Historisches, Zeitgenössisches und mehr - Hammerharte Horror Schocker 27
Historisches, Zeitgenössisches und mehr
Hammerharte Horror Schocker 27
Der Hexenrichter (12 Seiten)
Hermann Cothmann ist im Jahr 1682 der Bürgermeister der Stadt Lemgo und für zahlreiche Hexenverbrennungen verantwortlich. Die herausgepressten Geständnisse der Angeklagten nutzt er dazu, um weiteren Personen einen Hexenprozess machen zu können. Insgeheim glaubt Cothmann nicht an übernatürliche Kräfte. Er treibt die Prozesse lediglich dazu voran, um sich den Besitz der Verurteilten anzueignen.
Seiner Frau gegenüber gebart er sich wie ein regelrechter Tyrann. Er ist ihrer überdrüssig und da kommt ihm das neue Hausmädchen Maria gerade recht. Er fängt eine heimliche Affäre mit ihr an. Die junge Frau hat einen positiven Einfluss auf ihn und seine Entscheidungen fallen milder aus, was zur Folge hat, dass weniger Menschen auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden.
Die Einwohner Lemgos werden misstrauisch und vermuten Maria der Hexerei. Sie klagen die schöne Frau an. Nun muss Cothmann ihr den Prozess machen und zum allgemeinen Erstaunen räumt sie ein, mit den finsteren Mächten im Bunde zu stehen.
Darüber hinaus beschuldigt sie Cothmann, dass er sie in den dunklen Ritualen unterrichtet habe.
Cothmann und Maria werden beide zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Im Angesicht des nahenden Todes verrät Maria ihre Beweggründe. Sie hatte ihren geliebten Ehemann rächen wollen, den Cothmann vor einiger Zeit auf dem Scheiterhaufen verbrennen lies.
Luisa Preissler ist eine Illustratorin und fertigt Cover für Bücher aus dem Bastei Verlag, Heyne und anderen Verlagen an. Der vorliegende Comic ist ihre Bachelorarbeit, den sie für den Studiengang Medienproduktion der Hochschule Lemgo angefertigt hat.
Sie verarbeitet historische Fakten in der Geschichte, denn Hermann Cothmann, den Hexenbürgermeister von Lemgo, hat es wirklich gegeben. Das Wohnhaus Cothmanns ist noch heute erhalten und dient der Stadt als Museum und im sogenannten Hexenbürgermeisterhaus befindet sich eine Ausstellung zum Thema Hexenverfolgungen. Levin Kurio hat einen Begleittext zu den historischen Ereignissen geschrieben, der direkt auf die Geschichte folgt.
Die Bachelorarbeit wurde zwar mit der Note 1,0 bewertet, aber trotzdem bezeichnete der Kulturausschuss der Stadt Lemgo den Comic als „frauenfeindlich und schlecht recherchiert“. Natürlich hat sich Luisa Preissler einige künstlerische Freiheiten genommen, um eine Gruselgeschichte zu erzählen. Es ist eben ein Unterschied, ob eine historisch-fundierte Geschichte erzählt wird, oder ob historische Fakten in eine Erzählung eingewoben werden. In der örtlichen Presse entstand daraufhin eine lebhafte Diskussion, in der auch Kritik am Kulturausschuss der Stadt geübt wurde. Aber wie heißt es so schön: Auch schlechte Presse, ist gute Presse. Levin Kurio bezeichnet die Story als die erfolgreichste jener Jahre. Es gab sogar kurzfristig Bemühungen die Geschichte zu verfilmen, was aber wieder verworfen wurde.
Preissler liefert eine gut strukturierte Geschichte mit starken Bildern ab. Es existiert eine klare Panelaufteilung, die den Fortgang der Handlung voranbringt. Bis auf die Nennung der Jahreszahl besteht kein narrativer Text. Die Handlung ergibt sich aus den Dialogen der Figuren. Dadurch erhält die Geschichte einen schönen Flow und der Leser kann sich ganz auf die Entwicklung der Geschichte einlassen. Es ist ohnehin sehr viel schwieriger eine Comicgeschichte zu schreiben, die ausschließlich aus Dialogen besteht. Manche Autoren bedienen sich ausschweifender Narrativer Texte. So können zwar viele Informationen untergebracht werden, was aber den Lesefluss hemmen kann. Preissler löst ihre Aufgabe als Texterin sehr gut. Sie baut alle erforderlichen Informationen ein und behält den Flow der Geschichte im Auge.
