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Die Terranauten - Revolte auf Luna (Band 10)

Die  Terranauten Revolte auf Luna
Band 10 von Robert Quint (= Rainer Zubeil)

Llewellyn 709, Ishmail Tout (= David terGorden), Angila Fraim und Sirdina Giccomo werden nach Luna in die Internierungszone gebracht. Sie treffen dort wieder auf Scanner Cloud, den sie noch aus den Toten Räumen Berlins her kennen.

Max von Valdec bereitet Cosmoral Evita Jaschini darauf vor, dass die Lunaren Internierungslager im kommenden Jahr etwa 10000 Verurteilte zusätzlich aufnehmen müssen.

 

Die Stunde des RiemenmannsScanner Cloud, der Psyter, vertraut Llewellyn und David an, schon seit längerem einen Ausbruch vorzubereiten, weswegen er dem Riemenmann auch vom Ausbruch aus den Toten Räumen abgeraten hatte. Denn er war bereits vor seinem Aufenthalt in Berlin drei Jahre lang auf Luna inhaftiert gewesen, wurde jedoch auf seinen Beschluss hin verlegt - um Treiber zum Mond zu holen. Er konnte dies planen, denn er besaß Hilfe: Die Macht der Liebe, die Sonderbegabung eines jeden Psyters. Und vor der Liebe zu ihm war auch Evita Jaschini nicht gefeit.

Eine der Inhaftierten, Leande, kann mit den alten Computer des stillgelegten Bergwerks umgehen, doch ihre Seele zerbrach bei einem Verhör durch die Grauen. Sie wurde geisteskrank, hat jegliches Realitätsbewußtsein verloren und sich in eine private Wirklichkeit zurückgezogen.

Scanner Cloud hofft, dass die Treiber sie heilen können - und Llewellyn gelingt es tatsächlich.

Leande lässt die Maschinen des stillgelegten Bergwerks wieder anlaufen, mit dem Bergwerkscomputer übernimmt sie die Kontrolle über den Gefängnistrakt. Die Gefangenen in diesem Sektor brechen aus. Sie stürmen jedoch nicht den Raumhafen, sondern versuchen die MIDAS, ein Versuchsschiff außerhalb des Lunaports, zu erobern.

Cosmoral Jaschini kann in dem Chaos Kontakt zu Max von Valdec herstellen, berichtet ihm von ihren Befürchtungen, dass die MIDAS das Ziel der Häftlinge ist. Er reagiert überraschend: Das geplante und noch nicht vom Konzil genehmigte Experiment mit der MIDAS wird quasi in seinem Sinne von den Ausbrechenden durchgeführt.

Scanner Clouds Plan funktioniert - die MIDAS wird übernommen, die Flucht vom Mond gelingt. Queen Martha fliegt mit einer kleinen Flotte von sechs Ringos Luna an. Weltraum II ist die letzte Möglichkeit, doch die MIDAS ist kein Treiberschiff. Sie wird durch Kaiserkraft angetrieben!

David terGorden warnt die anderen davor, das Kaiserkrafttriebwerk anzuwenden; kann sie aber nicht überzeugen. Mit einem Diskusbeiboot verlässt er die MIDAS, noch bevor die neue Technik zum ersten Mal eingesetzt wird.

Die Ringos der Grauen schließen immer weiter zur MIDAS auf, zwingen die Flüchtenden, den Kaiserkraftantrieb anzuwenden. Es kommt zur Katastrophe: Der Eintritt nach Weltraum II gelingt, doch die Schmerzen für alle sind unwahrscheinlich groß. Und keiner hat mehr die Kraft, den rettenden Hebel zu betätigen...

Obwohl die Instrumente der Ringos Unregelmäßigkeiten angezeigt haben und Queen Martha das Experiment mit der Kaiserkraft als gescheitert ansieht, weigert Max von Valdec sich, dies zu akzeptieren. Er will das Experiment unter besseren Bedingungen so schnell wie möglich mit einem zweiten Prototyp wiederholen lassen.

