Die Jugend von Durango - Band 1: Der Erste, den du töten wirst
Die Jugend von Durango
Band 1: Der Erste, den du töten wirst
Im Jahr 1882 sind der alte Warren und Captain Belvins die Besitzer der beiden größten Ranches im Westen von Texas. Das Verhältnis der beiden ist nicht gerade auf das beste bestellt, haben sie doch im Bürgerkrieg auf verschiedenen Seiten gekämpft. Belvins kann sich auch 20 Jahre nach Beendigung des Krieges nicht mit der Niederlage des Südens abfinden.
Die beiden schließen ein Zweckbündnis, als es zu Spannungen mit den Wesburrys kommt. Die Wesburrys sind Indianer, die sich zur Schafzucht in der Gegend niedergelassen haben. Zwischen Angehörigen beider Gruppen kommt es immer wieder zu Reibereien, bis die Situation eines Tages eskaliert und in eine Schießerei mündet. Die Situation wird durch einen Unbekannten weiter angeheizt. Aus dem Hinterhalt erschießt er unerkannt Männer aller Fraktionen und verstärkt das gegenseitige Misstrauen.
Der junge Vagabund John Lane wird Zeuge des Mordes an drei Cowboys der Warren Ranch. Der alte Rancher ist beindruckt von dem Jungen, als der die Leichen in die Stadt bringt und gibt ihm Arbeit. Nur leider konnte John den Mörder nicht erkennen.
Der Konflikt beginnt weiter zu eskalieren, als die Wesburrys Belvins ältesten Sohn umbringen. Die Wesburrys verbünden sich mit den Komantschen und greifen die Weißen offen an. John beteiligt sich an der Seite von Warrens Leuten an den Kämpfen und erschießt seinen ersten Mann.
Yves Swolfs ist ein belgischer Comicautor und Zeichner, der mit dem ersten Band der Westernserie Durango 1981 eine der großen europäischen Westernserien einläutet. Seit diesem Jahr erscheinen in aller Regelmäßigkeit neue Bände, mit denen sich der vielbeschäftigte Autor aber Zeit lässt. In den nun über 40 Jahren sind gerade einmal 18 Bände erschienen. Andere Serien kommen zwar auf sehr viel mehr Output, dafür lässt die Qualität der Geschichten kaum nach.
Swolfs ist Autor und Zeichner weiterer Comicserien, die die unterschiedlichen Genres bedienen. „Der Prinz der Nacht“ ist ein Vampir-Epos, das auf mittlerweile drei Zyklen mit neun Ausgaben kommt und die 2003 gestartete Fantasy-Serie „Legende“ kommt auf aktuell 10 Bände und wird weiter fortgesetzt. Daneben unternahm er mit „Vlad“ einen Ausflug in die Science-Fiction/ Endzeit und erschuf mit Lonesome eine weitere Westernserie.
Mit der vorliegenden Ausgabe startet Swolfs die Jugendabenteuer seiner ersten Comicschöpfung, die noch auf den Namen John Lane hört. Der Name Durango kommt in der Geschichte kein einziges Mal vor. Die Idee, in einer Art Prequelserie die Jugendabenteuer eines Helden zu erzählen ist nicht neu. Vor ihm haben das viele andere getan, wie etwa Charlier mit seinem Blueberry oder Dietmar Kuegler mit Ronco. Diese sind zwar zyklischer Natur, aber trotzdem ist es im Western sehr viel einfacher eine Vorgeschichte zu erzählen, da die die Charaktere in der Regel auch funktionieren, wenn sie keinen ausufernden dramaturgischen Ballast mit sich herumschleppen. Ein einsamer Held zieht umher und stellt sich den Widrigkeiten, die sich ihm entgegenstellen. Da werden keine großen übergreifenden Handlungsbögen benötigt, um eine gute Westernstory zu erzählen. Darüber hinaus ist Swolfs ein derart versierter Geschichtenerzähler, dass man ihm einen sensiblen Umgang mit seiner Figur zutraut.
