Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Ghetto oder Paradies? - Rollenspiel-Neuheiten auf der SPIEL 2008

Logo Spiel 2008Ghetto oder Paradies?
... oder die Rollenspiel-Neuheiten auf der SPIEL 2008
und die Eindrücke eines Erstbesuchers

Nun, eines muss ich gleich vorweg klarstellen: Wie im Ghetto habe ich mich wahrlich nicht gefühlt auf der diesjährigen SPIEL, der Internationalen Spielwaren-Messe in Essen. Allerdings konnte ich mir die (seltsam klingende) Überschrift angesichts des Artikels meines Redaktionskollegen Stefan Holzhauer nicht verkneifen, der die Halle 6, welche für die Live Action- und Pen&Paper-Rollenspieler reserviert war, (scherzhaft) als eben solches bezeichnet hatte.

w20-WürfelVielmehr bin ich mir wie im Paradies vorgekommen. Gut, teilweise ein ziemlich schräges Paradies, vor allem wenn man die Gewandeten bzw. etwas seltsam gekleideten Besucher und Promotion-Mitarbeiter einiger Verlage betrachtet, doch allein die ungeheure Anzahl an Rollenspielern und Verlagen, die unübersichtliche Menge an Produkten rund um diese häufig zu Unrecht in der Öffentlichkeit als Nischenprodukt für Freaks und große Kinder dargestellte Spielgattung konnte mich auf Anhieb begeistern und in ihren Bann ziehen.

Nachdem ich nun bereits seit ca.18 Jahren mehr oder weniger leidenschaftlich Rollenspieler bin, war es dieses Jahr doch tatsächlich mein erster Besuch auf dieser Veranstaltung.

Und, was soll ich sagen, es hat sich gelohnt. Eine bessere Möglichkeit, sich über Neuerscheinungen aller wichtiger (und vieler kleiner, aber nicht unbedingt unwichtiger) Verlage zu informieren und sogar den einen oder anderen Autor höchstpersönlich antreffen zu können, gibt es wohl in ganz Deutschland nicht.

Nachdem Stefan Holzhauer bereits ausführlich über seine Eindrücke von der diesjährigen Spiel berichtet hat und dabei den Fokus insbesondere auf LARP-Produkte und Brettspiele gerichtet hat, möchte ich nun meinen Teil dazu beitragen, über einige (aus meiner Sicht) interessante Neuerscheinungen aus dem Pen & Paper-Sektor zu informieren und nebenbei noch die Eindrücke eines SPIEL-Neulings zu formulieren.

Logo DSA Allen, die nicht so genau wissen, worum es sich bei Rollenspielen überhaupt handelt, lege ich meinen Artikel zu diesem Thema ans Herz, der demnächst hier erscheinen wird (genau gesagt am 17. November in der Rubrik Fantasy - Gespieltes).

 
 

Im Gegensatz zu Stefan Holzhauer hatte ich das Glück, mit dem Sonntag einen der weniger stark frequentierten Öffnungstage erwischt zu haben. Zumindest war es zwar alles andere als leer, aber man konnte eigentlich an jedem Stand mehr oder weniger bequem verweilen und auch das Geschiebe in den Gängen hielt sich meiner Meinung nach in Grenzen.

Aber bevor es das feststellen konnte Stand natürlich ein relativ weiter Weg auf dem Plan, und damit meine ich nicht nur den Weg vom Eingang der Messe zu Halle 6.

Bereits früh am Morgen war ich in Begleitung meines Kumpels Wolle nach Essen aufgebrochen. Da ich (wie erwähnt) noch nie auf einer derartigen Großveranstaltung gewesen bin, war ich natürlich schon ein wenig nervös und wusste nicht so genau, was mich dort erwarten würde.

Nachdem wir es dann endlich nach Essen geschafft hatten und wir nicht nur einen geeigneten Parkplatz gefunden hatten und uns an der (glücklicherweise relativ leeren) Kasse unsere Eintrittskarten besorgt hatten, ging es nun hinein in die Messehallen. Hui, dachte ich mir, das ist ja wirklich groß hier. Natürlich waren wir nicht direkt in Halle 6 angekommen, die ja unser hauptsächliches Ziel darstellte. So waren wir gezwungen uns einen Weg ins Mekka der Rollenspieler zu suchen, was uns als mehr oder minder erfahrenen Waldläufern natürlich auch gelang.

