Another Tale of five books (3) - Welt ohne Ende
Another Tale of five books (3)
Welt ohne Ende
Ich werde nicht über Leih-Buchverlage oder Autorenpseudonyme referieren, sondern die Bücher als das nehmen, was sie sind. Es wird also immanent der reine Band und sein geschriebener Inhalt bewertet.
Welt ohne Ende
Mir selbst liegt nur das Leihbuch vor.
Zum Klappentext:
„Sie nannten ihn einen 'Ideal-Verbrecher' und Schädling an der Großen-Gemeinschaft, weil er es gewagt hatte, die Produkte seiner Überlegungen in die Tat umzusetzen. Jako Koschina, Fragmentphysiker und berechtigter Bewohner der Welt, wird von den Wächtern des Psychologischen Rettungsdienstes in der verbotenen Etage gefaßt und nach den Qualen des Rückenmark-Testes zum Tode verurteilt. Er erwacht im zermürbenden Gammabad der fünften Etage, und da beginnt er zu ahnen, daß die 'Welt' nicht endlos sein kann.
A. Turbojew schildert in diesem soziologisch und psychologisch hervorragend fundierten Roman eine Welt der Not und der Angst. Niemand außer Jako Koschnina ist so vermessen, zu bezweifeln, daß die Lehre von der unendlichen Wasserkugel außerhalb der bewohnbaren Welt die absolute Wahrheit sein könnte.
Der Leser erlebt in atemloser Spannung das zaghafte Tasten eines Menschen, der infolge seiner Erziehung in erster Linie die notwendige Atemluft als die primärste Gegebenheit hält. Erst danach kommt die Nahrung und dann die Große-Gemeinschaft.
Jako Koschnina ist es, dessen Schädel in einer qualvollen Wucherung an Umfang gewinnt, indessen der geübte Töter und Arenameister, Andrew Trowskonja, zu einem Ungeheuer wird.
In einer Schilderung von verblüffender Logis und echter Einfühlungskraft, entdeckt Koschnina die wahre Welt.
Ein Naturgesetz geht in Erfüllung. Die natürliche Auslese unter den Menschen des Kolonialplaneten Denebola II erfährt ihre Vollendung, als Koschnina gereift aus einem Unterwasser-Panzer steigt und seinen Dienst an der Gemeinschaft leistet.
'"Welt ohne Ende" ist ein Roman, dessen bestechende Sprache keine Unklarheiten erlaubt. Er ist eine visionäre Schau auf das Schicksal einiger Menschen, die der direkten Gefahr entflohen, um damit die totale Verblödung auf sich zu nehmen.“
Das war der Klappentext.
Iltis-Roman | ILTIS-VERLAG | Verlagsbuchhandlung W. Möhring, Düsseldorf
[ OA | o. J. | 272 S. | 18 x 12,5 | Farb. ill. Supronyl - auch als Ln m. SU | DM 7,80 | mit einer Bauchbinde mit dem Text: 'Immer wieder reizt es erfolgreiche Schriftsteller zu erfahren, ob ihre Romane auch unter einem Pseudonym Anklang finden . . . urteilen Sie selbst! K. H. Scheer's Pseudonym Alexej Turbojew ist zu einem Begriff für die Leser utopischer Romane geworden." ]
Erscheinungsjahr: Anfang 1959.
Nun zur Besprechung bzw. Kritik:
Erst einmal eine kurze Inhaltsangabe, die etwas mehr sagt, als der Klappentext und dazu eine einleitende Bemerkung. Wer den Film „Pandorum“ kennt, der ist hier mit diesem Roman gut bedient, denn dieser könnte beinahe die Vorlage dieses Filmes gewesen sein.Der Roman ist natürlich älter.Es handelt sich um eine Entwicklungsgeschichte.
Menschen leben in einer Welt, die nur aus Innenräumen und Wänden besteht. Jeder ist seinem Deck zugeteilt und hat nur eingeschränkten Zugang zu anderen Decks. Darum weiß der Einzelne nicht viel. Deck Eins bzw. Ebene Eins ist tabu.Dort lebt die Kommandantur.Draußen ist Wasser, der endlose Ozean.
