Ein All Age-Roman... - "Die Welt in den Wolken" von Jay Amory
...und worauf sich der (erwachsene) Leser einlässt
Jay Amorys »Die Welt in den Wolken«
Das trifft selbstverständlich nicht auf alle All Age-Romane zu, doch oftmals muss sich jemand, der zu einem derart titulierten Werk greift, darauf einstellen, ein Kinder- bzw. Jugendbuch zu bekommen.
Ist das schlecht? Nein, warum denn? Wenn ich weiß, was mich unter dem Label All Age erwartet und ich Bücher dieser Machart gut, spannend und unterhaltsam finde, was sollte dann daran schlecht sein? Zudem haben Autoren wie Kai Meyer, Joanne K. Rowling oder Wolfgang und Heike Hohlbein bewiesen, dass es durchaus Jugendbücher gibt, die auch Erwachsene regelrecht vom Hocker reißen können.
Man sollte aber keinesfalls vergessen: Die allermeisten All Age-Romane üben bei weitem nicht die Anziehungskraft auf erwachsene Leser aus, wie sie von Romanen der genannten Autoren ausgeht. Anders ausgedrückt: Viele All Age-Romane richten sich ganz eindeutig primär an ein jüngeres Publikum und sind für erwachsene Leser nur dann ein Genuss, wenn sie sich ganz bewusst auf die Art der ihnen vorliegenden Geschichte einlassen und (so unschön das auch nun klingt) deutliche Abstriche hinnehmen gegenüber Romanen, die sie sonst lesen.
Wunderbar illustrieren lässt sich dies am Roman »Die Welt in den Wolken« des britischen Fantasyautors Jay Amory.
»Die Welt in den Wolken« von Jay Amory
Az lebt in einer Welt, wie sie schöner kaum sein könnte. Sein Volk bewohnt gewaltige Himmelsstädte, die auf riesigen Plattformen über einer immer währenden Wolkendecke thronen. Versorgt werden die Luftlinge (wie sich die Bewohner der Himmelsstädte selbst nennen) von geheimnisvollen Maschinen, die im Zwielicht unter den Wolken existieren und alle für die Luftlinge lebensnotwendigen Materialien über gewaltige Lastenaufzüge herbeischaffen.
Kein Krieg, keine Armut, keine übermäßig unschönen Arbeiten Az' Leben könnte so schön sein. Wenn da nicht eine klitzekleine Tatsache wäre: Im Gegensatz zu seinen Mitmenschen besitzt Az keine Flügel. Das macht ihn zum ewigen Außenseiter und zum Gespött seiner Mitschüler und Nachbarn.
Da geschieht etwas Ungeheuerliches, was das Leben in den Wolkenstädten grundlegend verändern könnte: Der Nachschub an lebenswichtigen Gütern vom Erdboden gerät ins Stocken! Auf einmal obliegt es Az, die Himmelswelt zu retten. Als einziger Flügelloser ist es nur ihm möglich, sich unerkannt in die Tiefe zu wagen. Auf dem Erdboden erwartet den Jungen eine Welt, wie er sie noch nie gesehen hat voller Gefahren, die nicht nur ihn selbst das Leben kosten könnten ...
Auf was erwachsene Leser sich einstellen sollten
Alles in allem ist »Die Welt in den Wolken« ein rundes, durchaus gelungenes Fantasyabenteuer geworden. Ein ungewöhnliches Setting, ein flotter Erzählstil, eine interessante Handlung, ... Autor Jay Amory versteht es, seinem Publikum eine spannende Geschichte zu erzählen.
Sofern man unter sechzehn Jahren alt ist, heißt das. Denn obwohl der Roman bei Blanvalet erschienen ist und nicht in einem der verschiedenen Jugendbuchverlage der Random House Gruppe, richtet sich Amorys Abenteuer vorwiegend an jüngere Leser. Das heißt nicht, dass Erwachsene das Buch nicht genießen könnten. Wer über sechzehn Jahre alt ist, sollte sich aber storytechnisch auf folgende Dinge gefasst machen:
Das mag sich teilweise etwas negativ anhören, soll es aber eigentlich nicht. »Die Welt in den Wolken« ist vielleicht kein Highlight der phantastischen Literatur. Kurzweilige Unterhaltung bekommt man aber auf alle Fälle geboten. Mich selbst hat Amorys Geschichte immerhin soweit fasziniert, dass ich schon jetzt weiß: Wenn das nächste Buch des Autors bei Blanvalet erscheint, bin ich auf alle Fälle wider mit von der Partie.
Jugendliche Leser bis sechzehn Jahre werden an dem Roman auf alle Fälle ihre Freude haben. Temporeiche Abenteuer, ein wenig Humor, eine durchaus spannende Handlung, all dies und noch einiges mehr wird ihnen geboten. Erwachsene Leser sollten sich allerdings auf besagte Eigenheiten einstellen und insbesondere hinsichtlich Storytiefe und Charakterentwicklung Abstriche machen. Fakt ist nämlich: »Die Welt in den Wolken« ist und bleibt ein Kinder- bzw. Jugendroman, so oft und so lautstark man auch von All Age redet.
Doch ebenso ist Fakt: Wer das weiß und sich ganz bewusst darauf einlässt, der wird für einige Stunden eintauchen können in ein sehr vergnügliches Fantasyabenteuer.
Die Daten zum Buch: