THE ALTERNATIVE FACTOR (Staffel 1, Episode 27, 1967)

(Staffel 1, Episode 27, 1967)
Wir sind als Fans vorbelastet und so losten wir aus, wer eine absolut positive und wer eine absolut negative Besprechung schreiben musste. Unabhängig davon wie dem jeweils anderen der Film tatsächlich gefallen hat.
Was also folgt ist alles andere als ernst zu nehmen. Oder vielleicht doch? Wir sind doch auch nur Fans
UWE: Eines der ältesten Franchise-Unternehmen neben James Bond war eigentlich schon zu Grabe getragen. Selbst dem Genius eines J.J. Abrams war es nicht unbedingt zuzutrauen, ob er den Phönix aus der Asche zu locken vermochte. Und jetzt müssen selbst die angestaubtesten Fans dieser Fantasy-Welt zugeben, dass mit der elften Leinwand-Inkarnation von STAR TREK der hellste Stern am Himmel leuchtet.
Von Anfang an war der wundeste Punkt im Projekt der Wiederbelebung die Besetzung, was im Auswahlverfahren nicht nur unter argwöhnischen Blicken geschah, sondern ganz einfach für den Erfolg insgesamt verantwortlich gemacht werden würde. Die Angst war vielleicht begründet, hat sich aber längst in alle universellen Richtungen zerstreut. Dies ist einer der seltenen Filme, die bis in die Nebenrollen perfekt und ausgewogen besetzt sind. Doch die Last der Überzeugungsarbeit liegt ganz klar auf Chris Pine und Zachary Quinto, die es exzellent verstehen, ihre eigenen Charaktere zu schaffen, ohne das Vermächtnis der Originale zu verraten. Insbesondere Zachary Quinto gelingt es, den langjährigen Zuschauern dieser Serien den einen oder anderen Schauer über den Rücken zu jagen, und das vor Verzückung. Beide Hauptrollen dominieren, ohne die anderen Darsteller zu unterdrücken. Ihre Präsenz fesselt und lässt innerhalb kürzester Laufzeit vergessen, dass diese Rollen dereinst von anderen vorgegeben waren.
Überhaupt zeichnet sich die gesamte Produktion dadurch aus, dass sie sich vollkommen treu gegenüber den legendären Vorgängern verhält. Dabei gelingt es Abrams und seinen Autoren aber, diese eigenständige Note einzuarbeiten, die nicht nur ein junges Publikum erwartet, sondern der langjährige Fan auch benötigt, damit seine Rakete zündet. Das beginnt schon mit dem überwältigenden Set-Design, das sich konsequent an den ursprünglichen Kulissen orientiert, aber den Mief des Sechzigerjahre-Looks vollkommen vergessen macht. Die Uniformen lassen die Herzen jedes Fans höher schlagen, und könnten auch durchaus Mode werden. Selbst Raumschiffe und Raumstationen haben einen außerordentlichen Wiedererkennungswert, der die Liebe der Designer zum Original sichtbar macht. Selbst das neue Gesicht der Grande Dame des Weltalls gibt keinen Anlass zu Diskussionen. In jeder Hinsicht modernisiert, bleibt die U.S.S. Enterprise elegantester Augenschmaus aller Science-Fiction-Welten.
In wenigen Worten ist die Essenz von STAR TREK kaum zu erklären. Dieses gewisse Etwas, das Ende der Sechzigerjahre den andauernden Erfolg begründete, könnte man am besten mit dem Wort Humanismus beschreiben. Einer der vorangegangenen Kinofilme hatte nicht einmal einen Bösewicht gebraucht. Im aktuellen Film gibt es zwar einen Bösen, und mit Eric Bana hat man ein wahres Feuerwerk an Gefahr und Zerstörung entfacht, doch im Zentrum stehen unumstößlich zwei Männer, deren eigentliche Reise der Weg zu ihrem Innersten bleibt. Zwei Männer, die ihren Platz noch nicht gefunden haben und glauben, der jeweils andere könnte auf diesem Weg hinderlich sein. Hierbei wird Pine und Quinto das meiste abverlangt, weil Abrams dieses prall gefüllte Action-Abenteuer natürlich nicht als Sozialstudie inszeniert hat, sondern die Entwicklung der Charaktere und die Beziehung zwischen den Figuren raffiniert in Dialoge und Spiel einbindet, ohne den steten Anstieg des Tempos zu vernachlässigen.
