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Eine grausame Geschichte - »Mit leeren Augen«

Mit leeren AugenEine grausame Geschichte
»Mit leeren Augen«

An der Ostfront irgendwo zwischen Russland und Polen bekämpfen sich im Jahr 1917 deutsche und russische Truppen. In Nähe der Front liegt ein Waisenhaus, deren Bewohner vor einiger Zeit an Typhus verstorben sind und deren verwesende Leichen überall im Haus verteilt sind. Drei Kinder haben die Ausbreitung der Krankheit überlebt und versuchen den Winter in dem Haus zu überstehen.

Mit leeren AugenMaurice ist der Anführer der Gruppe und die Geschwister Otto und Ofelia ordnen sich ihm unter. Um nicht am Hungertod zu sterben, folgen die beiden Geschwister den grausamen Anweisungen von Maurice. Sie durchstreifen das Frontgebiet und locken überlebende Soldaten in das Waisenhaus. Dort erschlägt Maurice die nichtsahnenden Männer und die drei ernähren sich von dem Fleisch der Toten.

Die beiden Geschwister haben Angst vor Maurice und ordnen sich seiner Gewalttätigkeit unter. Maurice hingegen treibt ein eigenes Spiel. Er benötigt die beiden nur so lange, bis sie ihm genug Leichen gebracht haben, damit er gut über den Winter kommt. Er plant die beiden umzubringen, wenn er ausreichend Fleisch zu essen hat.

Maurice entwickelt ein grausames Ritual. Er entnimmt den toten Soldaten die Augen und sammelt sie in Gläsern. Darüber hinaus hat er den toten Kindern des Waisenhauses und seiner Familie die Augen entfernt und sie der Sammlung hinzugefügt. Otto und Ofelia müssen nun weiter in ihren Betten in den großen Sälen schlafen, und neben ihnen die augenlosen, verwesenden Leichen ihrer Freunde.

Eines Tages entdeckt Otto die Behälter mit den Augen. Er nimmt sie mit sich und steckt die Augen der Freunde in die deren Puppen und Teddys, die in einem großen Schrank verwahrt sind. Otto bemerkt zunächst nicht, wie die Puppen zum Leben erwachen. Es sind die vom Tode auferstandenen alten Freunde.

Mit leeren AugenOtto und Ofelia begeben sich am nächsten Morgen wieder auf die Suche nach überlebenden Soldaten. Nach einem Luftkampf stürzt vor ihren Augen ein Flugzeug ab. Den überlebenden Piloten führen die beiden wie gewohnt in das Waisenhaus und Maurice will ihn töten. Otto warnt den Soldaten vor Maurice, denn der Mann ist ihm sympathisch. Dennoch gelingt es ihm, den überraschten Piloten zu töten. Maurice ist außer sich vor Wut und beschließt die Geschwister in den nächsten Tagen zu töten.

Kurze Zeit später offenbaren sich die untoten Puppen Otto. Sie versprechen ihm und seiner Schwester zu helfen.

Die Lage spitzt sich zu, als drei Soldaten das Waisenhaus erreichen. Sie sind auf der Suche nach dem Piloten, der von Maurice umgebracht wurde. Die drei erkennen, dass die Kinder sich vom Fleisch der Toten ernährt haben und versuchen sie festzusetzen. Es kommt zu einem Handgemenge, in dem die untoten Puppen Otto und Ofelia gegen Maurice und die Soldaten verteidigen. Ein Soldat setzt einen Brandwerfer ein und Maurice, die Soldaten und die Puppen kommen in den Flammen ums Leben. Beim Gefecht wurde allerdings auch Chlorgas freigesetzt, bei dem Ofelia ebenfalls ums Leben gekommen ist.

Otto ist der einzige Überlebende. Er wird von Mitarbeiterinnen einer Hilfsorganisation aufgegriffen. Bei sich hat er eine Puppe, in der die Augen Ofelias stecken.

