Auch 2016 gilt: Vorsicht Buch! - aber ob es was bringt?
Auch 2016 gilt: Vorsicht Buch!
Aber ob es was bringt?
Nachdem die Werbefirma wechselte und offenbar die Taktik mit grell-gelben Absperrbänden in Buchhandlungen selbst für das Medium Buch zu werben etwas abgemildert wurde, ist die Kampagne wohl auch für die nächsten Jahre aufgestellt. Man kann natürlich fragen, warum eine Buchhandlung im Lokal für das Medium Buch wirbt, aber angesichts der Sortimentsausweitung - der Buchhändler lebt nicht nur vom Buch allein sondern von einem jeglichem Medium, das irgendwie mit dem Buch verwandt ist oder auch nicht - geht nicht jeder in eine Buchhandlung um ein Buch zu kaufen. Und Laufkundschaft trägt nun mal auch die Botschaft der Imagekampagne in die Welt. Jedenfalls so die Kalkulation der Macher.
So richtig gezündet hat die Kampagne allerdings auch dann nicht, als man daranging Plakatwerbung zu machen oder die Aktion des Herzbuches - man machen ein Selfie mit dem Lieblingsbuch der letzten Jahre - zum Tag des Buches durchzuführen. ich weiß nicht ob an die 1400 Uploads von Selfies nun viel oder wenig ist, dazu müsste man Zahlen von anderen ähnlichen Aktionen zur Hand haben um das zu vergleichen. Allein: Es scheint mir nicht unbedingt viel zu sein. Knapp 29.000 Leute interessieren sich auf Facebook jedenfalls für die Kampagne, auch oder gerade weil die Macher hier nur nette Bilder mit flotten Sprüchen posten. Gerade weil sie hier wohl nur flotte Bilder mit netten Sprüchen posten und damit an die Emotionen der Nutzer appellieren. Die Frage, wie witzig oder gut geraten man die einzelnen Bilder dann findet ist Geschmackssache - bei der Plakatwerbung hält man sich jedenfalls soweit ich das gesehen habe eher zurück und plakatiert dann eher Zahlen, Daten und Fakten. So, dass man auf der Seite den Buchhändler vor Ort finden kann etwa. Allerdings: Im Alltag selbst ist die Kampagne kaum Gesprächsthema. Das hat sie allerdings mit einigen anderen Imagekampagnen gemein. Mit Kampagnen, bei denen man spürt, dass da kein Herzblut sondern ein "Wir wollen das jetzt mit allen Mitteln" dahintersteckt. Bochum hat sich im letzten Jahr beispielsweise nicht mit Ruhm bekleckert, Dortmund scheint es gerade so einigermaßen noch hinzukriegen, aber im Grunde sind beide Kampagnen nicht im Gedächtnis haften geblieben. Das Erschaffen eines Images ist auch relativ schwierig - Biersorten wie Astra kriegen das allerdings hin. Weil man den Eindruck hat, hier sind Menschen am Werk die ihre Marke auch lieben.
Nicht abstreiten möchte ich, Buchhändler würden ihren Job nicht lieben. Im Gegenteil. Aber der Fehler, den "Vorsicht Buch" macht ist ein kapitaler: Der Börsenverein, der hinter der Aktion steckt, geht nicht ins Detail. Wenn die Aufgabe der Kampagne ist, die Liebe zum Buch sichtbar zu machen - und insgeheim natürlich Amazon entgegenzutreten - dann ist zwar die Aktion Herzbuch schon nett, sie ist aber bisher allein und isoliert. Statt aufzugreifen, warum diese Menschen ihre Bücher lieben hat man nur eine Sammelstelle für Bilder geschaffen und geht nicht den Geschichten hinter den Bildern nach sondern packt diese nur zusammen und freut sich dann, weil knapp 1400 Leute was hochgeladen haben. Das kann man als Erfolg werten. Langfristig ist das aber zu wenig. Und wenn man sich die Pressemitteilungen anschaut, die auf der Seite zu finden sind, dann hat man Hinweise auf etliche Studien zum Leseverhalten, irgendwelche Umfragen, Hinweise auf Veranstaltungen... Die Liebe des Lesers zum Buch spiegelt sich hier gar nicht wieder. Nicht nur das: Es gibt noch nicht mal textliche Portraits von Buchhändlern, die einem erklären warum man denn besser bei ihnen statt bei Amazon kaufen solle. So kann man die Liebe zum Buch natürlich nicht fördern, im Gegenteil. Die spärlichen Downloadmotive reißen das auch nicht raus. Leider. (Und schaut man sich mal an wie wenig Videos bei Facebook zu finden sind... Seufz.)
Es ist auch schade, dass man Twitter nicht als eigenständigen Kanal führt - hier finden sich genau die Bildmotive wieder, die es von Facebook auch gibt, nur ab und an mal ein eigener Text, der dann aber auch nur sehr generell ist. Machen Sie das bei Instagram vielleicht dann doch besser? Nein. Auch hier wieder nur eine Zweitverwertung für die bekannten Motive. Dabei würde gerade Instagram eine Möglichkeit bieten Leser und Buchhändler auf eine persönlichere Art und Weise in Beziehung zu setzen. Es gibt so viele tolle Buchhandlungen, die nicht nur architektonisch einen Besuch wert sind sondern auch weil man gut beraten wird. Aber das spiegelt sich in der Kampagne nicht wieder. Letztes hochgeladene Youtube-Video war vor einem Jahr übrigens...
Wie man es dreht und wendet: Vorsicht Buch! ist eine Kampagne, die hochgesteckte Ziele hat, diese aber nicht erfüllt. Das ist schade, denn gerade der Börsenverein hätte die persönlichen Ressourcen um hier mit einer glanzvollen, frischen, frechen und vor allem persönlichen Kampagne zu punkten. Die Online-Motive mögen eventuell ja noch etwas frisch sein, aber ich gehe nicht aufgrund von lustigen Werbemotiven in eine Buchhandlung. Ich gehe dahin, weil ich einen Menschen suche, der sich mit Büchern auskennt. Der mich berät, der mir Tipps gibt und der meine Vorlieben kennt. Nun, ich werde wohl auch 2016 vermehrt über Motive der Kampagne stoßen und dabei abgrundtief seufzen...
Kommentare
Damit bin ich aber nicht allein. Es gibt noch andere wie mich, und gerade unter denen könnte eine überdurchschnittlich große Anzahl von Leuten sein, die gern lesen. An denen geht das komplett vorbei.
Eine Werbekampagne muss vielseitig sein und die komplette Zielgruppe ansprechen. Sonst geht es aus wie das Hornberger Schießen.
Aber ich habe nicht ein einziges Argument gefunden, warum ich in die Buchhandlung gehen soll anstatt online zu bestellen.