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Tools sind Tools, aber wo wollen wir hin?

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneTools sind Tools,
aber wo wollen wir hin?

Medienpädagogen sind komisch. Manchmal. Oder vielleicht sind nur die merkwürdig, die ich in einer Facebook-Gruppe verfolge. Das klingt jetzt wieder so nach Stalker und eigentlich - so formulierte das mal jemand - sei der Social-Media-Experte ja der natürliche Feind des Medienpädagogen.

Warum auch immer das so sein soll, ich sehe da keine Feindschaft.


Sicherlich kann man darüber streiten ob die Konzentration auf reine Tools nicht vielleicht ein wenig überhand nimmt derzeit. Lasst uns das doch mal bereden, Freunde!

Neulich mal wieder: Bekannter Pädagoge verurteilt die Nutzung von Tablets im Klassenzimmer. Mal wieder dann das übliche Reaktionsverhalten - Befürworter, Gegner schlagen aufeinander ein und nur selten kann man eine differenzierte Meinung zu diesem Thema wahrnehmen. Die einen fühlen sich halt in ihrer These des "Dieses Internetzeugs braucht wirklich keiner, wir kamen zu meinen Zeiten auch ohne Technik aus! Und das war VIEL BESSER, weil..." bestätigt. Andere wieder seufzen, warum man in Deutschland offenbar immer noch der Zeit hinterherhinke. Die Realität sähe doch eh anders aus, Jugendlich brächten die Smartphones mit in den Unterricht, man sollte dann doch vielleicht mal besser Regeln für den Umgang aufstellen anstatt komplett zu verbieten oder zu verbannen. Dazwischen gibts ja dann bekanntlich nichts. Entweder bist du für uns - oder du bist gegen uns. Wenn Jesus Christus das von sich als Anspruch fomuliert hat das ja eine bestimmte Richtigkeit, aber im Leben ist das eh immer etwas komplexer.

An diesem Beispiel wird nämlich offenbar, wie sehr wir uns alle noch - immer noch - auf die Frage der Tools, der Werkzeuge und der Technik stürzen. Mein Gott, mit Smartwatches können Schüler jetzt im Unterricht die Wikipedia abfragen. Früher hätten die das nicht gekonnt, wir müssen daher die Smartwatches verbieten. Nun, früher hätten die Schüler andere Mittel und Wege gefunden - kleine Zettel als "Erinnerungshilfe" etwa. Wer betrügen will, der findet immer einen Weg. Wie sinnvoll ein Verbot ist, das ist dann die Frage, die natürlich keiner in der Diskussion um Tablets in Schulen, Whiteboards in Bildungseinrichtungen oder Smartphones im Gottesdienst stellt. Wir stürzen uns liebend gerne auf die Technik. Wir denken nicht darüber nach, wo wir damit hin wollen.

Fest steht: Wir befinden uns immer noch einer Umbruchsphase. Die "Neuland"-Phrase der Kanzlerin mag belächelt worden sein von den Internetnerds, aber Nerds befinden sich laut Definition vielleicht nicht unbedingt in der Mehrheit. Die Mehrheit glaubt, WhatsApp habe nichts mit dem Internet zu tun sondern sei ein Dienst, der einfach über die normale Telefonleitung geht. Kein Witz, das habe ich während meiner Zeit als Kundenberater für ein Telefonunternehmen tatsächlich des öfteren so gehört. Installiert man ein Blog, so wird gar nicht verstanden, dass man die erste Anlaufstelle als Punkt für aktuelle Infos nutzen kann - stattdessen werde ich dann gefragt ob es möglich ist, dass jeder seinen aktuellen Seitenbereich pflegen kann. Darüber kann man lächeln, schmunzeln, sich ärgern - die Wahrnehmung aber davon, wie Leute mit Facebook und Co umgehen, die ebend NICHT beruflich damit zu tun haben erdet einen auch wieder. Manchmal recht drastisch.