Mit leeren AugenFazit
Autor Diego Agrimbau und Juan Manuel Tumburus erzählen eine grausame Geschichte aus den letzten Monaten des ersten Weltkrieges. Die Seeblockade der Alliierten führte zu einer Hungersnot in Deutschland. Die drei Kinder versuchen zu überleben, in dem sie vereinzelte Soldaten in das Waisenhaus locken, um sie dann zu ermorden und sich von ihrem Fleisch zu ernähren.

Als ganz besonders skrupellos erweist sich Maurice. Er scheut sich nicht, auch die beiden Geschwister umringen zu wollen, als seine Vorräte bis zum nächsten Frühling gesichert sind.

Die beiden Geschwister ordnen sich aus Angst Maurice unter. Ofelia ist dabei allerdings sehr viel praktikabler veranlagt als ihr Bruder, denn auch sie möchte den harten Winter überleben. Otto kann sich immer weniger von Maurice abgrenzen und weigert sich schließlich von den Toten zu essen.

Von den Wirren des Krieges bekommt der Leser bis auf den Luftkampf und die Soldaten wenig zu sehen. Im Finalgefecht wird zwar Chlorgas freigesetzt und der Leser bekommt eine Vorstellung über die Schrecken des Krieges zu sehen, insgesamt aber spielt sich der Schrecken der Geschichte innerhalb des Waisenhauses ab. Der Kern der Geschichte besteht in der Dynamik zwischen den drei Kindern.

Ganz besonders intensiv sind die Ängste Ottos dargestellt. Er ordnet sich Otto unter und kommt dem Verlangen von Maurice nach, ihm nicht in die Augen zu schauen. Erst als er später wagt, sich gegen Maurice aufzulehnen, schaut er ihm sprichwörtlich wieder in die Augen. Einen ersten Widerstand wagt er, als er die Augen aus den Gläsern entwendet und die passenden Augen in die Puppen ihrer ehemaligen Besitzer einsetzt. Als die Puppen zum Leben erwachen, verkriecht er sich aus Angst zuerst noch unter eine Bettdecke.

Otto ist die personifizierte kindliche, ängstliche Angst, die den harten Bedingungen des Krieges ausgesetzt ist. Er vermisst am meisten seinen Freund Momo, von dem der Leser zuerst vermutet, dass er einer der verwesenden Kinder in dem Waisenhaus ist. Tatsächlich ist Momo aber sein Teddy, den Maurice ihm weggenommen und versteckt hat. Die untoten Puppen führen ihren Erschaffer Otto zu seinem Teddy und erlangen so sein Vertrauen.

Die Zeichnungen sind sehr düster und könnten einem Tim Burton Film oder einem Märchen entsprungen sein. Die Farben wirken, als wären sie mit einem Pinsel aufgetragen. Einige Szenen haben einen hohen Splatterfaktor, die in Kombination mit den märchenhaften Zeichnungen einen ganz eigenen Kontrast bilden. Ganz besonders gruselig ist die Darstellung der Puppen. Bereits in den ersten Szenen wirken ihre weißen, maske-ähnlichen und starren Gesichter unheimlich und bedrohlich. Nachdem Otto ihnen die Augen eingesetzt hat ist der Horror perfekt und sie wirken wie kleine Zombies, nur mit dem Unterschied, dass sie den Helden der Geschichte unterstützen und nicht die Gegenspieler.

Eine schöne kleine Horrorgeschichte mit einem auf den Punkt gebrachten Setting.

Mit leeren Augen

Autor: Diego Arimbau
Zeichnungen: Juan Manuel Tumburus

Erschienen: März 2023
Preis: 19,80€
Splitter Verlag

Kommentare  

#1 Laurin 2023-04-06 01:12
Hört sich richtig interessant an und die Zeichnungen sind wie hier zu sehen, auch sehr gut gelungen. Werde ich also mal gleich bestellen und meiner Comic-Sammlung einverleiben. ;-)
#2 Ganthet 2023-04-06 20:42
Die Zeichnungen sind wirklich sehr schön. Ich hatte den Band quasi blind bestellt, da ich nur die Vorankündigung gelesen hatte und war sehr positiv überrascht. Viel Spaß beim Lesen.

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