Die Farben bestehen aus einer auffälligen Computerkolorierung, was den einen oder anderen klassischen Comicleser abschrecken könnte. Kann sich der Leser darauf einlassen, kann er vor allem in den Verbrennungsszenen schön kolorierte Bilder betrachten. Die lodernden Feuer, die in rot- und gelbtönen ein schönes Licht- und Schattenspiel entfachen, sind schon ein Eyecatcher.
Inhaltlich kommt der Twist sehr überraschend. Der Leser folgt der Entwicklung und vermutet Cothmann als denjenigen, der die Zügel in der Beziehung zu Maria in der Hand hat. Dabei sinnt sie nur auf Rache für ihren von Cothmann ermordeten Ehemann. Erst im lodernden Feuer auf dem Scheiterhaufen offenbart sie sich ihm.
Krogans Buch(7 Seiten)
In einer weit entfernten Zukunft hat sich die Menschheit auf ein steinzeitliches Niveau zurückentwickelt. Der alte Gulbur und sein Schüler Krogan versuchen Bruchstücke des Wissens der Alten zu bewahren.
In einigen Gebieten befinden sich zahlreiche Artefakte aus der vergangenen Zeit. Krogan durchsucht eines der Areale, das von seinem Stamm zur verbotenen Zone erklärt ist. Er wird von einem sonderbaren Tier verfolgt, dass das Interesse Gulburs und Krogans weckt. Der Stammesführer lehnt eine Untersuchung der Zone ab und Gulbur entschließt sich, allein dorthin zu gehen. Er erhofft sich Bücher zu finden, in denen das Wissen der Alten aufgeschrieben ist. Gulbur bleibt daraufhin verschwunden und Krogan nimmt seinen Platz als Bewahrer des Wissens im Stamm ein.
Monate später stürmt ein Monster auf das Dorf zu und wird von dem Kriegern getötet. Krogan erkennt, dass dieses Monster einmal Gulbur war. Bei sich hat er ein ersehntes Buch. Krogan versucht mit seinen rudimentären Kenntnissen das Buch zu lesen. Allerdings findet er nur eine Anleitung, die auffordert, den Ebook-Reader vor Nutzung aufzuladen.
Levin Kurio schreibt und zeichnet diese Geschichte, die dem Leser die Verhältnisse unserer Zeit aus einer anderen Perspektive lustig darstellt.
Der Alltag ist geprägt durch Dinge, die wir manchmal als selbstverständlich hinnehmen. Eine Außenperspektive ist hilfreich, diese Dinge mehr ins Auge zu fassen. Der Leser begleitet Krogan in einer zukünftigen Welt, der zum Ende auf ein ersehntes Buch stößt, in der Hoffnung, dort wertvolle Informationen von den Alten zu finden. Nur leider handelt es sich hier nicht um ein gewöhnliches Buch aus Papier, sondern um einen Ebook-Reader. Der dürfte daher nutzlos sein, zumal Krogan den Nutzen von Energie kaum kennen dürfte. Ein althergebrachtes Buch hätte ihm hier weitergeholfen.
Ebooks werden in der heutigen Zeit kontrovers diskutiert; auch im Zauberspiegel taucht dieses Diskussion hin und wieder auf. Ebooks mögen als die modernere Variante eines Buches gelten, aber vielleicht ist doch auch mal die klassische Form angebracht, wie der Leser in der vorliegenden Geschichte erkennen kann. Gulbur kehrt als ein verändertes Monster zurück. Daher ist davon auszugehen, dass das Tier, welches Krogan zu Beginn der Geschichte verfolgt, ebenfalls eine Mutation ist. Der Twist der Geschichte konzentriert sich allein auf den Ebook-Reader. Wie es zu den Mutationen kommt, wird nicht weiter thematisiert.
Muskelmasse(5 Seiten)
Mannfred Prollowski ist Bodybuilder und hat in den letzten 20 Jahren viele Meisterschaften gewonnen. Nun nagt der Zahn der Zeit an ihm und es wird zunehmend schwieriger, an die alte Form anzuknüpfen. Da bietet ihm ein Freund ein Anabolikum an, das schon russischen Athleten im kalten Krieg zu Siegen bei der Olympiade verholfen hat.
Mannfred greift zu und nutzt das Präperat in Kombination mit den legalen Mitteln, die er sowieso schon einnimmt. Innerhalb kürzester Zeit macht er unheimliche Fortschritte und erreicht die Form seines Lebens. Bei der nächsten Meisterschaft betritt er die Bühne, im vollen Wissen um seine überlege Form und des Sieges des Wettkampfes.