Die richtigen Digitalen Natives sind gerade erst geboren worden. Und selbst wenn angenommen wird, dass jeder Jugendliche vertraut mit Sozialen Netzwerken oder dem Internet ist - es gibt genügend Gründe, warum dem nicht so ist. Das hat mit Bildung zu tun. Das hat auch - und da kommen die Medienpädagogen im Spiel - mit dem Umgang zu tun, den man den Kindern vom Elternhaus beibringt und der dann in der Schule als Impuls aufgegriffen werden und vermittelt werden soll. Der Umgang mit diesem Neuland ist etwas, was uns gesellschaftlich noch eine lange Zeit beschäftigen wird. Momentan aber fehlt eine ganzheitliche Vision davon, wie wir als Gesellschaft uns in Zukunft verhalten sollen. Kommt mir jetzt nicht mit der Digitalen Agenda der Bundesregierung, die ist schwachsinnig und wird eh nicht umgesetzt.

Solange wir uns aber an der Frage aufhalten, wie das mit der Technik geht, warum Smartpads im Unterricht verboten sein sollten - warum Jugendliche in der Grundschule schon Smartphones haben sollten oder auch nicht - sollten wir uns fragen: Was möchten wir eigentlich unseren Kindern vermitteln? Und was können wir, die wir eine Zeit ohne Internet und Telefone an Schnüren mit Wählscheiben noch kennen von ihnen lernen? Momentan ist die Rede davon, man müsse die Städte verbessern, dieses smarter machen, diese vernetzen mit den Bürgern. Wie genau das aussehen soll - und ob man da nichts schnell in ein Big-Brother-Szenario gerät - ist momentan noch sehr nebulös, da hat jeder eigene Vorstellungen von. Wir als Gesellschaft sollten aber anstatt von Firmen und Industrien hier genau ansetzen und uns Gedanken machen. Vielleicht wäre das mal von Vorteil anstatt uns nur immer an Dingen aufzuhalten, die sich eh ändern.

Kommentare  

#1 Toni 2015-05-17 15:56
Sehr interessanter Artikel (wie immer, auch wenn ich manchmal nicht alles verstehe).
Ich bin selber Vater von zwei Kindern, jetzt 20. Vor ca.8 Jahren wollte man in der Schule eine Pc-Klasse einführen. Das Vorhaben scheiterte an der Finanzierung, leider. Wir schafften uns dann für die Kinder selber ein Gerät an, und da hinkten wir schon hinterher.
Meine Tochter studiert Geschichte und Germanistik und kommt ohne Laptop gar nicht mehr aus (da gibt es dann auch diverse Vorgaben von der Uni). Die Zeiten der Spickzettel auf Mortadella-Scheiben ist endgültig vorbei.
#2 Kerstin 2015-05-17 16:25
An der Technik kommt man nicht mehr vorbei, aber sicher muss auch nicht alles sein, was auf dem Markt ist. Wenn ich von einer neuen Erfindung keinen Nutzen habe, kann die Werbung mich auch nicht dafür ködern. Mein Spruch dazu ist immer: Ich habe keine halbwüchsigen Kinder, die mir das Zeug einreden und mir das Bedienen beibringen können. Also komme ich ganz gut ohne aus.

Schließlich muss man sich den ganzen Kram auch leisten können.

Das ist aber ein Problem, wenn es um den Schulunterricht geht. In den meisten Klassen sind ein paar Kinder, die sich das nicht leisten können, weil die Eltern das Geld nicht haben oder lieber für andere Sachen ausgeben. Diese Kinder werden damit noch mehr zur Zielscheibe für Spott, Mobbing und Bosheiten. Dazu kommt dann noch, dass sie beim Unterricht mit den Geräten nicht mitkommen können und schlechte Noten vorprogrammiert sind.

Ich habe es am eigenen Leib erlebt, wie dann selbst die Lehrer kräftig gedisst haben. Dabei ging es zu meiner Zeit noch um Sachen, die wesentlich preisgünstiger waren, beispielsweise Taschenrechner (als die in den oberen Klassen endlich erlaubt waren).

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