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Die Wunderwelt der Gebrüder Grimm - Märchenhafte Geschichten

Die Wunderwelt der Gebrüder Grimm

Märchenhafte Geschichten

Der 1962 von MGM und Cinerama konzipierte Mix aus Biopic und Märchen-Anthologie „Die Wunderwelt der Gebrüder Grimm“ nimmt in der Filmgeschichte wahrlich einen besonderen Platz ein. Es handelt sich dabei um einen der wenigen Filme, die mit drei Kameras parallel aufgezeichnet und anschließend in den Kinos von drei Projektoren parallel auf eine gebogene Leinwand geworfen wurden, um einen möglichst räumlichen Effekt zu erzeugen. Damit wurde Cinerama zum Vorreiter des modernen Breitwandbildformates.

Als Thema haben sich die beiden Regisseure George Pal und Henry Levin die Lebensgeschichte der Gebrüder Grimm auserkoren, die aufgrund ihrer zu Papier gebrachten Märchen weltweite Berühmtheit erlangten. Es wird in „Die Wunderwelt der Gebrüder Grimm“ aber nicht nur die Lebensgeschichte von Jacob und Wilhelm Grimm erzählt, sondern auch drei ihrer weniger bekannten Märchen, die auf unterschiedliche Weise in die Erzählung eingewoben sind. Zu Beginn wird die angespannte finanzielle Situation der beiden Brüder geschildert, die nur mietfrei in einem Haus wohnen dürfen, um die Familiengeschichte des Herzogs (Oscar Homolka) niederzuschreiben. Insbesondere Wilhelm Grimm (Laurence Harvey) hat darauf keine rechte Lust, da er sich viel mehr für Märchen, Sagen und Legenden begeistern kann, die die Menschen sich erzählen. Anstatt für seine Frau Dorothea (Claire Bloom) und die beiden halbwüchsigen Kinder Brot zu kaufen, bezahlt er eine Blumenverkäuferin (Elisabeth Neumann-Viertel) dafür, ihm mal wieder ein neues Märchen zu erzählen. Der wesentlich seriösere Bruder Jacob (Karlheinz Böhm), der ansonsten Bücher zur deutschen oder serbischen Grammatik verfasst, ist von dieser laxen Einstellung Wilhelms mehr als enttäuscht.

Wilhelm findet immer wieder Gelegenheit, seinen oder fremden Kindern neue Märchen zu erzählen, deren Inszenierung im Film George Pal übernommen hat. Die erste Geschichte, „Die zertanzten Schuhe“, handelt von einer Prinzessin (Yvette Mimieux), die nach jeder Nacht ruinierte Schuhe aufweist. Ihr Vater, der König (Jim Backus), verspricht demjenigen sein halbes Königreich und die Hand seiner Tochter, der hinter ihr Geheimnis kommt. Ein einfacher Jäger (Russ Tamblyn) erhält von einer Zigeunerin (Beulah Bondi) eine Tarnkappe, mit der es ihm gelingt, der Prinzessin auf ihrem nächtlichen Ausflug in ein Zigeunerlager im Wald zu folgen. Das zweite Märchen handelt von einem Schuster („Der Schuster und die Zwerge“), der kurz vor Weihnachten viel lieber an kleinen Puppen schnitzt, als die dringend benötigten Schuhe seiner Kunden fertigzustellen. In der Nacht vor dem großen Ball erwachen die Puppen zum Leben und stellen gemeinsam alle Schuhe fertig. Das dritte Märchen des Films, „Der singende Knochen“, wird von der Geschichtenerzählerin Anna Richter (Martita Hunt) in ihrem Haus im Wald bei Rheinburg einer bunten Schar Kinder erzählt. Wilhelm lauscht heimlich vor dem Haus, weil Erwachsene bei Anna Richter nicht erwünscht sind. Es handelt von Ritter Ludwig (Terry-Thomas), der gemeinsam mit seinem Knappen Hans (Buddy Hackett) auszieht, um einen feuerspeienden Drachen zu besiegen.

Die Rahmenhandlung von „Die Wunderwelt der Gebrüder Grimm“ ist sehr amerikanisch ausgefallen und erinnert mehr als einmal an die zuckersüßen und weltfremden Filme von Walt Disney. Die Nacherzählung der Märchen ist generell überzeugender und unterhaltsamer ausgefallen, vor allen Dingen das dritte Märchen „Der singende Knochen“ weist dabei die nötige Portion Humor auf. Sowohl die Stop-Motion-Animationen der Puppetoons in „Der Schuster und die Zwerge“ als auch die des Drachen in „Der singende Knochen“ sind nach wie vor Highlights des Films, der durchweg auch durch seine detailreiche Ausstattung, die faszinierenden Originallocations in Deutschland und eine ausgezeichnete Kameraführung zu überzeugen versteht.

Die exzellente Kameraarbeit kommt auf der BluRay-Erstveröffentlichung, die vom in 4K remasterten Original erstellt wurde, mehr als angemessen zur Geltung. Auf den beiden Scheiben des DigiPaks kann man zwischen der Letterboxed Version des Films (im korrekten 2,89:1-Widescreenformat) und einer Cinerama-Smilebox-Version (im Format 2,76:1) auswählen, die das beabsichtigte Rundumerlebnis auf unterschiedliche Weise rekonstruieren und jeweils deutlich anders wirken als die Versionen, die man bei bisherigen Fernsehausstrahlungen des Films zu sehen bekam. Dazu tragen sicherlich auch die kräftigen Farben und der hohe Detailreichtum im Bild bei, das man noch nie zuvor in dieser atemberaubenden Brillanz erleben konnte. Der Ton (Deutsch in Linear PCM 2.0 Stereo und Englisch wahlweise im DTS Master Audio 5.1 oder DTS Master Audio 2.0 Stereo, optional mit deutschen und englischen Untertiteln) kann ebenfalls voll und ganz überzeugen. Diese Fassung enthält nun auch Ouvertüre, Intermission, Entr’acte und Exit-Musik, wodurch sich eine Gesamtlaufzeit von 140 Minuten ergibt. Die umfangreichen Extras umfassen die Specials „Die wunderbare Karriere von George Pal“ (9 Minuten), „Das Fantastische Artwork“ (7 Minuten), Radio-Interviews mit Russ Tamblyn (5 Minuten) und Yvette Mimieux (6 Minuten), „Rettung eines Fantasy-Klassikers“ (40 Minuten), „Zu Ehren William R. Foreman“ (2 Minuten), „Ortsgedenktafel Rothenburg, Deutschland“ (1 Minute), diverse deutsche und englische Originaltrailer, eine sehr große Bildergalerie und eine ebenso umfangreiche animierte Behind-the-Scenes- und Werbematerialien-Slideshow (12 Minuten).

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