Die phantastischen Welten des Karl-Ulrich Burgdorf: Beginn einer Lesereise
Die phantastischen Welten des Karl-Ulrich Burgdorf
Beginn einer Lesereise
Die Werbung zündete – ich war angefixt. Schon bei der Begrüßung des Autors wurde ich hellhörig, hatte ich doch bereits einige seiner frühen Werke gelesen und mich durchgehend gut unterhalten gefühlt.
Die Hexerserie, an der Burgdorf mit einem Textbaustein sowie mehreren Exposé vertreten war, war meine erste Berührung mit dem Werk des Autors. Diese Serie ist bis heute die einzige Gruselheftserie, die ich komplett gelesen habe. Die Serie nutzte die lovecraftschen Vorgaben, ohne Allerdings H.P. Lovecraft zu imitieren. Die Abenteuer Robert Cravens erschienen als Heft, die düstere Atmosphäre der urprünglichen Kurzgeschichten des Horrormeisters konnte so – nachvollziehbar - nicht übernommen werden. Ein Serienformat mit offenem Ende sowie die Heftvorgaben verlangten ein grundsätzlich anderes Vorgehen, das von “Robert Craven” (die Romane wurden in Ich-Form geschrieben) dann auch sehr gelungen umgesetzt wurde. Insgesamt kann man höchstens überlegen, ob eine Serieneinordnung in “Grusel” sinnig ist oder nicht doch “Phantastik “ angebracht wäre. Auch wenn die intensive lovecraft-eigene Atmosphäre nie erreicht wurde: Inhaltlich wie auch formell (aufbauende Handlung) unterschieden sich die Romane im positiven Sinne deutlich von jenen anderer Gruselserien.
Im Zuge der Neuauflage der “Raven”-Serie im “Dämonen-Land” las ich auch die 11 Romane dieser früheren “Gespenster-Krimi”-Subserie. Die Abenteuer, im Gegensatz zum “Hexer” in der Jetztzeit angelegt, wussten zu gefallen und hoben sich von den meisten anderen Gruselromanen positiv ab: Die Beschränkung auf 60 Heftromanseiten (= ca. 100 Buchseiten) tat zumindest Wolfgang Erich Hohlbein sehr gut, der in vielen seiner späteren Bücher leider sehr ausschweifend erzählt. Darüber hinaus fand ich es faszinierend, dass der “Hexer”, der ja eigentlich erst nach der “Raven”-Erstauflage das Licht der Kioske erblickte, und “Raven” im gleichen Serienkosmos spielen: Die Thul-Saduul fallen mir auf Anhieb ein – eine Eigenkreation, die m.W. auch nicht in der lovecraftschen Vorgabe enthalten war. Auch Inspektor Card ist mir im Gedächtnis geblieben, wenngleich natürlich anders beschrieben. Logisch, liegen ja fast 100 Handlungsjahre zwischen den Werken, so dass der Raven-Card nur ein Nachfahre sein kann, der im übrigen dann auch noch in den “Magier”-Büchern Hohlbeins mit dabei ist.
Hätte es nicht eine neuerliche Auflage als eigene Serie und spätere Hardcover sowie Taschenbuchneuauflage gegeben (bei der Karl-Ulrich Burgdorf als Autor unterschlagen wurde und die Romane sogar ohne sein Wissen erschienen), wäre “Raven” die zweite Gruselserie gewesen, die ich zur Gänze gelesen hätte. Den Jahre später nachgeschobenen 12. Band von Frank Rehfeld habe ich bis heute nicht gelesen, so dass meine private Lese-Erfolgsstatistik bei den Gruselserien mit Erscheinen des Abschlussbandes halbiert wurde.
Mehrfach hat Wolfgang Hohlbein von Karl-Ulrich-Burgdorf berichtet; dass er es war, der ihm den Rat mit Bastei als Ansprechstation für Neuautoren genannt und so seine Karriere mit ins Rollen gebracht hat. Natürlich hat mich als früherer Hohlbein-Groß-Fan (was schreibe ich: Hohlbein-Größter-Fan!) dieser Karl-Ulrich Burgdorf dann auch interessiert und so wurde ich auf das Einzelwerk “Delphinenspiele” aufmerksam.
