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Vampire pflastern seinen Weg - Hugh Walker — Star ohne Echo?

Vampire pflastern sein Weg Hugh Walker's Horror Romane
Hugh Walker — Star ohne Echo?
Einfluß und Bedeutung als Horrorheftautor

Es erscheint wichtig, zunächst einmal Klarheit darüber zu gewinnen, welchen Einfluss und welche Bedeutung Hugh Walker in Bezug auf den Horrorheftroman hatte, bevor seine Romane einer konkreten Betrachtung unterzogen werden können. Die nun folgende  Geschichte habe ich schon oft zu unterschiedlichen Anlässen erzählt, aber sie muss auch hier am Anfang stehen.

 

Dasgrauen schleicht durch Bonnards HausDenn um Hugh Walkers Rolle und Bedeutung in dieser Geschichte auf den Grund gehen zu können, sollte man noch einmal rekapitulieren worum es geht und wie und woraus sich der Horrorheftroman entwickelt hat.

Eine Rückblende auf die Geschichte des Horrorheftromans zwischen den fünfziger und siebziger Jahren ist dabei hilfreich und zeigt folgendes: Schon seit den fünfziger Jahren waren immer mal wieder in Leihbuch und Heftroman Horrorthemen aufgetaucht, die jedoch nie konsequent zu einer Serie oder Reihe ausgebaut wurden. Es kam nie zu Ausprägungen wie es sie bereits vor dem zweiten Weltkrieg gegeben hatte. Nach dem Krieg hatten sich der Western, der Krimi und die SF als dominierenden Genres des Spannungsromans etabliert.

Ende 1967 machte sich der Zauberkreis-Verlag in Gestalt seines Geschäftsführers, Heinrich Ernst, Sorgen um die Auflage der »Silber-Krimi«-Reihe des Hauses. Der »Silber-Krimi« stellte das typische Gemisch aus Einzelromanen und Sub-Serien dar. Doch nun war dieses konventionelle Krimi-Konzept kommerziell ins Stocken geraten. Allerdings auf sehr hohem Niveau. Heutige Heftromanverantwortliche würden bei den Zahlen, die Heinrich Ernst Sorgen bereiteten, radschlagend und zugleich singend auf den Fluren herumtollen und sich dumm und dusselig freuen. Doch in den vergangenen viereinhalb Jahrzehnten ist viel passiert. Der Heftroman ist vom Massenmedium zur Randerscheinung geworden.

Wie sagte Jürgen ›Dan Shocker‹ Grasmück fünfundzwanzig Jahre später so schön:
Ende der sechziger Jahre war der Heft­roman reif für eine neue Idee. (4)
Jürgen grasmück aka Dan Shocker Der von Sorgen geplagte Heinrich Ernst ahnte nicht, dass die Lösung seiner damals akuten Probleme ein Südhesse sein würde. Der Verlagsgeschäftsführer traf auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober 1967 den gebürtigen Hanauer Jürgen Grasmück (1940 - 2007), einen Autor, der bis dahin vorwiegend auf dem Gebiet der SF unter dem Pseudonym Jay Grams  oder Jürgen Grasse aufgefallen war, der aber auch Krimis und einen Western verfasst hatte. Dieser präsentierte kurz darauf dem Zauberkreis-Verlag ein unheimlich-phantastisches Krimi-Konzept, das im August 1968 mit dem »Silber-Krimi« 747, »Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus«, anlief. Um diesen Roman als Start zu einer Reihe vom bisherigen Konzept abweichenden Romane zu kennzeichnen, wurde nicht der Name des Titelhelden (wie sonst oft üblich) ›Larry Brent‹ präsentiert, sondern der Subserientitel lautete »Grusel-Krimi«. Zudem setzte das Pseudonym Zeichen: es lautete ›Dan Shocker‹.

Damit war das erste Horrorserienkonzept geboren. Es basierte auf mehreren Vorbildern. Da wären zunächst die sehr erfolgreichen ›Edgar Wallace‹-Verfilmungen (die man ja auch ›Grusel-Krimis‹ nannte) die britischen Horror-Filme, James Bond und (da die Serie für den Silber-Krimi geplant war) auch ein bisschen die typischen Krimihelden ála  ›Jerry Cotton‹, abgemischt mit einem Schuss SF. In Absprache mit dem Verlag einigte man sich darauf, das Übersinnliche erst vorsichtig einzubringen und sich überwiegend mit pseudo-wissenschaftlichen Erklärungen zu begnügen.   

Die Romane Shockers liefen zunächst als Subserie im »Silber-Krimi« weiter, doch als sich schon bald der große Erfolg abzeichnete, wurden 1971 die Romane um die Serienfigur Larry Brent wieder aufgelegt, diesmal als »Silber-Grusel-Krimi« (Titelliste). Zugleich wurden auch die neuen Romane unter diesem Titel gebracht. Ein derartiger Erfolg erregte natürlich Aufmerksamkeit, und die übrigen großen Heftromanverlage zogen nach: Pabel 1972, Bastei Mitte 1973, der Erber Verlag ebenfalls 1973 und Kelter Ende 1973, Anfang 1974.

Mark PowersZwischen Ende 1970 und Anfang 1971 müssen im Hause Pabel Überlegungen begonnen haben, ebenfalls eine Reihe oder Serie mit Horrorthemen auf den Markt zu bringen. Aber die Frage war wohl: Wie soll dieses Projekt gestaltet sein? Nun wußte man von den Schwierigkeiten, zu einer erfolgreichen Serie eine Konkurrenzprodukt auf den Markt zu bringen: Da brauchte man nur an die Versuche zu denken, eine Alternative zu »Perry Rhodan« zu etablieren, die alle mehr oder minder früh scheiterten (etwas, dass lange dauerte und bis heute nur in der Nische gelang). Bevor Pabel mit Moewig und Semrau nämlich unter dem dach des Bauer-Konzerns vereint wurde (und damit »Perry Rhodan« ins Haus kam), hatte  es mit »Mark Powers« und »Ad Astra« nicht geklappt. Ebenso war man mit »Kommissar X« nicht an Basteis »Jerry Cotton« vorbei gekommen, hatte aber zumindest einen Achtungserfolg erzielt. Und nun gab es da in dem viel kleineren Verlag, diesen »Silber-Grusel-Krimi« mit seinem Helden ›Larry Brent‹. Aber genau in diesem kleinen Verlag hatte man die Marktlücke gefunden und sich etabliert. In diesem Segment war Zauberkreis der Marktführer.
 