Endlich in Halle 6 angekommen, war ich schon ziemlich beeindruckt – klar hatte ich mir auch den Rollenspielbereich nicht ganz klein vorgestellt, doch eine so beeindruckende Zahl an Ständen unterschiedlicher Verlage hatte ich dann doch nicht erwartet.

Sogleich packte ich meinen Notizzettel und begann, die Stände der Verlage zu suchen, bei denen ich mir die Präsentation besonders interessanter Produkte erwartete.

 
 

Spielerbuch Dungeons & DragonsGleich als erstes blieben wir am Stand von Feder & Schwert hängen, dem deutschen Verlag von „Dungeos & Dragons“ und dem „Warhammer Fantasy-Rollenspiel“. Hier gab es nicht nur Neuigkeiten für alle D&D-Spieler zu begutachten, wie beispielsweise das Spielerhandbuch für die 4. Edition der „Mutter aller Rollenspiele“, sondern, wie mich Verlagsleiter Oliver Hoffmann wissen ließ, auch Oliver Plaschkas (u.a. Autor von „Narnia – Das Rollenspiel“) Roman „Fairwater oder Die Spiegel des Herrn Bartholomew“, der gerade mit dem Deutschen Phantastik Preis 2008 in der Kategorie „Bestes Debüt“ ausgezeichnet wurde.

 
 

Bereits der Klappentext lässt eine interessante und äußerst fantastische Geschichte erahnen. Wenn nichts dazwischenkommt, könnt ihr demnächst eine Rezension zu „Fairwater“ hier auf Zauberspiegel-Online lesen.

Cover DSA - WetterleuchtenWeiter ging es dann zu Ulisses-Spiele, wo es leider nur zwei DSA-Neuheiten zu betrachten gab. Das Abenteuer „Wetterleuchten“ ist eine Anthologie rund um die Vorgeschichte zu einem Ereignis von aventurienweiter Tragweite, dem Donnersturmrennen (Cover siehe links. Teilweise sind die Bilder verkleinert dargestellt und öffnen sich beim Klick in einem separaten Fenster).

Bereits 1989 war „Das große Donnersturmrennen“ aus der Feder von Barbara und Hadmar von Wieser erschienen, ein Abenteuer, das auch heute noch zu den beliebtesten DSA-Abenteuern aller Zeiten zählt. Alle 25 Jahre findet ein Wagenrennen quer durch den Kontinent statt, an dessen Ende den Gewinnern ein ganz besonderer Preis winkt: Der Donnersturm, der göttliche Streitwagen der aventurischen Göttin des Krieges, Rondra. Nun, 25 aventurische Jahre später, steht das nächste Donnersturmrennen vor der Tür, welches ausführlich im kommenden Band „Donner und Sturm“, geschrieben unter anderem von Thomas Finn, beleuchtet werden wird.

Die vier Kurzabenteuer in „Wetterleuchten“ führen die Helden nach Donnerbach, Brig-Lo, Neetha und Winhall und lassen die Spieler die Vorgeschichte zu „Donner und Sturm“ miterleben.

 

„Der Kult der goldenen Masken“ ist aus zwei Gründen von besonderem Interesse. Mark Wachholz, der als Autor fungierte, bietet hier sowohl Neulingen im Bereich DSA die Möglichkeit und setzt somit quasi die erfolgreiche Tradition der Einsteigerabenteuer (z.B. „Der Alchemyst“, „Die Einsiedlerin“, „Der Händler“) fort.

Cover DSA - DrakensangIm Abenteuer, welches (für DSA-Verhältnisse ungewöhnlich) durchgehend farbig gestaltet ist, sind so auch haufenweise Tipps zum leiten für Anfänger enthalten. Der zweite interessante Aspekt ist die Verknüpfung mit dem DSA-Computerspiel „Drakensang“, das übrigens auch in größerem Umfang am Ulisses-Stand beworben wurde.

Der Klappentext verrät: „Der Kult der goldenen Masken beginnt da, wo das DSA-Computerspiel Drakensang endete: Noch längst sind nicht alle Geheimnisse gelüftet, und alte, längst geschlagen geglaubte Mächte erwachen zu neuen Untaten ...“. Na, das klingt ja durchaus spannend und bietet hoffentlich auch die Möglichkeit die Rollenspielerszene mal wieder mit frischem Blut zu versehen.