Robert Quint (Rainer Zubeil)Der 10. Band der Serie unterscheidet sich deutlich von den bisherigen: Diesmal agieren nicht in erster Linie die Stammcharaktere, sondern es überwiegen die (z.T. bereits in Band 9) neu eingeführten Figuren. Llewellyn und David werden bei der geplanten Flucht mitgezogen, dürfen bei der Befreiung von Leandes Geist helfen - mehr jedoch nicht.

Eine interessante Vorgehensweise, überraschend auch, weil es sich hier um den zweiten von vier aufeinander folgenden Robert-Quint-Romanen handelt und ich eigentlich einen durchgehenden erzählerischen Bogen erwartet hätte und dann doch für sich alleine stehende Romane vorgefunden habe.

Die neueingeführten Charaktere Scanner Cloud (aus Band 9), Morgenstern und Leande überzeugen; Cosmoral Jaschini hingegen ist nicht so geglückt: Wenn das Konzil von den besonderen Fähigkeiten der Psyter wusste, warum konnte sie sich nicht schützen und verfällt Scanner Cloud so sehr? Und musste diese Fähigkeit genau nach dem Roman eingeführt werden, wo bereits David terGordens Einflussmöglichkeit auf die Grauen definiert wurde? Durchaus schön erzählt, die dahinter stehende Naivität und Blindheit der Figur verleidet dem Leser jedoch diese Idee.

Insgesamt ist die rückwirkende Erklärung, dass Scanner Cloud seinen Aufenthalt in den Toten Räumen selbst geplant und durchgesetzt hat, wenig überzeugend und trivial - dies fällt um so mehr auf, weil der Roman als Ganzes wieder ein wirklich sehr guter Roman ist, der zweifelsohne auch als Taschenbuch seine Leser gefunden hätte und wohl auch als Neuauflage im Mohlberg-Verlag glänzend dastehen wird.

Das Internierungslager auf Luna wird vom Autor sehr komplex geschildert, der neue Handlungsort gewährt Robert Quint alle Möglichkeiten, die er zu nutzen weiß. Dass bereits so schnell nach Band 9 erneut ein Kerker gezeichnet wird, mag man als Wiederholung empfinden, doch das Geschehen ist in sich stimmig und logisch aufgebaut, so dass ich es eher als Stärkung der Serienkontinuität werten möchte.

Die Gesetzmäßigkeiten der Serie werden allerdings in einem anderen Punkt erneut gebrochen: Mit dem Hinweis auf Astos, einem mittlerweile in der Gefangenschaft verstorbenen Treiber, wird das Logenprinzip (sieben bis vierzehn Treiber bilden eine Loge) erneut unterwandert: Wurden bereits mehrmals im Handlungsverlauf eigentlich unmögliche Großlogen gebildet, durfte Astos die SAPHYR alleine im Weltraum II bewegen...

Keine Regel ohne Ausnahme, und das Universum der Terranauten ist komplexer als jede Gesetzmäßigkeit. Schade, dass diese Möglichkeit nur in einem kurzen Absatz erwähnt wurde.

Der Ausbruch selbst (quasi die 2. Romanhälfte) ist durchgehend spannend: Der Ausbruchsplan Scanner Clouds steht, die einzige noch vorhandene Hürde in Form von Leande wird bezwungen. Robert Quint versteht es, Action zu schildern, ohne dabei die Figuren zu vernachlässigen.

Dass die Treiber (und die Leser) dann mit dem Kaiserkraftantrieb der MIDAS überrascht werden, wurde gut vorbereitet - wenn auch nur in diesem Roman. Der Fluch der Serie: Sehr oft wurde das Geschehen der letzten Bände aus der Sicht Max von Valdecs geschildert, und nie wurde die MIDAS erwähnt...

