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Vampire pflastern seinen Weg - Einleitung - Bemerkungen über den Starautor im Heftroman

Vampire pflastern sein Weg Hugh Walker's Horror-Romane
Bemerkungen über den Starautor
im Heftroman
im Allgemeinen ...
... und im Horrorheftroman im Besonderen
Was macht einen Heftromanautor zum Star?
Das ist eine diffizilere Frage, als man auf den ersten Blick annehmen möchte. Die Gleichung: Viele verkaufte Romane = Star funktioniert nur bedingt. Denn oft verbergen sich diese Autoren hinter Sammelpseudonymen. Denn wo soll man die Grenze zwischen einem beliebten und gern gelesenen Autor und einem Star unter eben diesen beliebten Autoren ziehen? Wer ist ein Star, wer ein beliebter Autor?

 

U. H. WilkenMan kann also nicht einfach sagen, jeder Heftromanautor, dessen Romane in hoher Auflage verkauft werden, sei ein Star, oder Autoren einer gut verkauften Serie oder Reihe seien Stars. Dazu gehört mehr. Mehr, als nur Leser.

Sicherlich spielt der kommerzielle Erfolg der Romane eine Rolle, aber nicht nur der, denn zudem muss der Name (oder das persönliche Pseudonym) den Lesern ein Begriff sein. Somit scheidet ein Autor, der ausschließlich für »Jerry Cotton« schreibt, als Star-Heftautor/in aus, denn sein/ihr Name beziehungsweise sein/ihr Pseudonym wird (in der Regel) nicht bekannt, weil Jerry Cotton seine Erlebnisse selbst niederschreibt. Nichts anderes will der Verlag seinen Lesern seit den Fünfzigerjahren weismachen.

Aber auch so beliebte Autoren wie G. F. Unger (1921 - 2005) und U. H. Wilken (1937 - 2001), beide Westernautoren, oder Gisela de Fries (1941 - 1995), die insbesondere durch Frauenromane (aber auch ein bisschen SF und auch ein bisschen Horror schrieb) bekannt wurde, sind nicht automatisch Stars, denn auch ihnen fehlen noch zwei entscheidende Dinge: Da ist zum Ersten das Forum der Leserbriefseite, das es (über die bloße Lektüre der Romane hinaus interessierten) Lesern bzw. (insbesondere) den Fans ermöglicht, diesen oder jenen Autoren auf den Schild zu heben und damit zum Star zu machen. Zum Zweiten das, was aus diesem Forum zumeist folgt: organisierte Fans und ihr Fandom, das Starautoren dann auch pflegt und über diese in Fanzines berichtet. Zuletzt muss dieser Star auch noch Interesse daran haben, sich mit diesen Fans zu beschäftigen und so die Berichterstattung erst möglich zu machen. Mancher hat verpasst, ein Star zu werden, indem er sich hinter seinem Pseudonym verschanzte und den Kontakt verweigerte oder ihn nicht intensiv suchte. Richard Wunderer (1947 - 2009) ist ein solcher Fall. Der herausragende Autor (als Andrew Hathaway) beim »Geister-Krimi« und zusammen mit seinem zeitweiligen Lebensgefährten M. R. Heinze als M. R. Richards bei »Monstrula« (ebenfalls Kelter) war da eher zurückhaltend.  

Wenn das Fandom erst einmal existiert, können auch Autoren von kommerziell weniger erfolgreichen Serien zu Stars werden (wenn auch nur für eine überschaubare Anzahl von Leuten). Aber der Rummel ist bzw. war oft schon beeindruckend ...

Jürgen grasmück aka Dan Shocker Im Bereich des Horrorheftromans sind folgende Starautoren zu nennen: Helmut Rellergerd (Jason Dark) und seine Serie »Geisterjäger John Sinclair«, der leider 2007 verstorbene Jürgen Grasmück aka Dan Shocker mit seinen dahingegangenen (aber bei Fans nicht vergessenen) Serien »Larry Brent« und »Macabros«, A. F. Morland (Fritz Tenkrat) und sein ebenfalls (am Kiosk) verschwundener »Tony Ballard«, Werner Kurt Giesa (1954 - 2008), lange Zeit als Robert Lamont tätig, und sein »Professor Zamorra«, die Troika Ernst Vlcek (1941 - 2008), Neal Davenport (Kurt Luif) und Earl Warren mit ihrem »Dämonenkiller«, Wolfgang 'Robert Craven' Hohlbein mit dem »Hexer« und vielleicht mit noch einigen anderen (auch) Hugh Walker.