 
 

Schön war im Übrigen auch, dass auch namhafte Autoren wie Thomas Römer am Stand zugegen waren und sich die Zeit nahmen, mit Fans und Spielern zu reden. Römer, der bereits zu Kiesow-Zeiten (Erfinder des Schwarzen Auges) für DSA tätig war und dem die Spielergemeinde so hervorragende Abenteuer wie „Staub und Sterne“, „Alptraum ohne Ende“ und „Pforte des Grauens“ zu verdanken hat, ist zurzeit gemeinsam mit Florian Don-Schauen Chefredakteur von DSA bei Ulisses-Spiele.

 

Cover Cthulu - USA Bei Pegasus gab es gleich drei neue Hardcoverbände für das Cthulhu-Rollenspiel zu bestaunen. In gewohnt hoher Qualität bieten die Bände „USA - Großmacht unterm Sternenbanner“, „Terra Cthuliana“ und „Malleus Monstrorum“ einiges an interessantem Lesestoff. Wie immer mit enorm vielen Infos und passenden zeitgenössischen Schwarz-Weiß-Fotos versehen, machen die Bände schon beim durchblättern Lust auf mehr. Wie Stefan bereits in seinem Bericht geschrieben hat, konnte auch Pegasus mit Rollenspiel-Prominenz aufwarten. Steve Jackson, der Mann hinter dem legendären GURPS-Rollenspiel.-System gab sich genauso die Ehre wie verschiedene Cthulhu-Autoren. Besonderes Augenmerk legte der Pegasus-Verlag auf seine Brettspiel-Neuerscheinung „Pandemie“, einem kooperativen Spiel für 2-4 Spieler um globale Seuchen und deren Bekämpfung.

 
 

Flugs ging es weiter zum 13Mann-Verlag aus Düsseldorf. Hier sind seit einiger Zeit mit  „Traveller“ und „Rolemaster“ zwei äußerst traditionsreiche Spiele zuhause, die zwar bereits früher auf dem deutschen Markt vorhanden waren, die aber aus unterschiedlichen Gründen zwischenzeitlich länger nicht erhältlich waren.

Logo Traveller GrundregelwerkFerner bringt der Verlag mit dem interessanten Namen auch noch „Heredium“ heraus, ein aus deutschen Landen stammendes Rollenspiel, das ein recht interessant klingendes Setting behandelt: Nachdem eine gewaltige Explosion einen Teil der Mondoberfläche herausgerissen hat, der die Erde nur knapp verfehlte, kommt es auf dem gesamten Planeten zu Naturkatastrophen. Der Pressetext verrät weiter: „Das Rollenspiel HEREDiUM spiegelt diese fiktive Zukunft wider, deren Kernthema nicht das Ende eines Zeitalters, sondern der Menschheit letzte Chance ist. Ein neues Zeitalter, das vielleicht das letzte sein könnte. Die Menschen des 23. Jahrhunderts müssen das Vermächtnis (lat. Heredium) ihrer Vorfahren antreten und gegen den Zorn eines Gegners bestehen, der für den menschlichen Geist unfassbar ist - die Erde selbst.“

Auch dies hört sich meines Erachtens ziemlich interessant und in Zeiten globaler Erwärmung als Idee für ein Rollenspiel fast schon innovativ an.

 
 

Cover Nornis Zu meiner großen Freude hatte auch der Kasseler Assertpress-Verlag, über den wir demnächst im Rahmen der Casseler Gespräche ausführlicher sprechen werden, einen Stand. Dort präsentierten die Leute von Assertpress das neueste Abenteuer für ihr Fantasy-Rollenspiel „Nornis“. Sowohl die Autoren Henrike Buhr und Maiko Hering als auch die Illustratorin Marina Fahrenbach waren vor Ort, und so nutzte ich mit großer Freude deren Angebot, mich auf eine Tasse Kaffee an ihrem Stand niederzulassen.