Der »(Silber-)Grusel-Krimi« festigte die Legende, dass im Heftroman alle sieben Jahre (welch magische Zahl!) immer etwas Neues und Erfolgreiches das Licht der Bahnhofsbuchhandlungen und Kioske erblicken würde. 1954 war es »G-man Jerry Cotton«, 1961 »Perry Rhodan« und 1968 der »Silber-Grusel-Krimi« bzw. »Larry Brent«. Aber danach riss diese ›Sieben-Jahres-Serie‹. In der Tat war der Horrorheftroman die letzte große Erfolgsgeschichte des Romanheftes. Hubert Straßl war ein Teil dieser Erfolgsgeschichte und es stellt sich die Frage nach einem Einfluss und seiner Rolle. Also machen wir uns nun auf die Suche nach den Antworten.

Zweifellos aber war zu Beginn der Siebziger grosses Interesse an Horrorromanen vorhanden. Der Erfolg der Romane von Dan Shocker sprach Bände. Nicht nur das. In die Kinos kamen in schöner Regelmäßigkeit Horrorfilme der unterschiedlichsten Güteklassen. Ein Publikum war also vorhanden. Also wie starten?

Kurt BernhardtUnter der Leitung von Cheflektor Kurt Bernhardt, der mehrfach eine glückliche Hand bewiesen hatte, kam man auf den Gedanken, es mit Einzelromanen und Kurzzyklen zu versuchen. Exposés für Horrortexte wurden von verschiedenen Autoren eingeholt bzw. eingereicht.

Darunter war auch ein Exposé zu einer Miniserie, drei bis vier Romane, um eine Vampirfamilie, welches vom 18. März 1971 in seiner ersten Fassung datiert. Die endgültige Fassung stammt vom 5. November 1971 (am 14. Oktober werden wir im Rahmen dieser Artikelserie - ›Vampire pflastern seinen Weg‹ - Straßl Exposés publizieren), in der der Autor noch darauf verwies, daß aus dieser Miniserie problemlos eine ganze Horrorserie zu realisieren sei. Als Verfasser zeichnete Hubert Straßl alias Hugh Walker verantwortlich.

Schon hier zeigt sich deutlich die Neigung Hugh Walkers zu den dunklen Verführern, den Vampiren, die oft eine tragende Rolle in seinen Romanen spielten. Auf Intervention seitens des Verlages wurde aus einer Mini-Serie ein einziger Roman.

Ein Blick auf das Exposé zeigt eindeutig, daß dieser Eingriff seitens des Verlages für dieses Konzept von Nutzen war. Hubert Straßl mag ein großartiger Autor sein und Romane von außergewöhnlicher Qualität schreiben, aber das Verfassen von Exposés (das wird dann jedem am 14. Oktober auch klar werden) gehört nicht zu seinen Stärken. Das zeigen auch immer wieder seine Äußerungen und die Differenzen zwischen Exposé und Roman. Hubert Straßl hat eine Grundidee, aber während des Schreibens lässt er sich treiben und der Roman wird zu einer verbesserten Version der im Exposé festgehaltenen Idee. Hubert ist demnach eher ein natürlicher Erzähler, denn ein vorausplanender Autor.

Daher wäre es wahrscheinlich auch für »Dragon« und »Mythor« keine wirklich gute Lösung gewesen, ihn als Exposéautor dort einzusetzen. Aber diese Betrachtung würde an dieser Stelle zu weit führen. Aber sicherlich wird diese Spekulation an entsprechender Stelle noch eine Rolle spielen.
 
Vampire unter unsIn dieser, auf ein Heft komprimierten Form konnte das Thema wesentlich dichter behandelt werden. Der Roman wurde nach der Nummer 10 der zu startenden Reihe eingeplant, doch als das Manuskript im Verlag vorlag, besann man sich eines besseren. Und so erschien der Roman mit dem Titel »Vampire unter uns« (Vampir-Horror-Roman 1, September 1972) als Nummer 1 von Pabels Versuch, eine Horrorheftreihe neben dem Silber-Grusel-Krimi zu etablieren.

Eine gute Entscheidung. Ein zweiter Verlag präsentierte Horrorheftromane. Die erste Horrorheftreihe war geboren. Der »Vampir-Horror-Roman« hätte kaum einen besseren Start haben können.

Die Reihe lief unter dem ›Set-Roman‹-Label von Pabel. So gekennzeichnete Romane sollten dem (eingebildeten bzw. tatsächlich) höheren Niveau der Taschenbücher entsprechen. Sie sollten auch ein Stück aus den Schemata des konventionellen Heftes ausbrechen. Diese Vorgabe spielte Hugh Walker - und nicht nur dem - in die Karten. Das  ›Set‹-Label ist auch einer der Gründe, dass der »Vampir-Horror-Roman« (insbesondere durch die ersten 50 - 100 Bände) einen legendären Ruf ob seiner Qualität besitzt. In der Tat erschienen dort Übersetzungen und Werke deutscher Autoren mit einem hohen Standard.

Vergleicht man Hugh Walkers Roman (und auch die Folgebände von ihm und anderen) mit denen der damals einzigen Konkurrenz (also denen Jürgen ›Dan Shocker‹ Grasmücks), so kommt man unweigerlich zu dem Schluß: Größer konnte der Kontrast kaum sein. Ob es nun gewollt war oder nicht: Die Entscheidung war richtig. Dem Publikum wurde eine echte Alternative geboten.

Dan Shocker bot im besten Sinne klassische Heftromanunterhaltung mit einem knackigen, aber nicht zu überspannten Helden, witzigen Sidekicks, hochinteressanten Stoffen und relativ actionreichen, teilweise großartigen Romanen voller Fantasie. Shocker/Grasmück hatte damit Erfolg und würde ihn auch weiterhin haben. Daran würde auch die Konkurrenz nichts ändern können. Jürgen Grasmück hatte sich als Dan Shocker etabliert und schaffte sich 1973 mit »Macabros« ein zweites (auch sehr erfolgreiches) Standbein, das die Grenzen des Horror aufbrach und neben der SF insbesondere Fantasy-Elemente verarbeitete.

Hugh Walker hingegen hatte einen atmosphärisch dichten Roman geschrieben, der im Grunde weit über das hinausgriff, was im Heftroman üblich war und der zudem über ein außergewöhnliches stilistisches Niveau verfügte. Aber was »Vampire unter uns« völlig abging, war der Held. Es fehlte das vorwiegend blonde Wundertier, das jeder Gefahr mutig entgegen schreitet. Somit hatte Hugh Walker einen Gegenpol geschaffen. Die Romane des gebürtigen Linzers konnten auch problemlos mit den Übersetzungen aus dem Englischen und Französischen mithalten, die Pabel einkaufte (und damit das von den SF-Reihen »Terra« und »Utopia« wiederholte).