Es gibt eine Krankheit, die den Menschen innerlich und äußerlich mutieren lässt, die aber nur selten ausbricht.Die Ressourcen sind arg beschränkt.Der Ingenieur Jako Koschnina mutiert als Einziger positiv. Er entdeckt, dass die ganze Welt der Menschen nur eine Unterwasserstation ist, in die sich die Bevölkerung eines Kolonialplaneten der Erde einst geflüchtet hatte, um der genannten Seuche auf der Oberfläche des Planeten zu entgehen, welche die ganze Welt erfasst hatte und nicht nur diese. Das ganze Imperium der Menschen ist einst von dieser kosmischen Seuche beinahe ausgerottet worden, die irgendein Händler oder Prospektor von einer unbekannten Welt überall eingeschleppt hatte. Die Überlebenden gingen zur Isolation ins Wasser und vergaßen ihre Herkunft bis auf den Anführer. Das Ganze ist etwa zwei-bis dreihundert Jahre her. Nur der Anführer besaß ein wenig von einem Langlebigkeitsserum.
Koschnina aber ist jetzt auf der Flucht, draußen im Wasser und an Land, und erkundet den toten Planeten, wo es allerdings noch immer verformte Mutanten gibt. Aber er trifft andere Übermenschen, die bereits neue Städte aufbauen.Es hat sich erwiesen, dass ein geringer Prozentsatz der menschlichen Bevölkerung positiv mutiert durch die Krankheit und sich dabei in telepathische Übermenschen verwandelt.(Ein klassisches Scheer-Thema - aber auch in der internationalen SF immer wieder beliebt).
Die alten Menschenformen werden aus ihrer Unterwasserstation geholt und dürfen ihr Leben, aber nur sterilisiert, draußen zuende leben, immerhin nun mit genügend Ressourcen versorgt an Nahrung und Luft.Aber die neuen Übermenschen wollen nicht, dass der alte Menschentyp ihre Vollendung stört. Außerdem können sie sich nicht telepathisch verständigen und sind nicht intelligent genug für eine echte Eingliederung.Homo sapiens sapiens wird also abgelöst durch homo superior telepathicus.
Nun zur Kritik.
Der Roman ist eigentlich eine Entwicklungsgeschichte. Sowohl der Protagonist als auch die äußere Umgebung entfalten sich und ihre Möglichkeiten im Laufe der Geschichte immer mehr wie ein Mensch, dessen Leben sich im Laufe der Zeit erweitert vom Kinde zum Erwachsenen und der immer mehr Möglichkeiten erhält und erfährt.Ein Entdeckungsroman in der inneren, mentalen und äußeren Realwelt.Das ist spannend beschrieben und macht Spaß beim Lesen, weil der Leser mit dem Protagonisten mitfiebert, wenn dieser neue Entdeckungen macht.Eigentlich handelt es sich hierbei in gewisser Weise sogar um einen "Explorerroman".
Wer als Leser genau aufpasst, erkennt den Schreibstil von Scheer und sein Faible für das Absolute.Hier ist es eben der telepathische Übermensch, der den aufgeprägten, äußeren Zwängen entflieht.Aber auch, wenn man mit der Scheerschen Art zu schreiben, nicht vertraut ist, kann man den Roman angenehm lesen.Dafür steht ja dann eben das Pseudonym, das wohl Alexej Turgejew nachempfunden ist. Der Stil ist auch heute noch verständlich, klar verwendbar und damit auch durchaus modern. Das Buch kann ganz klar auch mit aktuellen SF-Bänden etablierter Autoren mithalten, ist also nicht veraltet.Eine Neuauflage würde nicht wegen der Konkurrenz untergehen.Handlung, Geschehen, die Umgebung des Ambientes und die Charaktere der Prota-und Antagonisten sind überzeugend dargestellt; ihre Motivationen werden klar herausgearbeitet.Das macht die Sache verständlich, auch die Nebenfiguren überzeugen in ihrer Abrundung. Eine klare Stärke des Bandes. Das Grundthema der Handlung ist auch klar und eindeutig herausgearbeitet.Es handelt sich hier um eindeutig ausgeprägte SF, die, abgesehen von zuviel Angst vor Radioaktivität, keinerlei 50er-jahre Muff versprüht, sondern auch heute noch als SF-Literaturband für sich stehen kann.
Man kann also hier locker vier von fünf Supernovas vergeben.
2020 by Holger Döring
Kommentare