“Delphinenspiele”, ein im Arena-Verlag als Hardcover erschienenes Jugendbuch, halte ich für eines der gelungensten Jugendbücher überhaupt. Die damalige Umschlaggestaltung mit dem Backcovertext war ein wenig trügerisch und ließ “nur” ein “normales”, in der Jetztzeit angesiedeltes Buch vermuteten, das mit 10 Jahre Verspätung im Sog von “Flipper” mitschwimmen wollte. Ich las den Roman erstmals Anfang der 90er, als ich über den Umweg von Burgdorfs Romanheften bzw. der lobenden Erwähnung Burgdorfs durch Hohlbein darauf aufmerksam wurde: “Delphinenspiele” ist ein sehr intelligenter, auch Erwachsene ansprechender SF-Roman, dabei auch noch einer der ersten Ökothriller – der aber weder als das eine noch das andere angepriesen worden ist. Ich fürchte, der Roman hat aufgrund der gewählten Gestaltung ein Lesepublikum angesprochen, das etwas anderes erwartet hat, während die SF-interessierten Leser den Roman nicht wahr genommen haben.
Ebenfalls über die Jahre im Gedächtnis geblieben ist mir Burgdorfs Wikinger-Zweiteiler “Die Höllenfahrt der Hengist” & “Das Land im Mahlstrom”; der einzige direkte Zweiteiler (Band 17 & 18) innerhalb der von Dr. Helmut Pesch (als Helmbrecht) herausgegebenen “Fantasy”-Reihe. Die Reihe erschien parallel zum “Hexer”; ich habe die Romane jedoch erst Jahre später günstig erworben, als die Reihe längst eingestellt war.
Das beim Wikinger-Zweiteiler genutzte Pseudonym Harald Münzer wurde von Karl-Ulrich Burgdorf bereits bei seinem einzigen (alleinigem) Terranauten-Beitrag benutzt: Band 42 “Der Sammler” wurde hier im Zauberspiegel vor einigen Jahren von mir sehr lobend besprochen. Der Roman ist Bestandteil des fünfteiligen Sarym-Zyklusses, der nach Exposé von Karl-Ulrich Burgdorf entstand. Die anderen Romane wurden von Andreas Weiler (= Andreas Brandhorst), einem der Terranauten-Hauptautoren, verfasst.
Eigentlich wollte ich für den Zauberspiegel alle Terranautenromane besprechen. Der Sarym-Zyklus hat mich da allerdings ein wenig ausgebremst; mein bisheriges Wertungsystem wurde dadurch ein wenig durcheinander gewürfelt. Die Terranautenromane boten bis dahin durchaus gelungene Heftromane, die in der Summe zu oft auf sich wiederholende Handlungselemente (Verfolgung, Gefangennahme, Flucht oder Befreiung) setzten. Als nach dem phantastikgeprägten Sarym-Zyklus ein weiterer Roman nach diesem Schema gebracht wurde – ein Rückfall quasi in alte Handlungsmuster (noch dazu von Robert Quint alias Rainer Zubeil, dessen Romane mir meist sehr gut gefallen) – wurde meine Terranautenlesefreude etwas eingetrübt und ich habe weitere Besprechungen vor mir hergeschoben.
Mal sehen – das Interesse wurde wieder geweckt.
Auch die Terranautenromane erscheinen aktuell im Apex-Verlag als E-Book in Neuauflage, nachdem der Mohlberg-Verlag die Serie zur Gänze als Paperback mit genialen Titelbildern von Andreas Drechsler bereits neu herausgebracht hat.
Natürlich wusste ich auch, dass Karl-Ulrich Burgdorf noch vor den Terranauten einen Roman zur Serie “Erde 2000” beigesteuert hat. Diesem Roman, “Die Insel der Kinder”, habe ich bislang keine Chance gegeben …
“Erde 2000” ist die Nachfolgeserie von “Zeitkugel” (90 Titel); Burgdorfs Beitrag erschien als Band 36, so dass in Summe 125 Vorgängerromane zu lesen wären. Gut, “Zeitkugel” ist nicht zyklisch aufgebaut, und auch bei “Erde 2000” soll es nur einige wenige Kurzzyklen über jeweils nur einige wenige Bände gegeben haben, dennoch habe ich mich noch nicht überwunden, hier einen der späteren Romane zu lesen. Bei Zeitkugel, bei der auch Kurt Brand (Ren Dhark, Raumschiff Promet) als Autor mit dabei war, fand ich die Romane, in die ich hineingeschnuppert habe, etwas bieder. Mal sehen – ich habe den zwei Serien bislang noch keine richtige Chance gegeben, obwohl im Mohlberg-Verlag einige Romane vor Jahren überarbeitet neu aufgelegt wurden.