Im Übrigen wurde das Fehlen eines Helden bei Pabel im »Vampir-Horror-Roman« (zumindest in den ersten 20 Bänden) gewissermaßen kultiviert. Bis dann mit Bd. 23 ›Dorian Hunter‹, der »Dämonenkiller« auf den Plan trat. Doch ihn unterschied so manches von den übrigen Helden. elbst da wagte Pabel einen alternativen Weg.

Ich zerschlug den blutigen TerrorAls Gegenbeispiel zu Pabels Weg sei insbesondere der Bastei-Verlag zu nennen, der noch konventioneller als Zauberkreis und Kelter in seinen Horrorheften war. Das ›blonde Wundertier‹ aka ›der Held‹ gehörte  unbedingt zur Standard-Ausstattung der Bastei Horror-Hefte. Ich möchte gar so weit gehen, dass jeder dieser Helden ein bisschen vom Bergischen (heute Kölner) Musterhelden ›Jerry Cotton‹ in sich trug, auch wenn Bastei'sche Gruselhelden (überwiegend) auf den Britischen Inseln (und in den dortigen Burgen, Ruinen und kleinen Dörfern) unterwegs waren. Das mochte auch daran liegen, dass man den Shocker'schen Vorgaben folgte und das Krimi-Heft als Grundlage nahm und Gangster, Räuber und Mörder, durch Vampire, Werwölfe und Dämonen ersetzte. Immerhin hatte man ja bei Bastei seit 1954 den Musterhelden des Krimis, eben jenen ›Jerry Cotton‹. Das war doch ein starkes Argument für den Helden.

Dabei ging man allerdings wesentlich konventionller vor, als Jürgen Grasmück, der zudem auch noch SF-Elemente hinzu nahm und sich nicht nur auf christliche Motive stützte. Der ›Vater des Horrorheftromans‹ war wesentlich flexibler und hatte von seinem Verlag große Freiheiten bekommen. Zudem hatte er mit ›Larry Brent‹ eine Kreuzung aus den Helden der ›Edgar Wallace Filme‹ und diverser Geheimagenten (allen voran der britischen Marke ›James Bond‹)  mit den futuristischen Anklängen geschaffen und sich weniger auf Basteis Kernmarke berufen.
 
Im nachtclub der VampirerAus diesem Bastei'schen Modell resultierte letztlich dann auch Basteis ›Horror-Cotton‹, nämlich der geisterjagende Obrinspektor von Scotland Yard, John Sinclair, der Basteis erste Horrorreihe, den »Gespenster-Krimi«, Mitte 1973 eröffnete und 1978 als eigenständige Serie an den Start ging und bis heute erfolgreich am Markt ist. 

Diese These wird sogar akademisch gestützt. Mirjam Nast, die zur Forschergruppe »Ästhetik und Praxis populärer Serialität« gehört, hat ihr Studium 2010 mit der Magisterarbeit mit dem Titel »Geisterjäger John Sinclair. Zur Konstruktion des Genrecharakters einer Heftromanserie« abgeschlossen. In einem Interview, das am 3. August im Zauberspiegel online gehen wird, sagte sie auf die Frage nach dem ›Musterhelden‹ Jerry Cotton folgendes:
Serien mit einer festen Heldenfigur gibt es in Deutschland bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts, auch im Gruselbereich – etwa »Minx - Der Geistersucher« oder »Sâr Dubnotal - Der grosse Geisterbanner«. »Jerry Cotton« war aber ganz sicher für viele neuere Serien und ihre Figuren prägend. Helmut Rellergerd aka Jason Dark hat sich mit seinem Helden John Sinclair sogar explizit an Jerry Cotton orientiert, wie er sagt. (5)
Pabel hingegen verzichtete (zumeist) auf das Modell den Horror auf das Krimi-(Serien-)Heft aufzusetzen. Das erwies sich dann als echte Alternative zu den Ansätzen der übrigen Verlage, die alle dem Muster des Zauberkreis Verlages und Dan Shockers folgten, weil es - im Fall Basteis - gar den eigenen Traditionen und Erfolgsmustern entgegen kam. Selbst der »Dämonenkiller« Dorian Hunter brach aus dem Schema aus. Er folgte längst nicht immer den vordefinierten Mustern. Pabel versuchte selbst mit seinem Dämonenjäger Shocker's Helden eine Alternative entgenenzustellen.

Doch welcher Einfluß auf Kollegen Hugh Walkers resultierte aus diesem und den folgenden Romanen, die er für diese Serie schrieb?

Im Nachhinein ist festzustellen, daß seine Romane wenige nachhaltige Spuren bei anderen hinterließen. Es gab Romane im ›Hugh Walker-Stil‹ eben nur von Hugh Walker selber. Niemand versuchte ihn zu kopieren oder Romane in seinem Stil zu schreiben. Es gab keine Epigonen. Warum war das so? Warum versuchte niemand, diesen ausgezeichneten Stil zu kopieren?

Und da wären wir wieder bei den Wegen, die die anderen Verlagen gingen und die den Konventionen des Kriminal-Heftromans verhaftet waren. Mögliche Antworten sind zu finden, wenn man die unterschiedlichen Verlage, deren Autoren und Konzepte unter die Lupe nimmt. Betrachten wir zunächst den Zauberkreis-Verlag. Das badische Verlagshaus verfügte über seinen eigenen Gruselstar Dan Shocker. Er allein war zwischen 1968 und 1973/74 quasi das Gruselprogramm des Zauberkreis-Verlages. Und Jürgen Grasmück blieb, solange der Zauberkreis-Verlag als unabhängiges Verlagshaus bestand, Flaggschiff und dominierender Autor des Zauberkreis-Gruselprogramms. Es ist ja nicht so, dass Verlag und Autor mit diesem Konzept schlecht fuhren. 