Nornis wirkt auf den ersten Blick nicht wie das typische Fantasy-Rollenspiel, was sicher in erster Linie an dem schönen, aber eben für Rollenspiel-Cover ungewöhnlichen Stil der Illustratorin liegt. Inhaltlich bietet die Nornis-Welt Aveon vor allem Elfen-Liebhabern so einiges, denn sie ist von einer großen Auswahl an unterschiedlichen Elfen-Völkern besiedelt. Dass es natürlich auch Zwerge, Menschen und andere Rassen gibt, versteht sich fast von selbst. Demnächst werde ich Nornis in einer gesonderten Rezension genauer unter die Lupe nehmen. Ungewöhnlich sind auch die Abenteuer zu „Nornis“. Sie wurden teilweise in Romanform verfasst. Somit hat der Spielleiter, während er sich auf die Leitung des Abenteuers vorbereitet, gleich einige interessante Backgroundinformationen zu den handelnden Personen und auch noch eine (hoffentlich) spannende Geschichte zu lesen. Doch dazu (wie erwähnt) später mehr.

 
 

Softwarebox Campaign Carthographer 3Als letzte Station, auf die ich mein besonderes Augenmerk richten möchte, kommt nun die Firma Profantasy-Software an die Reihe. Bereits vor einigen Jahren hörte ich das erste Mal über deren Produkte und war (als alter Rollenspielleiter und bekennender Doppellinkshandkünstler) massiv insbesondere an dem „Campaign Cartographer“ und den dazugehörigen Addons wie „City-Designer“ und „Dungeon-Designer“ interessiert.

Praktischerweise war der Stand zum Zeitpunkt meines Eintreffens nicht sonderlich stark frequentiert und so konnte ich mich in Ruhe umsehen. Es handelt sich hierbei um nichts anderes als ein sehr umfangreiches Tool zum Gestalten eigener Karten und Pläne, seien es nun Landkarten, Stadt- oder Dungeonpläne.

Beispielkarte Campaing Carthographer Die ausgestellten Beispielkarten des „Campaign Cartographer“, welcher nunmehr in der dritten Ausgabe erhältlich ist, waren allesamt wunderschön anzusehen und stehen meiner Meinung nach professionell gestalteten Karten aus diversen Rollenspielpublikationen um nichts nach. Zwar ist sicherlich einiges an Einarbeitungszeit nötig, bis man so hervorragende Exemplare wie auf dem abgebildeten Beispiel selbst erstellen kann, doch auch einfachere Karten sehen um ein Vielfaches besser aus als ich es je bewerkstelligen könnte. Nicht nur für Rollenspieler, sondern sicher auch für Weltenbastler und Autoren mit einem Hang zur komplexen Gestaltung des Backgrounds ihrer Fantasiewelten ein interessantes Tool.

 
 

Dann war die Zeit auch schon wieder Reif, die Heimreise anzutreten. Mein Rücken begann sich zu melden (was er übrigens in den darauf folgenden Tagen noch lauter tun sollte) und überhaupt waren ich und mein Kumpel des Herumlaufens überdrüssig geworden, so dass wir uns (nun im Regen) auf den Weg zum Parkhaus machten und den Rückweg nach Kassel antraten. Alles in allem ein toller Event, den ich definitiv nächstes Jahr wieder aufsuchen werde, Ghetto hin oder her.

 
 

 

 

Bildnachweis:

 
 
 
 
  • Cover „D&D Spielerhandbuch 4E“, Feder&Schwert GmbH
  • Cover „Kult der goldenen Masken“, Ulisses Medien & Spiel Distributions GmbH
  • Cover „USA - Großmacht unterm Sternenbanner“, PEGASUS SPIELE Verlags- und Medienvertriebsgesellschaft mbH
  • Cover „Traveller“, 13Mann Verlags- und Grosshandelsgesellschaft mbH
  • Cover „Nornis“, Assertpress Verlag
  • Cover und Beispielkarte „Campaign Cartographer“, Profantasy Software Ltd.
 

Kommentare  

#1 Holzi 2008-11-09 01:26
Seit ca. vier bis fünf Jahren nimmt der Anteil an Pen&Paper massiv ab. Dieses Jahr gings im Vergleich zum Vorjahr fast wieder, aber im Gegensatz zu "früher" ist der P&P-Anteil verschwindend gering. Ich finde das persönlich sehr bedauerlich, aber so ist halt der Lauf der Welt. Diverse Firmen haben ja den "Magic"-Boom damals nicht überlebt und heute drängt LARP in die Lücke. Die überbordende Vielfalt ist Vergangenheit und nur noch die Platzhirsche überleben. Ich bin schon froh, dass sich in den USA wieder jemand gefunden hat, der die Shadowrun-Lizenz erwarb und Neues auf den Markt bringt... Aber Urgesteine wie FASA oder West End Games sind unwiederbringlich dahin. :cry:

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.