Dafür gab es bei Bastei in den 90ern eine SF-Taschenheftserie, die im Fahrwasser der X-Akten mitschwamm und die ich in der Anfangszeit sehr gerne gelesen habe: “Die UFO-Akten”. Mit dabei: Karl-Ulrich-Burgdorf, der hier mit Band 7 “Der Endeavour-Zwischenfall” vertreten war. Der Roman hat mir damals ausgezeichnet gefallen. Hier bin ich gespannt, ob beim neuerlichen Lesen meine Erwartungshaltung bestätigt wird.
Um Fragen zuvor zu kommen: Mein Leseaustieg bei den “UFO-Akten” erfolgte nicht, weil ich die Romane oder die Serie an sich allmählich langweilig fand, sondern weil aufgrund der 14tägigen Erscheinungweise sich irgendwann anderer Lesestoff ganz unverschämt auf- und vorgedrängt hat.
Natürlich wusste ich recht schnell, dass Burgdorf in der Reihe “Zauberkreis-SF” einen Einzelromane veröffentlicht hat. “Nijha, der Attentäter” erschien bereits 1974. Den Roman mit einem eher abtörnenden Titelbild habe ich einmal zur Hand genommen, aber nicht gelesen. Da ich zumindest keine schlechten Erinnerungen an den Roman habe, nehme ich an, dass sich auch hier einfach anderer Lesestoff aufgedrängt hat. Wenn ich bei guten Romanen nach Jahren ab und an vergessen mag, warum ich sie gut fand – bei Romanen, die mir nicht gefallen, vergesse ich dies nicht ganz so schnell. Da bin ich als Leser dann doch sehr nachtragend. Es besteht also durchaus die Chance, dass “Nijha” und ich noch zusammenfinden werden. Mal sehen, wie sich die Lesereise durch Karl-Ulrich Burgdorfs Werk gestaltet und wie lange ich hier am Ball bleiben werde.
Im Zuge der Neuausgabe von “Delta Omicron” habe ich zudem für mich entdeckt, dass es noch einen zweiten alleinigen Roman bei Zauberkreis gab: “Planet des blauen Feuers”, unter Arl Duncan erschienen. Dieser Roman ist bisher gänzlich an mir vorbei gegangen.
(Mittlerweile ist “Planet des blauen Feuers” im Apex-Verlag ebenfalls neu veröffentlicht worden).
Zudem gibt es noch eine Koproduktion mit Andreas Brandhorst, die unter den Pseudonymen Thomas Lockwood und Arl Duncan veröffentlicht wurde: “Computer-Parasiten”. Ein Titel, der mich neugierig macht: Wie wurde ein Computer im Jahre 1980 in einem SF-Roman dargestellt? Ein gefährliches Thema – viele SF-Romane sind hier nicht sehr gut gealtert und wurden von der Jetztzeit überholt.
Oder geht der Roman in eine ganz andere Richtung?
Spannend!
Und natürlich “Delta Omicron”.
Der Roman erschien in keiner SF-Heftromanreihe, sondern 1981 in der von Wolfgang Jeschke herausgegebenen Anthologie “Feinde des Systems” als eine von 5 Erzählungen. Ein SF-Titel, von dem ich erst durch die Apex-Verlagswerbung erfahren habe.
Nun, dieses Versäumnis gilt es auszumerzen.
Und, ohne die Besprechung vorweg nehmen zu wollen: Der Kurzroman ist gut gealtert und heute von den Themen vielleicht sogar aktueller denn je!
“Delta Omicron” wird die 1. Station meiner Lesereise für den Zauberspiegel werden.
Im Gruselromanbereich schrieb Karl-Ulrich Burgdorf nach Gastbeiträge für “Damona King” und “Vampira”. In die Nummernbereiche, in denen seine Serienbeiträge gebracht wurden, bin ich nie vorgestoßen. Mal sehen, ob ich hier über meinen Schatten springen kann. Lucky Luke kann und darf ja nicht der einzige sein, der neben Vampiren sein Schattenproblem lösen kann.