Hexer StanleyIn Grasmücks Schatten probierte Zauberkreis insbesondere in den siebziger Jahren die unterschiedlichsten Horrorkonzepte aus: Einzelromane von stark schwankender Qualität, aus denen insbesondere der unter verschiedenen Pseudonymen schreibende Wolfgang Rahn herausragte, Sub-Serien wie die ›Nebelgeister‹-Serie von Bob Fisher (Robert Atkinson) und die eher komische ›Shock-&-Thrill‹-Serie von Hexer Stanlery (H. J. Müggenburg) und eine parapsychologisch angehauchte Serie unter dem Titel »Occu « von Henry Ghost (insbesondere Hademar Bankhofer). In den achtziger Jahren wurde die Qualität des Zauberkreis-Grusel-Programms immer schlechter. In den Serien ohne direkter Grasmück'scher Beteiligung fiel das Niveau (von Ausnahmen abgesehen) und der kommerzielle Erfolg erheblich, wobei der Altmeister sein Niveau, von Ausnahmen abgesehen, halten konnte. Der auf Dan Shocker zugeschnittene »Silber-Grusel-Krimi«  und ab 1981 die eigenständige Serie »Larry Brent« (die vor allen Dingen deshalb aus dem »Silber-Grusel-Krimi«  ausgekoppelt wurde, weil die Verkaufszahlen von Dan Shockers Romanen und denen der anderen Autoren weit auseinander klafften) und »Macabros« waren immer eine der Säulen des Programms des Zauberkreis Verlages.

Zauberkreis war also nicht der Ort, um Romane im Stile Hugh Walkers zu veröffentlichen, und auch nicht der Ort für die Romane des Originals, denn der Verlag zielte in eine andere Richtung und war auch zu sehr von Jürgen Grasmück dominiert, bei dem das Haus aufgrund eines enormen kommerziellen Erfolges auch Zugeständnisse machte. Das war bei anderen Autoren nur sehr eingeschränkt der Fall, denn bei Zauberkreis funktionierte der Mechanismus, der Heftromanverlagen eigen ist, und der dem Autor in aller Regel nur ein geringes Maß an Gestaltungsmöglichkeiten läßt.

Die Nacht des Hexers1973 begann dann auch der Bastei-Verlag aus dem Bergischen Land Horrorromane auf den Heftromanmarkt zu bringen. Böte sich hier der Platz für Hugh Walker? War hier die Möglichkeit gegeben, daß Romane im Stile Hugh Walkers geschrieben wurden?

Um es vorwegzunehmen. Nein!

Ein Blick auf die Tradition des Bastei-Verlages allein genügt schon, um das aufzuzeigen: Wenn dieses Verlagshaus einmal eine Erfolgsschiene gefunden hatte, so blieb man auch dabei. Die wichtigste dieser Erfolgsschienen im Bereich der auf eine männliche Leserschaft zugeschnittenen Romane ist Jerry Cotton, im Grunde ein Synonym für Basteis Männer-Heftromanprogramm. Die Schemata bei Bastei waren seit den sechziger  Jahren so festgefügt wie die Zinne im Signum der (ehemals) Bergischen. Mit Einschränkungen ist das auch so geblieben.

So war es kein Wunder, daß der Held in Basteis »Gespenster-Krimi« einen besonderen Platz einnahm Die Liste der Sub-Serien ist lang, zum Ende hin wurde die Reihe ausschließlich auf Sub-Serien umgestellt. Die Liste der Romane mit dem typischen Hefthelden ist noch länger: In fast jedem Roman kam dieser oder jene kühne Recke vor. Vereinzelt waren zwar die Gewichte anders verteilt, aber im Grunde bot der Bastei-Verlag das auf, was seit langem typisch für seine Heftromane war, nur waren die Kulissen diesmal alte Schlösser und Burgen statt der Straßenschluchten New Yorks, und die Bösewichter hatten lange Eckzähne und magische Kräfte statt Pistolen und Revolver. Wie schon erwähnt stand hier der Musterheld Basteis Pate: »Jerry Cotton«.

Offenbar wurden die Autoren dazu angehalten, dieses Konzept umzusetzen. Die Themen waren konventioneller Horror. Der Vampir entsprach in der Regel der Darstellung Christopher Lees und den Standards, die Hammer seit den fünfziger Jahren etablierte. Der Teufel hatte seinen Huf, und die Hölle war so strukturiert, wie man sich das vorstellte allerdings zumeist sehr frei interpretiert, ohne sich an die Traditionen des Volksglaubens  und der Kirche zu halten.  Da griff man auf Phantasie namen für Dämonen zurück. Die Toten erhoben sich aufgrund alter Flüche aus den Gräbern. Der Held schickte sie wieder zurück. Wo ›Gangsterjäger Jerry Cotton‹ Gangster, Mafiosi und Drogenhändler stellte, warfen sich die Geisterjäger in den verschiedenen Ausfertigungen den Monstren und dem Übersinnlichen entgegen.  

Im Grunde war es bei Bastei zumeist oberflächliches Spiel mit Klischees. Daß dabei doch viele lesbare und sogar gute bis sehr gute Romane herauskamen, ist einigen Autoren zu danken, die den sehr schmalen Spielraum bei Bastei zu nutzen verstanden.

Das war das Klima, in der die heutzutage erfolgreichste Horrorserie heranwachsen konnte: John Sinclair von Helmut ›Jason Dark‹ Rellergerd. Zunächst war das noch nicht einmal die im negativsten Sinne ideale Umsetzung der Basteischen Anschauung vom Horrorheftroman. Erst die Entwicklung  der Serie von 1982/83 bis heute läßt selbst den hartgesottenen Heftromankonsumenten erschaudern.

Das Schloss der DämonenSymptomatisch für das Bastei-Schema war auch die erste Phase der Serie »Professor Zamorra«. Diese war eine Antwort auf den bei Pabel zum Hit gewordenen »Dämonenkiller«, der von Ernst Vlcek konzipiert worden war. Diese Reihe hatte sich zum Hit in Vampir-Horror gemausert und war als eigene Serie ausgekoppelt worden. Bastei wollte diesem Erfolg ein Bergisches Äquivalent entgegenstellen, das im Juli 1974 schließlich auf den Markt kam.

Die Rahmenbedingungen beider Serien sind aber so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Wurde der »Dämonenkiller« straff per Exposé gesteuert, waren Datensammlungen vorhanden und die Romane und Autoren aufeinander abgestimmt, so präsentierte sich »Professor Zamorra« als das ungeordnete Chaos. Die Autoren arbeiteten jeder für sich, jeder vernichtete ranghohe Höllenchargen, wie es ihm gefiel. So stellte Bastei seine ›Antwort‹ auch alsbald um. Unter anderem wurde aus den Decknamen der einzelnen Autoren ein Sammelpseudonym, bis man es den in den Neunzigern wieder rückgängig machte. Aber es ist symptomatisch für Bastei. Auch Jerry Cotton fing jede Woche immer wieder neu an. Der Einzelroman war Basteis Erfolgsrezept. Und ist es (von Ausnahmen abgesehen) in gewisser Weise bis heute geblieben. Denn die die Erfolgsmodelle: Unger, Cotton, Sinclair und Lassiter sind im Grunde immer dem Einzelroman verhaftet geblieben. 