Er beginnt mit dem Posing und sein Körper beginnt sich zu verändern. Die Kombination der Präparate und seines in die Höhe schießendes Adrenalin bewirken ein rapides Wachstum seiner Muskeln in Sekundenschnelle. Wenig später liegt er mit grotesk verwachsenen Muskeln tot auf der Bühne.
The Lep erzählt und zeichnet die Geschichte über einen Bodybuilder, der mit Hilfe des Einsatzes von Anabolika zu alter Form zurückgelangen will. Die Farben sind von Levin Kurio.
Bodybuilder und Anabolika bilden seit jeher eine unheilvolle Allianz. Aber auch in anderen Sportarten sind im Profibereich Anabolika und Doping kaum wegzudenken. Allein bei der Tour de France dürfte es in den letzten 30 Jahren kaum einen Sieger geben, der nicht des Dopings überführt wurde. Die Aussicht auf einen Sieg, verbunden mit dem Wunsch nach Prestige und Werbeverträgen, verleitet die Sportler zur Einnahme der gefährlichen Substanzen. Viele der Sportler haben später mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Aber nicht nur im Profisport sind leistungsfördernde Subtanzen ein Problem. Längst sind konzentrationssteigernde Mittel und Wachmacher in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Der Leistungs- und Konkurrenzdruck ist hoch und die Einnahme der Mittel verführerisch. Es beginnt bereits in Universitäten und weitet sich auf das Arbeitsleben aus. Anders ist es kaum erklärbar, wie jemand einen Achtstundenarbeitstag bewältigen kann und im Anschluss noch Höchstleistungen in einem berufsbegleitenden Studiengang erbringen kann.
The Lep beschreibt mit seiner kleinen Groteske genau dieses Phänomen. Mannfred ist ein in die Jahre gekommener Bodybuilder, der nicht akzeptieren kann, dass der Körper nicht endlos leistungsfähig ist. Mit der Einnahme der Anabolika setzt er seine Gesundheit aufs Spiel und stirbt daran. Die Geschichte ist wunderbar überzeichnet und schält den Kern der Geschichte heraus. Die lustig überdrehten Zeichnungen untermalen den überdrehten Plot, bis er mit dem Tod Mannfreds auf der Bühne seinen Höhepunkt erreicht.
The Lep verballhornt die Charaktere mit ihren Namen. „Mannfred Prollowski“ vereint gleich zwei Anspielungen. Ein amerikanischer Reporter stellt sich mit Lou Ferrington vor, eine Anspielung auf den amerikanischen Bodybuilder und Hulk-Darsteller Lou Ferringo.
Eiskalte Bescherung (3 Seiten)
Lou ist ein Gauner, der die besinnliche Weihnachtszeit für Raubüberfälle nutzt. Er verkleidet sich als Weihnachtsmann und gibt sich als Spendensammler der Obdachlosenhilfe aus. Manches Mal wird er in ein Haus gebeten und kann sich so ungehindert Zutritt verschaffen. Er kann in Ruhe seine Waffe ziehen, die Hausbewohner fesseln und dann seinen Diebeszug durch die Räume starten.
Auch in diesem Jahr bittet ihn ein Paar herein und bietet ihm ein heißes Getränk an. In dem Trunk befindet sich allerdings ein Betäubungsmittel, dass Lou außer Gefecht setzt. Die beiden ermorden Obdachlose und bauen sie in die Schneemänner in ihrem Vorgarten ein. Lou wird kurz darauf den bereits ermordeten Obdachlosen im Vorgarten Gesellschaft leisten.
Kolja Schäfer präsentiert zum Abschluss dieser Ausgabe auf einem kurzen 3-Seiter als Autor und Zeichner eine Story über einen verhinderten Überfall.
Das Paar sind zwei Serienkiller, die es auf Obdachlose abgehen haben. Lou ist ein Dieb, der sich in jedem Jahr zur Weihnachtszeit der gleichen Masche bedient und sich in der Verkleidung eines Weihnachtsmannes Zutritt zum Haus seiner Opfer verschafft. Nur leider ist er dieses Mal an die falschen geraten, denn das Paar dreht den Spieß um und macht ihn zum Opfer: Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.
Die Zeichnungen von Kolja Schäfer sind wieder außerordentlich gut gelungen. Sein Zeichenstil hat immer etwas märchenhaftes mit einem Einschuss groteskes. Das passt ziemlich gut zu dieser Geschichte, die die weihnachtliche Winterzeit einfängt, die Charaktere aber trotzdem schön schräg erscheinen lässt. Die Farben sind bei Schäfer immer sehr kräftig und wunderbar anzuschauen. Das verleiht ihnen etwas bilderbuchhaftes.
Hammerharte Horror Schocker 27