Die Abrams-Veteranen Brandon und Markey zauberten am Schneidetisch ein grandioses Erzähltempo, das nicht wie gewöhnlich bei dieser Art Filme überfordert, sondern den Zuschauer packt, einbindet und mitreißt. Unterstützt wird dies von ILMs überwältigenden Spezial Effekten, welche sich zu keinem Zeitpunkt über die Geschichte heben. Doch wer schon immer sehen wollte, was es eigentlich mit einem Schwarzen Loch auf sich hat, den lehren die Zauberer von ILM das Fürchten. Wer Raumschlachten einmal realistisch erleben wollte, den setzen die Computer-Spezialisten mitten rein. Und das zeichnet diese eigentlich als perfekt zu bezeichnende Inszenierung von J.J. Abrams aus.
Modern heißt das Schlagwort, und modern ist diese Geschichte von Übermorgen absolut. Schnitt und Kameraarbeit verschmelzen zu einer bildgewaltigen Orgie, wie sie nicht einnehmender inszeniert sein könnte. Abrams versteht es, im richtigen Augenblick den richtigen Ton in der angenehmsten Lautstärke zu finden. Nach außen hin scheint STAR TREK ein großes, buntes Weltraum-Spektakel zu sein. Doch sehr schnell erkennt man darin die meisterliche Leistung, eine Geschichte von Menschen und Menschlichkeit nicht nur modern, sondern auch überzeugend zu transportieren. Selten hat ein nach außen als Action-Abenteuer angelegter Film es fertig gebracht, seine Zuschauer vor Rührung zum Weinen zu bringen. Und wenn Spock von seinen Schuldgefühlen geplagt zusammenbricht, dann sollten sich auch die hartgesottenen Zuschauer bei ihrer Begleiterin um ein Taschentuch bemühen.
Da fügt sich auch Michael Giacchino perfekt ein, der für seine Filmmusik sehr viele Anleihen bei James Horners TREK-Musik macht, welcher die weniger bekannten, dafür aber stimmungsvollsten Soundtracks schrieb. Giacchino hat eines der besten und eingängigsten Themen geschrieben, das einem TREK-Film bisher beschienen war. Virtuos variiert er sein Thema als veredelnden Beitrag zu der hinreißenden Geschichte. Natürlich, und da verrät man nicht zuviel, hört man ebenfalls Alexander Courages TV-Thema, dessen ungewöhnliches Arrangement schlichtweg überwältigt.
STAR TREK ist für viele eine Philosophie, aber in erster Linie ist es ein eigenständiges Universum. Und die Zukunft dieses Universums ist trotz aller bisherigen Filme und Serien nicht mehr vorgegeben, verdampft quasi im Schatten einer Supernova. Mit dem raffinierten Einfall einer Zeitreise und den daraus resultierenden Möglichkeiten von Veränderung werden die stellaren Konstellationen neu gemischt. Ein trickreicher, aber auch notwendiger Schachzug, der Überraschungen genauso zulässt wie das Spiel mit bekannten Klischees. Da trägt dann mal kurz ein bekannter Hund genauso zur Geschichte bei, wie das schockierende Ende einer ganzen von Fans geliebten Welt.
Das ist STAR TREK, dem sich auch der hartnäckigste Fan nicht verschließen kann. Allen unverbesserlichen Tiraden zum Trotz. Aber im Weltraum hört dich niemand schreien, so musste J.J. Abrams auf nichts hören und konnte sein Ding durchziehen. Abrams hat sich diese Welt nicht angeeignet, sondern für diejenigen neu erzählt, die diese Welt kennenlernen oder in sie zurückkehren möchten. In diesen 126 Minuten fließt spürbar so viel Herzblut, dass die Fortsetzung nicht schnell genug kommen kann. Der Phönix hat sich tatsächlich aus der Asche erhoben ¬ und das mit Warp-Speed.
Uwe: Ich fände es unverantwortlich, einem großen Filmstudio zuzumuten, einen Film für Fans zu produzieren. Das können Filmemacher tun, die keine 126 Millionen Dollar rechtfertigen müssen. Kein Kinofilm der bisherigen Star-Trek-Reihe unterwarf sich den Hirngespinsten des Fandoms. Abrams nahm sich auch dies zu Herzen und begründete somit eine eigentlich bekannte Welt vollkommen neu, aber viel ehrlicher und dem Gedanken der Vorlage näher, als es die letzten vergeblichen Inkarnationen in Form von Filmen und Serien waren.