Dennoch blieben große Unterschiede zwischen »Dämonenkiller« und »Professor Zamorra« bestehen. Der Professor war ein typischer Held ohne Ecken und Kanten. Seine Serie schien aus dem Lehrbuch ›Heftserien leicht gemacht‹ entnommen. Einzig die  verstorbene Susanne Wiemer bemühte sich um Ordnung und brachte die Serie voran, bis diese später von Werner Kurt Giesa übernommen und noch später von ihm, Manfred Weinland und Rolf Michael völlig umgearbeitet wurde. Festzustellen ist, daß Susanne Wiemer den Grundstein legte, auf dem W.K. Giesa und die anderen aufbauten. Diese Tradition der etwas anderen Serie hat sich gehalten. Das Glück der Serie um den ›Meister des Übersinnlichen‹ war, dass er kommerziel nie zu den ganz starken des Genres zählte. Somit konnte er sich - um den umstrittenen Begriff nochmals zu verwenden - als Hofnarr im Schatten der ›Sinclair‹-Serie frei entwickeln. Ein Vorteil, der seit Jahren von Giesa und seinen Co-Autoren und der nachfolgenden Generation, voll genutzt wurde.  

Die Hölle in mirDies alles dürfte aufzeigen, daß bei Bastei kein Autor wie Hugh Walker Erfolg haben konnte. Das, was Hugh Walker schrieb und darstellte, war völlig konträr zu dem, was Bastei in den siebziger Jahren machte und auch zum Teil heute noch macht. So war sein fast vollständiger Verzicht auf einen Strahlemann derart abseits der Linie des Bastei, daß Hugh Walker wohl kaum eine Chance im Heftprogramm des Verlages gehabt hätte. Mit zwei Figuren kam der Autor dem klassischen Helden des Horrorhefromans nahe. Da war ›Harry Fuchs‹, der den Dracula in vier »Vampir-Horror-Romanen« (Bde. 45, 46, 81 und 123) jagte.  Und dann - nach fast 13 Jahren Pause in Sachen Horror  - 1991 mit der Figur des ›Robert Steinberg‹ (dem ich ein zusätzliches Kapitel  in  »Vampire pflastern seinen Weg« widmen werde), der zuerst in dem Roman »Die Hölle in mir« (»Dämonenland« Bd. 50) auftrat. Der Roman  war (man möchte beinah sagen natürlich) für Bastei geschrieben. Doch so ganz konnte sich Hugh Walker mit der Heldenfigur nicht anfreunden. Weder  Fuchs noch Steinberg sind eines dieser ›blonden Wundertiere‹, dieser aufrechten, ungebrochenen Streiter, auch Held genannt. Keinesfalls geht ›Robert Steinberg‹ auf das ›Bastei'sche Mustermodell Jerry Cotton‹ zurück.  

Glücklicherweise haben sich diese Voraussetzungen eine Kopie des »Urmodells des Hefthelden« zu entwwerfen  im Lauf der achtziger Jahre ein wenig geändert, denn sonst wären die Veränderungen im Rahmen der Professor-Zamorra-Serie und das Erscheinen der Serie »Der Hexer« (konzipiert von Wolfgang Hohlbein) wohl schwerlich denkbar gewesen.

Der Schreckensturm der VampireEin weiterer Verlag war das Hamburger Haus Kelter, einst Vorreiter und nun Marktführer, was literarisches Recycling angeht. Kelter-Romane verdienen den sogenannten ›grünen Punkt‹, denn fast alles war schon mal da.

In den siebziger Jahren war das noch anders. Kelter war einer der großen Vier im Geschäft. Aber schon damals waren qualitative Schwankungen bei diesem Verlag nichts Ungewöhnliches, wofür als Beispiel der Geister-Krimi genannt sei.

Durch seine ungewöhnlichen Themen und Kontinuität seiner Subserie Rick Masters allerdings der in nahezu allen Genres arbeitende Richard Wunderer (1947 - 2009) heraus. Er war auch, der an Kelters bestem Horrorprojekt, Heftserie »Monstrula«, zusammen mit M.R Heinze arbeitete.

Der Kelter-Verlag war kein Hort der Romane, wie Hugh Walker sie schrieb, denn er folgte in mancherlei Hinsicht zu genau den Schemata des Heftromans, als daß Hugh Walker oder ein Epigone die Chance der Veröffentlichung gehabt hätte.

Bleiben noch die weiteren  Verlage, von denen nur einer erwähnenswert erscheint. Es handelt sich dabei um den Anne Erber Verlag erschienen Horrortitel der unterschiedlichsten Qualität, so im Taschenbuch unter Titeln wie »Horror Expert« oder »Luthers Gruselmagazin« (Titelisten der Taschenbücher bei Luther/Erber) teilweise hervorragende Texte von Robert E. Howard oder H. P. Lovecraft. Andererseits war das Heftprogramm des Hauses eher weniger überzeugend (aber nicht unbedingt erfolglos, eher im Gegenteil); herausragend schwach war dabei die kommerziell sehr erfolgreiche Serie »Dr. Morton« (Titelliste).

Blaues BlutSicherlich war Dr. Morton ein Antiheld, aber beileibe kein brauchbarer. Sein Side-Kick, Grimsby mit Namen, war ein wahnsinniger Lustmörder, der es vorzog, neben seinen Opfern zu onanieren. Es war die perverse Seite des Horrors, doch wenn man sich diese effekthascherische Brutalität wegdenkt, die der Serie unter den Horrorfans eine gewisse Kultstellung einbrachte, so ist die Serie pure Langeweile.

Der »Erber Grusel Krimi« brachte neben wenigen brauchbaren Texten auf 96 Seiten Umfang eher durchschnittliche Kost. Die Folgeserie zu »Dr. Morton«, »Der Lord«, zählte zu den Tiefpunkten. Da »Dr. Morton« vom Jugendschutz verfolgt wurde (über zwanzig Titel der Serie stehen auf dem Index; eine einmalige Quote), mußte nun »Der Lord« ran. Ähnlich schwach wie Morton, nur ohne dessen Brutalität, war es ein Langweiler ohnegleichen.