Ein Manko, dass in zweifacher Hinsicht erneut angesprochen werden muss, sind die fehlenden Zeitangaben. Der Roman ist zeitlich nicht zu den Vorgängerbänden einzuordnen, und auch die verstreichende Zeit der einzelnen Handlungsstränge während des Romans lässt viele Interpretationen zu. Hier hat die große Konkurrenz eindeutig die Nase bei allen Zyklen vorn!
 "Vielleicht", flüsterte Tout alias David zurück, "sind nicht wir zu bedauern, sondern der Psyter."
 Morgenstern zwinkerte irritiert. "Wie kommen Sie darauf?"
 "Es ist eine große Verantwortung. Vielleicht zu groß. Die Liebe ist die stärkste Triebkraft des Menschen. Glauben Sie nicht, dass es sehr schwer ist, alle Hoffnungen derjenigen zu erfüllen, denen man die Liebe gegeben hat?"
 Der kleine Mann kratzte sich am Kinn. "Ich habe mir darüber noch keine Gedanken gemacht", gestand er fast mürrisch.

 (Die Terranauten Band 10: Seite 36 Spalte 1)
Fazit: Kurz und prägnant: Wieder ein hervorragender Roman.
 

Kommentare  

#1 Des Orphan 2010-08-18 17:09
Um es gleich vorweg zunehmen: bei Band 10 handelt es sich überwiegend um einen reinen Action-Roman, was zu diesem Zeitpunkt aber sehr unterhaltsam zu lesen ist.
Als Autor zeichnet wiederum der überragende Robert Quint, alias Thomas Ziegler.
Ziegler kann in diesem Roman all seine Stärken ausspielen. Die Mondkerker mit seiner gesellschaftlich mutierten Pseudo- Hirarchie, farbenbunte Charaktere und das in den vordergrund gestellte emotionalisierte Handeln aller Akteure. All dies zusammen mit einer gehörigen Portion Action ergibt einen verspielten, aber in jeder Phase unterhaltsamen Roman.
Was mir immer wieder bei Ziegler auffällt, sind seine mit einer knappen Leichtigkeit kreierten Figuren. Das hat schon fast Dickensche Qualitäten. Allein die Namen haben schon soviel Atmosphäre: Scanner Cloud, Teschnapur, Morgenstern, Leande und, und und...
Völlig ungehemmt reißt Ziegler seine Leser mit in die klaustrophobische Düsternis der Mondkerker und spinnt hier eine Ausbruchsstory par exelance.
Aus Scanner Cloud, den wir bereits aus dem vorhergehenden Heft kennen wird dann mal eben einer der letzten Überlebenden der Rasse der Psyter, die die Fähigkeit besitzen, dass die Menschen sie förmlich lieben müssen. Und diese Fähigkeit wendet er dann auch an der Cosmoralin Evita Jaschini, der grauen Oberbefehlshaberin der Mondkerker, an.
Ein junges verwirrtes Mädchen, psychisch krankgemacht durch die Verhöre der Grauen Garden, entpuppt sich als Dreh- und Angelpunkt zur Fluchtmöglichkeit, denn früher einmal war sie Computerexpertin und diese Fähigkeit wird nun gebraucht, um den Überwachungscomputer der Mondkerker mit Hilfe des alten Bergwerkrechners außer Gefecht zu setzten.
Es sind vor allem diese Konstellationen, die die Ziegler- Romane zu etwas besonderem machen.
Nicht die Technik wird hier zum Pseudo- Hauptdarsteller, sondern es bleiben stets die Menschen. Und deren Leidenschaften, Träume und Motivationen bleiben für den Leser zu jeder Zeit nachvollziehbar.
Ansonsten ist natürlich auch der sehr klare, inhaltlich geschlossene und mit allerlei verdeutlichenden Metaphern angereicherte Schreibstil des Autors dafür verantwortlich, dass sich Zieglers Romane als wesentlich fesselnder erweisen, als jene Serienbeiträge, die streckenweise ihre Motivation zu verlieren
scheinen (siehe Band 2,5 u. 8 ).
Für mich ist Band 10 ein würdiger und vor allem auch atmosphärisch passender Nachfolger zu dem
erstklassigen Band 9.

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