Die Geister, die ich rief - Läuterung eines TV-Moguls
Die Geister, die ich rief
Läuterung eines TV-Moguls
„A Christmas Carol“, wie das Dickens-Buch in der Originalausgabe heißt, erschien erstmals im Jahr 1844 und hat sich seitdem zu einem der größten Weihnachtsklassiker der Literaturgeschichte entwickelt. Die Adaptionen in den unterschiedlichsten Medien sind mannigfaltig, und es vergeht mittlerweile kaum mehr ein Weihnachtsfest, an dem nicht auf irgendeinem deutschen Sender irgendeine der zahlreichen Verfilmungen ausgestrahlt wird. Zu den nach wie vor bekanntesten zählen sicherlich die kongeniale Fassung von Brian Desmond Hurst mit Alastair Sim in der Rolle des menschenverachtenden und Weihnachten hassenden Ebenezer Scrooge oder die kunterbunte, launige und liebenswerte Puppenversion von Brian Henson, „Die Muppets Weihnachtsgeschichte“ aus dem Jahr 1992. Unter den Dutzenden weiteren Interpretationen finden sich auch „Mister Magoo’s Christmas Carol“ (1962), „Bugs Bunny’s Christmas Carol“ (1979), „Mickys Weihnachtserzählung“ (1983) oder „A Jetson Christmas Carol“ (1985). Wie man deutlich erkennen kann, haben insbesondere die Amerikaner Dickens‘ Geschichte in ihre Popkultur integriert und sie in immer wieder neuen Formen vor allem den Kindern zugänglich gemacht. Das ist auch gut so, schließlich handelt das Märchen von der Läuterung eines bösen und eigennützigen Menschen, der durch die Begegnung mit drei Geistern an Heiligabend zu einem besseren Menschen gewandelt wird. Und wo, wenn nicht im US-amerikanischen Kommerzfernsehen, gibt es besonders viele eigennützige Menschen, die dringend einer Läuterung bedürfen?
Frank Cross (Bill Murray) hat es weit gebracht beim Fernsehsender IBC, dem er mittlerweile als Präsident vorsteht. Für Heiligabend plant er die Übertragung eines Live-Fernsehspiels auf Grundlage von Charles Dickens „Eine Weihnachtsgeschichte“ mit Buddy Hackett (spielt sich selbst) und John Houseman (ebenfalls er selbst, in seinem letzten Filmauftritt) in zentralen Rollen. Auf Biegen und Brechen möchte er das Publikum vor die Fernsehgeräte zwingen, damit die Werbeeinnahmen sprudeln. Den übereifrigen Angestellten Eliot Loudermilk (Bobcat Goldthwait) entlässt Cross einen Tag vor Heiligabend, weil er ihm nicht in den Kram passt; seine Sekretärin, die alleinerziehende Mutter Grace Cooley (Alfre Woodard) verdonnert er zu Überstunden. Da erscheint ihm die schon stark verweste Leiche seines ehemaligen Bosses Lew Hayward (John Forsythe), der Cross das Erscheinen von drei Geistern für den nächsten Tag ankündigt. Schlag zwölf an Heiligabend landet der Präsident dann tatsächlich im Taxi des Geistes der vergangenen Weihnacht (David Johansen), der ihn mitnimmt auf eine Zeitreise in seine Vergangenheit. Dort wird Cross Zeuge, wie wichtig ihm als Kind Weihnachten mal war und wie sehr er damals von seiner Familie enttäuscht wurde. Kurz darauf steht der Geist der gegenwärtigen Weihnacht (Carol Kane) in der Tür und zeigt dem Egoisten, wie die Menschen aus seinem unmittelbaren Umfeld den Feiertag verbringen. Nach und nach öffnen sich die Augen des Emporkömmlings.
Richard Donner gelingt es mit „Die Geister, die ich rief…“, den Spirit der Dickens-Vorlage zu bewahren und die Geschichte gleichermaßen ins späte 20. Jahrhundert zu transportieren. Die Verortung im TV-Business ist eine gute Idee, zumal es mit der eingebetteten Inszenierung der Fernsehversion auch einige Seitenhiebe auf das Medium erlaubt und etlichen Stars Gelegenheit zu Kurzauftritten gibt. Den Film dominiert nichtsdestotrotz Bill Murray, dem man den Schalk im Nacken ansieht und der die gehaltvolle Rolle in vollen Zügen genießt. Die liebenswerten, handgemachten Spezialeffekte (das Make-up erhielt darüber hinaus eine Oscar-Nominierung) können auch heute noch auf der ganzen Linie überzeugen und machen den Film insgesamt zu einem kurzweiligen Spektakel, das dennoch nicht überladen wirkt. Die 4KUHD-Erstveröffentlichung präsentiert den Film in einem astreinen, gestochen scharfen und ausgewogenen Bild (im Widescreen-Format 1,78:1). Der Ton liegt leider nur in der englischen Originalversion im DTS HD Master Audio 5.1 vor, Deutsch, Italienisch, Französisch und Spanisch sind Dolby Digital 2.0 Stereo aufgespielt, Spanisch für Lateinamerika in Dolby Digital 2.0 Mono. Untertitel sind optional in vierzehn verschiedenen Sprachen verfügbar. Erstmals sind nun auch Extras mit aufgespielt. Diese umfassen einen Audiokommentar von Regisseur Richard Donner, die Specials „Ein Weihnachten für die Ewigkeit“ (14 Minuten), „Ein Update für Ebenezer“ (14 Minuten), „Die Geister zum Leben erwecken“ (10 Minuten), „Der Look von Die Geister, die ich rief“ (6 Minuten), „Am Set mit Bill Murray“ (7 Minuten) sowie Showest-Clips mit Bill Murray (2 Minuten).