Kommerziell jedoch waren beide ein großer Erfolg, wie uns Verleger Wolfhart Luther im Interview mit dem Zauberspiegel bestätigte. Der Verleger dürfte also zufrieden gewesen sein. Damals konnte man damit noch Tabus brechen und Käufer anlocken. Und für den Verleger zählen die Käufer. Daher ist eine unterschiedliche Beurteilung der Serie überhaupt kein Wunder und völlig legitim. Im Grund griff die Serie den Wandel zu immer mehr Gewalt im Horror auf und wenn die BPS nicht eingegriffen hätte, wäre die Serie vermutlich noch lange gelaufen. In diesem Sinne war »Dr. Morton« modellhaft. Man griff ein Trend auf und vervielfältigte ihn günstig. Man muss anerkennen, dass Wolfhart Luther und Anne Erber in diesem Fall nicht eingerostet waren wie die Kollegen in anderen Verlagen. Man erkannte die Zeichen der Zeit. »Dr. Morton« hätte gewissermaßen ein neuer Heldentypus werden können. Doch ein paar Jahre später, hätte auch ihn der Videoboom eingeholt und überholt was exzessive Gewaltdarstellungen angeht. Denn das bewegte Bild kann Gewalt effektvoller darstetellen als es ein Autor mit Worten vermag. Wenn also da noch jemand ist, der die Horrorliteratur mttels Sex & Gewalt retten will, kann man dieser Person nur sagen: Auch der Irrweg ist ein Weg an dessen Ende Erkenntnis lauert. Bis dahin soll er die Nischen bedienen, denn auch das ist eine ehrenvolle Aufgabe. 

Aber so war auch der Anne Erber Verlag, zumindest was dessen Heftprogramm angeht, keine Heimat für Hugh Walker und dessen Stil. Zwar war Hugh Walker auch nicht immer zimperlich in der Wahl seiner Mittel, aber die Gewalt in seinen Romanen war dramaturgisch gerechtfertigt und mit viel Fingerspitzengefühl eingesetzt. Selbst ein Held wie »Dr. Morton« wäre nichts für ihn gewesen./

Und was galt der Prophet im eigenen Land, pardon, Verlag? 

Im eigenen Hause, bei Pabel, konnte Hugh Walker hier die Serie prägen? Für Vampir-Horror war es Pabel gelungen, eine Gruppe Autoren zu gewinnen und durch Auslandseinkäufe zu ergänzen, die sehr eigenständig war. Kaum einer der Autoren hatte es da nötig, bei Hugh Walker abzugucken. Vampir-Horror bot eine gute Mischung von unterschiedlichsten Autoren. Im Grunde kamen die Übersetzungen der Walkerschen Auffassung von Horror noch am nächsten.

Der TotentanzZu nennen wäre vor allem ein Roman aus Frankreich: »Der Totentanz« von Alphone Brutsche (Vampir-Horror-Roman 3, Oktober 1972). Hier wurde auch ein stiller, sich langsam steigernder Horror propagiert. Es geht um einen Mann, der um seine verstorbene Frau trauert und sich nichts sehnlicher wünscht, als daß diese geliebte Person zu ihm zurückkehrt. Mit Hilfe eines Hexers gelingt ihm das auch. Und ab diesem Zeitpunkt, etwa nach zwei Dritteln des Romans, kumuliert das Grauen, denn der Zauber ging tiefer als zu erwarten war. Aus dem Familengrab kommen immer mehr Verwandte in den unterschiedlichsten Zuständen der Verwesung...

Dieser Roman wirkt nie überzogen, nie effekthascherisch. Das Grauen bricht im Gegenteil langsam, sich aber immer mehr steigernd in das Leben dieses Mannes ein. Wir sehen hier eine sehr große Ähnlichkeit zu Hugh Walker, aber von einer Beeinflussung dürfen wir nicht sprechen.

Der »Dämonenkiller«, Pabels äußerst erfolgreiche Horror-Serie der siebziger Jahre, war ebenfalls kein Hort für Hugh Walker. Er mochte es nicht, fest in einem Serienkonzept eingebunden zu sein. Zwar lieferte er einen Beitrag ab, »Das Heer der Untoten« (Dämonenkiller Band 89, Mai 1976 und Dämonenkiller Zweitauflage, Band 89, Dezember 1984). Hugh Walkers alter Weggefährte Ernst Vlcek hatte das Exposé, das quasi außerhalb der Serie stand, direkt auf Hugh Walker zugeschnitten. Hugh Walker selbst räumt ein, daß dieser Roman ziemlich brutal war und ihm das zum Vorwurf gemacht worden sei. Ansonsten setzte er das Thema gekonnt um, mußte er sich doch nicht um die Serie kümmern.

Aber lassen wir ihn selbst sagen, was er über die Beteiligung an Horrorserien und das Schreiben von Horrorromanen denkt:
(...) Mancher mag sich fragen, warum (...) mein Gastspiel in der Dämonenkiller-Serie so kurz blieb. (...)
Der wichtigste Grund ist aber der, daß ich eigene sehr persönliche Vorstellungen vom Horror habe und nach fremden Ideen nicht überzeugend arbeiten kann. Gerade im Horror aber muß das 'Gruselelement' überzeugen, sonst taugt der ganze Roman nicht viel.
Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, Ernst Vlceks Exposés wären mir zu schlecht gewesen. Nein, sie sind ausgezeichnet (...) aber seine Vorstellungen von Horror unterscheiden sich zu sehr von meinen. Der vorliegende Band ist eine Ausnahme. Das Exposé ließ mir ausreichend Spielraum, 'fast' einen eigenen Roman zu schreiben.
(6)
Das Heer der UntotenÄhnlich wie im obigen Zitat, das im übrigen von der Leserkontaktseite der Neuauflage des »Dämonenkiller« Band 89 stammt, äußerte er sich mir gegenüber in einem Telefoninterview, das zur Vorbereitung dieses Beitrags mit ihm machte:
Horror war für mich immer etwas Besonderes, Persönliches, Eigenes. Ich hatte in Bezug auf Horror meine eigenen Vorstellungen und wollte sie auch verwirklichen. In Exposés stieß ich auf Vorgaben, die ich nicht umsetzen wollte. Nur bei Dämonenkiller bekam ich ein Exposé, das mir weitgehende Freiheiten ließ. Ich habe diesen Roman aus alter Freundschaft geschrieben, weil Ernst Vlcek gerne einen Roman von mir in der Serie veröffentlichen wollte. (7)
Auf die Frage, warum er keine eigene Serie gemacht habe, antwortete er:
Ich bin kein Freund von Serien. Ich habe vier Bände über Drakula geschrieben, aber dann hatte ich genug. Ich beginne lieber ein neues Thema als das alte totzureiten. Meine Magira-Serie ist die einzige Ausnahme.
Es liegt vielleicht auch daran, daß ich meine Figuren nicht nach dem Typus eines Helden anlege. Mein Interesse und meine Sympathie gilt mehr den dunklen Gestalten. Für mich war der Vampir immer interessanter als der Vampirjäger.
(8)
Zum gleichen Fazit gelangt er bei seinem Ausführungen auf der Leserkontaktseite der Neuauflage von  »Das Heer der Untoten«. Mit dem ihm eigenen Witz verkündet er:
Es wäre gefährlich, mich als regelmäßigen Dämonenkiller-Autor zu beschäftigen: Ich würde die Partei der Dämonen ergreifen. (9)
Trotz Hugh Walkers Abneigung gegen Serien kann man ein wenig spekulieren: Wenn er sei eigene Serie entwickelt und gestaltet hätte, würde er dann mehr Einfluß gewonnen haben?  Wenn es ihm gelungen wäre, die Serie früh genug zu starten (sprich in der ersten Hälfte der Siebziger), und erfolgreich zu etablieren dann vermutlich ja, denn Serien haben Signalwirkung für andere (Heft-)Verlage und andere Autoren.

