Der Geist, den ich rief - Neues im Gespenster-Krimi
Der Geist, den ich rief
Neues im Gespensterkrimi
Der Autor
Tobias Bachmann, Jahrgang 1977, kommt aus Erlangen. Er veröffentlicht seit 1998. Waren es zuerst hauptsächlich Stories und Kurzgeschichtensammlungen, so folgten später auch Novellen und Romane. Fast alle zählen zum Bereich der Phantastik. "Dagons Erben" erhielt 2009 den Vincent Preis als bester Horror-Roman, "Liebesgrüße aus Arkham" 2017 den Vincent Preis für die beste Storysammlung. Die meisten Titeln erschienen im Bereich der sogenannten Kleinverlage. Bachmann gehört zu besten und fleißigsten Kurzgeschichtenautoren Deutschlands. Etliche Geschichten und Romane spielen in der Stadt Sagunth, die seiner Heimatstadt Erlangen nachempfunden ist. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit.
Der Roman
"Ich bin nicht verrückt. Nicht mehr. Ich war es. Viele Jahre lang. Solange ich in der Anstalt eingesperrt war, war ich verrückt. Diagnose: Schizophrenie, mit dialogisierenden akustischen Halluzinationen. Doch kaum habe ich es geschafft, der Anstalt zu entkommen, bin ich geheilt. Verdammt noch mal. Ich will nicht geheilt sein. Will wieder krank sein ..." (S.3)
Norbert Geist versteckt sich in einem alten U-Bahntunnel, in einer Art Wartungsraum. Dort erzählt er seine Geschichte. Ursprünglich befand er sich in einer Anstalt für Geisteskranke. Dort hatte er Mitbewohner wie seinen Kumpel "Jesus", der vergeblich Wasser in Wein verwandeln wollte, "Toby mit der Schreibblockade", einen im Keller eingesperrten nackten Autoren, und "die Paranoiaschlampe", eine allzeit bereite Patientin. Und dann gibt es noch das Klinikpersonal mit dem kompetenten Doktor Voss, der heimlich Experimente durchführt, die nette Schwester Gisela, in die Geist verliebt ist, und den brutalen Pfleger Florian.
Im Fernsehen sieht er zuerst die Zombies, die kurz danach auch außerhalb des Anstaltsgebäudes rum marschieren. Bald gelingt es ihnen jedoch auch ins Gebäude zu gelangen. Ein blutiges Gemetzel beginnt. Jeder Tote verstärkt kurze Zeit darauf die Armee der Untoten. Nur weil seine beiden Stimmen ihm mit Tips zur Seite stehen, überlebt Geist und kann aus dem Gebäude fliehen. Doch wohin in einer Stadt, die den Zombies gehört?
"Der Einzige, der hier durch die Korridore streift, bin ich selbst. Der Geist der Anstalt. Lebendig oder tot, das ist ganz egal." (S.65)
Bei der Thematik ist klar, da wird jede Menge gemetzelt, gefressen, geschossen und gehauen. Nicht wirklich ein Thema für Zartbesaitete.
Meine Gedanken
"Geist" ist entgegen des Titels keine Gespenstergeschichte. Vielmehr handelt es sich um einen astreinen Zombieroman. Zusätzlich wird aber auch eine psychische Erkrankung thematisiert. Die Hauptperson Norbert Geist hört imaginäre Stimmen, die ihr Ratschläge erteilen. Deshalb befindet sie sich ja auch zunächst in einer Anstalt.
Kennzeichen des Romans ist der eigenwillige Humor. Kenner der Horrorszene werden in Pfleger Florian unschwer Ian Rolf Hill (Florian Hilleberg) und in Doktor Voss Vincent Voss wiederkennen. Und mit Toby mit der Schreibblockade dürfte Bachmann sich selbst verewigt haben.
Der Roman unterscheidet sich von den Titeln aus den siebziger Jahren, ist moderner angelegt. Die teilweise sehr direkte Sprache wäre in den Hochzeiten der Bundesprüfstelle wohl kaum durchgegangen.
Und wieder stelle ich fest, dass der Unterschied zwischen "Hoch"-Literatur in den Kleinverlagen und den Romantexten doch nicht so gewaltig ist. "Geist" passt gut in den "Gespenster-Krimi". Seine besondere Note erhält der Text durch den eigenwilligen Humor des Autors.
Geist