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AMANDO DE OSSORIO - Eine kleine Werkschau: Teil 9: LA ENDEMONIADA

Amando de Ossorio - Eine kleine WerkschauTeil 9:
LA ENDEMONIADA

Sein letzter Horrorfilm wurde kaum noch richtig bekannt. Heutzutage ist LA ENDEMONIADA eine echte Rarität, denn er hat noch keine nennenswerte DVD-Veröffentlichung und die alten Videokassetten sind nicht mehr auffindbar. Von einer TV- oder gar Kinoaufführung wollen wir gar nicht erst reden. Umso überraschender ist es, dass man einen vollständigen Ripp der US-Videokassette auf "You Tube" findet.

 

Der GeistEr war einer von vielen Nachziehern im Fahrwasser von THE EXORCIST (USA 1973) und wird auch heute noch als solcher links liegen gelassen. Das verwundert wenig, hatte er doch ein sehr mageres Budget und keine Sensationen zu bieten wie seine Vorlage. Aus der Not machte de Ossorio jedoch eine Tugend. Er setzte die Story ein wenig anders und verlagerte die Handlung so, dass kaum Effekte von Nöten waren.

Mutter Gautere, die ein Baby entführt hat, wird von der Polizei verhaftet. Die Frau begeht Selbstmord, ehe sie in Versuchung kommt, etwas zu sagen. Eine Hexe ihrer Zigeunersippe schwört Rache und macht sich an die Tochter Susan des Police-Commissioners Barnes heran. Sie übergibt ihr eine kleine Teufelsstatue. Darauf dringt der Geist von Mutter Gautere in das Mädchen ein. Fortan verändert sich das Verhalten des Mädchens.

Anne Crawford, die Gouvernante des Kindes, ist zunehmend irritiert über das neue Verhalten, das ungewöhnlich aggressiv ist und sich auch in sehr vulgärer Sprache äussert. Ein Arzt, der konsultiert wird, findet heraus, dass Susan von überaus hoher Intelligenz ist. Nach und nach führen die Aktivitäten Susans dazu, an eine Besessenheit zu glauben. Susan selbst verwandelt sich hin und wieder in Mutter Gautere. Als solche tötet sie das entführte Baby während einer Satansmesse.

TeufelsaustreibungSusan lockt den Freund Annes in den Park und tötet ihn dort. Sie entmannt ihn und überreicht das abgeschnittene Objekt der entsetzten Anne als Geschenk. Bald darauf entführt Susan ein weiteres Baby, wird dieses Mal aber verfolgt. Die Satansmesse wird gestört. Susan flieht, wird jedoch von dem Priester gestellt, der die Hexe austreiben kann. Susan stirbt jedoch dabei.

Wie immer bei solchen Filmen ist es ein Leichtes, sich auf die Schwächen zu stürzen und ihn zu verreissen oder ins Lächerliche zu ziehen. Nun mag man meine Penetranz entschuldigen, aber ich finde so etwas immer wieder unfair. Im Verlaufe des Schauens der Filme musste ich zwar feststellen, dass de Ossorio von vielen Leuten deutlich überschätzt, von vielen Leuten aber auch zu Unrecht herunter gemacht wird.

Der Exorzist und die Kindhexe - VideocoverNatürlich wäre es für mich wieder einfach, die Leier von dem Minibudget zu bringen. Das aber kann man so auch nicht immer stehen lassen. Viele Filme in der Geschichte sind trotz Geldbörse aus Zwiebelleder durch die Kreativität der Macher zu echten Highlights geworden. LA ENDEMONIADA kann einen solchen Status für sich bestimmt nicht beanspruchen, doch er ist zumindest in Teilen besser als es der Anschein vermuten lässt.
"Man brachte mir Mariàn Salgado für die Rolle des besessenen Mädchens. Sie hatte Linda Blair in der spanischen Version von THE EXORCIST synchronisiert. Das gab mir einen beachtlichen Vorteil für den heimischen Markt."
(Amando de Ossorio)
Und er hatte sogar Glück dabei, denn das überraschend ausdrucksstarke Gesicht des Mädchens lässt sie die Rolle sehr gut meistern. Dabei ist sie sogar einigen in der bemerkenswert namhaften Besetzung überlegen. Fernando Sancho etwa spielt entsetzlich lustlos und Lone Flemings ständig weit aufgerissene Augen ziehen ihre Rolle fast ins Lächerliche. Wieder einmal zeigt dieser Film, dass de Ossorio kein guter Schauspieler-Regisseur war. Er hatte offenbar das hingenommen, was die Leute vor der Kamera ihm boten.

Marian DelgadoDie Story ist nicht ganz so peinlich löchrig wie viele vorher. Entgegen des Trends der Nachfolger des Blockbusters ist die Besessenheit nicht dämonischen Ursprungs. Eine simple Seelenwanderung und der Geist der alten Hexe übernimmt den Körper des Mädchens. Dadurch erspart er dem Zuschauer ein erneut herumheulendes, keifendes und kotzendes Opfer. Stattdessen versucht die Umgepolte zu intrigieren und ihr unschuldiges Äusseres sozusagen als Waffe zu benutzen.