Die Barabren - Ein Nottr-RomanHätte Hugh Walker also zugeschlagen, was wäre das geworden? Eine Serie, die keinen richtigen Helden gehabt hätte, eine Serie, die von den Negativfiguren getragen worden wäre? Das widerspricht den Erfahrungen mit Heftromanserien. Und gerade in den Siebzigern/Achtzigern waren diese Figuren im Horrorheft dominierend. Schon seine beiden Versuche mit Helden (›Fuchs‹ und ›Steinberg‹) zeigen, dass diese Figur nicht die elt Hugh Walkers ist. Auch mit ›Mythor‹ und ›Dragon‹tat er sich schwer. In Mythor wandte er sich letztlich der Figur des Barbaren ›Nottr‹ zu. 

Der blonde Strahlemann ist die notwendige Identifikationsfigur für den Leser und im Heft unglaublich erfolgreich. Er darf also möglichst wenige Eigenarten mitbringen, damit der Leser sich in diese Figur hinein projektzieren kann. Er bedarf aller Tugenden, die ein Mensch nur haben kann. Um ihn dem Anschein von Menschlichkeit zu geben, darf er bestenfalls noch rauchen, hier und da mal einen Schluck Alkohol trinken und vielleicht mal mit einer der von ihm erretteten Schönen eine nacht voller Ekstase verbringen.

Das wäre für Hugh Walker nur schwer denkbar gewesen. Andererseits, eine Serie mit Negativfiguren als Protagonisten scheint ausgeschlossen. (Dazu paßt auch, daß zwischen 1978 und 1991 kein neuer Horrorroman von Hugh Walker erschienen ist.) In Einzelromanen ist jedoch ein Antiheld bzw. gar der Antagonist als Hauptfigur ein tragfähiges Konzept.

Hinzu kommt, daß der Einbruch des Unheimlichen in die Wirklichkeit eines der gängigen Motive in Hugh Walkers Werken ist. Im Rahmen einer Serie wird das Übernatürliche schnell zur Normalität zu werden. Die Identifikationsfigur des Lesers muß akzeptieren, daß es übersinnliche Phänomene gibt, da er ständig mit dem Außergewöhnlichen konfrontiert wird Damit verliert im Grunde das Unheimliche seinen Reiz, die Gestaltungsmöglichkeiten des Autors schwinden. Der Horror, wie Hugh Walker ihn schätzt, läßt sich nicht mehr so effektiv umsetzen.

Daher verwundert es umso mehr, daß er am Ende des Exposés für eine drei- bis vierbändige Serie vom 5. November 1971 (aus dem »Vampire unter uns« wurde), den Vorschlag einer Serie machte (siehe "Exposés"). Es könnte sein, daß Hugh Walker zu diesem Zeitpunkt (»Dragon« war bereits in der Diskussion) noch mit einer Serientätigkeit liebäugelte. Aber viel wahrscheinlicher ist, wie er auch selbst sagt, daß dies eher verlagskonform gedacht ist, denn in Verlagshäusern sind Serienideen recht gern gesehen. Es bleibt wohl für immer Spekulation, aber ich vermute, er hätte an dieser Serie alsbald selbst das Interesse verloren.

Hubert Straßl aka Hugh WalkerHugh Walker war also ein Star, ein sehr guter Autor mit einem für den Heftroman bemerkenswerten Stil ohne Einfluss auf seine Kollegen, aber er war ein Teil des in den siebziger Jahren noch recht vielgestaltigen Horrorheftmarktes. Die Gründe für seine mangelnde Wirkung, kurz zusammengefaßt:

  • Hugh Walkers Stil entspricht in weiten Teilen nicht dem Heftschema und passt nicht zu den Heftreihen und -serien der siebziger Jahre und noch weniger zur Seriendominanz der achtziger Jahre. Lediglich Pabels »Vampir-Horror-Roman« bot ihm eine Plattform.
  • Andere Autoren waren nur soweit eigenständig, wie die Verlage sie ließen. Andernorts waren Autoren in einer dominierenden Rolle, so daß das Verlagsprogramm mehr oder minder auf diese ausgerichtet war.
  • Hugh Walker hatte eine Abneigung gegen Serien, mit denen er wirklich Einfluß hätte ausüben können. Zudem waren seine Konzepte und Vorstellungen nicht serienkonform.

Aber er hat mit seinen Romanen den Heftroman mehr als bereichert und für interessanten Lesestoff gesorgt. Dennoch ist er einer, der in seiner eigen Liga arbeitete und keinesfalls ein Vorbild für Kollegen werden konnte. Ein Einzelgänger, der Erfolg hatte und letztlich, wenn er mehrgeiz und Einsatz entwickelt hätte, wirklichaus dem Ghetto des Heftes hätte ausbrechen können. Doch hatte sich Hubert Straßl in seiner Welt eingerichtet und ihn gelüstete es nicht nach dem Bestseller und zum deutschen Vorzeigeautor füs Phantastische. Schade eigentlich.