Diese Aufzählung zeigt, dass der Name Hugh Walker im Grunde ein Fremdkörper ist. Hinter ihm fehlt die Nennung einer Serie. Hugh Walker ist einer der wenigen Autoren im Rahmen des Horrorheftromans, der kein bestimmender Autor einer Serie war, der seinen Namen nicht jede Woche oder alle vierzehn Tage am Kiosk den Lesern ins Gedächtnis ruft. Im Gegenteil: Seine Bibliografie, inklusive aller Storys, Fantasy-, SF-Romane und Neuauflagen lässt sich auf einem einzigen Faltblatt unterbringen, während die Stars selten weniger als 300 Romane verfasst haben, eher noch mehr. Ein Jason Dark mehr als 2000. Hugh Walkers Bibliografie ist dagegen richtig übersichtlich, fast wie der Hauptgang eines Menüs der ›Nouvelle Cuisine‹, während die anderen einem ›All you can read‹-Imbiss entsprungen zu sein scheinen (was die Quantität angeht).
 
Dazu ist zu bemerken, dass zu Beginn der Achtzigerjahre, als das Horrorfandom sich zu formieren begann, der Heftroman den Horror noch dominierte. Es gab sie zwar schon, die Taschenbücher, die klassischen und modernen Texte, aber die Dominanz des Heftes war eindeutig. Es war preiswert in jedem Ort zu beschaffen. Es gab ein rundes Dutzend Serien und Reihen (mit ihren Subserien) in hohen Auflagen. All das trug dazu bei, den Heftroman zur Säule des Fandoms und damit der ›Starautoren‹ zu machen.

Aber die Dominanz begann schon zu bröckeln. Zum einen gab es die Zombie- und Brutalofilmwelle, mit deren Darstellungen der voll unter der Knute des Jugendschutzes stehende Heftroman einfach nicht mithalten konnte. Zum anderen etablierte Bastei-Lübbe gerade unter erheblichen Aufwand Stephen King, in dessen Gefolge gute und weniger gute Horrortexte mehr Aufmerksamkeit erhielten. Die vorwiegend anglo-amerikanischen Texte waren nicht mit den Beschränkungen des Heftromans behaftet, weder in jugendschützerischer noch in literarischer Hinsicht, so dass das Horrorheft sich heutzutage sehr schwer tut. Bis in die Mitte der Neunziger hinein boomte das Genre an sich (auch in gedruckter Form). Und letzten Endes profitierte doch auch wieder das Heft davon, denn es war preiswert (reproduzierte aber längst nicht mehr die aktuellen Erfolgsmuster des Genres, denn da war der Jugendschutz vor). Aber die Form dieser im Taschenbuch und Paperback (manchmal gar im Hardcover) erscheinenden Romane konnte das Heft auch nicht wiedergeben. Der deutsche Heftheld passte nicht ins Konzept und die Brutalität konnte der Heftroman nicht wiedergeben.
 
Brent weeksDer Boom reichte so weit, dass aus Thrillern ob der besseren Verkäuflichkeit ›Horror-Thriller‹ wurden. Der US-Autor Brent Weeks nannte dieses Phänomen in einem Interview (deutsch / englisch) mit dem Zauberspiegel »The glut in the 80's«.

Inzwischen tut sich der Horror (in gedruckter Form) schwer als massenverkäufliches Genre. Horror ist inzwischen in das Ghetto der Kleinverlage abgewandert und läuft dort im Schatten der Fantasy auf der einen und des Thrillers auf der anderen Seite. Oder aber der Horror läuft bei größeren Verlagen gleich als ›Dark-‹ oder ›Urban-Fantasy‹ oder Thriller. Die Glanzzeiten sind eben vorbei. Der Horror ist zum ›Nachtschattengewächs‹ des Fantastischen geworden.

Dieses ›Biotop‹ der Kleinverlage für (noch lesende) Genreliebhaber, Fans und Sammler bringt dabei ein breites Spektrum. Das reicht vom harten Horror, dessen Inhalt die Gewalt ist (und die kommt eben besser im bewegten Bild) bis hin zu Neuauflagen, Ergänzungen und Fortführungen von Heftromanserien. Hier sprießt der Horror in Klein- und Kleinstauflagen und gedeiht in gewisser Form auch noch. Aber von seinen Glanzzeiten ist er weit, weit entfernt, und es steht zu bezweifeln, dass das Genre noch einmal an diese Glanzzeiten wird anknüpfen können. Einer der wenigen Ausnahmen für den Horror als Bestseller in den Buchhandlungen ist Stephen King. Aber da verkauft sich wohl eher der Name, als das Genre.

Aber zu Beginn der Achtzigerjahre dominierte noch das Heft und hier eben die Serie mit Held. Das hatte zur Folge, dass die Starautoren fast ausschließlich Serien schrieben. Serien sind sowohl bei den Lesern als auch den Autoren beliebt. Für die Autoren ist es schlicht und ergreifend einfacher, eine Serie zu schreiben. Fritz Tenkrat (A. F. Morland) sagte es ganz klar:
Es war aber schwer mit jedem Roman eine neue Figur zu schaffen. Und er kann auch nicht immer dieselben Waffen haben. Dadurch ist der Autor gezwungen, immer etwas Neues zu erfinden. Dann kommt auch noch der Gewöhnungseffekt hinzu. Der Leser kann sich besser an eine immer wiederkehrende Figur gewöhnen. (2)
Damit ist klar, warum die Serie bei beiden Seiten so beliebt ist (nicht nur die liebe Serie und der Autor hat sein Gerüst, sondern auch der Heftromanleser). Wie Horrorheftserien(helden) konstruiert werden können, habe ich unter dem Titel »Es ist doch alles SO einfach ...!?« aufgezeigt. Diese Artikelserie hat seinen Ursprung in folgendem Ausspruch:
Eine Horrorserie wie John Sinclair oder Tony Ballard kann ich zwischen zwei Schluck Kaffee erfinden. (3)
Somit waren die Fans einigermaßen sicher im Griff des Heftromans und seiner Autoren. Ein weiterer Grund für die beherrschende Position des Heftromans beziehungsweise dessen Autoren im Fandom war, dass die Verfasser greifbar waren; was von den Klassikern und den modernen Anglo-Amerikanern nicht behauptet werden kann.