Die erste Ausgabe der Jugendbände unterscheidet sich schon in optischer Hinsicht von der Hauptserie. Swolfs hat zwar bereits mit Band 16 die Zeichenarbeit an Durango abgegeben, aber trotzdem steht die Serie in der Tradition der alten Italowestern, in der abgehalfterte Charaktere zuweilen äußerst brutal vorgehen. Swolfs hat für diese Serie die Arbeit an den Zeichnungen ebenfalls abgegeben und zwar an Roman Surzhenko. Der russischstämmige Künstler ist bis dahin als Zeichner einiger Spin-Offs der Serie Thorgal in Erscheinung getreten. Sein Zeichenstil weist nicht ganz die detaillierte Schärfe und Tiefe eines Yves Swolfs auf, aber trotzdem gelingen ihm die typischen, großen Panoramaeinstellungen eines Western ziemlich gut. Auffällig ist die Kolorierung, die um einiges heller und freundlicher ist, als in der Hauptserie. Wirkt die Hauptserie wie ein Italowestern, erinnert der erste Jugendband an einen John Wayne Western aus den 60er Jahren.
Swolfs nimmt einige aus Western übliche Zutaten und mischt sie mit neueren Entwicklungen zusammen. Die beiden Rancher sind Archetypen, wie sie in vielen vergleichbaren Publikationen vorkommen. Zum einen ist dort der alte Captain, der die Niederlage der Südstaaten auch nach 20 Jahren noch nicht verarbeitet hat und seine alte Uniform trägt. Als sein Sohn von den Washburry-Indianern erschossen wird, sinnt der auf Rache. Er tut sich mit dem Rancher Warren zusammen, denn sie beide teilen das Interesse, dass Washburry ihnen mit seiner Schafherde nicht das Land streitig macht. Der Captain kann hierfür seine Abneigung gegen Warren ablegen, hat dieser doch im Krieg auf der Seite der verhassten Nordstaaten gestanden.
Warren plant, die Nachfolge zur Führung seiner Ranch der ältesten Tochter zu übertragen, was bei genauerer Betrachtung ein Anachronismus ist. Im Jahr 1882 dürfte ein Rancher sein Eigentum eher einem Mann übergeben haben und seine Tochter entsprechend verheiratet haben. Dieser Handlungsteil scheint eher dem Umstand geschuldet zu sein, dass Unterhaltungsgeschichten immer auch ein Spiegel ihrer Zeit sind, der starke oder zumindest gleichberechtigte Frauenbilder erfordert. An anderer Stelle bemerkt der Leser, dass die alte Zeit des wilden Westens sich dem Ende zuneigt. Ölsucher sind in der Gegend auf der Suche nach ergiebigen Quellen und können zuerst noch von ihrem Vorhaben abgebracht werden. Die Zeichen stehen aber ganz deutlich auf Veränderung.
Das Thema Rassismus nimmt in dieser Ausgabe einen wichtigen Stellenwert ein. Der alte Washburry ist ein Indianer, der sich eine Weiße zur Frau genommen hat. Er bewohnt mit ihr eine Farm und gründet dort eine Familie. Washburry und seine Söhne sind den rassistischen Anfeindungen der Weißen ausgesetzt und es kommt schließlich zu Auseinandersetzungen.
Ein Unbekannter macht Jagd auf die verschiedenen Fraktionen und tötet einige Männer aus dem Hinterhalt. Die Geschichte ist mit dem vorliegenden Band noch nicht abgeschlossen und der Leser erfährt weder die Identität des Unbekannten, noch die Gründe für sein Vorgehen. Die Geschichte beginnt mit dem Mord an drei Cowboys der Warren Ranch, was von dem jungen Durango beobachtet wird.
Der junge Durango wird dem Leser als John Lane vorgestellt. Seinen Namen als Durango hat er noch nicht erhalten. Wahrscheinlich werden die kommenden Bände zeigen, wie er zu dem Namen gelangt ist. John ist ein Herumtreiber, der noch nichts mit seinem älteren Alter Ego zu tun hat. Er begibt sich in die Dienste Warrens und dieser wird auf ihn aufmerksam, als er die Leichen der drei Cowboys in die Stadt zurückbringt. Der Leser erhält keine weiteren Informationen zu seinem bisherigen Leben. Der Junge kann zwar gut schießen, hat aber noch niemals auf einen Menschen gezielt, geschweige denn, einen getötet. John wirkt in dem ersten Band wie eine Nebenfigur. Der Fokus der Handlung liegt auf der Entwicklung des Konfliktes zwischen den Tierzüchtern. Der erste Band dient erst einmal dazu, die verschiedenen Konfliktparteien vorzustellen und sie um den Konflikt herum aufzustellen.