Auch einige neuere Werke habe ich mittlerweile entdeckt. Kurzgeschichten und Romane, die der Autor nach seinem Schriftsteller-Comeback veröffentlicht hat. Auf die Kurzgeschichtensammlung “Der Schäms-Scheuß-Virus und andere unwahrscheinliche Geschichten” bin ich schon sehr gespannt – immerhin dauerte alleine die Lieferung des Hardcovers mehr als 30 Tage. Der optische Eindruck ist jedenfalls sehr anprechend.
Und dann wirkt der Autor auch noch im Karl May-Kosmos mit (“Sklavin und Königin – ein Episodenroman)”, treibt sich hier aber im Orient herum. Hm, Kara Ben Nemsi konnte mich nie so begeistern wie Old Shatterhand, obwohl es doch der gleiche Charakter ist. Da muss ich noch in mich gehen. Eine kleine Recherche ergibt, dass Karl-Ulrich Burgdorf zudem eine Winnetou-Geschichte verfasst hat, die dennoch in der Reihe “Karl Mays Magischer Orient” veröffentlicht wurde: “Der Frevel des Waka-teh” (in: “Auf phantastischen Pfaden”, Hrsg. Thomas Le Blanc).
Ich bin also bereits geködert …
Ich hoffe, dass ich meine Lesereise durch Karl-Ulrich-Burgdorfs Werk ansprechend gestalte und den einen oder anderen mit nehmen kann. Ein bislang relativ schmales Werk (gemessen an Stephen King, Jason Dark, Wolfgang Hohlbein und Andreas Brandhorst), bei dem aber tatsächlich relativ viele phantastische Serien mit abgedeckt und einbezogen werden.
Und einige Einzelromane, die mir sehr zusagen.
Ich denke, es wird abwechslungsreich!
Quellen:
- Eigene Sammlung
- Karl-ulrich-burgdorf.de/
Stand: 11.01.2019
Die weiteren Artikel und Interviews
... im Gespräch mit Karl-Ulrich Burgdorf ...
- (14.03.2021)
Und schon besprochen
Kommentare
Hast Du wirklich alle angesprochenen Titel in Deiner Sammlung?
Computer-Parasiten sogar 2 mal: Einmal mit dem Umschlag von Zauberkreis-SF 227 ("Transmitter-Spedition" von H.J. Müggenburg), einmal mit dem richtigen 228.
"Nijha" suche ich gerade verzweifelt - verlegt …
"Delphinenspiele" musste ich mir sogar 2 x kaufen. Einmal hergeliehen und nicht mehr zurück bekommen. Der Roman ist aber ein "Muss" und gehört in jede SF-Sammlung.
(Falls jemand "Delphinenspiele" mit einer Widmung - für M.B. - findet: Das ist Hehlerware!)
Horst, danke für die eingefügten Abbildungen! Die Scans sind nicht von mir.
Hat "Erde 2000" tatsächlich einen Zyklus über 7 Romane? Bei der Serie bin ich tatsächlich schlecht informiert …
(Aber ich weiß natürlich, dass Dirk van den Boom bei der Neuauflage einen neugeschriebenen Auftaktband vorangestellt hat.)
Doch der Zyklus um die Ukilionen geht über 7 Bände.
Harantor sagt: Den Helmut meinte er, korrigiert.
Ich habe den Titel irgendwann gelesen, habe aber praktisch keine Erinnerung mehr daran.
Der Endeavour Zwischenfall ist mir dagegen in guter Erinnerung.
Der Beitrag in "Sklave und Köngin" hat mich schlicht begeistert.
Hermes: Bin gerade beim anderen Karl-May-Schmöker, der auch "Wildwest-Themen" bietet. Eigentlich wollte ich schon die Besprechung für KUBs Beitrag schreiben. Nur sind da auch die anderen Beiträge dermaßen gut, dass ich nicht vom Buch wegkomme.
Prinzipiell würde mich mal interessieren:
- Wieviele SF-Leser sind auch Karl-May-Leser (oder waren es einmal).
Ich habe mich schon als Volksschüler in den 60er Jahren durch etwa 50 Karl May-Bände gelesen, die bei uns in der Pfarrbibliothek vorhanden waren. Für Phantastik-Leser ist davon besonders der Zweiteiler Ardistan und Dschinnistan zu beachten. Auch Das versteinerte Gebet und Am Jenseits sind zu erwähnen. Die angeführten Bände habe ich mir Jahrzehnte später gekauft und wiedergelesen. Den Zauber, den sie in meiner Kindheit entfaltet haben, konnten sie aber nicht mehr ganz bieten.