Manche Fans, auch solche, die große Clubs leiteten, wussten nicht einmal, wo Horror — insbesondere der klassische — noch publiziert wurde.

Vampire unter unsAuf Cons des Horrorfandoms wurde Hugh Walker noch nie gesehen. Und dennoch fiel sein Name immer wieder in Gesprächen auf Cons, wenn Horrorfans sich über Heftromane unterhielten. Hugh Walker war ein Synonym für den guten Einzelroman, den es aber zu Beginn der Achtziger kaum noch als Heft gab. Es erschienen fast ausschließlich Serien und Subserien.

Trotzdem galt der Name Hugh Walker als Star. Er ist eine der seltenen Ausnahmen von der Regel, ein Verfasser von Einzelromanen und Miniserien mit einem einzigen Serienbeitrag zum Dämonenkiller (und der noch mit einem speziell angefertigten und auf Walker zugeschnittenen Exposé). Und 1990, mit Start von »Dämonen-Land« (einer Nachdruckreihe mit Höhepunkten des Horrorheftromans) bei Bastei, wurde Hugh Walker dann nicht nur unter der Hand zum Star, wie die Leserbriefe zeigen. Er wird nun unter den Horrorheft-Starautoren in einem Atemzug mit den Serienrecken genannt. Viele serienkonditionierte Leser begegnen mit den Straßl'schen Texten zum ersten Mal einer anderen Art von Horror, einer Alternative, und waren entzückt. 

Endlich nimmt man ihn richtig wahr. Das mag daran liegen, dass die Serien zum einen an Attraktivität verloren haben und zum anderen durch Stephen King & Co. das Interesse an Einzeltexten gestiegen ist. Zumindest ist Hugh Walker an dem (anfänglich) relativ großen und unerwarteten Erfolg von »Dämonenland« ein Gutteil zuzusprechen.

Michael SchönenbröcherDas zeigt sich sehr deutlich in dem wohl nicht ganz repräsentativen, aber beeindruckendem Ergebnis, das (Dämonen-Land 50, 1991) in der von Michael Schönenbröcher durchgeführten Umfrage nach dem besten Roman erzielt wurde. Hier die Top Ten:

  • G. J. Arnaud: Der schwarze Tod (82 Pkte.)
  • Hugh Walker: Die Hölle in mir (81 Pkte.)
  • Hugh Walker Die Blutgräfin. (73 Pkte.)
  • B. R Bruss: Trommeln des Todes (54 Pkte.)
  • W. Hohlbein: Lovecrafts Reise ins Grauen (54)
  • Ernst Vlcek: Im Zeichen des Bösen (44 Pkte.)
  • Hugh Walker: Vampire unter uns (32 Pkte.)
  • Hugh Walker: Herrin der Wöge (31 Pkte.)
  • Hugh Walker: Lebendig begraben (29 Pkte.)
  • Hugh Walker: Hexen im Leib (24 Pkte.)

Ernst VlcekHugh Walker ist sechsmal unter den Top Ten (die Wiener SF-Gruppe der Sechzigerjahre, zu denen Ernst Vlcek und auch Hugh Walker zählten, siebenmal).

Es fällt auf, dass der neueste Roman von Hugh Walker und der Roman, der die meisten Foltermorde enthält, obwohl er einen ruhigen Start hat, die beiden beliebtesten sind.

Wichtig erscheint mir aber, dass Hugh Walker einer der Favoriten der Leserschaft des Dämonen-Land ist.

Das führt unweigerlich zu der Frage, welchen Stellenwert im Horrorheftroman Hugh Walker hatte und welchen Einfluss er ausübte. Immerhin schrieb er den Auftaktroman zur zweiten Horror-Reihe in Deutschland, und er wurde auf der damaligen Leserkontaktseite schon hoch gelobt.

Das allein reicht jedoch nicht aus, um zu erkennen, welchen Einfluss und Stellenwert Hugh Walker hatte. Der Anteil der Fans in der Leserschaft beträgt weniger als ein Prozent, ebenso ist ihr Einfluss als Meinungsmultiplikator eher gering. Es ist wohl angezeigt, die unterschiedlichen Verlagsprogramme zu betrachten.

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