Uwe: Gerade die gesunde Mischung von Popcorn-Kino und Drama machen deutlich, woran in den vergangenen Jahren STAR TREK erkrankt war. Das Drehbuch versteht es wie selten in Filmen dieser Größenordnung, Nebendarsteller mit pointierten Dialogen und markanten Szenen wesentlich gewichtiger und herausragender zu inszenieren. Und mit exzellenten Darstellern wie Urban, Saldana und natürlich dem hinreißenden Yelchin bleibt der Film stets auf einer konstanten Ebene, den Zuschauer zu unterhalten, zu fesseln und ihn am Ende nach mehr verlangen zu lassen. Diese Nebenrollen sind keine lustigen Sidekicks oder drohende Bedenkenträger, sondern integraler Bestandteil eines überwältigenden Gesamtkonzepts.
STAR TREK
Darsteller: Chris Pine, Zachary Quinto, Karl Urban, Zoe Saldana, Simon Pegg, John Cho, Anton Yelchin und Bruce Greenwood, Eric Bana, Ben Cross, Winona Ryder, Chris Hemsworth, Jennifer Morrison sowie Leonard Nimoy
Regie: J.J. Abrams Drehbuch: Roberto Orci, Alex Kurtzman Kamera: Daniel Mindel Bildschnitt: Maryann Brandon, Mary Jo Markey Musik: Michael Giacchino Produktionsdesign: Scott Chambliss Kostüme: Michael Kaplan Special Effects Supervisor: Roger Guyett
USA / 2009 circa 126 Minuten
Kommentare
Grundsätzlich ja.
Dickes ABER: Zumindest Chris Pines und Zachary Quintos Gagenzettel
werden nach dem zweiten Kinofilm, der schon in Vorproduktion ist, so
hohe Zahlen aufweisen, das ihr Marktwert für eine TV-Serie nicht bezahlbar
wäre.
Mit anderen Darstellern würde man sich wieder auf vollkommen anderes
Terrain begeben, da Pine wie Quinto schon jetzt Kirk und Spock ihren
Stempel aufgedrückt haben.
Und welchen Inhalt sollte diese Serie haben? Basierend auf
Anspielungen und Zitaten, wie es der Film zelebriert? Einen
zusammenhängenden Überbau wie bei FRINGE und LOST gab es
ja schon bei ENTERPRISE.
Diese Kuh wird jetzt erst noch zweimal gemolken und dann wird
man sehen. Auch wenn ich an der Tauglichkeit zweifle, hat man
ja bekanntlich schon Pferde kotzen sehen.
Da sie im Film, so wie ich es verstanden habe, die Zeitlinie verändert haben, grundsätzlich ja. Allerdings würde wohl trotzdem nichts wesentlich anderes rauskommen. Welches Thema wurde denn bei Star Trek nicht schon durchgekaut. Ich denke, ein Comeback würde nur funktionieren mit einer sehr modernisierten, noch zukünftigeren Variante, in der ganz neue politische Konstellationen im All und neue Außerirdische etc. auftauchten - und selbst das ist fraglich. Ich persönlich würde aber wieder Star Trek gucken, egal, was sie anbieten. Bis auf "Enterprise" hat es mir immer gefallen.
Immerhin ist es möglich, entweder völlig neue Storylines zu entwerfen oder aber nach Belieben ganz oder teilweise auf vorhandene Elemente zurückzugreifen. Wie hat sich das Klingonische Imperium entwickelt? Was wurde aus V'ger? Hat schon jemand Khan aufgeweckt? Was ist mit der Doomsday Maschine? Mit Trelane (oder Q?)? Organia? Talos IV? usw. usw.
Eine neue TV-Serie ist, wenn überhaupt, nur in der Classic-Ära denkbar. Man wird sich nicht nach dem gerade abgeschafften Canon die Filme durch einen neuen Canon behindern wollen. Andere Mannschaft, anderes Schiff (Reliant, Defiant, Intrepid?), warum nicht. Aber Behaglichkeit à la TNG ist sicherlich out. Könnte vielleicht eher in Richtung BSG gehen...
joe p., redest Du jetzt im ersten Teil Deines Kommentares von Serie,
oder Filmen? Denn, Hand aufs Herz, das was bei Abrams Film
geboten wurde war ja alles andere als eine Handlung. Die muss sich jetzt
im zweiten Teil als 'Star Trek' beweisen.