Ein paar Dinge aus dem grossen amerikanischen Vorbild werden hier natürlich trotzdem eingebracht, denn de Ossorio wusste schliesslich, was das Publikum verlangte. So werden auch ein paar Möbel hin und her geschoben, der Kopf des Mädchens dreht sich um 180 Grad, der Körper schwebt auf und nieder. All das hat nichts mit der Geschichte zu tun, sondern sind lediglich aufgesetzte Momente. In einer Szene klettert die Besessene eine Hausmauer kopfüber herunter. Dieses ist wirklich blamabel gemacht, denn der Rock des Mädchens reicht weiterhin bis zu den Knien, was zeigt, dass das Bild einfach nur umgedreht wurde. Nun, die Verwandlungen in die Hexe sind mit billiger Überblendtechnik gemacht, aber darüber kann man hinweg sehen.

Das Ende (am Set)In einer überflüssigen Nebenhandlung wird uns die Geschichte des Priesters erzählt, der, als er sich für die Kirche entschloss, sein Liebchen ins Unglück stürzte. So ist sie nun eine Prostituierte, die, nachdem sie wieder mit dem Padre zusammen trifft, Selbstmord begeht. Hmm, es ist anzunehmen, dass diese Sache nur im Film auftaucht, um die hübsche Maria Kosti zu besetzen, die zu den Lieblingsschauspielerinnen de Ossorios zählte.

Überraschend ist die Tatsache, dass der Film selten wirklich berechenbar ist. Komischerweise resultiert das ausgerechnet aus einer Schwäche der Story. Es wird nie wirklich klar, was die Hexe im Körper des Mädchens zu erreichen versucht. Zum Einen nimmt sie an den Opferriten der Zigeuner teil, zum Anderen tötet sie zwei Menschen, was aber keinen Sinn ergibt. Dass das Kind am Ende stirbt, ist ebenfalls überraschend und eigentlich gar nicht notwendig.

Demon Witch ChildZigeuner sind dreckig, faul, hintertrieben, grausam und Kindermörder. Wenn man etwas an diesem Film kritisieren will, dann ist es das Bild, das er von diesen Menschen zeichnet. Natürlich braucht die Story eine Auslösung, damit sie in Gang kommt. Es mutet jedoch seltsam an, dass es immer Randgruppen oder Andersfarbige sind, die negativ dargestellt werden. Das ist kein Problem de Ossorios allein. Bis in die 80'er Jahre war so etwas durchaus Standard. Es zieht diesen Film, wie auch schon LA NOCHE DE LOS BRUJOS, ein wenig ins Ärgerliche.

Aber wenn man diese Sache übersehen kann, dann ist LA ENDEMONIADA ein akzeptabler Zeitvertreib. Er kann sicherlich den führenden Vertretern wie THE EXORCIST (Der Exorzist, 1973) oder L'ANTICHRISTO (Schwarze Messe der Dämonen, Italien 1974) nicht das Wasser reichen, aber er stellt ihnen eine unspektakuläre und unterhaltsame Variante gegenüber. Und er ist allemal kurzweiliger als der zum Gähnen einladende, ebenfalls 1975 in Spanien entstandene, Streifen EXORCISMO mit Paul Naschy.

Marián Salgado übrigens zog aus diesem Film keinen Nutzen. Sie trat lediglich im Jahr darauf noch in dem höllisch spannenden Horrorthriller QUIÉN PUEDE MATAR A UN NINO? (Tödliche Befehle aus dem All/Ein Kind zu töten...) auf, der noch deutlicher ihr schauspielerisches Talent zeigte. Warum sie danach dieses nicht nutzte und keine weiteren Filme drehte, wird wohl immer ein Geheimnis bleiben.


La EndemoniadaLA ENDEMONIADA
Isaac Hernández Porcela, Richard Films P.C. 1975 – 89 Minuten
Regie und Rehbuch: Amando de Ossorio
Kamera: Vicente Minaya
Schnitt: Pedro del Rey
Spezialeffekte: Pablo Pérez
Musik: Diego und Victor
mit Julián Mateos (Vater Juan), Marián Salgado (Susan Barnes), Lone Fleming (Anne Crawford), Ángel del Pozo (Comissioner Barnes), Fernando Sancho (Inspektor), Kali Hansa (Zigeunerin), Tota Alba (Hexe), Daniel Martin (William Grant), Maria Kosty (Esther), Roberto Carmadiel, Fernando Hilbeck, Julia Saly, Maria Vidal.

Alternativtitel:
DEMON WITCH CHILD (International)
DER EXORZIST UND DIE KINDHEXE (BRD)
EL PODER DE LAS TINIEBLAS (Spanien – Wiederaufführung)
L'ERETIE (Italien)
THE POSSESSED (USA)

DVD–Veröffentlichungen:

DEMON WITCH CHILD
(Videoasia)
1,33:1, englische Synchro

DEMON WITCH CHILD (Sinister Cinema)
1,33:1, englische Synchro

In Deutschland ist der Film lediglich Anfang der 80'er in einer gekürzten und mies synchronisierten Fassung bei "Starlight Video" erschienen.

Der komplette Film auf You Tube (4:3, englisch, schlechte Bildqualität)

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