Kommentare  

#1 Mikail_the_Bard 2011-07-29 09:10
Zitat:
Andererseits, eine Serie mit Negativfiguren als Protagonisten scheint ausgeschlossen
Naja... vielleicht im Roman... aber Dexter (gleichnamige) Serie, ist ja auch nicht gerade ein Engel...und wenn ich so die Berichte über Dr. Morton lese, der ist doch im Prinzip ein negativ Held.
Gut vielleicht ist dies Thema im Romanheftsektor unpassend, aber interssant wäre: was käme dabei raus wenn der Autor die Möglichkeit hätte sowas zu schreiben?
#2 Laurin 2011-07-29 14:00
Das "blonde Wundertier" dürfte eh nicht mehr wirklich zeitgemäß sein, da einfach zu perfekt und zu glatt wie ein Aal. Da sollten sich die Verlage wie Bastei usw., wenn sie denn etwas neues auf den Markt bringen wöllten dran orientieren. Auch ein "Held" sollte glaubwürdiger sein und Ecken und Kanten haben (und warum eigentlich immer Blond? Gibt es nicht schon genug Blondinenwitze :lol: ).
Ein absolut negativer Held würde in einem abgeschlossenen Roman (Buch) durchaus machbar, in einer Romanserie jedoch schnell abgeschliffen sein.
#3 Pisanelli 2011-07-29 15:37
Es muss ja nicht gleich ins Extrem gehen, weder im Guten noch im Bösen - das ist sowieso eher unrealistisch. Ein Held kann ruhig unsympathische Seiten haben, das macht ihn ja auch interessant.
Ich erinnere an Dr. House oder mir fällt auch die Serie "The Mentalist" ein, wo der Hauptdarsteller auch manchmal ein echtes A... ist.
Ich wüßte nicht, warum sowas im Romanheft nicht möglich sein sollte - ich glaube, viele Leser würden das begrüßen. Diese Holzfiguren, die da heute noch manchmal geboten werden, sind doch einfach langweilig und längst nicht mehr zeitgemäß. Und blonde Recken werden inzwischen eher ungern gesehen, da sie ein gewissen "Arier-Stereotyp" verkörpern, den man nicht haben will.
#4 Hermes 2011-07-29 17:25
@ Laurin

Zitat:
Das "blonde Wundertier" dürfte eh nicht mehr wirklich zeitgemäß sein, da einfach zu perfekt und zu glatt wie ein Aal. Da sollten sich die Verlage wie Bastei usw., wenn sie denn etwas neues auf den Markt bringen wöllten dran orientieren.
Da gab es doch vor kurzem eine Serie mit einem dunkelhaarigen Typen, bei Kelter glaube ich.... :-*
#5 Laurin 2011-07-29 21:04
#4 Hermes:
Das war kein "Held", dass war ne Schlaftablette :P :lol:
#6 Harantor 2011-07-29 23:05
Zitat:
Arier-Stereotyp
Dieser Begriff greift zu kurz und weist in die falsche Richtung. Noch heute belegen Psychologen, dass Blonde beliebter sind als Dunkelhaarige.

Und in der Literatur (das ist ja nicht nur aufs Heft beschränkt) ist der Blonde beliebt als "Protagonist", weil Blonde eben das Image des Guten haben.

Das ist mit von den Nazis missbrauchten "Arier" einfach zu kurz gegriffen.
#7 Laurin 2011-07-30 08:57
Ich hatte mal vor zwei oder drei Jahren einen Artikel gelesen, wonach in der Zukunft eh immer weniger Menschen naturblondes Haar (also sehr hell) haben werden. Da muß man den aussterbenden Strohblonden nicht auch noch zwanghaft ein braunes Hemdchen überziehen und sie als Arier-Typ abstempeln. Mit den Blondinenwitzen haben die es im Leben schon hart genug.
#8 Thomas Backus 2011-07-30 10:33
Was mir auffiel, als ich meine (antiquarisch erstandenen) Gespenster-Krimi Chronologisch zu lesen anfing - fast alle frühen hefte beschäftigen sich mit Variationen des Verrückten Wissenschaftlers.
Mit kam die Idee, dass die Bastei-Autoren damals keine Ahnung vom Grusel hatten, und wenn sie ihre Zweifel äußerten sanft in die Thematik eingewiesen wurden: "Schau mal, wenn man Frankenstein hat, ist das ja im Prinzip ein Kriminalroman, nur dass das Monster das Werkzeug eines kriminellen Wissenschaftlers fungiert ..."
Im Vampir Horror Roman hatte man in der Anfangszeit mit Übersetzungen Erfahrungen gesammelt, demnach waren die dort erschienenen Romane auf einem ganz anderen Niveau.
Ferner hat man das Gefühl, dass die Pabel-Autoren (besonders die des "Dämonenkillers" mehr Ahnung von Magischen Riten und Legenden hatten. Vielleicht haben sie aber auch besser recherchiert).
#9 Laurin 2011-07-31 09:51
Kann es nicht auch durchaus sein, dass man sich beim Thema "verrückte Wissenschaftler" auch gerne an ein Erfolgsrezept anhängen wollte um von dem Kuchen (Larry Brent) auch ein Stück abzubekommen. Das hinterher hecheln ist schließlich auch einfacher als sich selbst einen Kopf darüber zu machen und eigene/neue/andere Ideen umzusetzen, wo man nicht mal weiß ob diese dann wirklich beim Leser zünden.
#10 Harantor 2011-07-31 13:42
@Laurin: Ein Merkmal der Zensur ist, dass sie immer erzwungen ist. Doch hier ist sie nicht erzwungen, sondern eher vorauseilender (und inzwischen weitgehend überflüssiger) Gehorsam. Daher passt der Begriff "Zensur" nicht.

Und in der Frühzeit des Gespenster-Krimi dominierten verrückte Wissenschaftler und Vampire (später dann gepaart mit alten Flüchen). Nenne die Synonyme der beiden Begriffe und Du hast die lösung, warum sie populär waren: Die Synonyme sind: Frankenstein und Dracula. Der Heftroman spiegelt Erfolgsmuster.
#11 Laurin 2011-07-31 19:18
Ähh...ich glaub Harantor, der obere Teil (#10) betrifft einen anderen Artikel. :-*
Ich wußte aber was du meist, nur ich liebe dieses Wort einfach... :P
#12 Thomas Backus 2011-08-01 07:25
Aber wenn man die Selbstkontrolle ausübt, um den drohenden Konsequenzen zu entgehen, dann kommt der Druck, wenn auch indirekt, von Außen. Denn ohne die Furcht vor einer Indizierung hätte man ja andere Romane veröffentlicht ... also zensiere ich mich, bevor es andere tun!
#13 Laurin 2011-08-01 11:03
Ist auch logisch, Thomas Backus. Dies war bzw. ist aber auch der Grund, warum ich eher zu einem Buch greife, wo der Härtegrad um einiges höher liegt. Wenn ich einen Heftroman lese, schraubt sich da bei mir die Erwartungshaltung eh schon merklich herunter und es geht dann eher um die Frage, weiß mich der Autor trotzdem zu fesseln oder breitet sich Langeweile aus (was weniger am Härtegrad liegt als an der Art, wie der Autor seine Geschichte zu schreiben versteht).

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