DIE TERRANAUTEN, an denen Burgdorf mitgewirkt hat, spielten um diese Zeit, ebenso wie der bereits im Apex-Verlag neu aufgelegte Roman DELTA OMICRON. 500 Jahre in der Zukunft etwa - lang genug, um eine interstellare Raumfahrt und die sich ergebenden Auswirkungen glaubhaft einzuführen, lang genug, um eine andere Welt zu skizzieren, und dennoch überschaubar, um Aktuelles in die Romanzukunft zu extrapolieren.
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"Da du dich nur für deine jeweilige Mission und fürs Schachspielen interessierst", fuhr der IK-Chef bissig fort, "wirst du vielleicht nicht wissen, daß es innerhalb der Terranischen Föderation in letzter Zeit ganz schön kriselt. Und das Interstellare Kolonialamt steht dabei mitten in der Schußlinie. Einige Regierungen arbeiten auf die Abschaffung des IK hin, um in Zukunft unkntrolliert ihre Kolonisationspläne verfolgen zu können. Das IK mit seinem Einspruchsrecht ist ihnen ein arger Dorn im Auge. New Star gehört zu dieser Gruppe."
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Planet des Blauen Feuers (E-Book Seite 15)
Die Kolonisierungsplanungen von Planeten vor der Besiedelungsfreigabe in den Mittelpunkt zu stellen, ist eine spannende Idee, die gerade bei den SF-Heftserien (und da schließe ich DIE TERRANAUTEN mit ein) oft sträflich vernachlässigt wurde. Schade, dass Perry Rhodan hier immer Konflikte mit Invasoren zu bewältigen hatte, die Erforschung des Weltraumes selbst und die damit verbundene Politik aber nie eine zyklustragende Rolle spielen durfte. Inwieweit Burgdorf diese Lücke 1979 bewusst war, lässt sich aus dem Roman nicht ableiten - aber der Inhalt zeigt auf, welche Themen die großen Serien allzu leichtfertig verschenkt haben.
Der Leser darf Rhinehart mit der Fähre zum Interstellarschiff STARCHILD begleiten und eine Transition miterleben. Spannung entsteht durch die Schilderung des für den Leser Neuem, für den Protagonisten Alltäglichem. Dies sind genau die Szenen, die SF-Geschichten ausmachen. Bilder entstehen, die an Halbdokumentationen des Fernsehens erinnern - und wir befinden uns mit dem Kopfkino eher bei ARTE denn bei RTL!
Die Begegnung des Schachliebhabers Rhinehart mit Schachgroßmeister Ulf Bostroem mag erstmal als großer Zufall erscheinen, wird im Laufe des Romans aber nachvollziehbar geklärt. Die folgende Schachpartie wird so geschildert, dass sie auch für Nichtspieler gut zu verstehen ist und dennoch der Faszination Schach gerecht wird. Die Magie des Spieles wird auch auf den Roman übertragen: Gutachter Rhinehart muss nicht nur seinen Auftrag ausführen, sondern sich plötzlich mit den Interessen von New Star und dem Konzern auseinandersetzen sowie die des IK wahren. Wer macht welchen Zug - und wie soll er selbst agieren?
Der Roman besticht dadurch, dass Rhinehart erst einmal nur seiner alltäglichen Arbeit nach geht. Die Frage, wie weit die New-Star-Regierung gehen wird, um die Kolonisierungsfreigabe zu erhalten, steht als unterschwellige Bedrohung zudem sehr früh im Raum. Dennoch werden neben dem Hauptprotagonisten einige New-Star-Angehörigen mehrdimensional gezeichnet und zaghafte Freundschaftsbande zumindest mit einem Mitarbeiter geschlossen.
Sicherlich herausragend: Rhinehart muss, um bei seinen heimlichen Nachforschungen nicht entdeckt zu werden, eine ihm gegenüber unbeteiligte New-Star-Mitarbeiterin mit der Waffe bedrohen. Der Autor macht es sich nicht einfach, thematisiert den daraus entstehende Gewissenskonflikt.
Und natürlich gibt es dann neben New Star weitere Probleme: Die Raumkatastrophe, der Rhinehart nur knapp entkommt und der die IMMIGRANT zum Opfer fällt sowie mehrere ungewöhnliche Geschehnisse auf Umbard. Rhinehart wird nicht alleine damit konfrontiert, ist aber auf sich alleine gestellt, da die New-Star-Angehörigen ihm gegenüber mauern.
Die (vorhersehbare) Entdeckung der Intelligenzwesen und deren Interaktionen sind faszinierend und bleiben auf ARTE-Niveau. Sehr gut ausgeklügelt und durchdacht. Im Nachwort geht der Autor auf die Entstehungsgeschichte dieser Wesen ein und erläutert sie. Es scheint eine Stärke des Autors zu sein, vorhandene Bilder (in diesem Fall: Figur) als Ausgangslage zu verwenden und eine Geschichte darum zu weben. (Hier möchte ich auf die 3. Fragerunde verweisen, in der Karl-Ulrich Burgdorf die Entstehung DER HEXER-Exposé anhand Grafiken erläutert.)
Einzig an der geschilderten Technik - den Speicherkristallen, der Identifikationskarte, der akustischen Sprachanweisungen - lässt sich das Alter des Romans vielleicht erahnen: Identifikationskarten sind mittlerweile Alltäglich, die Speicherkristalle erinnern von der Funktion her an Speicherkarten. Dennoch wirkt die geschilderte Technik nicht veraltet, sondern zweckdienlich. Mag sein, dass eine Neuveröffentlichung in 40 Jahren eine größere Anpassung nötig macht - aktuell ist dies noch kein Kritikpunkt.
(...) Bei Norilsk war der größte Raumhafen errichtet worden, den es derzeit auf Terra gab. In der Stadt Norilsk selbst merkte man jedoch kaum etwas davon. Schall- und Druckschutzfelder umgaben den Raumhafen und verringerten die Belastungen für die Einwohner auf ein Minimum.
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Planet des Blauen Feuers (E-Book Seite 15)
Nicht nur, dass Karl-Ulrich Burgdorf mit DELPHINENSPIELE einen der ersten SF-Ökothriller geschrieben hat, bindet er auch in seinen anderen SF-Romanen diese Themen am Rande mit ein. Die großen interstellaren Raumschiffe landen nicht auf der Erde, sondern werden mit Fähren angeflogen. Und selbst für diese kleinen Flugmaschinen wird an Schall- und Druckschutzfelder gedacht.
Fazit:
Eine bodenständige, glaubhafte und packende SF-Story, die nicht nur die Spannung, sondern auch die Sichtweise des Protagonisten durchgehend hält. Der entstehende Erstkontakt ist sehr stimmig, der sich daraus entwickelnde Twist bietet einen runden Abschluss.
Ein "Burgdorf-SF-Kosmos“ wurde bereits in den Interviews angesprochen. Auch dieser Roman würde sich, ohne viel Umschreibearbeit, in diesen Kosmos einfügen.
Abgerundet wird das 2. E-Book Burgdorfs im Apex-Verlag erneut durch ein sehr gelungenes Titelbild von Christian Dörge und einem Vorwort von Rainer Schorm.
Planet des Blauen Feuers
Kommentare
Dies wird vmtl. hier nicht anders sein...
Die Ursache ist banal und jedem bekannt wer selbst schon mal etwas abgescant und in ein ebook umgewandelt hat.
Der Scanner kann die schlechten alten Schriftbilder des Originals oft nicht zweifelsfrei lesen oder interpretiert sie Scansoftware manches recht eigenwillig (selbst beim Marktührer einer professionellen Anwendung Abbyy Fine Reader) und zudem sollte alles noch auf die neue Rechtschreibung getrimmt werden. Dies wäre ja noch nicht schlimm.
Es gibt aber nach dem Scan keinerlei Review oder Korrektur!
Nahezu ungefiltert geht diese miese "Beta"-Qualität so in den Verkauf.
Bei meinem ersten Apex ebook habe ich selbst an die 300 - 350 Fehler fein säuberlich gelistet!
Als ich den Verlag danach anschrieb und dies meldete gab es da kein Zeichen von schlechtem Gewissen oder gar Reue oder dass man so etwas wie einen Redakteur zukünftig beschäftigen würde, welcher zumindest das Buch einmal durchliest und korrigiert.
Der Verlagsbesitzer meinte stattdessen nur, dass man für den Preis nicht mehr erwarten könnte obwohl die ebooks dort auch nicht billiger sind als woanderes (6 - 8 EUR der Preis im Durchschnitt).
Es gibt auch kein ordentliches ebook Layout als Grundgerüst, es ist alles ein Augenschmerz für den gewohnten ebook Leser.
Hier kauft einer nur die Rechte alter Werke auf, scannt diletantisch und formt das finale ebook möglichst schnell nur mit einer Freeware und verdient dabei auch noch Geld. Für so einen Dreck gehört nichts bezahlt.
Schade, dass Du zwar jede Gelegenheit zum pauschalen, relativ unfairem Kritisieren nutzt, dann aber die Rezension an sich wohl eher nicht gelesen hast - ansonsten könntest Du nicht schreiben, dass es nach dem Scan keinerlei Review oder Korrektur gegeben hätte. Deswegen für dich noch einmal: Bei der Neuauflage von "Planet des Blauen Feuers" handelt es sich um eine überarbeitete Version, die um ca. 20 Prozent länger geworden ist.
Wenn Du andere Apex-Bücher meinst (für die ich nicht sprechen kann), sollte es die Fairness gebieten, diese auch konkret zu benennen. Einfach nur Kritik vehement zu äußern, auch bei Romanen, die es gar nicht betrifft, nur um den Verlag weh zu tun, halte ich den Autoren gegenüber für unfair. Auch hier kann ich nicht für den Verlag sprechen (und kenne auch nicht die Verlagsabläufe) - ich bin mir aber sicher, dass jeder Autor, jeder Erbe, jeder Rechtevertreter vorab Korrektur lesen kann, wenn er denn möchte.
Ich habe bei dem Verlag natürlich auch nicht das gesamte Portfolio gekauft, sondern damals nur die ersten ebooks erworben. Ob sich zwischenzeitlich etwas verändert hat kann ich nicht beurteilen, denn ich wurde schon verschreckt. Da du aber positiv berichten kannst, scheint es sich verbessert zu haben oder sind die Bezugsquellen eben keine Scans sondern evtl. vom Autor direkt etwas Geliefertes.
Über die Qualität des Inhalts hatte ich übrigens nichts erwähnt, weil ich das Buch nicht besitze und damit nicht beurteilen kann. Aber ich mag Karl-Ulrich Burgdorf sehr.
Aber mit einem hast du recht - man motzt natürlich gerne über unfaire Begegebenheiten, da die sich einem einbrennen und nimmt positive Erlebnisse als gegeben hin.